Tierversuche

Arzneimittelprüfrichtlinien gehören zur Prüfung eines Arzneimittels nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft auch Tierversuche.

Nach § 8 Abs. 7 Nr. 1 Buchstabe b des Tierschutzgesetzes fallen Tierversuche, die zur Arzneimittelprüfung unerlässlich sind, nicht unter die Genehmigungs-, sondern die Anzeigepflicht.

Diese Versuche sind anzeigepflichtig nach § 8 a des Tierschutzgesetzes, und zwar unabhängig davon, ob für die zu prüfenden Arzneimittel schließlich ein arzneimittelrechtlicher Zulassungsantrag gestellt wird oder nicht.

Da die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien für die pharmakodynamischen Untersuchungen keine detaillierten Prüfmethoden vorschreibt, wurde eine Lösung der in diesem Bereich noch offenen Fragen in Form einer „Empfehlung zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen von den anzeigepflichtigen Tierversuchen zur Ermittlung pharmakologischer Daten (so genannte Screening-Versuche)" erarbeitet.

Nach den Arzneimittelprüfrichtlinien dürfen Tierversuche, die gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes verstoßen, nicht gefordert werden. Sie sind durch Verfahren zu ersetzen, die keinen, einen geringeren oder einen schonenderen Einsatz von Versuchstieren ermöglichen, soweit dies nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf den Versuchszweck vertretbar und mit Rechtsakten von Organen der EG vereinbar ist.

Nach § 26 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes besteht die gesetzliche Verpflichtung, die Arzneimittelprüfrichtlinien laufend an den jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen; insbesondere sind Tierversuche durch andere Prüfverfahren zu ersetzen, wenn dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf den Prüfzweck vertretbar ist.

Im nationalen Teil des Arzneibuches werden Tierversuche nur in seltenen Fällen vorgeschrieben. In den aus dem Europäischen Arzneibuch übernommenen Monographien werden Tierversuche in der Regel vorgeschrieben, wenn die Wirkung des Arzneimittels mit anderen Mitteln nicht bestimmt oder die Sicherheit des Arzneimittels mit anderen Mitteln nicht gewährleistet werden kann.

Die Europäische Arzneibuch-Kommission ist ständig bemüht, Tierversuche, die zur Bestimmung der Wirkung eines Arzneimittels erforderlich sind, insbesondere durch physikalisch-chemische Methoden zu ersetzen. Beispiele sind die Monographien „Insulin" und „Humaninsulin", bei denen es gelungen ist, Tierversuche durch chromatographische Verfahren zu ersetzen. In anderen Fällen werden Tierversuche im Umfang reduziert weil sie teilweise durch In-vitro-Methoden ersetzt werden oder ersetzbar sind. Ein Beispiel hierfür ist der weitgehende Ersatz der „Prüfung auf Pyrogene" an Kaninchen durch die „Prüfung auf bakterielle Endotoxine", die im Reagenzglas mit Bestandteilen der Blutzellen des Pfeilschwanzkrebses (Limulus polyphemus) durchgeführt wird (LAL-Test).

Als biologische Qualitätskontrolle kann der LAL-Test den Pyrogentest am Kaninchen in den meisten Fällen ersetzen. Nur in den seltenen Fällen, wenn der LAL-Test positive Ergebnisse liefert oder wenn auf fiebererregende Verunreinigung geprüft werden muss, die nicht auf bakterielle Endotoxine zurückzuführen sind, muss weiterhin der Pyrogentest am Kaninchen durchgeführt werden. Sämtliche Einrichtungen Berlins, in denen in der Vergangenheit ausschließlich der Kaninchentest zur Prüfung von Parenteralia auf Bakterien-Endotoxine eingesetzt wurde, haben diesen Test soweit möglich durch den LAL-Test ersetzt.

Ebenso ist es gelungen, im Gelbfieberlabor des Robert-KochInstituts für die Prüfung von Gelbfieber-Impfstoffen ein Zellkulturverfahren einzuführen, wodurch ca. 90 % der Tierversuche ersetzt werden konnten.

Zur Prüfung von Stoffen auf akute orale Toxizität wurde in den zurückliegenden Jahren der Einsatz alternativer Verfahren zum klassischen LD 50-Test über die Arzneimittelprüfung hinaus auch auf die Prüfung weiterer Stoffe ausgedehnt. Der Einsatz „der in Deutschland entwickelten „Acute Class-Method" (ATC-Methode) verringert den Einsatz von Versuchstieren u. a. im Bereich der Chemikalien- und Pflanzenschutzmittelprüfung erheblich, da der Test mittlerweile auch von der Europäischen Union und der OECD anerkannt wurde. Bei der Arzneimittelprüfung wird vom LAGetSi bereits seit Jahren nur die Prüfung Mittels der approximativen LD-50-Methode gestattet. Bei diesem Verfahren wird die Belastung der Versuchstiere u. a. dadurch erheblich reduziert, dass bei geringsten Anzeichen einer letalen Dosis der Versuch abgebrochen wird.

9 Versuche unter Verwendung transgener Tiere

Sowohl die Etablierung/Entwicklung transgener Tierlinien als auch deren Verwendung in Versuchen sind grundsätzlich als genehmigungspflichtige Tierversuchsvorhaben einzustufen.

Auf Vorschlag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurde von Sachverständigen ein Informationspapier erarbeitet, in dem die derzeit gebräuchlichsten Methoden zur Erzeugung transgener Mäuse und Ratten unter Berücksichtigung der für einen solchen Versuch erforderlichen Tierzahlen und der Belastung der beteiligten Tiere beschrieben wurde. Danach unterscheidet man prinzipiell zwischen Tieren, bei denen ein fremdes, oft von einer anderen Tierart stammendes Gen in das Erbgut eingebaut wird (DNA-Mikroinjektion = Erzeugung „klassischer" transgener Tiere im engeren Sinne) und Tieren, bei denen ein Gen „abgeschaltet" wurde (transfizierte Zelllinien = Knock-out-(K.O.) Mäuse). Für Genehmigungsbehörden und Tierversuchskommissionen stellt dieses Papier eine gute Grundlage zur Beurteilung entsprechender Tierversuchsanträge dar.

Im Berichtszeitraum haben in Berlin Tierversuche zur Erstellung von transgenen Mäusen und Ratten weiter zugenommen.

Auch werden in Versuchsvorhaben sehr viel häufiger transgene Tiere eingesetzt. 1998 wurden ca. 10 % der genehmigungspflichtigen Tierversuche mit transgenen Tieren durchgeführt, 1999 waren es schon 20 %. Die Hoffnung, dass sich durch den Einsatz transgener Tiere die Anzahl der in Tierversuchen verwendeten Tiere senken ließe, hat sich nicht erfüllt. Zwar kann man gezielter Krankheitsmodelle entwickeln und an diesen Tieren dann Ursachen und Therapiemöglichkeiten erforschen, gleichzeitig hat sich aber auch gezeigt, dass es so gut wie keine monogenetischen Krankheiten gibt. Die Suche nach den verursachenden Genen Mittels jeweils erstellter transgener Linien oder sog. knock-out Tiere, bei denen ein bestimmtes Gen ausgeschaltet wird, fordert ein hohe Tierzahl. Dies schlägt sich auch in der Versuchstiermeldung nieder. So sind zwar die Versuchstierzahlen für Berlin im Jahr 1999 niedriger als 1998, jedoch sind deutlich mehr Mäuse eingesetzt worden, und dies insbesondere in der Grundlagenforschung (Anhang 3). Die Tiere sind entsprechend der genetischen Veränderung mehr oder weniger stark belastet. Zum Teil sind sie gar nicht lebensfähig, da das manipulierte Gen die Embryonalentwicklung so erheblich beeinflusst, dass die Tiere bereits im Uterus absterben oder sie sind so erheblich belastet, dass ein Weiterleben nach der Geburt nicht verantwortet werden kann. Oft kann die tatsächliche Belastung nicht im Voraus beurteilt werden, so dass eine engmaschige Beobachtung der Tiere erforderlich wird.

Besondere Tierschutzrelevanz hat in diesem Zusammenhang auch, dass bei der Erstellung transgener Tiere sehr viele nicht transgene Tiere geboren werden, die meistens zu keinem weiteren Zweck mehr eingesetzt werden können und als überzählige Tiere getötet werden. Es ist davon auszugehen, dass der Einsatz transgener Tiere noch weiter zunehmen wird, da nur so die Funktion der Gene erforscht werden kann. Die damit verbundenen Hoffnungen auf bessere Therapie- und Diagnosemöglichkeiten von Krankheiten tragen außerdem dazu bei, dass Forschungsvorhaben mit transgenen Tieren in der Rangliste der Projekte in der Grundlagenforschung weiter nach vorne rücken.

Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Aus-, Fort- oder Weiterbildung

Im Europäischen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere sind auch Regelungen über Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Lehre und Ausbildung getroffen.

Das Tierschutzgesetz unterscheidet einerseits zwischen Tierversuchen und anderseits Eingriffen und Behandlungen an Tieren zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind. Zweck der Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Aus-, Fort- oder Weiterbildung ist die Demonstration eines bekannten Vorgangs bzw. das Erlernen bestimmter Techniken für Eingriffe und Behandlungen, während beim Tierversuch in der Regel eine offene wissenschaftliche Frage bearbeitet wird.

Diese Eingriffe und Behandlungen dürfen nur vorgenommen werden, soweit ihr Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann; sie müssen vor Aufnahme in das Lehrprogramm der zuständigen Behörde angezeigt werden (§ 10 des Tierschutzgesetzes).

Die Bestimmungen des § 10 des Tierschutzgesetzes beziehen sich ­ ebenso wie die Vorschriften zu Tierversuchen ­ nur auf Maßnahmen an lebenden Tieren. Bei Demonstrationen an isolierten Organen oder Geweben, die vorher getöteten Tieren entnommen wurden, muss für das Töten der Tiere ein vernünftiger Grund im Sinne des § 1 des Tierschutzgesetzes vorgelegen haben.

Auch dürfen diese Tiere nur unter Betäubung oder der Voraussetzung der auf eine andere Art gesicherten Vermeidung von Schmerzen von einer sachkundigen Person getötet werden.

Diese tierschutzrechtlichen Regelungen über die Verwendung von Tieren zu Ausbildungszwecken waren bereits mehrfach Gegenstand von Gerichtsverfahren, in denen verfassungsrechtliche Fragen im Mittelpunkt standen. 1993 gab die Auseinandersetzung eines Hochschullehrers mit der zuständigen Behörde über die Zulässigkeit bestimmter Eingriffe an Tieren in Lehrveranstaltungen Anlass für Diskussionen über den Stellenwert des Tierschutzes in unserer Rechtsordnung. Die Behörde hatte dem Hochschullehrer die von ihm gemäß § 10 des Tierschutzgesetzes angezeigten Eingriffe an narkotisierten Ratten mit der Begründung untersagt, dass der Zweck dieser Eingriffe, die Demonstration der Nahrungsresorption im Dünndarm, auf andere Weise, nämlich durch filmische Darstellung, erreicht werden könne.

Gegen die Untersagungsverfügung haben der betroffene Hochschullehrer und die Universität Widerspruch eingelegt und dabei zur Begründung ausgeführt, dass das von der Behörde verfügte Verbot gegen die durch Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes geschützte Lehrfreiheit verstoße. Der Tierschutz könne dieses Grundrecht mangels eigenen Verfassungsranges nicht einschränken.

Dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches wurde stattgegeben. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof, Kassel, vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung (Az.: 11 TH 2796/93), dass die Postulate eines ethischen Tierschutzes keinen Verfassungsrang haben und daher keine immanente Schranke für die Lehrfreiheit im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes bilden;

§ 10 Abs. 1 Satz 2 Tierschutzgesetz verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass für die Entscheidung darüber, ob eine alternative Lehrmethode den Zweck einer Lehrveranstaltung erfüllen kann, ausschließlich die Einschätzung des Hochschullehrers, der die Veranstaltung durchführt, zugrunde zu legen ist. Dies gelte sowohl für die Bestimmung des Zwecks der Lehrveranstaltung als auch für die Methodenwahl.

Zu dem Spannungsverhältnis zwischen der Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz und dem Tierschutz wird auf die Ausführungen in Kapitel VIII Nummer 4 hingewiesen.

Im Mittelpunkt weiterer Rechtsstreitigkeiten zu den Vorschriften des § 10 des Tierschutzgesetzes stand wiederum die Interessenkollision zwischen der Freiheit von Forschung und Lehre einerseits und der ebenfalls verfassungsrechtlich garantierten Gewissensfreiheit. Auf dieses Grundrecht berufen sich betroffene Studenten bei ihrer Weigerung, an Praktika teilzunehmen, für deren Durchführung Eingriffe oder Behandlungen an lebenden Tieren notwendig sind. Der Stellenwert der zur Diskussion stehenden Grundrechte wurde von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Aufsehen erregte vor allem das Urteil des Verwaltungsgerichtes Frankfurt, das vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde und im Gegensatz zu der vorhergehenden Rechtsprechung bei der Abwägung in diesem Einzelfall der Gewissensfreiheit des Studenten den Vorrang gegenüber der Lehrfreiheit gibt. Nach dieser Entscheidung ist ein Student nicht verpflichtet, gegen sein Gewissen im Rahmen seiner akademischen Ausbildung an Tierversuchen oder an Experimenten mit Organpräparationen von für diesen Zweck zuvor getöteten Tieren teilzunehmen. Die Universität hat stattdessen andere geeignete Übungen oder Versuche anzubieten. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch hohe Anforderungen an den Nachweis tatsächlich vorhandener alternativer Lehrmethoden gestellt, die geeignet sind, das Lehrziel ebenso zu erreichen wie das an Tieren vorgesehenen Vorhaben. Der Nachweis muss danach zudem vom Studierenden erbracht werden, der sich auf eine Gewissensentscheidung beruft.

Für Berlin haben diese Entscheidungen angesichts der vielen Berliner Ausbildungsstätten, an denen im Rahmen der Ausbildung das Arbeiten mit lebenden Tieren teilweise unerlässlich ist, besondere Bedeutung (vgl. Tabelle III).

In Berlin laufende Lehrprogramme mit Eingriffen und Behandlungen an Wirbeltieren, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind, werden sowohl zur Ausbildung wissenschaftlich technischen Personals wie Biologielaboranten und für Studenten verschiedener naturwissenschaftlicher Fachrichtungen durchgeführt, als auch für die Weiterbildung von Wissenschaftlern in speziellen Operationstechniken, die entweder für die Anwendung am Menschen erprobt werden oder im Rahmen von Tierversuchen angewendet werden sollen. Zurzeit sind in Berlin 68 Vorhaben nach § 10 angezeigt. Den Bemühungen, gerade in der Ausbildung von Studenten darauf hinzuwirken auf Lehrmethoden zu verzichten, bei denen Tiere eingesetzt werden müssen, wurde oft mit dem Argument begegnet, dass die Teilnahme an diesen Übungen freiwillig sei, die damit verbundenen Lehrinhalte aber letztendlich nicht durch andere Methoden vermittelt werden könnten. Trotz des darin verborgenen Widerspruchs, denn auch die anderen Studenten und Studentinnen werden ihren Schein bekommen, wird gleichzeitig deutlich, dass es durchaus auch Studierende gibt, die Tierversuche akzeptieren. Wie viele Tiere tatsächlich in diesem Bereich eingesetzt werden, kann erstmals für das Jahr 2000 durch die Versuchstiermeldung erfasst werden.

Durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes ist die Meldepflicht über die in Versuchen eingesetzten Wirbeltiere u. a. auch auf § 10 ausgeweitet worden. Die neue Versuchstiermeldeverordnung vom 4. November 1999 schafft die dafür erforderliche gesetzliche Grundlage.

Eingriffe und Behandlungen zur Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen (§ 10 a)

Als neuer anzeigepflichtiger Tatbestand sind nach § 10 a der Tierschutznovelle von 1998 Eingriffe und Behandlungen einzustufen, die zur Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen an Wirbeltieren vorgenommen werden und die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können. Hierbei ist vor allem an die Serumgewinnung, die Antikörperproduktion, die Vermehrung von Parasiten und die Anzucht von Tumoren zu denken, wenn diese Vorhaben nicht zu Versuchszwecken, also zur Erzielung eines wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns, durchgeführt werden. Diese Eingriffe und Behandlungen dürfen jedoch nur durchgeführt werden, wenn sie für einen in § 7 Abs. 2 Tierschutzgesetz genannten Zweck unerlässlich sind. Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse muss berücksichtigt werden und es muss geprüft werden, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Auch müssen die Eingriffe und Behandlungen im Hinblick auf den Zweck ethisch vertretbar sein. Die Tierschutzbeauftragten sollen auch hier darauf hinwirken, dass Verfahren und Mittel zur Verminderung oder Beschränkung von Eingriffen und Behandlungen entwickelt und eingeführt werden. Bei den in Berlin laufenden 20 Anzeigen zu § 10 a handelt es sich im Wesentlichen um die Gewinnung von Antikörpern, aber auch um die Vermehrung von Parasiten und die Anzucht bzw. Passagierung von Tumoren.

Einfuhr von Versuchstieren Neu im Tierschutzgesetz ist der Abs. 4 des § 11 a, der die Einfuhr von Wirbeltieren aus Drittländern als Versuchstiere oder zur Verwendung für andere wissenschaftliche Zwecke einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt. Zuständige Behörde für die Erteilung dieser Genehmigungen ist in Berlin das LAGetSi. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass Wirbeltiere, die zu o. g. Zwecken eingeführt werden, aus anerkannten Versuchstierzuchten stammen. Eine besondere Notwendigkeit für diese Regelung besteht insbesondere für die Einfuhr von Hunden, Katzen, Affen und Halbaffen.

In Berlin wurden im Berichtszeitraum 53 Einfuhrgenehmigungen nach § 11 a Abs. 4 Tierschutzgesetz erteilt. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um die Einfuhr von Mäusen und lediglich in Einzelfällen um Wanderdrosseln, Krallenfrösche, Fische und Ratten. Somit kann aus Berliner Sicht eingeschätzt werden, dass die Regelung keinen tierschutzrelevanter Vorteil erbracht hat, da im Rahmen der Genehmigung von Tierversuchen und Versuchstierhaltungen sichergestellt ist, dass nur solche Tiere verwendet werden, die aus zugelassenen Einrichtungen stammen oder für die dies nach § 9 Abs. 2 Nr. 7 Tierschutzgesetz nicht erforderlich ist. Im Gegenteil kam es an der Veterinärgrenzkontrollstelle auf dem Flughafen Frankfurt/Main auf Grund von Verzögerungen bei der Abfertigung der Tiertransporte und von Rücksendungen von Tieren wiederholt zu tierschutzrelevanten Vorkommnissen.

Ursächlich für diese Probleme waren offensichtlich Koordinationsschwierigkeiten zwischen den unterschiedlichen Abfertigungsstellen.

Halten von Versuchstieren

Das Europäische Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere enthält in Artikel 5 allgemeine Anforderungen an die Haltung der Versuchstiere, die hinsichtlich einiger Tierarten in Form von Leitlinien des Anhangs A konkretisiert werden. Obgleich diese Leitlinien nicht rechtsverbindlich sind, sollten sie von den Tierhaltern beachtet werden. Vom LAGetSi werden sie bei der Beurteilung von Versuchstierhaltungen herangezogen.

Für die Haltung von Versuchstieren gelten insbesondere auch die Bestimmungen des § 2 des Tierschutzgesetzes. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 des 1998 novellierten Tierschutzgesetzes bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer Wirbeltiere zu wissenschaftlichen Zwecken züchten oder halten will. Bis dahin beschränkte sich die Erlaubnispflicht nur auf das Halten und Züchten von Wirbeltieren zu Versuchszwecken. Darüber hinaus dürfen Tierversuche nur dann genehmigt werden, wenn sichergestellt ist, dass eine den Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes entsprechende Unterbringung und Pflege einschließlich der Betreuung der Tiere sichergestellt ist (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 des Tierschutzgesetzes). Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 des Tierschutzgesetzes unterliegen außerdem Versuchstierhaltungen der Überwachung durch das LAGetSi.

Alle Versuchstierhaltungen werden vom LAGetSi regelmäßig auf die Einhaltung tierschutzrechtlicher Normen überprüft.

Dabei wird die Umsetzung der neuesten Erkenntnisse durchgesetzt (siehe VIII. 14.). 14 Überwachung von Tierversuchen und Versuchstierhaltungen

Es waren in Berlin zum Ende des Berichtszeitraums 568 Tierversuchsvorhaben, 146 andere anzeigepflichtige Vorhaben mit Eingriffen und Behandlungen an Wirbeltieren, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können und 64 zugelassene Versuchstierhaltungen zu überwachen. Im Berichtszeitraum wurden 77 Überwachungen durchgeführt. Davon bezogen sich 17 direkt auf die zugelassene Versuchstierhaltung, während die anderen Überwachungsmaßnahmen Tierversuchsvorhaben galten, insbesondere wurden in diesem Zusammenhang die Aufzeichnungen zu den Versuchsvorhaben überprüft.

Anlass für die Maßnahmen in Versuchstierhaltungen waren Anträge auf Änderung der Haltungserlaubnis oder Kontrolle von Auflagen bezüglich vorzunehmender Mängelbeseitigung. Mängelschwerpunkte in Versuchstierhaltungen waren bauliche Unzulänglichkeiten, die sich über hygienische und klimatische Probleme zu tierschutzrelevanten Sachverhalten entwickeln, sowie Aufzeichnungsmängel bezüglich des Zugangs und des Abgangs der Versuchstiere. Die Aufzeichnungen waren z. T. nicht auf dem aktuellen Tagesstand oder zu unübersichtlich und dadurch für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar. Nach entsprechender Belehrung konnten ausnahmslos Verbesserungen der Buchführung festgestellt werden. Die Beseitigung baulicher Mängel nimmt regelmäßig einen längeren Zeitraum in Anspruch, da die Gelder für diese Maßnahmen oft nur sehr zögerlich und nach wiederholten Mahnungen zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Kontrolle von Versuchsvorhaben wurde besonderes Augenmerk auf die Aufzeichnungen nach § 9 a des Tierschutzgesetzes gerichtet. Aufzeichnungen waren grundsätzlich vorhanden, entsprachen aber nicht immer den Anforderungen des Tierschutzgesetzes. In einigen Fällen mussten Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden.

Eingriffe und Behandlungen an Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken in Zahlen.