Finanzamt

Auch die Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeuges durch den Unternehmer zu privaten Zwecken stellt einen so genannten Leistungseigenverbrauch dar. Ungeachtet der Weisungen der Oberfinanzdirektion haben die Finanzämter bei mehr als einem Drittel der überprüften Festsetzungen die von den Steuerpflichtigen erklärten Nutzungswerte ungeprüft übernommen, obwohl eine Sachverhaltsaufklärung geboten war. Dies ist umso schwerwiegender, als der Gesetzgeber sich aus der Änderung bei der Ermittlung des Leistungseigenverbrauchs von Kraftfahrzeugen durch das Jahressteuergesetz 1996 steuerliche Mehreinnahmen erhofft hatte, mit denen er u. a. Mehrausgaben durch die gleichzeitige Erhöhung des Kindergeldes finanzieren wollte.

Drei andere Finanzämter sind bei der Behandlung von ermäßigt zu besteuernden Abfindungen und Werbungskosten bei der Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit" den Angaben der Steuerpflichtigen häufig unkritisch gefolgt. Nach Aktenlage hätten sie die Richtigkeit des erklärten Sachverhalts bezweifeln oder den nur unvollständig dargestellten Sachverhalt aufklären müssen. So fehlten beispielsweise bei den Abfindungsfällen Arbeitsverträge, Berechnungsunterlagen oder Zahlungsnachweise. Entsprechende Verwaltungsanweisungen schreiben aber ausdrücklich vor, dass solche Unterlagen zu den Steuerakten zu nehmen sind. Auch blieben die Voraussetzungen für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung oder von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oftmals ungeprüft.

Die Sachgebietsleiter erkannten die Bearbeitungsmängel häufig nicht und zeichneten im Rahmen von Sachgebietsleiterprüffällen ab, ohne dass sie den Bearbeiter veranlasst hätten, die fehlende Sachverhaltsaufklärung nachzuholen. Es steht zu befürchten, dass auch die übrigen Finanzämter bei der Bearbeitung der Steuererklärungen die erforderliche Sorgfalt vermissen lassen.

Wegen der Notwendigkeit, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben, ist die im Ergebnis mit Steuerausfällen einhergehende unzureichende Sachverhaltsaufklärung nicht hinnehmbar. Dies liegt auch im Interesse aller Steuerzahler. Der Rechnungshof erwartet, dass die Finanzämter der Qualität der Bearbeitung von Steuererklärungen stärkere Bedeutung beimessen und die durch die Bearbeitungsgrundsätze vorgeschriebenen Intensivprüfungen auch tatsächlich durchführen und dies dokumentieren. Für die Rohgewinnverprobung und den Abgleich der erklärten Sachentnahmen mit den in der Richtsatzsammlung vorgegebenen Pauschbeträgen wäre ein IT-unterstützter Prüfhinweis für die Dienstkräfte hilfreich. Es bietet sich an, die Ausgabe eines solchen Prüfhinweises mit den im Grundinformationsverfahren abgespeicherten Gewerbekennzahlen so zu verknüpfen, dass im Veranlagungsverfahren jeweils ein Prüfhinweis für die Betriebe ausgegeben wird, für die Richtsätze aufgestellt sind. Der Rechnungshof verkennt dabei nicht, dass eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung nicht immer zu einer höheren Steuer führen wird. Gleichwohl ist die Steuerverwaltung aufgefordert, auch im steuerlichen Massenverfahren ein vertretbares Maß an Bearbeitungsqualität zu gewährleisten. Organisatorische Maßnahmen, die nur der Arbeitsbewältigung ohne Rücksicht auf die Arbeitsqualität dienen, verdecken die Probleme, lösen sie aber nicht. Nur der Gesetzgeber kann durch eine grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts eine wirksame und rechtsstaatlich unbedenkliche Entlastung der Steuerverwaltung herbeiführen. Der Rechnungshof hält daher, wie bereits im Jahresbericht 1995 (T 89 und 90) gefordert, weiterhin ein grundlegend vereinfachtes und verbessertes Steuersystem für unumgänglich.

Die Steuerverwaltung hat die vom Rechnungshof aufgezeigten Bearbeitungsmängel grundsätzlich anerkannt und eine Arbeitsgruppe GNOFÄ, die sich mit der Bearbeitung der Steuerfälle nach diesen Grundsätzen beschäftigt, eingerichtet. Der Schriftwechsel mit der Verwaltung ist noch nicht abgeschlossen.

c) Unterlassene Festsetzung nachträglicher Einkommensteuer-Vorauszahlungen durch die Finanzämter

Mehrere Finanzämter haben versäumt, nachträgliche Einkommensteuer-Vorauszahlungen festzusetzen. Steuerbeträge von 6,5 Mio. DM konnten daher nur verspätet vereinnahmt werden.

Fachgeschäftsprüfungen der Oberfinanzdirektion haben ergeben, dass vier weitere Finanzämter Vorauszahlungen von über 2 Mio. DM nicht festgesetzt hatten. Obwohl der Rechnungshof die Senatsverwaltung für Finanzen frühzeitig über seine Feststellungen unterrichtet hat, ergriff diese erst nach mehr als zwei Jahren Gegenmaßnahmen. Allein bei den vier vom Rechnungshof untersuchten Finanzämtern ist dem Land Berlin durch die verspätete Festsetzung der Vorauszahlungen ein Zinsverlust von fast 80 000 DM entstanden.

Die Steuerpflichtigen haben nach § 37 Abs. 1 Einkommensteuergesetz auf die für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich geschuldete Einkommensteuer vierteljährliche Vorauszahlungen zu leisten. Die Vorauszahlungen bemessen sich grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Die Finanzämter können noch bis zum Ablauf des 15. auf den Veranlagungszeitraum folgenden Kalendermonats die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird (nachträgliche Einkommensteuer-Vorauszahlungen). Bei einer nachträglichen Erhöhung der Vorauszahlungen ist die letzte Vorauszahlung für den Veranlagungszeitraum anzupassen. Dies hat zu unterbleiben, wenn sich der Erhöhungsbetrag nicht auf mindestens 5 000 DM beläuft. Die Oberfinanzdirektion hat die Finanzämter angewiesen, im Rahmen des automationsunterstützten Veranlagungsverfahrens regelmäßig durch die Eingabe einer bestimmten Kennzahl den Anstoß für die maschinelle Prüfung und ggf. Festsetzung einer nachträglichen Vorauszahlung zu geben. Unterbleibt diese Eingabe, erhält das Finanzamt, soweit die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anpassung der Vorauszahlungen erfüllt sind, programmgesteuert eine Hinweismitteilung. Darin wird auf die Möglichkeit, die Vorauszahlungen zu erhöhen, unter gleichzeitiger Angabe des möglichen Erhöhungsbetrages aufmerksam gemacht. Die Finanzämter sind sodann gehalten, anhand der Steuerakten zu überprüfen, ob besondere Umstände einer Erhöhung der Vorauszahlungen entgegenstehen. Das Ergebnis der Prüfung ist auf der Hinweismitteilung zu dokumentieren; ggf. ist eine nachträgliche Vorauszahlung festzusetzen.

In Anbetracht der Haushaltslage Berlins (T 47 f.) hat der Rechnungshof im Jahr 1998 bei zwei Finanzämtern untersucht, ob sie die gesetzlichen Regelungen sowie die Dienstanweisungen der Oberfinanzdirektion zur nachträglichen Erhöhung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen beachtet haben. Bei diesen beiden bedeutenden Finanzämtern hatte er erhebliche Mängel festgestellt. Im Ergebnis hatten diese bei fast jedem dritten Fall davon abgesehen, nachträgliche Vorauszahlungen von insgesamt 3,3 Mio. DM festzusetzen.

Aufgrund dieser Prüfungsergebnisse regte der Rechnungshof an, dass die Oberfinanzdirektion eine Aufstellung der Hinweismitteilungen für die beiden Finanzämter erstellt, damit diese bei den in Betracht kommenden Fällen die Vorauszahlungen nachträglich erhöhen können. Die Oberfinanzdirektion ist dieser Anregung gefolgt. Beide Finanzämter haben daraufhin weitere nachträgliche Vorauszahlungen von insgesamt 2,3 Mio. DM festgesetzt. Da zu befürchten stand, dass auch die übrigen vom Rechnungshof nicht geprüften Finanzämter gleichermaßen die nötige Sorgfalt bei der Bearbeitung der Hinweismitteilungen haben vermissen lassen, hatte der Rechnungshof empfohlen, allen Berliner Finanzämtern entsprechende Aufstellungen zur Verfügung zu stellen. Die Oberfinanzdirektion hat wegen des ihrer Ansicht nach ungewissen Ausgangs auf diese Überprüfung verzichtet. Als Reaktion auf die Feststellungen des Rechnungshofs hat die Senatsverwaltung für Finanzen jedoch die Oberfinanzdirektion auf gefordert, im Rahmen von Fachgeschäftsprüfungen zumindest in vier Berliner Finanzämtern, davon mindestens ein Finanzamt für Körperschaften, die Bearbeitung der Hinweismitteilungen zu den Vorauszahlungen zu prüfen. Ungeachtet dessen hat der Rechnungshof im Jahr 2000 bei weiteren zwei Finanzämtern geprüft. Auch diese Finanzämter haben bei mehr als einem Viertel der überprüften Fälle weisungswidrig die Festsetzung nachträglicher Vorauszahlungen von 840 000 DM unterlassen. Die Ergebnisse der von der Oberfinanzdirektion auf Weisung der Senatsverwaltung für Finanzen durchgeführten vier Fachgeschäftsprüfungen liegen dem Rechnungshof nunmehr vor. Danach haben drei Finanzämter durch die nicht sachgerechte Bearbeitung der Hinweismitteilungen nachträgliche Vorauszahlungen von knapp 400 000 DM nicht festgesetzt. Das vierte Finanzamt hatte die Hinweismitteilungen zumeist sachgemäß bearbeitet. Bei zwei Steuerfällen hatte es jedoch versäumt, die vorhandenen Unterlagen auszuwerten mit der Folge, dass die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen nicht nachträglich angepasst wurden. Die Körperschaftsteuerabschlusszahlungen bei diesen beiden Fällen betrugen insgesamt fast 1,7 Mio. DM. Danach hatten allein die vier von der Oberfinanzdirektion geprüften Finanzämter Vorauszahlungen von über 2 Mio. DM nicht festgesetzt. Im Ergebnis haben sich damit die vom Rechnungshof bereits im Jahr 1998 geäußerten Befürchtungen bestätigt, dass die Finanzämter der nachträglichen Festsetzung von Vorauszahlungen nicht die notwendige Bedeutung beimessen.

Der Rechnungshof hatte bereits 1998 empfohlen, bei der maschinellen Durchführung der Steuerveranlagung die Kennzahl für die Festsetzung nachträglicher Vorauszahlungen vorzugeben. Die Senatsverwaltung für Finanzen ist dem zunächst nicht gefolgt, hatte aber mitgeteilt, dass die nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlungen künftig verstärkt maschinell unterstützt werden solle. Zwischenzeitlich hat sie angekündigt, dass ab Mitte 2001 auch in den Veranlagungsstellen das Verfahren VERBIS (Veranlagen am Bildschirm) zur Dateneingabe am Bildschirm eingesetzt werden soll.

Hierdurch wird gewährleistet, dass die für die nachträgliche Festsetzung von Vorauszahlungen erforderliche Kennzahl vorgegeben wird. Dies entspricht der Empfehlung des Rechnungshofs. Im Ergebnis hat die Senatsverwaltung für Finanzen aber mehr als zwei Jahre benötigt, um den Finanzämtern Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die geeignet sind, den festgestellten Bearbeitungsmängeln wirksam zu begegnen.

Die Verzögerung hat die Liquidität des Landes Berlin beeinträchtigt und den Steuerschuldnern ungerechtfertigte Zinsvorteile eingeräumt. Desgleichen wurde die Steuergerechtigkeit denjenigen gegenüber verletzt, deren Steuern zeitnah im Abzugsverfahren erhoben werden.

Sowohl die Ergebnisse der vom Rechnungshof durchgeführten Prüfungen als auch die vorliegenden Ergebnisse der Fachgeschäftsprüfungen der Oberfinanzdirektion haben die Befürchtungen des Rechnungshofs bestätigt, dass bei den Finanzämtern noch immer erhebliche Mängel bei der Festsetzung nachträglicher Vorauszahlungen bestehen. Allein bei den vier vom Rechnungshof untersuchten Finanzämtern ist dem Land Berlin durch die verspätete Festsetzung der Vorauszahlungen ein Zinsverlust von fast 80 000 DM entstanden. Der Rechnungshof hat bei seiner überschlägigen Berechnung des Zinsverlustes nur die Fälle berücksichtigt, in denen zum Prüfungszeitpunkt bereits ein Steuerbescheid für das betreffende Jahr vorgelegen hat oder die Dienstkräfte auf Veranlassung des Rechnungshofs die Vorauszahlungen erhöht haben. Weiterhin hat der Rechnungshof die Zinsberechnung auf einen Zeitraum von 15 Monaten nach Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist, beschränkt, da ein Nachzahlungsbetrag anschließend nach § 233 a AO verzinst wird.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Finanzämter künftig die Vorauszahlungen rechtzeitig und in angemessener Höhe festsetzen. Der Festsetzung zutreffender Vorauszahlungen kommt im Interesse einer rechtzeitigen Vereinnahmung der geschuldeten Steuerbeträge besondere Bedeutung zu. Die Finanzämter müssen daher anstreben, dass für den jeweiligen Veranlagungszeitraum die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen möglichst der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Jahressteuer entspricht. Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen.

d) Zinsnachteile von mehr als 2,7 Mio. DM durch erhebliche Mängel bei der Grunderwerbsteuerstelle

Das Finanzamt Spandau setzt in der Grunderwerbsteuerstelle deutlich mehr Personal ein, als nach den Grundsätzen der Personalbedarfsberechnung erforderlich ist. Dennoch bestehen dort erhebliche Arbeitsrückstände, die hauptsächlich auf ungeeignete und ineffiziente Verfahrensabläufe sowie mangelnde IT-Unterstützung zurückzuführen sind. Durch die Verzögerungen bei der Steuerfestsetzung sind dem Landeshaushalt allein für das Kalenderjahr 1999 Zinsnachteile von mehr als 2,7 Mio. DM entstanden. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung hält der Rechnungshof die Einführung einer Verzinsung von Grunderwerbsteuerforderungen für geboten. Zwischenzeitlich hat die Steuerverwaltung die IT-Unterstützung deutlich verbessert.

Die Grunderwerbsteuer ist die finanziell bedeutsamste Landessteuer Berlins (vgl. T 27). Im Kalenderjahr 1999 betrug ihr Aufkommen 843,6 Mio. DM. Die Berliner Steuerverwaltung hat die Festsetzung und Erhebung der Grunderwerbsteuer seit jeher zentralisiert. Nach zweifachem Zuständigkeitswechsel ist die Grunderwerbsteuerstelle seit dem 1. Januar 1999 dem Finanzamt Spandau angegliedert. Da dieses Finanzamt mit den Aufgaben auch das in diesem Bereich eingesetzte Personal übernommen hat, ist die innere Organisation der Grunderwerbsteuerstelle im Wesentlichen unverändert geblieben.

Der Grunderwerbsteuer unterliegt der Erwerb von inländischen Grundstücken. Von Kaufverträgen oder anderen Rechtsgeschäften, die den Anspruch auf Übereignung begründen, erhält das Finanzamt zeitnah Kenntnis, weil diese Rechtsgeschäfte notariell beurkundet werden müssen und die Notare verpflichtet sind, dem zuständigen Finanzamt hierüber innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung Anzeige zu erstatten. Die Notare übersenden dem zuständigen Finanzamt zusammen mit der Veräußerungsanzeige jeweils auch eine Abschrift der Urkunde. Der Grunderwerbsteuerstelle gehen jährlich etwa 40 000 derartige Veräußerungsanzeigen zu. Da ein Erwerbsvorgang mehrere Steuerpflichtige betreffen kann (z. B. bei gemeinschaftlichem Erwerb eines Grundstücks durch Ehegatten), entstehen etwa 65 000 Bearbeitungsfälle. Das Finanzamt kann aus diesen Anzeigen regelmäßig alle zur Steuerfestsetzung notwendigen Angaben ersehen und ist so in der Lage, die Steuer zeitnah festzusetzen. Da die Steuerschuld, die bereits mit Abschluss des Vertrages entstanden ist, erst einen Monat nach Bekanntgabe des jeweiligen Steuerbescheids fällig wird, kommt einer zügigen Bearbeitung durch das Finanzamt besondere Bedeutung zu. Dennoch vergehen bis zur Absendung der Bescheide häufig mehrere Monate.

Die Grunderwerbsteuerstelle hatte Ende 1999 noch 8 600 Veräußerungsanzeigen mit Steuerforderungen von etwa 110 Mio. DM zu bearbeiten. Dies entspricht den durchschnittlichen Eingängen von mehr als 2,5 Monaten. Nach den Aufzeichnungen des Finanzamts hatte die Grunderwerbsteuerstelle während des gesamten Kalenderjahres 1999 Bearbeitungsrückstände in vergleichbarer Größenordnung. Mehr als 1 000 der am Jahresende unbearbeiteten Veräußerungsanzeigen hatten die Notare bereits vor mehr als drei Monaten eingereicht. Die nicht zeitnahe Steuerfestsetzung führt zu erheblichen Zinsnachteilen für den Landeshaushalt, weil eine Verzinsung von Grunderwerbsteuerforderungen gesetzlich nicht vorgesehen ist. Unter der Voraussetzung, dass die Struktur der Bearbeitungsrückstände während des gesamten Jahres vergleichbar war, und unter Berücksichtigung einer als angemessen anzusehenden Bearbeitungszeit von einem Monat haben allein die Verzögerungen bei der Festsetzung aufgrund von Veräußerungsanzeigen zu einem Zinsnachteil von etwa 2,7 Mio. DM für den Landeshaushalt geführt. Weitere Zinsnachteile, die sich aus Verzögerungen bei berichtigten Festsetzungen (vgl. T 470) und bei der Bearbeitung von Erwerbsvorgängen aufgrund von Verschmelzungen und Umwandlungen (vgl. T 474) ergeben haben, sind in die Berechnung nicht eingeflossen.

In den meisten Fällen kann das Finanzamt ohne Schwierigkeiten die Grunderwerbsteuer von 3,5 v. H. des Wertes der Gegenleistung berechnen und festsetzen. Die Bemessungsgrundlage ist zumeist aus dem Kaufvertrag ersichtlich. Das Finanzamt muss jedoch bei jeder Steuerfestsetzung darauf achten, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass neben dem ausgewiesenen Kaufpreis weitere Gegenleistungen zu berücksichtigen sind. Es kann sich dabei auch um Leistungen handeln, die in gesonderten Verträgen vereinbart wurden. So bilden beispielsweise der Vertrag über den Erwerb eines unbebauten Grundstücks und der Vertrag über die Errichtung eines Gebäudes auf diesem Grundstück unter Umständen ein einheitliches Vertragswerk mit der Folge, dass die Anschaffungskosten für das Gebäude in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Auch Kapitalnutzungsvorteile für den Veräußerer oder die Übernahme von Vermessungskosten stellen zusätzliche Gegenleistungen dar. Im Interesse einer zügigen Steuerfestsetzung bietet es sich an, die Steuer bei diesen verhältnismäßig wenigen Fällen zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder in bestimmtem Umfang vorläufig festzusetzen, um die Bescheide später noch ändern zu können.

Der tatsächliche Personaleinsatz in der Grunderwerbsteuerstelle liegt seit Jahren deutlich über dem nach den bundeseinheitlichen Grundsätzen der Personalbedarfsberechnung ermittelten Personalbedarf. So waren Ende 1999 dort 61 Dienstkräfte auf rechnerisch 56 Stellen eingesetzt, obwohl nach der Personalbedarfsberechnung auf den 1. Januar 1996 lediglich 29 Stellen erforderlich waren. Dennoch hat das Finanzamt erforderliche Überprüfungen oftmals nicht sachgerecht vorgenommen und die Steuerfälle anschließend auch nicht zeitnah bearbeitet. Die Wiedervorlagetermine waren häufig seit mehreren Jahren überschritten, ohne dass das Finanzamt die Fallbearbeitung wieder aufgenommen hatte.

Notwendige Änderungen der Steuerfestsetzung sind somit bisher unterblieben. Auch bei der Bearbeitung von Rechtsbehelfen zeigten sich vergleichbare Unzulänglichkeiten. So steht bei zahlreichen Steuerfällen seit Jahren eine Entscheidung über den anhängigen Einspruch aus. Selbst einige Einsprüche, die dem Finanzamt bereits seit mehr als 15 Jahren vorliegen, sind noch nicht abschließend bearbeitet. In einigen Fällen war das Finanzamt sogar außerstande, die zur Prüfung angeforderten Steuerakten aufzufinden.

Der Rechnungshof sieht eine wesentliche Ursache für den schlechten Bearbeitungsstand neben unzureichender Arbeitsleistung einzelner Dienstkräfte in ungeeigneten und ineffizienten Verfahrensabläufen, die den Anforderungen an ein Massenverfahren mit jährlich etwa 65 000 Bearbeitungsfällen nicht gerecht werden. Bis zum Herbst 1999 mussten die Dienstkräfte beispielsweise noch nahezu alle anfallenden Arbeiten ohne IT-Unterstützung erledigen. Seitdem war durch die Einführung eines IT-Programms zur maschinellen Steuerfestsetzung eine leichte Verbesserung eingetreten.

Diese IT-Unterstützung reichte aber bei weitem nicht aus.

Die Dienstkräfte mussten auch weiterhin die vollständige Bearbeitung sämtlicher Steuerfälle durch handschriftlich geführte Listen überwachen und bestimmte inhaltsgleiche Eintragungen sogar in verschiedenen Listen vornehmen. Es handelte sich bei den Eintragungen um Daten, die das Finanzamt für Zwecke der Steuerfestsetzung ohnehin benötigt oder im Rahmen der Steuerfestsetzung gespeichert hat.

Der Rechnungshof hat eine weitere Verbesserung der IT-Unterstützung und Verfahrensvereinfachungen in diesem Bereich im Interesse einer effizienten Bearbeitung gefordert.

Er sprach sich deshalb für eine Organisationsuntersuchung durch die Oberfinanzdirektion aus, zumal die letzte Fachgeschäftsprüfung in diesem Bereich zu diesem Zeitpunkt bereits acht Jahre zurücklag.

Die Oberfinanzdirektion hat die vom Rechnungshof geforderte Organisationsuntersuchung zwischenzeitlich durchgeführt. Aufgrund der Erkenntnisse aus dieser Prüfung hat sie die Grunderwerbsteuerstelle vom 1. Januar 2001 an grundlegend umstrukturiert. Zum gleichen Zeitpunkt ist auch die IT-Unterstützung deutlich verbessert worden, da für alle neuen Bearbeitungsfälle nunmehr keine handschriftlichen Listen mehr zu führen sind. Die Senatsverwaltung für Finanzen wies in ihrer ersten Stellungnahme darauf hin, dass sich der Personalbedarf der Grunderwerbsteuerstelle nach dem Stand vom 1. Januar 2000 auf 37 Stellen erhöht habe. Am 30. September 2000 seien noch 51 Stellen besetzt gewesen.

Sie beabsichtigt, die Überausstattung der Grunderwerbsteuerstelle mit Personal zumindest so lange unverändert zu belassen, bis die bestehenden Arbeitsrückstände abgebaut sind. Auch habe der nach bundeseinheitlichen Grundsätzen berechnete Personalbedarf jedenfalls in der Vergangenheit nicht ausgereicht, um die anfallenden Arbeiten zeitgerecht zu erledigen, da die Grunderwerbsteuerstelle zuvor kaum IT-Unterstützung erfahren habe. Darüber hinaus hätten sich durch die Erweiterung der Zuständigkeit auf den Ostteil der Stadt Probleme ergeben, die ohne zusätzliches Personal nicht hätten bewältigt werden können. Die vorgefundenen Mängel seien hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Grunderwerbsteuerstelle seit 1996 zweimal umziehen musste.

Inzwischen habe sich die Gesamtsituation deutlich verbessert. So habe sich die Anzahl der unbearbeiteten Veräußerungsanzeigen von 8 600 am 31. Dezember 1999 auf knapp 4 400 am 30. September 2000 verringert. Der Rechnungshof schließt daraus, dass es der Grunderwerbsteuerstelle zwischenzeitlich gelungen ist, die Bearbeitungssituation in diesem Bereich zu verbessern. Dies wirkt sich aber nicht auf die Höhe der Zinsnachteile des vorangegangenen Jahres aus.

Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch bestimmte Erwerbsvorgänge, bei denen das Eigentum an einem Grundstück kraft Gesetzes auf eine andere Person übergeht. Von besonderer Bedeutung sind hierbei Verschmelzungen und Umwandlungen von Gesellschaften. Diese Vorgänge können im Einzelfall Steuerforderungen in Millionenhöhe auslösen, wenn zum Vermögen der übertragenden Gesellschaft erheblicher Grundbesitz gehört. Die Sachverhaltsaufklärung und Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage erfordern bei diesen Fällen einen erheblichen Zeitaufwand und besondere Fachkenntnisse. Das Finanzamt hat deshalb ein Arbeitsgebiet eingerichtet, das ausschließlich für die Bearbeitung derartiger Grunderwerbsteuervorgänge zuständig ist. Allein in den ersten neun Monaten des Kalenderjahres 1999 hat dieses Arbeitsgebiet bei 48 Vorgängen mehr als 23 Mio. DM Grunderwerbsteuer festgesetzt. Das Finanzamt erhält von diesen Erwerbsvorgängen regelmäßig durch Handelsregisterauszüge Kenntnis. Bei jeder Verschmelzung oder Umwandlung von Gesellschaften übersenden die Gerichte dem Finanzamt ausnahmslos einen Handelsregisterauszug. Aus diesem ergibt sich nicht, ob die Gesellschaften über inländischen Grundbesitz verfügen. Das Finanzamt muss deshalb bei jedem Vorgang zunächst der Frage nachgehen, ob und ggf. welche inländischen Grundstücke kraft Gesetzes auf die übernehmende Gesellschaft übergegangen sind. Es muss dabei auch sehr viele Fälle überprüfen, die grunderwerbsteuerlich letztlich ohne Belang sind. Das Finanzamt erhält jährlich mehrere hundert Handelsregisterauszüge (im Kalenderjahr 1999 etwa 600). In den letzten drei Jahren hat die Bearbeitung dieser Auszüge zur Aufdeckung von jährlich durchschnittlich 100 steuerpflichtigen Erwerbsvorgängen geführt.

Um bei diesen Fällen die Steuer festsetzen zu können, sind Angaben zur Bemessungsgrundlage unerlässlich. Die Steuer bemisst sich bei Verschmelzungen und anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach den Grundbesitzwerten. Für die Feststellung dieser Werte sind die Bewertungsstellen der Finanzämter zuständig.