Optimierung der umweltfreundlichen Beschaffung

„Der Senat wird aufgefordert,

- die Erfahrungen mit der umweltfreundlichen Beschaffung und Abfalltrennung in allen Einrichtungen des Landes Berlin seit ihrer Einführung,

- den Zeitpunkt und die Inhalte einer möglichen Weiterentwicklung,

- den auf Grund der technischen Entwicklung noch bestehenden Handlungsbedarf zu berichten und ein Konzept zu entwickeln, wie die umweltverträgliche Beschaffung und Abfalltrennung in allen Einrichtungen des Landes Berlin optimiert werden kann.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 30. April 2001 zu berichten.

Der Bericht soll auch eine Übersicht beinhalten, welche öffentlichen Einrichtungen welche Abfalltrennung (zumindest Papier, Glas, Leichtverpackungen) durchführen und welche Fehlanzeige melden."

Hierzu wird berichtet:

Nach § 23 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin (KrW-/ AbfG Bln; Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen in Berlin vom 21. Juli 1999 [GVBl. S. 413]) kommt den öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin eine besondere Vorbildfunktion hinsichtlich der Umsetzung eines umweltfreundlichen Beschaffungswesens und der konsequenten sortenreinen Getrenntsammlung von verwertbaren Abfällen (Pappe/Papier, Glas, Leichtverpackungen und Bioabfall) in den Dienstgebäuden zu.

A. Umweltfreundliches Beschaffen:

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe, jetzt Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie, hat am 31. März 1995 das Rundschreiben III Nr. 1/1995 über Ausführungsvorschriften für umweltfreundliche Beschaffungen und Auftragsvergaben nach der Verdingungsverordnung für Leistungen ­ ausgenommen Bauleistungen ­ erlassen. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht kommt der Umsetzung dieser Anforderung in allen Berliner Dienststellen eine besondere Bedeutung zu. Diese Vorschrift gibt insbesondere für die Bereiche Beschaffungswesen, Reinigungs- und Kantinenverträge vor, welche abfallintensiven Produkte nicht mehr benutzt werden dürfen. Für Kantinen, die über das Landesverwaltungsamt verpachtet werden, existiert ein vorbildhafter Mustervertrag, der die Verwendung von Einweggeschirr, -besteck und Getränkeverpackungen verbietet und die getrennte Sammlung von Küchenabfällen, Weißglas, Grünglas, Braunglas, Pappe, Papier und Leichtverpackungen vorschreibt.

Im Land Berlin werden jährlich Beschaffungen in Höhe von mehreren 100 Millionen DM von der öffentlichen Hand ausgelöst. Angesichts dieser Relevanz und auf Grund ihrer besonderen Verantwortung ist es erforderlich, dass die öffentliche Hand im Sinne von Umwelt- und Ressourcenschutz mit gutem Beispiel vorangeht und bei der Beschaffung und der Vergabe öffentlicher Aufträge eine Vorreiterrolle übernimmt.

Die Festlegungen über Produktanforderungen werden bei Bestellungen vom Landesverwaltungsamt (LVwA) konsequent eingehalten und auch die Auflagen bei Reinigungsverträgen und bei Kantinenpachtverträgen werden vom Landesverwaltungsamt regelmäßig kontrolliert.

Das Landesverwaltungsamt hat sich insbesondere in den letzten Jahren zu einer spezialisierten Verwaltungseinheit entwickelt, die über einen breit gefächerten aktuellen Bestand an Informationen zu Umweltschutzaspekten bei der Beschaffung von Produkten verfügt.

Das Landesverwaltungsamt übt entsprechend Ausführungsvorschriften zu § 55 LHO seit Jahren grundsätzlich die Zuständigkeit für das Sammelbestellwesen im Lande Berlin aus. Sammelbestellwesen bedeutet, innerhalb einer Verwaltung oder mehrerer Verwaltungszweige auftretenden gleichartigen Bedarf an Waren und Dienstleistungen an einer Stelle zusammenzufassen. Durch die Zusammenfassung und Bündelung gewichtiger Beschaffungsvorgänge des Landes bei einer Dienststelle ist die Chance eröffnet worden, auch konkreten Einfluss auf ökologische Gesichtspunkte bei der Beschaffung von Waren und Leistungen zu nehmen.

Hierzu werden folgende Beispiele angeführt:

1. Beschaffung von Kopiersystemen Grundsätzlich werden nur noch solche Geräte in die Angebotspalette aufgenommen, die mit dem Umweltzeichen RAL 62

(Blauer Engel) gekennzeichnet sind.

2. Verbrauchsmaterial für Digitale Drucker:

Die Verbrauchsmaterialien dieser Geräte ­ Bildträger und Druckpaste ­ werden nur noch aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt. Der Bildträger ist eine Papierfolie, die nach Gebrauch normal über den Hausmüll entsorgt werden kann, die Druckpaste ist auf Wasserbasis aufgebaut und enthält keinerlei chemische Zusätze mehr.

3. Beschaffung von diversen Büropapieren:

Es werden zurzeit entsprechend den Anforderungen der Bedarfsträger 84 Positionen verschiedener Papiersorten für die Berliner Verwaltung beschafft. Der größte Posten davon ist das Kopierpapier (rd. 550 Mio. Blatt), das zu 100 % aus Altpapier hergestellt wird. Auch die übrigen Produkte sind überwiegend mit dem Blauen Engel gekennzeichnet.

4. Beschaffung von Büromaterialien:

Die im Programm des LVwA befindlichen Büromaterialien haben u. a. folgende Umweltvorteile: Briefumschläge, Kalender (zu 100 % aus Recycling-Papier), Bleiund Buntstifte (naturbelassen oder mit umweltfreundlichen Lacken), Kugelschreiber, Markierstifte, Marker, OHP-Stifte (recyclingfähiges PE, Möglichkeit des Nachfüllens wird angeboten), Prospekthüllen, Klebefilm, Verpackungsklebeband (PVCfreie und umweltfreundliche PP-Folie), Klebemittel (grundsätzlich lösungsmittelfrei, Behälter nachfüllbar), Register (nur aus Tauenpapier bzw. aus PP-Folie), Schreibtischunterlagen (nur aus Recyclat).

5. Beschaffung von Textilien:

Es wird grundsätzlich nach dem Öko-Tex-Standard 100 beschafft. Durch den Einsatz von Mischgeweben ist eine energieeffizientere Reinigung möglich geworden.

Der Einsatz von PVC-beschichteten Materialien ist so gut wie unterbunden worden. Als Ersatz wird polyurethanbeschichtetes Material eingesetzt (Matratzenbezüge, Regenschutzkleidung, Regenschutzschuhe, Schutzhandschuhe), als Ersatzstoff wird ferner noch Nitril angeboten.

6. Beschaffung von Reifen Verstärkt sind runderneuerte Reifen im Angebot.

7. Verwertung von Altakten, Altpapier, Datenträgern und Speiseabfällen Diesbezüglich sind preisgünstige Rahmenverträge mit anerkannten Entsorgungsfachbetrieben abgeschlossen worden, die eine entsprechende Zertifizierung haben und die eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der Abfälle sicherstellen.

8. Beschaffung von Büromöbeln Folgende Maßnahmen wurden umgesetzt:

- ausschließlich Beschaffung von Mobiliar aus Spanplatten der E 1-Klassifizierung,

- alle Seiten, auch unsichtbare, werden beschichtet,

- Ersatz von PVC durch ABS-Kantenmaterial,

- keine Verwendung von verchromten Bauteilen,

- ausschließliche Verwendung von umweltfreundlichen Lacken und Beizen,

- Einsatz von Wasserlacken für Holzbauteile,

- Einsatz von lösungsmittelfreien Pulvern für die Beschichtung von Stahlteilen,

- ausschließlich Verwendung von FCKW-freien Polsterschäumen.

9. Beschaffung von Tintenpatronen und Tonermodulen:

Das Angebot des Landesverwaltungsamtes enthält wiederbefüllte Tintenpatronen und aufgearbeitete Tonermodule.

10. Beschaffung von Lampen und Leuchten:

- Das Angebot an Energiesparlampen wird ständig erweitert,

- Batterien, Akkus und Ladegeräte werden ohne Hg und Cd angeschafft,

- Arbeitsplatz- und Schreibtischleuchten können nur noch mit Energiesparlampen betrieben werden.

11. Entsorgung und Verwertung von unbrauchbar gewordenen Leuchtstoff- und Entladungslampen:

Es werden nur noch Betriebe zugelassen, die vom Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) zertifiziert sind, der Grad der Wiederverwertung muss über 95 % liegen.

12. Entsorgung und Verwertung von Elektronikschrott:

Die Vergabe erfolgt nur an Entsorgungsfachbetriebe und nur nach Zustimmung von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Es wird darauf geachtet, dass die Zerlegung in sortenreine Materialfraktionen erfolgt, sodass die Sekundärrohstoffe wieder in den Wirtschaftskreislauf einfließen können.

13. Beschaffung von Reinigungsmitteln:

Es werden keine Reinigungsmittel mehr beschafft, die folgende Stoffe enthalten: APEO, EDTA, Phosphate, FCKW, CKW, p-Dichlorbenzol, Salzsäure, Phosphorsäure, Salpetersäure, Aminosulfosäure, aromatische Lösungsmittel, NTA, Kationische Tenside.

Es wird darauf geachtet, dass die Behältnisse für Wasch- und Reinigungsmittel Dosiereinrichtungen vorsehen, damit die richtige Gebrauchskonzentration angewandt wird.

Bei der Verpackung wird besonders auf Mehrweg(Nachfüll)Gebinde geachtet. Es wird auf die Verwendung von Hochkonzentraten hingearbeitet.

15. Beschaffung von Geschirr und Bestecken:

Es wird kein Plastikgeschirr mehr in die Angebotspalette aufgenommen. Für Bestecke wird wegen der Langlebigkeit nur noch Edelstahl geordert.

16. Warn- und Hinweisschilder:

Es wird verstärkt der Einsatz von Aluminiumschildern gefördert. Kunststoffschilder müssen aus Polypropylen oder Polystrol hergestellt sein. Verwendung toxischer Farben wird ausgeschlossen.

17. Verwertung von Altmobiliar (Sperrmüll):

Es wurde ein Rahmenvertrag über die Abholung und Verwertung des Büromobiliars abgeschlossen. Gemäß KrW-/AbfG wurde damit der Abfallverwertung Rechnung getragen. Es handelt sich um ein zertifiziertes Abfallentsorgungsunternehmen.

18. Bastelbedarf, Spiel- und Beschäftigungsmaterial, Sportgeräte:

- Verwendung wasserlackierter oder gebeizter oder lasierter Stifte,

- Einsatz von abbaubaren Kunststoffen bei Verpackungen,

- Verwendung von ungebleichten oder chlorfrei gebleichten Papieren,

- Einsatz von mit Wasser nachfüllbaren Fasermalern mit Lebensmittelfarbe,

- vermehrte Beschaffung von Naturmaterialien,

- Einsatz von FCKW-freien Schäumen.

Untersuchungen zeigen, dass das vorbildhafte Sammelbestellverfahren des Landes Berlin neben den ökologischen Vorteilen auch zu großen Kosteneinsparungen von mehr als 40 Millionen DM pro Jahr führt. Dank dieser gebündelten Bestellung von Gütern kann ­ gegenüber der dezentralen Beschaffung ­ sowohl der finanzielle als auch der Aspekt der Umweltstandards erheblich konsequenter realisiert werden. Weitere, nicht unerhebliche Einsparpotenziale liegen im personellen Bereich. Bei dezentralem Bestellverfahren dürften sich gleiche Vorgehensweisen hierfür vervielfachen und zu einem Mehrbedarf von mindestens 20 bis 30 Stellen in Berlin führen. Die Fortsetzung und Verbesserung des Umweltschutzes in der Berliner Verwaltung hat die bestmögliche Chance, wenn das Sammelbestellwesen auch weiterhin erhalten und gestärkt wird.

Trotz dieser ökologischen und ökonomischen Vorteile und der deutlichen Rechtslage nach § 55 LHO werden in den Berliner Senatsverwaltungen und auch in bezirklichen Einrichtungen weiterhin noch zu einem großen Anteil umweltbelastende und teure Produkte beschafft, anstatt das Dienstleistungsangebot des Landesverwaltungsamtes zu nutzen. Diese Ressourcenvergeudung gilt es verstärkt durch entsprechende Angebote und Informationen des Landesverwaltungsamtes zu reduzieren.

Fast jede Zersplitterung des öffentlichen Beschaffungswesens zieht höhere Preise und eben eine Verwässerung des Umweltaspektes nach sich. Der Sachverstand für Umweltschutz lässt sich grundsätzlich an zentraler Stelle besser erhalten, ausbauen und durchsetzen.

Auch wegen und im Zuge der Wahrnehmung der dezentralen Ressourcenverantwortung ist eine Reduzierung der Ausgaben auf das unbedingt notwendige Maß konsequent zu verfolgen.

Die Bündelung von Nachfrage und „Know-how" beim Landesverwaltungsamt trägt in finanzieller und personeller Hinsicht zur Entlastung der Diensstellen bei. Darüber hinaus führt grundsätzlich jede Dezentralisierung der Beschaffung auf Grund vorliegender Erfahrungen dazu, dass die erforderlichen Umweltstandards noch weniger berücksichtigt würden.

Die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchgeführte Tagung „Umweltfreundliche Beschaffung im Land Berlin" am 30. Januar 2001 hat mit dazu beitragen, Erfahrungen bei der umweltfreundlichen und abfallarmen Beschaffung auszutauschen und auch praktikable Lösungsansätze für Probleme und Hemmnisse zu entwickeln.

Zum Ausbau und zur Optimierung eines umweltfreundlichen

­ und somit auch abfallarmen ­ Beschaffungswesens bei den öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin ist daher beabsichtigt, die folgenden Schritte zeitnah umzusetzen:

- Die bestehende Organisation des Landesverwaltungsamtes soll demnächst weiter optimiert werden. So ist unter anderem geplant, die Zuständigkeiten für Rahmenverträge zur Entsorgung von Abfällen aus öffentlichen Einrichtungen zu bündeln und die bestehende Fachkompetenz in Abfallfragen weiter auszubauen.

- Das Landesverwaltungsamt plant, das Informations- und Beratungsangebot auszubauen bzw. weiter zu optimieren.

Insbesondere soll zukünftig in den einzelnen Produktbeschreibungen auf die Prüfkriterien und Umweltstandards hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang wird derzeit auch geprüft, ob eine Öko-Auditierung des Landesverwaltungsamtes realisiert werden kann.

- Auf Grund der sehr positiven Erfahrungen zu den abgeschlossenen Rahmenverträgen zur Verwertung von Abfällen aus öffentlichen Einrichtungen ist vom Landesverwaltungsamt geplant, entsprechende Verträge auch für weitere abfallrelevante Abfallarten (z. B. Bauabfälle) abzuschließen.

- Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat alle politischen Entscheidungsträger der Senatsverwaltungen und der bezirklichen Einrichtungen erneut aufgefordert, zukünftig die gesetzlichen Anforderungen (AVUM VOL) an ein abfallarmes Beschaffungswesen vollständig zu erfüllen und somit der Vorbildfunktion für öffentliche Einrichtungen nachzukommen.

- Es ist beabsichtigt, mit den bezirklichen FachbereichsLeitern „Verwaltungsamt" in einen konstruktiven Dialog über die Hemmnisse bei der Umsetzung eines umweltfreundlichen Beschaffungswesens zu treten.

- Zur Information und zur Realisierung eines abfallarmen Beschaffungswesens plant die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, eine entsprechende Informationsbroschüre zu veröffentlichen.

B. Getrenntsammlung von Abfällen in öffentlichen Einrichtungen:

Eine aktuell durchgeführte Erhebung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zum Stand der Getrenntsammlung bei 7 Senatsverwaltungen und bei allen bezirklichen Rathäusern ergab, dass die innerbetriebliche getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen weitestgehend noch nicht nach den abfallwirtschaftlichen Vorgaben des Landes Berlin umgesetzt wurde.

Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen dargestellt.