Ungewöhnlichen Transaktionen

Neben derartigen „ungewöhnlichen Transaktionen" sollen bei der Frage, ob ein Verdachtsfall vorliegt, auch - so ein Vorschlag des Bankenfachverbandes kundenspezifische Kriterien berücksichtigt werden, wie etwa die Nationalität des Kunden, Wohnort des Kunden, Alter, Geschlecht, Branche etc. Derartige kundenspezifische Merkmale sollen im Rahmen eines Score-Systems berücksichtigt werden.

Nach § 4 Abs. 1 BDSG sind die Verarbeitung personenbezogener Daten und deren Nutzung nur zulässig, wenn das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Die Installation eines Research-Systems stellt eine Datennutzung dar, die mangels Einwilligung der Bankkunden einer Rechtsgrundlage bedarf. Eine Einwilligung des Betroffenen liegt nicht vor, da die bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen erklärte Einwilligung in Datenverarbeitung und ­nutzung durch die Bank nicht auch die verdachtslose Rasterfahndung nach dem Kunden unbekannten Suchkriterien im Auftrag von staatlichen Stellen mit umfasst.

§ 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG, welcher die Kreditinstitute verpflichtet, Verfahren und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche zu entwickeln, ist nicht als Befugnisnorm anzusehen, die die Voraussetzung für eine derartige Datenerhebung und -nutzung schafft. § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an eine Eingriffsermächtigung zur Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu stellen sind.

Auch die genannte Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen kommt nicht als Rechtsgrundlage im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG in Betracht, da die Verlautbarung nur die Kreditinstitute verpflichtet, nicht jedoch den Kunden, demgegenüber sie keine unmittelbare Wirkung entfaltet.

Auch § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Einführung von ResearchSystemen. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG erlaubt Privaten die Datenverarbeitung für eigene Zwecke zur Wahrung berechtigter eigener Interessen. Aus der Verlautbarung des Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ergibt sich jedoch, dass Zweck des EDV-Research die Aufzeichnung der Ergebnisse zwecks Überwachung durch das Aufsichtsamt ist. Ziel ist eine bessere Erkennung von Verdachtsfällen, die dann nach § 11 GwG den Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen sind.

Somit dient das EDV-Research primär Zielen der Strafverfolgung und nicht dem eigenen Interesse der Banken. Auch wenn man in der Umsetzung des Geldwäschegesetzes einen eigenen Geschäftszweck sieht, käme das EDV-Research nicht als solcher in Betracht, da das Verfahren nach den Vorgaben des Geldwäschegesetzes so nicht vorgesehen ist.

Selbst wenn man den Begriff „Erfüllung eigener Geschäftszwecke" weit fassen würde, würde § 28 BDSG keine Rechtsgrundlage für das Research-Verfahren darstellen. Das Research-Verfahren ist nicht im Rahmen der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses mit dem Bankkunden erforderlich (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG), und eine Nutzung des Research-Verfahrens zu Wahrung berechtigter Interessen kommt wegen der überwiegenden schutzwürdigen Belange des Betroffenen nicht in Betracht (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG).

Hierzu scheitert auch § 28 Abs. 2 BDSG, der zwar eine Nutzung und Übermittlung von Daten im öffentlichen Interesse zulässt, aber nur wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Jeder unbescholtene Bankkunde hat ein schützenswertes Interesse daran, nicht in eine Rasterfahndung und anschließend in einen falschen Verdacht zu gelangen.

Zu unterscheiden von dem Research ist das Monitoring. Monitoring ist die auf einen konkreten Anlass bezogene Recherche zur Verifizierung eines bereits vorhandenen oder von außen zugetragenen „Anfangsverdachts". Die Recherche bezieht sich in diesem Fall auf bestimmte Personen bzw. Konten. Sofern tatsächlich ein Anfangsverdacht vorliegt - dies dürfte bei einigen Kriterien des Research-Systems zweifelhaft sein

- bestehen gegen die Durchführung eines Monitoring keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Bedenklich ist allerdings, dass das Bundesauftsichtsamt für das Kreditwesen auch in den Fällen, in denen sich der Verdacht nicht bestätigt, zu Kontrollzwecken eine sechsjährige Aufbewahrungsfrist fordert.

Die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden nach dem Geldwäschegesetz beginnt dann, wenn ein Institut den Verdacht einer Geldwäsche nach § 11 Abs. 1 GwG den Strafverfolgungsbehörden anzeigt. An die Frage, wie die im Geldwäschegesetz geregelte Verdachtsanzeige strafprozessual zu bewerten ist, knüpfen zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen an. Der Gesetzgeber hat sich hierzu im Geldwäschegesetz nicht geäußert.

Die Strafverfolgungsbehörden bewerten die Geldwäscheverdachtsanzeige in der Regel als Strafanzeige nach § 158 Abs. 1 StPO. Die Strafanzeige ist eine

Die Aufnahme aller Geldwäscheverdachtsanzeigen in das Js-Register der Berliner Staatsanwaltschaft ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Frage der Registrierung der Verdachtsanzeigen ist nach der Aktenordnung zu beantworten und darf nicht mit der streng strafprozessualen Frage eines Anfangsverdachtes im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO vermengt werden. Die Aktenordnung legt insoweit eindeutig fest, dass eine "Anzeige" in das Js-Register und eine "Mitteilung" in das AR-Register der Staatsbloße Anregung des Verletzten oder einer anderen Person zu prüfen, ob Anlass für die Einleitung eines Strafverfahrens besteht. Diese Kriterien erfüllt die Verdachtsanzeige, da das Institut bei Feststellung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass eine Finanztransaktion einer Geldwäsche (§ 261 StGB) dient oder im Fall ihrer Durchführung dienen würde, zur Anzeige verpflichtet ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GwG). anwaltschaft einzutragen ist. Auch der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund in §§ 11 und 13 des Geldwäschegesetzes den Terminus "Anzeige" gewählt, und zwar jeweils im Kontext mit dem Begriff der "zuständigen Strafverfolgungsbehörde". Dementsprechend bewerten die Strafverfolgungsbehörden zu Recht auch die Geldwäscheverdachtsanzeigen als Strafanzeigen im Sinne von § 158 Abs. 1 StPO.

Die rechtliche Einordnung der Verdachtsanzeige bei der Staatsanwaltschaft hat insbesondere Bedeutung für die registermäßige Behandlung des Vorganges und für die Frage, ob der Anzeigeerstatter über den Ausgang im Fall der Einstellung des Verfahrens zu bescheiden ist. Insbesondere an die registermäßige Behandlung knüpfen zahlreiche datenschutzrechtliche Folgen an.

Die Eintragungspraxis ist auch deshalb unbedenklich, weil die Eintragung in das Js-Register einer Staatsanwaltschaft lediglich besagt, dass eine Strafanzeige vorliegt, ohne dass damit eine Aussage über deren materiellen Gehalt und insbesondere die Intensität des Tatverdachtes verbunden wäre.

Die Staatsanwaltschaft Berlin sieht nach § 47 Aktenordnung (AktenO) eine Verpflichtung, jede eingehende Geldwäscheanzeige in das Js-Register einzutragen, da sie sie als Strafanzeige nach § 158 StPO ansieht.

Die Eintragung in das Js-Register erfolgt unabhängig davon, ob sich der Verdacht einer strafbaren Handlung gegen eine bestimmte Person richtet oder nicht.

Die Staatsanwaltschaft prüft nicht, ob tatsächlich ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Für den jeweiligen Betroffenen bedeutet dies, dass er in das gleiche Register eingetragen wird, in das eröffnete Ermittlungsverfahren eingetragen werden. Als Folge dieser Eintragung gelten abhängig vom Verfahrensausgang die Aufbewahrungsvorschriften der Justiz. Dies bedeutet, dass im Fall der Einstellung des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens eine Mindestspeicherfrist von fünf Jahren für die angezeigte Straftat folgt.

Wir halten die ungeprüfte Aufnahme aller Geldwäscheverdachtsanzeigen in das Js-Register der Staatsanwaltschaft für rechtlich höchst problematisch. Nach unserer Auffassung besteht ein Widerspruch zwischen den Regelungen der Aktenordnung und den §§ 152 Abs. 2, 160 StPO. Danach ist ein Ermittlungsverfahren erst dann einzuleiten, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, d. h. wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat gegeben sind (§ 152 Abs. 2 StPO). Dies ist durch die Staatsanwaltschaft jeweils im Einzelfall zu prüfen. Ist eine Prüfung noch nicht erfolgt, so wäre nach unserer Auffassung die Verdachtsanzeige in das Allgemeine Register für Ermittlungsverfahren (AR-Register) einzutragen bzw. müsste ein eigenes Verdachtsregister für Geldwäscheverdachtsanzeigen geschaffen werden.

Auch bei der Erstattung von Strafanzeigen ist es erforderlich, dass die Staatsanwaltschaft den jeweiligen konkreten Anfangsverdacht vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens prüft.