Polizeipräsenz

Die Senatsverwaltung für Inneres hält die bisherigen Ergebnisse sogar für ernüchternd. Die Maßnahmen haben bisher in keinem Fall ihrem eigentlichen Zweck - der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität - gedient. Die bis Redaktionsschluss angeordneten vier Maßnahmen reichen aber noch nicht aus, um ein abschließendes Urteil über die Tauglichkeit des Instruments zu fällen. Feststellen lässt sich bereits jetzt Folgendes:

Das Landeskriminalamt und die Direktionen sind angewiesen, Anträge zur Durchführung einer verdachtsund anlassunabhängigen Kontrolle freitextlich so abzufassen, dass folgende Angaben enthalten sind:

- Erläuterung der Delikte der grenzüberschreitenden Kriminalität,

- Aufführung der Lageerkenntnisse,

- gewünschter Zeitraum für die Kontrollmaßnahme,

- möglichst differenzierte Beschreibung des Bereichs der Kontrollmaßnahmen und

- Darlegung des Umfangs der Maßnahme und der eingebundenen Dienstkräfte.

Die Überprüfung der vorgelegten Unterlagen für die Anordnung einer Schleierfahndung hat ergeben, dass diesen Anforderungen nur in einem Fall fast vollständig Rechnung getragen wurde. Insbesondere sind die Lageerkenntnisse sehr diffus. Das korrespondiert mit den von der Senatsverwaltung für Inneres beschriebenen - statistisch nicht belegbaren - Folgen der Kontrollmaßnahmen, der Stärkung des Sicherheitsgefühls (Kontrollen vermitteln Polizeipräsenz) und der Verunsicherung potenzieller Straftäter (präventive Wirkung durch die Gefahr, kontrolliert zu werden). Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die abseits des eigentlichen Zwecks erreichten Erfolge einen so tiefen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht rechtfertigen.

Die Maßnahmen sind ausnahmslos in vollem Umfang beantragt und angeordnet worden (Anhalten, selektive Überprüfung der Fahrzeugführer und -insassen, selektive Befragung der Fahrzeugführer und -insassen, selektive Überprüfung der mitgeführten Ausweispapiere und selektives Öffnen und die Inaugenscheinnahme mitgeführter Sachen und Behältnisse). Bei den vier angeordneten Maßnahmen sind insgesamt etwa 3.

Personen und etwa 1.650 Fahrzeuge kontrolliert worden. In erster Linie waren verkehrsrechtliche Verstöße zu ahnden. In 36 Fällen wurden auch Strafanzeigen gefertigt (z. B. Verstoß gegen das Ausländergesetz), die aber in keinem Fall Delikte betrafen, deren Bekämpfung Anlass für die Anordnung der Kontrollen war. Festnahmen gab es nicht.

Abgesehen von den Fällen, in denen strafrechtliche Ermittlungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurden, sind keine personenbezogenen hat. Der Begriff „Schleierfahndung" ist in diesem Zusammenhang also zumindest irreführend und sollte deshalb vermieden werden.

Der Senat teilt die Auffassung des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht, dass nachvollziehbar sein muß, aufgrund welcher Erkenntnisse die den Kontrollen zugrundeliegende Lageeinschätzung getroffen wurde. Dafür ist auch Vorsorge getroffen. Anträge an den Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt zur Durchführung von Maßnahmen nach § 18 Abs. 7 ASOG sind freitextlich so abzufassen, dass die folgenden Angaben enthalten sind:

· Die für eine Anordnung als Voraussetzung geforderten Delikte der grenzüberschreitenden Kriminalität sind zu erläutern.

· Die erforderlichen Lageerkenntnisse, aufgrund derer anzunehmen ist, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden sollen, sind im Antrag aufzuführen.

· Der für die Kontrollmaßnahmen gewünschte Zeitraum ist anzugeben. (Von Einzelterminen sollte Abstand genommen werden, da bei erforderlichen Terminverschiebungen sonst ein neuer Antrag erforderlich würde).

· Der für die Kontrollmaßnahmen vorgesehene Bereich ist möglichst differenziert zu beschreiben.

· Der Umfang der beabsichtigten Maßnahmen und die eingebundenen Kräfte (Dienststellen, nicht Anzahl) sind darzulegen.

Die Senatsverwaltung für Inneres hat die Polizei noch einmal gebeten, diese Vorgaben in jedem Fall zu beachten.

Die Ergebnisse der ersten Maßnahmen waren in der Tat eher ernüchternd. Allerdings gibt die neue Befugnis der Polizei jedenfalls mehr Rechtssicherheit bei der Durchführung von Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum, die vorher nur in eingeschränktem Umfang zur Verkehrsüberwachung durchgeführt werden durften.

Außerdem lassen sich zwei Folgen der Kontrollen nicht durch statistische Angaben belegen:

· Die Stärkung des Sicherheitsgefühls - Die Kontrollen finden in kriminalitätsbelasteten Bereichen statt und vermitteln Polizeipräsenz.

· Die Verunsicherung potentieller Straftäter ­ Die gesteigerte Gefahr, kontrolliert zu werden, übt für sich genommen schon eine präventive Wirkung aus.

Schließlich ist auch noch zu berücksichtigen, dass mit der neuen Befugnis erst praktische Erfahrungen gesammelt werden müssen. Auf einige wenige Einsätze lassen sich noch keine Aussagen über die GeeignetBericht des Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht Stellungnahme des Senats

Daten der kontrollierten Personen gespeichert worden.

Die Betroffenen wurden lediglich nach ihren Personalien befragt und gebeten, die Personalpapiere vorzuzeigen. Dabei wurden die Papiere auf Echtheit und Authentizität geprüft. Weiterhin wurden keine Aufzeichnungen darüber geführt, wie oft mitgeführte Sachen in Augenschein genommen wurden. Die Polizei hat aber mitgeteilt, dass bei Kontrollen am Busbahnhof die Gepäckstücke aus den Bussen herausgeholt, in einer Reihe aufgestellt und Rauschgiftspürhunde entlanggeführt wurden. Insoweit wurden die mitgeführten Sachen in Augenschein genommen. In wenigen Fällen, wo die Hunde anschlugen, wurden diese Gepäckstücke genauer kontrolliert. Alle Untersuchungen verliefen negativ. heit stützen. Kontrollmaßnahmen zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität im Dezember 2000 haben immerhin zu zwölf vorläufigen Festnahmen geführt.

Alle Jahre wieder - das leidige Thema Errichtungsanordnungen

In den vergangenen Jahren haben wir wiederholt über unsere unzulängliche Beteiligung beim Erlass von Errichtungsanordnungen für neue, beim Bundeskriminalamt betriebene Dateien berichtet. Zunächst wurden wir von der Senatsverwaltung für Inneres überhaupt nicht darüber informiert, dass ein Zustimmungsverfahren für die Einrichtung einer neuen Datei läuft, in die auch die Daten der Landespolizeien eingestellt werden. Wenn wir davon Kenntnis erhalten haben, war das immer von dritter Seite. Dieser unbefriedigende Zustand konnte erst nach längeren Verhandlungen zwischen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und dem Bundesministerium des Innern (BMI) beseitigt werden. Das BMI hat sich bereit erklärt, zeitgleich mit der Versendung der Errichtungsanordnungen an die Innenverwaltungen der Länder diese auch den Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Verfügung zu stellen. Auf diesem Wege erhalten wir seit etwa Mitte 2000 parallel die Entwürfe, denen die Innenverwaltungen der Länder zustimmen sollen.

Die Darstellung des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht hinsichtlich der Übersendung von Errichtungsanordnungen von Dateien in der Vergangenheit ist so nicht zutreffend. Es kann in diesem Zusammenhang auf diverse Schreiben verwiesen werden, in denen er sich für die Übersendung von Errichtungsanordnungen explizit bedankt. Als Beispiele hierfür seien u.a. die Errichtungsanordnungen für die Dateien „Geldwäsche", „Schleusung/Menschenhandel" und „ESEK" genannt. Da aber nunmehr ­ wie zutreffend dargestellt wird ­ das Bundesministerium des Innern zeitgleich den Datenschutzbeauftragten der Länder die Errichtungsanordnungen zur Verfügung stellt, dürfte sich dieser Kritikpunkt erledigt haben.

Wir haben allerdings nach wie vor nicht den Eindruck, dass sich die Senatsverwaltung für Inneres ernsthaft mit unseren Stellungnahmen auseinandersetzt und unsere Empfehlungen und Anregungen - anders als in anderen Bundesländern - bei der Entscheidung berücksichtigt. Es wurde vielmehr regelmäßig in einem Satz mitgeteilt, dass der Errichtungsanordnung zugestimmt wurde. Lediglich für unsere Stellungnahme zur Datei „Gewalttäter Sport" wurde uns gedankt und mitgeteilt, dass die Überlegungen bei einer später in Aussicht genommenen Änderung eingebracht werden können. Das geschah dann in der Form, dass dem BMI unsere Stellungnahme zur Kenntnis gegeben wurde. Zuletzt wurde bei der Datei „FUSION" der

Auch diese Kritik kann nicht unwidersprochen hingenommen werden, da sie nicht den Tatsachen entspricht.

Beispielhaft verweist die Senatsverwaltung für Inneres unter anderem auf das Zustimmungsverfahren bei der Errichtungsanordnung für die Verbunddatei „FDR" (Falldatei Rauschgift). Die Fachabteilung der Senatsverwaltung hat sich zeitnah und ausführlich mit den Einwendungen des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht auseinander gesetzt. Dasselbe gilt für die „Geldwäscheverbunddatei", die Datei „Kinderporno" (hier hatte die Senatsverwaltung der Datei zwar bereits zugestimmt, konnte die Bedenken aber nicht teilen) und die Datei „ESEK". Wir haben leider weitestgehend einen Dissens feststellen müssen. meisten Fällen holt die Senatsverwaltung für Inneres zu den vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht geäußerten Bedenken eine fachliche Stellungnahme der Polizei ein, so wie im Fall der Errichtungsanordnung zu der Datei „FUSION".

Diese Stellungnahme hat die Senatsverwaltung für Inneres an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht weitergeleitet, jedoch nicht unbesehen, sondern nach deren eingehender Prüfung, die die Senatsverwaltung von den Argumenten der Polizei überzeugte. Soweit die Bedenken hinsichtlich der Errichtungsanordnung zu dieser Datei von Seiten der Senatsverwaltung für Inneres geteilt wurden, wurden sie in das Zustimmungsverfahren eingebracht (hier: Präzisierung der Zweckbestimmung der Datei).

Was das Zustimmungsverfahren bezüglich der Errichtungsanordnung der Datei „Gewalttäter Sport" betrifft, ist festzustellen, dass die Senatsverwaltung für Inneres der Errichtungsanordnung bereits zugestimmt hatte, als der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Akteneinsicht hierzu Bedenken mitteilte.

Die spätere Änderung der Datei war rein redaktionell, so dass für die Senatsverwaltung kein Anlass bestand, an dieser Stelle des Verfahrens Bedenken zu äußern, nachdem die Senatsverwaltung inhaltlich bereits zugestimmt hatte. Allerdings hat die Senatsverwaltung für Inneres dem Wunsch des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht entsprochen und seine Bedenken durch Übersendung der von ihm gefertigten Stellungnahme an das BMI in das Verfahren eingebracht.

Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Senatsverwaltung für Inneres erkennen ließe, dass sie sich mit unseren Stellungnahmen auseinandergesetzt hat und dann, wenn sie unseren Anregungen und Empfehlungen nicht folgen will oder kann, die Gründe dafür erläutert.

Die Senatsverwaltung für Inneres bedauert, dass ein falscher Eindruck von ihrer Kooperationsbereitschaft entstanden ist, und versichert, dass sie an einer guten Zusammenarbeit interessiert ist und weiter bemüht sein wird, das ihrerseits hierzu Erforderliche zu leisten.

Auftragsdatenverarbeitung durch das Bundeskriminalamt

Im Rahmen der Neukonzeption von INPOL-neu wollen die Polizeien mehrerer Bundesländer ihre Landesdaten dauerhaft beim Bundeskriminalamt im Rahmen der auftragsweisen Datenverarbeitung verarbeiten lassen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder49 hat in einer Entschließung dagegen erhebliche Einwände erhoben und an die Innenminister/-senatoren appelliert, die Landespolizeien aufzufordern, unverzüglich eigene Datenverarbeitungsverfahren zu entwickeln. Das Bundesministerium des Innern vertritt dagegen die Auffassung, dass eine dauerhafte Auftragsdatenverarbeitung beim BKA