Interkulturelle Bildung an der Landespolizeischule

Die Senatsverwaltung für Inneres legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner 21. Sitzung am 18. Januar 2001 Folgendes beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, das von 1997 bis 1999 durchgeführte interkulturelle Trainingsprojekt Nichtregierungsorganisationen und Polizei gemeinsam gegen Vorurteile in der multikulturellen Gesellschaft als einen dauerhaften Bestandteil in die Polizeiausbildung für Beamtinnen und Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes bei der Landespolizeischule Berlin zu integrieren."

Hierzu wird berichtet:

Allgemeines:

Eine Gesellschaft wird auch daran gemessen, wie sie mit Minderheiten anderer ethnischer Herkunft, Kultur und Religion umgeht. Dabei ist die Rolle der Polizei von entscheidender Bedeutung. Die Polizei repräsentiert den demokratischen Rechtsstaat im täglichen Leben der Bürger wie kein anderer Teil der Exekutive. Sie ist verantwortlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Anwendung der Gesetze gegenüber allen Gruppen. Dazu gehören das Respektieren der zunehmenden Heterogenität in der Gesellschaft ebenso wie die Verteidigung der Opfer von Diskriminierung. Die Polizei ist deshalb ein wesentlicher Schutzfaktor unserer gesellschaftlichen Strukturen. Folgerichtig nimmt die Polizei in ihrer Einstellung zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz und bei der Bekämpfung dieser Phänomene eine Vorbildfunktion ein.

Polizeibeamtinnen und -beamte werden intensiv über Hintergründe, Ausdrucksformen und Folgen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit informiert. Ihr bürgernahes, von Fairness und Toleranz getragenes Verhalten gegenüber Minderheiten nichtdeutscher Herkunft ist mitentscheidend für ein friedliches Miteinander.

Die Berliner Polizei begegnet den gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit Migration, sozialen Konflikten und Rassismus verbunden sind, bereits seit Jahren mit intensiven Anstrengungen in der Ausbildung und Fortbildung ihrer Beamtinnen und Beamten, um den polizeilichen Nachwuchs fachlich und sozial kompetent auf die Aufgabenbewältigung in unserer Hauptstadt vorzubereiten und den berufserfahrenen Beamten Methoden und Konzepte der Kommunikation und Konfliktlösung als Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen und partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten zu vermitteln.

Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes

Die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes dauert regelmäßig 2/2 Jahre und obliegt der Landespolizeischule (LPS).

Es ist seit Jahren ein hervorzuhebendes Ziel der LPS, während der Ausbildung insbesondere in den Lehrgebieten „Politische Bildung" und „Berufskunde/Berufsethik" interkulturelle Lernprozesse zu fördern. In den genannten Lehrgebieten, aber auch fächerübergreifend und durch spezielle Verhaltenstrainings werden rechtsstaatliche Prinzipien wie die Beachtung der Menschenwürde, die Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte und die Toleranz im Umgang mit ethnischen Minderheiten vertieft.

Dabei wird neben der theoretischen Wissensvermittlung besonderer Wert auf unterrichtsbegleitende Exkursionen sowie den Gedankenaustausch mit Zeitzeugen und Vertretern von Migrantenorganisationen gelegt, um einen nachhaltigen Effekt hinsichtlich der Bewusstseinsbildung zu erreichen. Gegenseitiges Kennenlernen führt am ehesten zu einer objektiven Meinungsbildung und zur Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen und Lebensweisen. Das Verhaltenstraining besteht im ersten Ausbildungsabschnitt aus einem einwöchigen Kommunikationstraining, um den jungen Beamtinnen und Beamten in diesem Bereich mehr Selbstsicherheit zu geben, denn die Sprache ist das wichtigste Einsatzmittel der Polizei. Im Konfliktbewältigungstraining des zweiten Ausbildungsabschnitts werden die Beamten u. a. in Rollenspielen auf Konfliktsituationen mit Menschen ausländischer Herkunft vorbereitet. Konfliktlösungsmöglichkeiten werden erarbeitet und trainiert. Im zweiwöchigen Stressbewältigungstraining des dritten Ausbildungsabschnitts haben die Polizeibeamten bereits ihre ersten berufspraktischen Einsatzerfahrungen ­ auch mit Ausländern ­ gesammelt, die in das Schulungsprogramm einfließen und ausgewertet werden.

Ausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes

Die Ausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes obliegt nicht der Landespolizeischule. Die Ausbildung wird in Form eines sechssemestrigen Studiengangs an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR), Fachbereich Polizeivollzugsdienst, durchgeführt. Die zentrale Rolle der Polizei bei der Verteidigung und dem Schutz der Grund- und Menschenrechte und das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung als wertgebundene Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland sind wesentliche Ziele der gesamten Ausbildung. In besonderem Maße gilt dies für die Fächer „Staats- und Verwaltungsrecht" und „Politikwissenschaft". Außerdem wird in den Rechtsfächern z. B. anhand von Fallgestaltungen mit nichtdeutschen Tatverdächtigen die Grundthematik ethnischer Konflikte und ihre Auswirkungen auf die polizeiliche Arbeit gezielt erörtert. Ähnliches gilt auch für die polizeitaktischen Fächer „Einsatzlehre" und „Kriminalistik". Einzelne Themenbereiche wie z. B. Politischer Extremismus und Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus werden zudem in Seminaren und Projekten vertieft behandelt. Zu den genannten Seminaren gehört regelmäßig auch das Seminar „Türkische Lebenskunde, Sitten und Gebräuche", in das auch Begegnungsveranstaltungen mit türkischen Mitbürgern eingegliedert sind. Darüber hinaus sind auch die bereits unter Tz. 2.1 genannten Verhaltenstrainings Bestandteil der Ausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes. Sie sind im Rahmen der Studienpraktika zu absolvieren.

Polizeiliche Fortbildung

Im Bereich der polizeilichen Fortbildung steht den Polizeibeamten aller Laufbahnen und Dienststellen das breit gefächerte Fortbildungsprogramm der LPS zur Verfügung. Neben der Auffrischung und der Erweiterung des in der Ausbildung erworbenen Wissens steht die berufsorientierte Aufbereitung des aktuellen Zeitgeschehens im Vordergrund. Dazu gehören als wesentliche Bestandteile auch interkulturelle Bildungsangebote, die die soziale Kompetenz im Umgang mit ethnischen Minderheiten verbessern. So haben seit 1994 mehr als 4 000 Polizeibeamten aller Laufbahnen an einem zweitägigen Seminar zum Themenbereich „Ausländer in Berlin" teilgenommen. Diese Seminarreihe wird wöchentlich durchgeführt und gemeinsam mit Vertretern nichtdeutscher Verbände in Berlin (z. B. Türkischer Bund Berlin/Brandenburg, Türkische Gemeinde Berlin, Afrikazentrum e. V., Südosteuropäisches Kulturzentrum u. a.) in Zusammenarbeit mit der Ausländerbeauftragten des Senats gestaltet. Zielsetzung dieser Seminare ist eine Analyse der vielschichtigen Aspekte der Ausländerpolitik und des Ausländerrechts sowie ihre Rückwirkungen auf die Polizei. Auch dient das Seminar dem Erfahrungsaustausch der Beamtinnen und Beamten, die in den verschiedensten Arbeitsfeldern mit Ausländern Berührungspunkte haben.

2 EU-Projekt NAPAP (Nichtregierungsorganisationen und Polizei gegen Vorurteile)

Im Rahmen der Aktivitäten der LPS hat sich im Laufe der Jahre eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Büro der Ausländerbeauftragten des Senats, mit Repräsentanten und Mitgliedern verschiedener Immigrantenorganisationen sowie dem von ihnen als Gemeinschaftsprojekt betriebenen „Büro gegen ethnische Diskriminierungen in Berlin und Brandenburg" entwickelt. Für einzelne Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sowie eine Fachlehrerfortbildung gab es darüber hinaus Kontakte mit der „Trainingsoffensive e. V", deren Mitarbeiter eine kulturübergreifende Verständigung fördern. Diese Verbindungen erleichterten den Einstieg in das unter der Bezeichnung NAPAP ­ Nongovernmental Organizations and Police against Prejudices ­ von November 1997 bis Ende Oktober 1999 unter der Federführung der Ausländerbeauftragten des Senats und maßgeblicher Beteiligung der Berliner Polizei durchgeführte EU-Projekt. Das Berliner Projekt war Bestandteil eines transnationalen Vorhabens der Europäischen Union (mit einer Beteiligung von insgesamt 11 Städten aus 9 europäischen Ländern). Für die Durchführung des Berliner Vorhabens wurden von der Europäischen Kommission Fördermittel in den Jahren 1998 und 1999 (jährlich rund 100 000 DM) bewilligt. Auf Grund der finanziellen Absicherung durch EU-Fördermittel bot sich für die Berliner Polizei die willkommene Gelegenheit, einerseits einem zahlenmäßig erweiterten Teilnehmerkreis Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verbesserung der interkulturellen Handlungskompetenz zu vermitteln, die praxisorientiert im Polizeidienst Anwendung finden können, und andererseits neue Methoden und Konzepte der Kommunikation und Konfliktlösung zu entwickeln sowie neue Formen der Zusammenarbeit mit Vertretern der Minderheitenorganisationen zu erarbeiten. Die Schwerpunkte des Berliner Modellprojektes im Bereich der polizeilichen Aus- und Fortbildung waren:

- Seminare im Rahmen der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes an der LPS im Zusammenwirken der dortigen Fachlehrer für politische Bildung und Referenten der Migrantenorganisationen und der Trainingsoffenive e. V.

Neben Wissen über Migration nach Deutschland in Gegenwart und Vergangenheit sowie über Lebensweisen und Einstellungen von Minderheitengruppen wurden in Rollenspielen und Diskussionen Vorurteile abgebaut und Weltoffenheit und Toleranz gefördert. Anhand von Beschwerdefällen aus der Praxis der bei der Polizei eingerichteten „Clearingstelle für Ausländer" konnten die Auszubildenden ihre interkulturelle Konfliktfähigkeit sowie ihre Dialogbereitschaft und -fähigkeit erproben.

- Durchführung von Workshops im Rahmen der Fortbildung berufserfahrener Beamter des Einsatzdienstes in ausgewählten Abschnitten der Direktionen 1 und 4 mit einem hohen Anteil ausländischer Wohnbevölkerung. Dabei wurden die täglichen Probleme im Umgang mit Ausländern behandelt, die Kontakte zwischen den Beamten und den Vertretern der Minderheitenorganisationen gefestigt und Beamte als Multiplikatoren zur Vermittlung interkultureller Kompetenz geschult.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich das Berliner NAPAP-Projekt für die Berliner Polizei als erfolgreich erwiesen hat. Mit der Teilnahme an dem Projekt ist es insbesondere gelungen, die Zusammenarbeit der Polizei mit den Nichtregierungsorganisationen und der Ausländerbeauftragten des Senats zu verstetigen, eine Reihe innovativer Akzente zu setzen und alle 300 Auszubildenden des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Jahrgänge 1998 und 1999 intensiv auf die Probleme des operativen Dienstes bei der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzubereiten. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt konnten zudem neue Unterrichtsmodule und Lehrmaterialien entwickelt werden, die zu einer weiteren Verbesserung des Qualitätsstandards der polizeilichen Aus- und Fortbildung beitragen.

3 Nachfolgeprojekt PAVEMENT

Nach Beendigung des NAPAP-Projektes Ende 1999 hat die Europäische Kommission im Rahmen ihres sozialpolitischen Aktionsprogramms im Jahre 2000 ein weiteres transnationales Projekt zur Bekämpfung und Vermeidung insbesondere von ethnischen und religiösen Diskriminierungen unter der Bezeichnung PAVEMENT (Pflasterung) initiiert und Fördermittel für diesen Zweck bereitgestellt. Ziel dieses Projektes war die Bildung europäischer Netzwerke zwischen Regierungsorganisationen, Polizeien und wichtigen Akteuren von ethnischen und religiösen Minderheiten zur Förderung der Umsetzung des Artikels 13 des Amsterdamer Vertrages. An dem neuen Projekt waren die Städte Barcelona, Bologna, Paris und Wien beteiligt. Das Projekt wurde für Deutschland von der Ausländerbeauftragten des Senats koordiniert. Vertreter der Landespolizeischule Berlin waren an dem internationalen Erfahrungsaustausch im Rahmen des Projektes beteiligt. Das Vorhaben hat an die Erfahrungen des NAPAP-Projektes angeknüpft. Als Ergebnis des Erfahrungsaustauschs auf nationaler und transnationaler Ebene wurde ein Katalog von Empfehlungen zur praktischen Umsetzung des Artikels 13 des Amsterdamer Vertrages erarbeitet und der Europäischen Kommission unterbreitet. Die Empfehlungen beziehen sich insbesondere auf die Rolle der Polizei als einem der wichtigsten öffentlichen Dienstleister.

4 Stand der Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses

Allgemeines:

Die dauerhafte Verankerung des interkulturellen Trainingsprogramms in der Ausbildung des mittleren und des gehobenen Polizeivollzugsdienstes ist aus fachlicher und politischer Sicht wünschenswert. Die aus dem NAPAP-Projekt hervorgegangene Seminarkonzeption ist allerdings speziell auf die Anforderungen des mittleren Polizeivollzugsdienstes ausgerichtet und wurde bisher nur für Auszubildende dieser Laufbahn eingesetzt und mit Erfolg erprobt. Die angestrebte Erstreckung auf die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes ist allerdings nicht durch eine 1 : 1-Übertragung des NAPAP-Modells möglich, sondern erfordert zunächst eine konzeptionelle Anpassung an die höheren Anforderungen des Fachhochschulstudiums unter Berücksichtigung adäquater Lehr- und Lernmethoden der Fachhochschulausbildung. Aus den genannten Gründen ist eine Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses nur in Teilschritten möglich.

Einführung in die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes

Die Polizeibehörde hat ihre konzeptionellen und organisatorischen Vorarbeiten zur Erstellung einer Seminarkonzeption zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen. Deshalb wird bereits im Herbst 2001 an der LPS für alle Klassen des „Einstellungsjahrgangs Herbst 1999" ein viertägiges interkulturelles Informations- und Trainingsseminar nach dem Vorbild von NAPAP stattfinden.

Das Seminar wird von den für den Bereich politische Bildung zuständigen Fachlehrern der LPS unter maßgeblicher Beteiligung fachlich kompetenter Trainer von Nichtregierungsorganisationen (Bund gegen ethnische Diskriminierungen und Südost-EuropaKultur e. V.) und anteiliger Mitwirkung der polizeilichen Clearingstelle für Ausländer durchgeführt. Es ist beabsichtigt, die Ergebnisse des Seminars in einem Erfahrungsbericht auszuwerten. Die Seminartermine erstrecken sich auf den Zeitraum von September bis Dezember 2001 und erfassen die sich im dritten Ausbildungsabschnitt befindlichen Auszubildenden. Diese verfügen bereits über erste eigene berufspraktische Einsatzerfahrungen. Es erscheint sinnvoll, auch künftig das Trainingsseminar als Bestandteil des dritten Ausbildungsabschnitts einzuplanen. Nach derzeitigem Stand handelt es sich voraussichtlich um 9 Seminartermine für 9 Klassen. Für die Durchführung der 9 Trainingsseminare im Jahr 2001 sind von der LPS Gesamtkosten in Höhe von rund 40 000 DM ermittelt worden. Für das Jahr 2002 und die Folgejahre ist davon auszugehen, dass Haushaltsmittel in vergleichbarer Höhe benötigt werden.

Einführung in die Ausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes

Die konzeptionellen Vorarbeiten des Fachbereichs Polizeivollzugsdienst der FHVR zur Entwicklung eines interkulturellen Trainingsseminars, das den Anforderungen der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes unter Berücksichtigung der Lehr- und Lernmethoden des Fachhochschulstudiums entspricht, sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Dies ist u. a. auch darauf zurückzuführen, dass parallel hierzu ­ gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres ­ intensiv an einer strukturellen Reformierung des seit 1995 nicht veränderten Studienganges gearbeitet wird. Die vorbereitenden Arbeiten hierzu binden in erheblichem Maße auch personelle Kapazitäten der FHVR. Nach derzeitigen Erkenntnissen zeichnet sich ab, dass voraussichtlich ab dem Frühjahr 2002 erstmals ein interkulturelles Training im Rahmen des Fachhochschulstudiums eingeführt werden könnte.

Obwohl eine konkrete Kostenschätzung noch nicht vorliegt, muss zunächst davon ausgegangen werden, dass die Realisierung der Maßnahme Kosten in einer Größenordnung von ebenfalls mindestens rund 30 bis 40 000 DM verursachen wird.

5 Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung

Finanzierung in vergangenen Haushaltsjahren durch EU-Fördermittel

Im Rahmen des NAPAP-Projektes konnte das interkulturelle Trainingsprogramm in den Jahren 1998/1999 nur deshalb entwickelt und in der Praxis erprobt werden, weil die Finanzierung aus EU-Mitteln gesichert war. Mit der Beendigung des NAPAPProjektes Ende 1999 wurde die Zahlung der EU-Fördermittel eingestellt. Die für das Projekt PAVEMENT im Jahr 2000 bereitgestellten EU-Fördermittel standen nicht für die Weiterführung des aus dem NAPAP-Projekt hervorgegangenen interkulturellen Trainingsprogramms bei der Berliner Polizei zur Verfügung. Jede Weiterführung derartiger Ausbildungsmaßnahmen setzt deshalb voraus, dass die Finanzierung durch die Bereitstellung von Landesmitteln gesichert werden kann. Für eine Fortsetzung des interkulturellen Trainings in der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes hätte die Polizeibehörde im Jahr 2000 ­ nach damaliger Kostenschätzung ­ rund 53 000 DM aufwenden müssen. Die Polizeibehörde war jedoch angesichts der vielfältigen und unabweisbaren Bedürfnisse im Bereich der polizeilichen Aus- und Fortbildung nicht in der Lage, diese zusätzlich benötigten Haushaltsmittel durch Prioritätenveränderungen oder andere geeignete haushaltswirtschaftliche Maßnahmen zu erwirtschaften. Aus den genannten Gründen musste das interkulturelle Training im Jahr 2000 zunächst eingestellt werden.

Auswirkungen auf die Ausgaben im Jahr 2001

Die Realisierung der unter Tz. 4.1 dargestellten Trainingsseminare als Teil der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes führt zu zusätzlichen Ausgaben bei Kapitel 05 52 ­ Landespolizeischule ­ in Höhe von rund 40 000 DM. Dieser zusätzliche nicht eingeplante Haushaltsmittelbedarf wird im Rahmen der Haushaltswirtschaft aus dem Einzelplan 05 gedeckt. Demzufolge ist die Durchführung der Trainingsseminare im Jahr 2001 finanziell gesichert.

Auswirkungen auf die Ausgaben im künftigen Haushaltsjahren

Die FHVR könnte nach Abschluss ihrer konzeptionellen Vorarbeiten voraussichtlich im Frühjahr 2002 ebenfalls mit der Durchführung interkultureller Trainingsseminare im Fachhochschulstudium beginnen. Die Einführung der interkulturellen Bildung als ständiger Bestandteil der Ausbildung des mittleren und des gehobenen Dienstes verursacht im Jahr 2002 und in den Folgejahren Ausgaben von jährlich insgesamt rund 70 000 bis 80 000 DM. Die Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses ab 2002 ist unter der Voraussetzung zu realisieren, dass die benötigten Haushaltsmittel bereitgestellt werden.

6 Schlussbetrachtung

Ergänzende Maßnahmen zur Intensivierung des interkulturellen Trainings in der polizeilichen Fortbildung ­ Teilhabe am XENOS-Programm ­ Unabhängig vom Beschluss des Abgeordnetenhauses hat die Senatsverwaltung für Inneres die Polizeibehörde beauftragt, in Verbindung mit der Ausländerbeauftragten des Senats zu prüfen, ob die aus fachlicher und politischer Sicht wünschenswerte Fortbildung von Polizeivollzugsbeamten im Bereich der interkulturellen Bildung durch eine Teilhabe an dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung entwickelten Programm „XENOS ­ Leben und Arbeiten in Vielfalt" intensiviert werden kann. Das im Oktober 2000 entwickelte Programm ist als Gemeinde- und Länderübergreifendes gesamtdeutsches Programm unter Federführung des Bundes und unter Beteiligung von Bund, Ländern und Gemeinden und sonstigen Institutionen konzipiert worden.

XENOS verfolgt das Ziel, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz durch konkrete Maßnahmen und Projekte zu bekämpfen. Dabei geht es vor allem um Maßnahmen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft. Die Bundesregierung stellt dafür in den nächsten Jahren mindestens 25 Millionen DM jährlich aus den ­ dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zur Verfügung stehenden ­ Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) bereit.

Die ESF-Mittel müssen allerdings durch nationale Mittel kofinanziert werden. Der Katalog der geförderten Maßnahmen umfasst auch integrierte lokale Projekte wie z. B. die Qualifizierung von Multiplikatoren (u. a. Ausbilder der Polizei) in den Themenfeldern „Konfliktmanagement" sowie „interkulturelle Trainings". Die Landespolizeischule hat gemeinsam mit dem Bund gegen ethnische Diskriminierungen in der Bundesrepublik Deutschland (BDB e. V.) als Projektpartner ein Projekt mit der Bezeichnung „Polizei und ethnische Minderheiten für interkulturelle Verständigung ­ Miteinander für die Weltstadt Berlin ­" entwickelt und in das Interessenbekundungsverfahren eingebracht.

Das Projekt umfasst einerseits Fortbildungs-Workshops für Beamte im operativen Dienst der Polizeiabschnitte. Vorgesehen sind die Direktionen 4 und 5. Schwerpunkte sind u. a. der Erfahrungsaustausch und die Reflektion im Umgang mit Angehörigen ethnischer Minderheiten, des weiteren der Umgang mit Vorurteilen sowie Probleme der interkulturellen Verständigung und der Konfliktbearbeitung. Ferner soll ­ auch mit Hilfe externer Referenten und Exkursionen ­ die lokale und regionale Vernetzung (mit Minderheitenorganisationen, bezirklichen Ausländerbeauftragten und anderen Institutionen) als Mittel zur Bearbeitung und Lösung interkultureller Konflikte vertieft werden. Andererseits ist vorgesehen, im Rahmen des Projekts in Zusammenarbeit mit der bei der LPS eingerichteten Clearingstelle „Ausländer und Polizei" Fortbildungsveranstaltungen für die Fachlehrer und Fachausbilder der LPS zur Erweiterung ihrer interkulturellen Kompetenz durchzuführen. Das genannte Projekt ist vor kurzem im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens ausgewählt worden. Es ist zu hoffen, dass das Projekt auch die Entscheidungsgremien auf europäischer Ebene überzeugt. Bei einer positiven Entscheidung kann das Projekt durch die Bereitstellung von ESF-Mitteln finanziert werden. Die erforderliche Kofinanzierung erfolgt kostenneutral durch Bereitstellung vorhandener Ressourcen (Personal, Räume, Lehrmaterial).

Vorschlag für die weitere Berichterstattung

Die Senatsverwaltung für Inneres wird die weitere Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses in einem Abschlussbericht darstellen und in diesem Folgebericht insbesondere auch die sich durch die Umsetzung ergebenden Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung präzisieren. Für den Abschlussbericht ist die Mitzeichnung durch die Senatsverwaltung für Finanzen vorgesehen. Als Termin für die Vorlage des Abschlussberichtes wird der 15. Februar 2002 vorgeschlagen. Es wird gebeten, dem Terminvorschlag zuzustimmen.

Dr. Körting Senator für Inneres