Studiengang

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats besondere Verantwortung der Professoren für die Gewährleistung des notwendigen Lehrangebots betont. Zur Sicherstellung des Lehrangebots können aber auch andere Lehrkräfte oder Lehrbeauftragte beteiligt werden. Lehrbeauftragten obliegt nach § 120 BerlHG die selbständige Wahrnehmung von Lehraufgaben jedoch nur dann, wenn diese nicht von Hochschullehrern wahrgenommen werden können. Dessen ungeachtet wurden an einer Fachhochschule, obwohl für alle angebotenen Fächer Hochschullehrer berufen waren, Lehrveranstaltungen des Grund- und Hauptstudiums nicht von Professoren vertreten, sondern ausnahmslos von Lehrbeauftragten wahrgenommen. Der Rechnungshof hält dies auch dann für nicht vertretbar, wenn, wie die Fachhochschule einwendet, alle in Betracht kommenden Professoren „ausgebucht", krank oder im Freisemester waren. Er erwartet, dass künftig rechtzeitig durch geeignete organisatorische Maßnahmen gegengesteuert wird.

Die Einhaltung der Lehrverpflichtung haben die Lehrkräfte nach § 13 LVVO jeweils am Ende eines Semesters der Hochschule schriftlich mitzuteilen. Die einzelnen Lehrveranstaltungen sind thematisch zu bezeichnen, Art und Umfang ihrer Lehrtätigkeit anzugeben, ebenso die Zahl der mitwirkenden Lehrkräfte, bei Lehrveranstaltungen mit beschränkter Teilnehmerzahl auch die Zahl der teilnehmenden Studenten.

Wesentliche Unterbrechungen, die nicht ausgeglichen worden sind, sind zu vermerken. Eine Kontrolle ist nur gewährleistet, wenn die Lehrkräfte die benötigten Angaben auch machen, diese auf Richtigkeit überprüft und ausgewertet werden und das Ergebnis bei der Zumessung des Lehrverpflichtungssolls später Berücksichtigung findet. Die Mitteilung ist an den Dekan, an Hochschulen ohne Fachbereiche an den Leiter der Hochschule zu richten. Was nach Eingang der Mitteilung zu geschehen hat, ist nicht näher geregelt. Lediglich bei Nichterfüllung der Lehrverpflichtung besteht nach der Lehrverpflichtungsverordnung eine Weitermeldungspflicht an den Leiter der Hochschule, der regelmäßig zugleich die Befugnisse der Dienstbehörde wahrnimmt. Die Einhaltung der Lehrverpflichtung ist nicht nur für die Studienplanung und die Sicherstellung des Lehrbetriebs von Bedeutung, sondern berührt die sich aus dem Amts- oder Anstellungsverhältnis ergebenden Dienstpflichten. Bei Verstößen ist daher der Leiter der Hochschule vor allem in seiner Funktion als Dienstbehörde gefordert. Besonders gravierende Verstöße sollten sogar Anlass geben, die Aufsichtsbehörde zu unterrichten.

In den vom Rechnungshof geprüften Bereichen (T 480) findet eine Kontrolle der Erfüllung der Lehrverpflichtung weitgehend nicht statt:

- An der ASFH wurden vor Jahren schriftliche Mitteilungen für zwei Semester verlangt. Dennoch haben seinerzeit nicht alle Hochschullehrer Erklärungen über ihre Lehrtätigkeit abgegeben. Seither wird davon abgesehen, weitere Mitteilungen abzufordern. Bei der Anmeldung des Lehrangebots für das jeweilige Semester orientieren sich die Professoren an dem von der Verwaltung erstellten „Auslastungsbescheid". Die Verwaltung geht grundsätzlich davon aus, dass die im Lehrplan vorgesehenen Stunden, die sich aus der Studienordnung ergeben, auch geleistet werden. Zum Zeitpunkt der Prüfung wies eine Reihe von Professoren eine seit Jahren nicht erfüllte Lehrverpflichtung auf.

- An der FHW lagen keine Lehrmitteilungen der Professoren vor. Die Deputatsabrechnungen werden seit Jahren durch eine selbst entwickelte Software für jeden Hochschullehrer erstellt, geben jedoch nur das Lehrverpflichtungssoll wieder. Eine Dokumentation der zahlreichen Änderungen und Berichtigungen findet nicht statt.

Weder war erkennbar, in welchen Fällen sich anhand der Ist-Zahlen innerhalb eines Semesters Abweichungen von der Lehrverpflichtung ergeben haben, noch war geregelt, wie diese ausgeglichen werden sollen. Dass beispielsweise eine Lehrkraft festgesetzte gleichartige Lehrveranstaltungen eigenmächtig vom Studienplan abweichend Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats nur einmal durchgeführt hat, war nur dank der Aufmerksamkeit von Studenten aufgefallen. Ob der aufgrund eigenmächtiger Teilnahme an einer wissenschaftlichen Veranstaltung eingetretene Lehrausfall in einem anderen Fall wieder ausgeglichen wurde, war nicht feststellbar.

Mit Ausnahme einer Missbilligung hat die Hochschulverwaltung keine dienstrechtlichen Konsequenzen gezogen. Bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst hätte nach § 9 BBesG über den Verlust von Besoldung entschieden werden müssen.

- An der HdK werden zwar von der Fakultätsverwaltung Erklärungsvordrucke zum Nachweis der Lehrleistung versandt. Eingereichte Lehrmitteilungen waren aber häufig sehr lückenhaft, unsachgemäß oder fehlerhaft ausgefüllt. Folgerungen werden selbst dann nicht gezogen, wenn keine Mitteilung eingeht. Soweit Mitteilungen eingehen, werden die Angaben nicht systematisch ausgewertet. Einzelne Professoren haben ihre Lehrtätigkeit noch nie mitgeteilt. Im Grunde wird unterstellt, dass Hochschullehrer ihre Lehrverpflichtung regelmäßig erfüllen oder vorschriftsgemäß im Durchschnitt von zwei aufeinanderfolgenden akademischen Jahren erfüllen werden. So haben sich weder die Hochschule noch die Senatsverwaltung nachhaltig genug darum bemüht, wie nach Wegfall eines Studienganges die verbliebenen Professoren weiterhin in der Lehre eingesetzt werden können. Der Einwand, eine dienstrechtlich befriedigende Lösung würde eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes voraussetzen, vermag nicht zu überzeugen. Bereits nach derzeitigem Berliner Hochschulrecht hätten die betroffenen Hochschullehrer abgeordnet oder versetzt werden können, in ein gleichwertiges Amt an einer anderen Hochschule auch ohne ihre Zustimmung (vgl. § 102 Abs. 4 BerlHG). Eine Weiterverwendung an der Fachhochschule, wo im Gegenzug ein neuer entsprechender Studiengang aufgebaut wurde, hätte nahegelegen und wäre unter Beibehaltung des bisherigen Amtes und Schaffung der stellenmäßigen Voraussetzungen auch gegen den Willen der Hochschullehrer durchsetzbar. In einem anderen Fall tritt ein Professor seit 1998 dienstlich nicht mehr in Erscheinung; die Zahlung der Bezüge läuft jedoch weiter. Hochschulleitung und Senatsverwaltung werden zu klären haben, wie die unhaltbaren Zustände bereinigt werden können. Nach den Erfahrungen in einem mehrere Jahre zurückliegenden prominenten Einzelfall (vgl. Antwort des Senats vom 10. November 1989 auf die Kleine Anfrage Nr. 654) hätte von den Verantwortlichen konsequentes Handeln erwartet werden müssen.

Zusätzlich wird die Lehrleistung der Hochschullehrer durch folgenden Umstand vermindert: Die Vorlesungszeiten in Fachhochschulen sollen nach einer KMK-Empfehlung jährlich mindestens 38 Wochen umfassen. Für Universitäten und „Kunsthochschulen" liegt zwar keine KMK-Empfehlung vor.

Nach Auskunft der zuständigen Senatsverwaltung hat sich aber überregional eine Vorlesungsdauer von etwa 32 Wochen herausgebildet. Weshalb hier von einer geringeren Vorlesungszeit ausgegangen wird, ist nicht nachvollziehbar. Der Rechnungshof hat anhand der Vorlesungsverzeichnisse eine Auswertung über einen repräsentativen Zeitraum vorgenommen und festgestellt, dass die Vorlesungszeiten an allen Fachhochschulen ­ die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) wurde wegen ihrer Sonderstellung nicht einbezogen ­ die vorgesehenen Mindestzeiten nahezu regelmäßig deutlich unterschreiten. Dies ist nicht hinnehmbar und sollte Anlass geben, den Umfang der Vorlesungszeit durch Rechtsvorschrift verbindlich zu regeln, und zwar für alle staatlichen Hochschulen einschließlich der Universitäten.

Dabei sollte zugleich klargestellt werden, dass akademische Ferien und so genannte Hochschultage (§ 29 Abs. 2 BerlHG) nicht mitrechnen. Durch Festlegung jährlich abzuleistender Lehrveranstaltungen, z. B. an Fachhochschulen jährlich 684 LVS (18 Std. x 38 Wochen), würde einer solchen Zielsetzung zudem besser Rechnung getragen.

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

493 Die aufgezeigten Mängel sollten dazu Anlass geben, das Verfahren grundlegend zu verändern und eine umfassende Anzeige- und Belegpflicht der Hochschullehrer, eine Kontroll- und Dokumentationspflicht der Hochschule und bei Dienstpflichtverletzungen eine Berichtspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde zu statuieren. Bei der Festlegung des Lehreinsatzes für das jeweilige Semester haben die Gremien auch die Erfüllung der Lehrverpflichtung durch die Hochschullehrer zu berücksichtigen. Der Lehrbetrieb kann durch Koordination und Zusammenstellung des Lehrangebots nur dann ordnungsgemäß organisiert werden, wenn die erforderlichen Unterlagen vollständig und nachvollziehbar vorliegen. Um dies zu erreichen, hält der Rechnungshof insbesondere folgende Maßnahmen für erforderlich:

- Das durch Beschlussfassung der Hochschulgremien verbindlich festgestellte Lehrangebot sollte ausreichend dokumentiert werden. Jede Änderung des Lehrangebots und der Lehrverpflichtung sollte der Beschlussfassung des Fachbereichsrats unterliegen, mindestens aber nachträglich zu bestätigen sein. Die betreffenden Beschlüsse sind zu protokollieren.

- Die zu erbringenden Lehrleistungen sollten jedem Hochschullehrer für jedes Semester schriftlich mitgeteilt werden (Zuweisungsbescheid).

- Die Anzeige- und Belegpflicht der Lehrkräfte sollte durch Einführung eines der Lehrverpflichtungsverordnung als Anlage beigefügten und für alle Hochschulen verbindlichen Erklärungsvordrucks vereinheitlicht, das Berechnungsverfahren sollte vereinfacht werden.

- Für die Prüfungs- und Kontrollpflichten sollte der Beauftragte für den Haushalt verantwortlich sein, die Durchführung sollte von Verwaltungskräften wahrgenommen werden. Der Dekan sollte von unnötigen administrativen Arbeiten entlastet werden.

- Die Auswertung der Mitteilungen über die Lehrleistungen müsste dokumentiert und dem zuständigen Fachbereich mitgeteilt werden. Jeder Hochschullehrer sollte einen „Auslastungsbescheid" erhalten.

- Bei Verstößen gegen die Erklärungspflicht sollte mit dienstrechtlichen Konsequenzen gerechnet werden müssen (Sanktionsmöglichkeit). Unregelmäßigkeiten sollten umgehend der Dienstbehörde oder Personalstelle zur weiteren Veranlassung mitgeteilt werden. Fälle beharrlicher Weigerung, den dienstlichen Obliegenheiten nachzukommen, sollten dem Leiter der Hochschule und der Senatsverwaltung gemeldet werden.

Probleme im Zusammenhang mit der Einhaltung der Lehrverpflichtung sind nicht neu, treffen gleichermaßen auf Universitäten zu und bestehen schon seit langem (vgl. schon Bericht des Rechnungshofs vom 6. Oktober 1975 über eine im Auftrag des Abgeordnetenhauses durchgeführte Sonderprüfung bei den Berliner Universitäten ­ Drucksache 7/231). Die Probleme sind auch nicht allein auf Berlin beschränkt. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben in der Vergangenheit wiederholt ähnliche Feststellungen getroffen.

Diese Prüfungserkenntnisse lassen somit durchaus Rückschlüsse zu, welche Probleme auch bei anderen Hochschulen zu erwarten sein dürften. Die Mängel dürften auch auf fehlende bzw. unzureichende Vorschriften zurückzuführen sein.

Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Auswüchse bei der Gewährung von Ermäßigungsstunden künftig unterbleiben, ein schriftliches Antrags- und Bewilligungsverfahren zwingend vorgeschrieben wird und die bestehenden rechtlichen Vorgaben künftig strikt eingehalten werden. Soweit Fehlentscheidungen auf Rechtsunsicherheit beruhen oder einfach auf mangelnde verwaltungsmäßige Sorgfalt zurückzuführen sind, sollte dem durch Erlass von Verwaltungsvorschriften entgegengewirkt werden. Darüber hinaus erwartet der Rechnungshof jedoch, dass der Senat an der in seinem Bericht zum Hochschulstandort Berlin bekundeten Absicht, die bestehenden Ermäßigungstatbestände zu reduzieren (T 486), festhält und diese möglichst bald umsetzt.