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Abgeordnetenhaus von Berlin ­ 15.

Dieses und das kombinierte sozialtherapeutisch/psychotherapeutische Verfahren decken zusammen fast 70 % aller Behandlungen ab.

Danach ergibt sich aus der Befragung der Justizvollzugsanstalten des Landes Berlin zusammengefasst folgendes Bild:

Von der ersten zur zweiten Stichtagserhebung hat sich der Anteil der nach §§ 174 bis 180, 182 StGB verurteilten Sexualstraftäter an der Gesamtpopulation aller Inhaftierten um gut 1 % erhöht. Die Anzahl der Sexualdelinquenten selbst ist zwischen Februar 1999 (272) und Juni 2001 (315) um 16 % angestiegen. Da auf Grund der Gesetzesänderung vom 26. Januar 1998 die zu über 2 Jahren verurteilten Sexualstraftäter nach § 9 Abs. 1 StVollzG bei Vorliegen einer sozialtherapeutischen Indikation therapiepflichtig sind, waren und sind die Anstalten gehalten, ihre Behandlungskapazität deutlich zu steigern.

Ferner wird festgestellt, dass die Justizvollzugsanstalt Tegel als Einrichtung des geschlossenen Vollzuges ihre Position als zentrale Aufnahme- und Behandlungseinrichtung für die Sexualstraftäter ausgebaut hat, die einer intramuralen, primär stationären Behandlung bedürfen. Während die dortige Sozialtherapeutische Anstalt (SothA I) in deutlich größerem Umfang therapiewillige und -fähige Sexualstraftäter behandelt, ist die im November 2000 neu eingerichtete Sozialtherapeutische Spezialstation für Sexualdelinquenten (SothA II) mit ihren zunächst 15 Plätzen für die mit den bislang praktizierten Konzepten nicht erreichte Klienten zuständig.

Die Justizvollzugsanstalt Hakenfelde als Einrichtung des offenen Vollzugs hingegen ist die zentrale Aufnahmeeinrichtung für die Sexualstraftäter (Selbststeller) geworden, die keiner stationären sozialtherapeutischen Behandlung bedürfen und unter den dort gegebenen Bedingungen und unter Inanspruchnahme externer ambulanter Behandlungsplätze in der Lage sind, ihr Vollzugsziel zu erreichen.

Zur Weiterentwicklung der therapeutischen Versorgung wird festgehalten, dass sich in den Berliner Justizvollzugsanstalten im Juni 2001 23 % mehr Sexualstraftäter in Behandlungsmaßnahmen befanden als noch im Februar 1999. Dennoch besteht weiterer Bedarf an stationären Behandlungsplätzen, der Ende 2002 mit der beschlossenen Erweiterung der SothA II um zusätzliche 20 Plätze gedeckt sein wird.

Hinsichtlich der praktizierten Verfahren zeigt sich im beobachteten Zeitraum eine deutliche Hinwendung der Therapeuten zu den deliktspezifischen Behandlungsverfahren kognitiv-verhaltenstherapeutischer Art, über die in Teil B weitere Ausführungen gemacht werden.

II. Sexualstraftäter und Sexualstraftäterbehandlungen im Krankenhaus des Maßregelvollzuges

1. Sexualstraftäterbestand

Am 20. Juni 2001 versorgte das Krankenhaus des Maßregelvollzuges Berlin 462 Patienten, von denen 44 extramural (z. B. in therapeutischen Wohngemeinschaften) untergebracht waren. Insgesamt 85 Patienten waren nach §§ 174 bis 180 und 182 StGB verurteilte Sexualdelinquenten (= 18 %). Die Anzahl der Sexualdelinquenten stieg in den 2 1/3 Jahren zwischen den beiden Zeitpunkten um 42 % von 49 auf 854). Von diesen 85 Patienten waren 58 zu mehr als zwei Jahren verurteilt worden. Es fällt jedoch ein erheblicher Anstieg bei den nach § 177 StGB Verurteilten auf, der überwiegend auf die erstmalige Erfassung der „versteckten" Sexualstraftäter zurückzuführen ist (siehe Fußnote Seite 10).

4) Der Anstieg geht nicht auf eine veränderte Spruchpraxis der Strafgerichte, sondern auf eine möglicherweise veränderte Entlassungspraxis seitens der Strafvollstreckungskammern und zur Hauptsache auf die erstmalige Erfassung der „versteckten" Sexualstraftäter (z. B. in § 211 StGB) anl. der Befragung vom Juni 2001 zurück.

Zwei Patienten hatten eine Behandlung bereits beendet, 17 waren für weitergehende Behandlungsmaßnahmen vorgemerkt. Das Ergebnis zeigt auch, dass zum Erhebungszeitpunkt nicht bei allen Sexualstraftätern eine spezifische Behandlung indiziert war (siehe Spalte 1). (Näheres zu den Patienten und Behandlungsverfahren siehe Zwischenbericht vom 4. Juni 1999.) Zusammengefasst ist festzustellen, dass die im Krankenhaus des Maßregelvollzuges untergebrachten Patienten im Verlaufe der Unterbringung umfassend an Behandlungsmaßnahmen unterschiedlicher Art teilnehmen, die auf das individuelle Persönlichkeits-, Krankheits- und Deliktbild abgestellt sind, so dass therapeutische Versorgungslücken innerhalb der Einrichtung nicht auftreten.

Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs meldet jedoch einen dringenden Bedarf an qualifizierten Behandlungsplätzen im Bereich der Nachsorge (forensisch-psychiatrische Ambulanz) an.

Insoweit wird auf den nachfolgenden Teil C verwiesen.