In keinem Bezirk außer Pankow und Weißensee gibt es eine deutliche Zunahme der Lebendgeborenen pro Jahr

Abgeordnetenhaus von Berlin ­ 15. In den westlichen Innenstadtbezirken zeigt sich sogar eine erhebliche Abnahme. Auf Grund ihres Altersaufbaus haben die Bezirke Steglitz, Wilmersdorf und Zehlendorf im Verhältnis zu ihrer Größe hohe Negativbilanzen, obwohl die Zahl der Geburten nicht entscheidend zurückgegangen ist. Deutlich positive Bilanzen haben nur die Bezirke Wedding und Kreuzberg, aber nur deshalb, weil die Zahl der Sterbefälle stärker zurückgegangen ist als die Zahl der Geburten.

Eine aussagekräftigere Maßzahl ist die Fruchtbarkeitsziffer. Mit ihr wird die Zahl der Geburten mit der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter verglichen. In Berlin werden pro Jahr konstant ca. 40 bis 41 Kinder von je tausend Frauen im Alter von 15 bis 45 Jahren geboren. Nach Bezirken gibt es eine Varianz von ca. 26 in Hohenschönhausen bis 56 in Wedding. Hier macht sich deutlich die Bevölkerungsstruktur bemerkbar. In den westlichen Innenstadtbezirken sorgt nach wie vor die dritte Generation der jungen Ausländerinnen für relativ hohe Fruchtbarkeitsraten. 1999 betrug sie bei den nichtdeutschen Frauen 65, bei den deutschen Frauen 35.

Auch bei der Aussage über die wachsende Anzahl von Einzelkindern zeigt sich die Problematik von statistischen Daten zur Familie. Sie sind Momentaufnahmen in einer bestimmten Entwicklungsphase. Erste Kinder am Beginn der Familiengründung oder auch letzte Kinder, deren Geschwister den Haushalt bereits verlassen haben, erscheinen in der Statistik als Einzelkinder. Eine repräsentative Aussage über das tatsächliche Großwerden als Einzelkind ohne Geschwister ist auf diesem Wege also nicht möglich.

Untersuchungen haben im Laufe der letzten Jahre sogar ergeben, dass die Zahl der Einzelkinder bundesweit abnimmt und die Zahl der kinderlosen Paare und die Zahl der Paare mit mehreren Kindern steigt. Unter den Kinderlosen fällt insbesondere der hohe Anteil von Frauen mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss auf.

Das durchschnittliche Alter der Mütter (auf ein Jahr bezogen) bei der Geburt des Kindes ist in den letzten Jahrzehnten insgesamt deutlich gestiegen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um das erste Kind oder weitere handelt. Dies gilt europaweit. So lag die höchste Geburtenziffer von 76,0 zunächst bei den 27-Jährigen, zwei Jahre später bei der Altersgruppe der 29-Jährigen.

Auch bei den 33- bis unter 40-jährigen Frauen steigen die Geburtenziffer deutlich.

Hierzu wieder der Städtevergleich: Berlin weist auf 10 000 Einwohner 81 Geburten auf; in Leipzig waren es 1999 nur 68. In Köln und München werden jeweils 104 Geburten pro 10 000 Einwohner gezählt und in Hamburg 94. Setzt man dies mit den Sterbeziffern in Relation, so haben Berlin und Hamburg eine negative, München und Köln mit Geburtenüberschüssen von 723 und 309 Einwohnern positive Bilanzen.

Die Geburtenrate in Europa ist seit den Sechzigerjahren zunächst in den nordischen, dann in den südlichen Ländern rückläufig. Die Zahl der Geburten sank im Jahr 1998 auf rund vier Millionen. Dies war der niedrigste Wert seit dem zweiten Weltkrieg.

Die Gesamtfruchtbarkeitsziffer fiel von 2,59 im Jahr 1960 auf 1,45 im Jahr 1998. Heute findet man die niedrigsten Geburtenziffern in den mediterranen Staaten, wobei Spanien und Italien mit weniger als 1,2 Kindern pro Frau an letzter Stelle in Europa liegen. So wird die Bevölkerung in Europa immer älter. Bis 2010 wird sich die Zahl der älteren Menschen (über 65) laut Prognose von 34 Millionen (1960) auf 69 Millionen verdoppelt haben.

Wanderungen Innerhalb der Berliner Bezirke und von oder nach Orten außerhalb Berlins ziehen jährlich mehr als 10 % der Gesamtbevölkerung um. Da die Wegzüge seit vielen Jahren die Zuzüge übersteigen, hat Berlin eine negative Wanderungsbilanz.nachholende Suburbanisierung" nach dem Fall der Mauer. Die Jahre 1997/1998 markieren bis heute einen Höhepunkt der Umzugstätigkeit innerhalb der Stadt und über die Stadtgrenzen hinaus. Am nachlassenden Wegzug von Berlinern ins Umland sieht man auch, dass sich der Immobilienmarkt im Umland von Berlin langsam sättigt. Das Potenzial an jungen Familien in Berlin, das wirtschaftlich in der Lage ist zu bauen, hat sich mit dem Abbau des „Nachfragestaus" verringert. Die rückläufige Wirtschaftskonjunktur, eine Sättigung der Nachfrage am Wohnungsmarkt sowie die nachlassende Bautätigkeit führen zu einer nachlassenden Abwanderung ins Umland.

Hamburg, München und Köln konnten dagegen Wanderungsgewinne (7173, 4940 und 220) verzeichnen.

Dabei wanderten oft gerade gut verdienende junge Familien ins Umland ab. Dies zieht Wohnungsleerstand und eine überproportionale Zunahme des Anteils von Problemfamilien in bestimmten Stadtvierteln nach sich. Häufig sind die Neuankömmlinge nicht so vermögend wie die Abwanderer. Diese selektive Segregation innerhalb der Stadt hat zur räumlichen Konzentration von problematischen Strukturen und Entwicklungen in einzelnen Stadtteilen geführt. Zur Aufwertung und Stabilisierung dieser lokalisierten „Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf" hat der Berliner Senat bereits 1999 die Einrichtung von Quartiersmanagement als Instrument der sozialen Stadtentwicklung veranlasst (siehe dazu auch „Familienunterstützende Maßnahmen im Rahmen der sozialen Stadt" unter Nr. 3.3.2.6). Innerhalb der Bezirke Berlins entwickelt sich eine weitaus größere Mobilität. Dies führt unter den Bezirken zum Teil zu beträchtlichen Überschüssen oder Defiziten. Als Gewinner können Spandau, Zehlendorf, Steglitz, Treptow, Köpenick, Weißensee und Pankow betrachtet werden. Verlierer sind die Bezirke Mitte, Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg.

Eheschließungen, Ehescheidungen

In Berlin schlossen 1998 14 635 Paare, 1999 14 300 die Ehe. Seit längerer Zeit ist in dieser Hinsicht auch in Berlin ein rückläufiger Trend zu beobachten. 1996 waren noch 15 813 Eheschließungen zu verzeichnen, in den 80er Jahren waren es sogar weit über 20 000. In relativen Zahlen ausgedrückt wurden 1999 auf 1 000

Einwohner nur noch etwa vier Ehen pro Jahr geschlossen. Bis Anfang der 90er Jahre waren es noch etwa sechs Eheschließungen, im Ostteil der Stadt ist die entsprechende Quote mit der Aufhebung der Teilung von einem wesentlich höheren auf ein noch niedrigeres Niveau gesunken (1999: 3,8 je 1 000 Einwohner). Dies hängt mit längeren Ausbildungs- und beruflichen Orientierungszeiten, dem höheren Alter der Mütter bei der ersten Geburt und mehr Wiederverheiratungen nach Scheidung und Verwitwung zusammen.

Ledige Männer heiraten in Berlin im Mittel mit 31,8 Jahren, ledige Frauen mit 29,3, geschiedene Männer mit 45,6, geschieden Frauen mit 42,2.

Fast drei Viertel aller Ehen werden zwischen deutschen Staatsangehörigen geschlossen. 1996: 72,6 %; 1999: 73,6 %. Der Anteil der binationalen Hochzeiten betrug 1996: 13,0 %; 1999: 12,2 %.

Ca. 14 % der Paare waren nichtdeutscher Herkunft. Bei diesen Zahlen ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade bei Ausländern viele Ehen auch im Ausland geschlossen werden. Eine Ehe mit Ausländern stellt also keine Besonderheit mehr dar.

Den Eheschließungen standen 1996 9.182 und 1999 10 001 Ehescheidungen gegenüber. Die Antragsteller waren in der Mehrzahl (2 : 1) Frauen. Von den geschiedenen Ehen hatten 1996 16,7 % weniger als fünf Jahre und 54,6 % weniger als zehn Jahre gedauert. 1999 waren dies 14,7 % und 58,3 %.

Die oft gehörte Behauptung, dass jede zweite oder dritte Ehe geschieden wird, ist aus der Statistik nicht nachzuvollziehen.

Sicher ist, dass in den letzten zehn Jahren in Berlin bei einem durchschnittlichen Bestand von ca. 835 000 Ehen ca. 168 000

Ehen neu geschlossen wurden und 68 000 Ehen geschieden wurden. Dabei wird ein ­ nicht zutreffender ­ Zusammenhang zwischen den Ehen, die in einem Jahr geschlossen werden, und den Ehen, die im selben Jahr geschieden werden, hergestellt. Beide Angaben haben aber mit dem tatsächlichen Verlauf einer Partnerschaft nichts zu tun. Die wichtige Bezugsgröße der Stärke der Geburtsjahrgänge im heiratsfähigen Alter bleibt außer Betracht.

Nimmt diese Stärke bei gleichbleibender Scheidungsrate nämlich ab, erhöht sich rein rechnerisch die Scheidungsquote. Weiterhin ist zu bedenken, dass es keine Aussagen darüber gibt, wie viele Ehepaare Berlin verlassen und sich dann scheiden lassen und wie viele, die woanders geheiratet haben, sich in Berlin scheiden lassen. Wegen dieser statistisch nicht erfassbaren Zusammenhänge können allgemeine Aussagen über die durchschnittliche Dauer der Ehe nicht gemacht werden.

Bemerkenswert erscheint vielmehr, dass es auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung noch nie einen so großen Anteil von Ehen gab, die 25, 30 oder auch 40 Jahre Bestand hatten. Dies hat für Lebensentwürfe und Lebensverläufe der Beteiligten weitreichende Folgen. Eine Ehe, die primär auf wechselseitiger Zuwendung und Akzeptanz und weniger auf ökonomischen, rechtlichen und moralischen Zwängen basiert, ist außerdem scheidungsanfälliger, wenn diese emotionale Basis brüchig wird.

Dennoch ist der Tod eines Partners für Männer und Frauen der Altergruppe ab 40 nach wie vor der primäre Grund für die Auflösung der Ehe.

Die Hälfte aller geschiedenen Ehen betreffen bundesweit kinderlose Ehepaare. Bei Scheidungen mit minderjährigen Kindern dominieren mit gut einem Drittel Paare mit einem Kind. Die Zahl der von Scheidung mitbetroffenen Kinder ist trotz gestiegener Scheidungsquoten im Laufe der Jahre relativ konstant geblieben.

Kinder scheinen offensichtlich eine wichtige Voraussetzung für eine dauerhafte Ehe zu sein.

Im Städtevergleich nimmt Berlin eine unterdurchschnittlich ehefreundliche Stellung ein. So heirateten in Hamburg 1999 auf 10 000 Einwohner 48, in Köln sogar 52 und in Berlin ­ allerdings bei einer anderen Altersstruktur ­ nur 44 Paare.