Gärtner sind dann in die LGr 6 Fallgr

Abgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 95

Um sich einen Überblick über die tatsächlich auszuübenden Tätigkeiten zu verschaffen, hat der Rechnungshof daher die vor der Gebietsreform bestehenden Bezirke gebeten, in den Jahren 1998/1999 über einen Zeitraum von fünf Monaten Arbeitsaufzeichnungen führen zu lassen, die auch dem Produktkatalog für die Kosten- und Leistungsrechnung entsprechen. Die von den Bezirken auf der Grundlage der Arbeitsaufzeichnungen vorgenommenen Bewertungsüberprüfungen führten lediglich im ehemaligen Bezirk Wilmersdorf zur Abwertung einer Stelle von LGr. 6 nach LGr. 5. Der Bezirk Neukölln will allerdings als Konsequenz aus der unklaren Bewertungslage bei der Neubesetzung der 23 Gärtnerstellen der LGr. 6/7 a nur Eingruppierungen nach LGr. 4 oder 5 vornehmen. Eine Stellungnahme der Senatsverwaltung für Inneres bestätigt, dass in diesem Bereich ein erhebliches Einsparpotenzial besteht.

Gärtner sind dann in die LGr. 6 Fallgr. 22 der Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G eingruppiert, wenn sie mindestens zur Hälfte besonders hochwertige gärtnerische Tätigkeiten ausüben. Nach insgesamt siebenjähriger Bewährung bzw. Tätigkeit sind sie in der LGr. 7 a eingruppiert. Zur Entscheidung der Frage, ob besonders hochwertige Arbeiten zu verrichten sind, ist zunächst von der LGr. 4 auszugehen. Hier sind sämtliche Arbeiten erfasst, die - üblicherweise - jedem Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf abverlangt werden können. Die LGr. 5 verlangt hochwertige Arbeiten, d. h. solche, die höhere Anforderungen an Überlegungsvermögen und fachliches Geschick stellen. Die LGr. 6 erfordert demgegenüber eine nochmalige Steigerung der Anforderungen an das fachliche Können, besondere Umsicht und Zuverlässigkeit. Die derzeitige Fassung des Lohngruppenverzeichnisses lässt nicht erkennen, welche Tätigkeiten als besonders hochwertig anzusehen sind. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien 1968 in einer inzwischen aufgehobenen Protokollerklärung, die aber nach Auffassung der Senatsverwaltung für Inneres weiterhin als Anhaltspunkt herangezogen werden kann, bestimmte Tätigkeiten als besonders hochwertig festgelegt. Hierzu zählen z. B. die selbständige Betreuung von Sondergärten, die Ausführung von Baumkontrollen und die Anleitung bei Baumfällarbeiten unter schwierigen Verhältnissen.

Aufgrund der im Vorfeld der Querschnittuntersuchung in elf ehemaligen Bezirken vor Ort durchgeführten Prüfungen hat sich der in der Öffentlichkeit verbreitete Eindruck bestätigt, dass die NGÄ - bedingt u. a. durch Kürzungen der Personal- und Sachausgaben - weitestgehend nur noch die nötigsten Erhaltungsmaßnahmen durchführen (vgl. Jahresbericht 2001

T 393). Ein weiteres Indiz für diese Annahme ist auch darin zu sehen, dass Gärtnern zum Teil in erheblichem Umfang Erschwerniszuschläge gewährt werden, die bei der Erledigung einfacherer Tätigkeiten anfallen, wie z. B. Mähen auf Mittelstreifen sowie Reinigung von Parkanlagen. Bedingt durch die Aufgabenveränderung hat sich der Anteil der hochwertigen bzw. besonders hochwertigen Tätigkeiten verringert. Dies bestätigt auch die vom Rechnungshof auf der Grundlage der früheren Protokollerklärung (vgl. T 161) und von Einzelentscheidungen der Senatsverwaltung für Inneres Abgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 96 vorgenommene Auswertung von 191 Aufgabenkreisbeschreibungen. Lediglich 57 Aufgabengebiete (29,8 v. H.) sind demnach zutreffend der LGr. 6 zuzuordnen.

Die Annahme des Rechnungshofs, dass zumindest in wesentlichen Bereichen der gärtnerischen Arbeiten, z. B. bei schwierigen Pflanzarbeiten und bei der chemischen Unkraut- und Schädlingsbekämpfung, proportional zur Größe und Personalausstattung der Bezirke eine gewisse Übereinstimmung anzutreffen sein müsste, hat sich zumindest teilweise bestätigt. Die besonders hochwertigen Tätigkeiten sind von ihrem zeitlichen Umfang her jedoch durchweg nicht bewertungsentscheidend. Dass die Bezirke gleichwohl unverändert das Tarifmerkmal der LGr. 6 als erfüllt ansehen, hängt vor allem damit zusammen, dass zum einen die in der Protokollerklärung als besonders hochwertig aufgeführten Tätigkeiten fehlerhaft, bisweilen zu großzügig als gegeben angesehen werden. Hierbei setzen die NGÄ unterschiedliche Schwerpunkte, die nicht allein auf bezirkliche Besonderheiten der zu pflegenden Grün- und Erholungsanlagen zurückgeführt werden können.

So sind nach Auffassung des Bezirks Mitte alle vier Gärtner der LGr. 6 mit einem zeitlichen Anteil zwischen 21 v. H. und 58 v. H. in Sondergärten tätig. Hingegen sind diese Tätigkeiten z. B. in den Bezirken Kreuzberg, Köpenick und Reinickendorf kaum erwähnenswert. Allerdings sieht das NGA Mitte hierbei das Nikolaiviertel, den Gendarmenmarkt sowie die Grünfläche am Fernsehturm als Sondergärten an. Dies entspricht nicht den Intentionen der Tarifvertragsparteien, denn auch nach Auffassung der Senatsverwaltung für Inneres liegt eine Betreuung von Sondergärten nur dann vor, wenn Artenreichtum, Seltenheit und/oder besonderer Wert der Arten und Sorten gegeben ist.

Ähnlich verhält es sich bei der tariflichen Zuordnung bzw. Abgrenzung von baumchirurgischen Arbeiten, d. h. der Behandlung von Bäumen, die nur durch besonderen menschlichen Eingriff lebensfähig erhalten werden können. Diese Tätigkeiten fallen angeblich - im Einzelfall sogar mit 72 v. H. - in besonderem Maße in den Bezirken Reinickendorf und Wedding an, während sie im NGA Tiergarten nicht erwähnt werden. Die Auffassung des Rechnungshofs, dass der Gesamtanteil dieser Tätigkeiten deutlich unter 10 v. H. liegt, wird von der Senatsverwaltung für Inneres geteilt. Diese Tätigkeiten werden üblicherweise von speziellen Baum-Service-Betrieben durchgeführt.

In anderen Fällen haben die Bezirke überhöhte Eingruppierungen dadurch gestützt, dass sie - was grundsätzlich zulässig ist - über die frühere Protokollerklärung hinausgehende Tätigkeiten als besonders hochwertig ansehen. Aber auch hier sind die Akzente unterschiedlich gesetzt. In mehreren Bezirken werden z. B. administrative und organisatorische Tätigkeiten der Gärtner, wie Ausführung schriftlicher Arbeiten, Arbeitsvorbereitung und Arbeitskontrolle, als besonders hochwertig angesehen, im Einzelfall mit über 67 v. H. der Arbeitszeit. Derartige Tätigkeiten sind aber nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Inneres - soweit sie einfacher Art Abgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 97 sind - dem Vorarbeiter, ansonsten dem Revierleiter vorbehalten. Bei Vorarbeitern dürfen sich jedoch diese Tätigkeiten nicht zusätzlich bewertungssteigernd auswirken, weil sie bereits durch die Vorarbeiterzulage abgegolten werden. Der Rechnungshof hat die Bezirke aufgefordert, die durch die Senatsverwaltung für Inneres erfolgten Klarstellungen zu einzelnen Tarifmerkmalen entsprechend umzusetzen. Ziel muss es sein, dass die inzwischen geänderte Aufgabenstellung den tariflichen Gegebenheiten entsprechend zu einer realistischen, reduzierten Bewertung der Aufgabenkreise führt.

Ohnehin erscheinen die in Berlin angewendeten Bewertungsmaßstäbe als äußerst großzügig im Vergleich zu denen, die für die Eingruppierung von Gärtnern bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten maßgebend sind. Die Stiftung hat z. B. selbst im Park Sanssouci nur einen Gärtner in die LGr. 6 (1,4 v. H.), 28 Gärtner in die LGr. 5 (40 v. H.) und 41 Gärtner in die LGr. 4 (58,6 v. H.) eingereiht. Demgegenüber sind in den NGÄ laut Haushaltsplänen 2000 insgesamt 271 Gärtnerstellen mit LGr. 6 (29 v. H.), 320 mit LGr. 5 (34 v. H.) und 347 mit LGr. 4 (37 v. H.) ausgewiesen.

Nach Einschätzung des Rechnungshofs sind mindestens 134 Arbeitsgebiete von Gärtnern der LGr. 6/7 a zu hoch bewertet. In Frage käme allenfalls eine Eingruppierung in die LGr. 5/6 a, wenn nicht sogar nur in die LGr. 4/5 a. Hierdurch wären längerfristig Einsparungen von insgesamt jährlich 400 000 in allen Bezirken möglich. Unter Anlegung strengerer Bewertungskriterien, wie z. B. bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (vgl. T 163), wären sogar Einsparungen von jährlich über 680 000 möglich. Eine kurzfristige Senkung der Personalausgaben wird allerdings schon aus arbeitsrechtlichen Gründen schwierig sein. Als Sofortmaßnahme erwartet der Rechnungshof mindestens, dass - wie im Bezirk Neukölln auf absehbare Zeit keine Gärtner - mit Ausnahme der für die Ausbildung von Lehrlingen einzusetzenden Gärtner - in die LGr. 6 und höher eingruppiert werden.

Ziel der vom Rechnungshof durchgeführten Erhebungen ist es, mittelfristig zu erreichen, dass die in den NGÄ immer knapper werdenden Mittel effektiv und ressourcenschonend eingesetzt werden und der veränderten Aufgabenstellung Rechnung getragen wird. Dass dies auch ohne Einschränkungen von tarifvertraglich zustehenden Ansprüchen möglich ist, beweisen die auf Veranlassung des Rechnungshofs vorgenommenen Einsparungen bei der Gewährung von Vorarbeiterzulagen und Erschwerniszuschlägen von jährlich 465 000 (Jahresbericht 1999 T 146 bis 158). In der Regel ist es wirtschaftlicher, mehr Gartenarbeiter (LGrn. 2 und 3) statt höher bezahlter Gärtner zu beschäftigen. Der durch die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung ermöglichte Produktvergleich mit anderen Bezirken, z. B. bei der Pflege und Unterhaltung von Grün im öffentlichen Straßenland (vgl. Berliner Bezirke im Kostenvergleich, Hrsg. Senatsverwaltung für Finanzen), lässt bisher erhebliche Unterschiede bei den Personalkosten erkennen. Dies dürfte den Wettbewerbsdruck bei den NGÄ zusätzlich verstärken.