Eine Baudienststelle hat eine Grundinstandsetzung von Dienstgebäuden mit Gesamtausgaben von 61 Mio

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Jahresbericht 2002 164 der Auswahl der Beispiele stand weniger die finanzielle Größenordnung, als die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Vordergrund.

Eine Baudienststelle hat eine Grundinstandsetzung von Dienstgebäuden mit Gesamtausgaben von 6,1 Mio. durchführen lassen. Dabei hat sie entgegen dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung Bauleistungen im Wert von 2,3 Mio. mit 21 Einzelaufträgen nach beschränkten Ausschreibungen und Bauleistungen im Wert von 3,8 Mio. mit 75 Einzelaufträgen freihändig vergeben. Durch Nichtbeachtung des Grundsatzes der öffentlichen Ausschreibung - zumindest bei einem Teil der Bauleistungen - dürfte Berlin allein bei diesem Beispiel ein vermeidbarer finanzieller Mehraufwand in der Größenordnung von insgesamt etwa 500 000 entstanden sein.

Für die Bürokommunikation in einem Dienstgebäude hat eine Baudienststelle eine Verkabelung einschließlich Schutzmaßnahmen für den Blitzschutz dieser Verkabelung installieren lassen. Die Bauleistungen

- für die derselbe Bewerberkreis in Frage kam - hat die Baudienststelle soweit aufgeteilt, dass sie unter Hinweis auf die Ausnahmeregelung nach Wertgrenzen gemäß Nr. 7 AV § 55 LHO jeweils beschränkt ausgeschrieben werden konnten. Die Aufträge für die Verkabelung und den Blitzschutz sowie Zusatzaufträge für weitere von vornherein als notwendig erkennbare Bauleistungen wurden ein- und demselben Bieter erteilt. Die aus mehreren Abschnitten bestehende Gesamtmaßnahme ist insgesamt mit 870 000 abgerechnet worden. Durch öffentliche Ausschreibung aller erforderlichen Bauleistungen dürfte ein finanzieller Mehraufwand von etwa 175 000 vermeidbar gewesen sein.

Für Wegebau- und Pflanzarbeiten hat eine Baudienststelle Bauleistungen beschränkt ausgeschrieben und nach Prüfung und Wertung der Angebote einem Bieter einen Auftrag über 92 000 erteilt. Für die gleiche Maßnahme hat sie wenig später gleichartige Bauleistungen öffentlich ausgeschrieben. Die erzielten Einheitspreise für die Leistungen nach öffentlicher Ausschreibung lagen in diesem Fall durchschnittlich um 50 v. H. unter dem erzielten Einheitspreis für gleiche Leistungen nach beschränkter Ausschreibung. Da es sich bei den beiden Ausschreibungen um gleichartige Bauleistungen handelte, die nur in einem geringfügigen zeitlichen Abstand durchzuführen waren, hätten sie zusammengefasst und öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Durch das erheblich ungünstigere Ergebnis der beschränkten Ausschreibung ist dem Land Berlin ein finanzieller Mehraufwand von 46 000 entstanden.

Für den Umbau von Dienstgebäuden hat eine Baudienststelle die Ausführung von umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten sowie von einigen geringfügigen Störungsbeseitigungen mit einem Gesamtvolumen von 537 000 in elf Einzelaufträge - so genannte „Kettenaufträge" - aufgeteilt und diese einem Unternehmen auf Grundlage eines Rahmenvertrags freihändig in Auftrag gegeben. Da Rahmenverträge allenfalls für die geringfüAbgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 165 gigen Störungsbeseitigungen bis zu einer Auftragshöhe von 15 000 anzuwenden waren, hätten zumindest die Elektroinstallationsarbeiten öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Ein finanzieller Mehraufwand von etwa 100 000 dürfte vermeidbar gewesen sein.

Für die Grundinstandsetzung von drei Gebäuden eines Gebäudekomplexes hat eine Baudienststelle innerhalb kürzerer Zeit Abbruch- und Mauerarbeiten nach fünf beschränkten Ausschreibungen und in einem Fall freihändig demselben Unternehmen in Auftrag gegeben. Durch eine Vielzahl von Zusatzaufträgen für „vergessene" und ganz überwiegend in den ursprünglichen Aufträgen nicht enthaltene Bauleistungen erhöhte sich der Auftrag von 950 000 auf 1,9 Mio.. Die notwendigen Nachtragsangebote für die Zusatzleistungen konnten nicht erneut dem Wettbewerb unterstellt werden, sondern mussten dem bereits tätigen Unternehmen zusätzlich freihändig in Auftrag gegeben werden. Der ganz überwiegende Teil der Zusatzleistungen hätte von der Baudienststelle bei sorgfältiger Planung bereits bei der Ausschreibung der Bauleistungen berücksichtigt werden können, da die Gebäudebeschaffenheit vor Beginn der Baumaßnahme bekannt und deshalb der gesamte Bedarf an Bauleistungen zu ermitteln war. Durch öffentliche Ausschreibung aller erforderlichen Bauleistungen hätte ein finanzieller Mehraufwand von wahrscheinlich 370 000 vermieden werden können.

Eine Baudienststelle hat ein Leistungsverzeichnis über Lieferungen und Bauleistungen für übliche Elektroinstallationsarbeiten erstellt. In diesem Leistungsverzeichnis hat sie für die benötigten Lieferungen bestimmte Erzeugnisse eines Herstellers vorgeschrieben und entgegen § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A den Zusatz „oder gleichwertiger Art" nicht hinzugefügt. Vor Versand der Leistungsverzeichnisse an die Bewerber haben Bearbeiter der Baudienststelle den Hersteller der vorgegebenen Erzeugnisse über die Ausschreibung informiert und ihn gebeten, die Materialien für die benötigten Lieferungen bereitzustellen. Die Vorgehensweise der Bearbeiter war nicht ordnungsgemäß und darüber hinaus äußerst unwirtschaftlich. Durch Vorgabe bestimmter Erzeugnisse eines Herstellers wird der Wettbewerb

- von seltenen Ausnahmen nach § 9 Nr. 5 VOB/A abgesehen - unzulässig beschränkt, weil alle Bewerber nur die vorgegebenen Erzeugnisse anbieten können. Die Bearbeiter haben darüber hinaus gegen das Gebot der Geheimhaltung nach Nr. 31 Abs. 5 ABau verstoßen, weil sie dem Hersteller der im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Erzeugnisse Vorabinformationen über die Ausschreibung gegeben haben. Da für den Hersteller von vornherein feststand, dass nur seine Erzeugnisse Verwendung finden würden, bestand die Gefahr, dass er dies bei seiner Preisgestaltung ausnutzen würde. Da alle Bewerber für die Durchführung der Elektroinstallationsarbeiten die Preise der vorgeschriebenen Erzeugnisse bei diesem Hersteller abfragen mussten, hat er zusätzlich Kenntnis über den gesamten Bieterkreis erhalten. Aus einer derartigen Konstellation können sich wettbewerbsbeschränkende Absprachen zum Schaden Berlins ergeben.

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300 Eine Baudienststelle hat sich häufig Leistungsverzeichnisse für Beleuchtungsanlagen von einem Leuchtenhersteller erstellen lassen und diese an Stelle selbst erarbeiteter, herstellerneutraler Leistungsverzeichnisse im Rahmen von beschränkten Ausschreibungen verwandt. Das Erstellenlassen von Leistungsverzeichnissen durch auf der Auftragnehmerseite unmittelbar oder mittelbar an der späteren Vergabe Beteiligte ermöglicht diesen, technische Merkmale so in den Leistungsverzeichnissen festzulegen, dass andere Bewerber vom Wettbewerb so gut wie ausgeschlossen werden. Als Ergebnis der beschränkten Ausschreibungen wurde ausnahmslos nur den Angeboten der Zuschlag erteilt, die Erzeugnisse des Leuchtenherstellers enthielten, dessen Leistungsverzeichnisse verwendet worden waren. Nicht herstellerneutrale Leistungsverzeichnisse sind grundsätzlich nicht ordnungsgemäß und zudem in hohem Maße unwirtschaftlich, weil für den Hersteller von vornherein feststeht, dass nur seine Erzeugnisse Verwendung finden werden und die Gefahr besteht, dass er dies bei seiner Preisgestaltung entsprechend berücksichtigt. Darüber hinaus ist die Annahme von „geschenkten" Leistungen - hier das Erstellen von Leistungsverzeichnissen, die die Baudienststelle, von seltenen Ausnahmen nach § 7 VOB/A abgesehen, grundsätzlich selbst zu erarbeiten haben unzulässig.

Im Rahmen eines Kartellordnungswidrigkeitsverfahrens wurden die langjährigen Geschäftsbeziehungen eines Bearbeiters einer Baudienststelle mit dem Inhaber eines Elektroinstallationsunternehmens sowie weitere Verflechtungen bekannt. Die Baudienststelle ist den Hinweisen nachgegangen und hat Dienstpflichtverletzungen des Bearbeiters festgestellt, die zu seiner fristlosen Kündigung führten. Er hatte seinem Dienstherrn eine Firmengründung und das Führen eines Ingenieurbüros verschwiegen. Die Prüfung durch den Rechnungshof ergab, dass die Baudienststelle auf Betreiben des Bearbeiters in neun Jahren bei einem Auftragsvolumen von 1,8 Mio. für Elektroinstallationsarbeiten allein 1,5 Mio. (83 v. H.) - davon 1,2 Mio. freihändig und 300 000 nach beschränkten Ausschreibungen an das Elektroinstallationsunternehmen vergab, mit dessen Inhaber der Bearbeiter seit 1992 eine gemeinsame Firma unterhielt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist dem Land Berlin durch die Auftragsvergaben an ein bevorzugtes Unternehmen sowie aufgrund der Verflechtungen des Bearbeiters mit diesem Unternehmen und der festgestellten Preisabsprachen ein finanzieller Schaden von mehr als 150 000 entstanden. Darüber hinaus hat der Rechnungshof einen weiteren finanziellen Schaden von 53 000 aufgrund fehlerhafter Abrechnungen durch den Bearbeiter zugunsten des bevorzugten Unternehmens nachgewiesen.

Einige Baudienststellen haben eingewandt, dass der Aufwand einer öffentlichen Ausschreibung gemessen am Ergebnis mitunter nicht gerechtfertigt sei. Dieser Einwand räumt die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht aus. Nach § 3 Nr. 3 Abs. 1 Buchstabe a) VOB/A ist eine beschränkte Ausschreibung zulässig, wenn die öffentliche Ausschreibung für den Auftraggeber oder die Bewerber einen Aufwand verursachen würde.