Darlehen

Abgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 179 lierte Projektbeschreibung die Voraussetzung für eine Förderung bilden müsse. Deshalb sei auch nur zugesagt worden, dass die Förderung bis zu 6,12 Mio. betragen werde. Der Rechnungshof weist demgegenüber auf die verbindliche Förderzusage vom Januar 1994 hin. Die Senatsverwaltung sollte Zusagen erst erteilen, wenn ein aussagekräftiger Antrag vorliegt und geprüft worden ist. Die Gefahr bei Zuwendungen aufgrund „politischer" Vorgaben besteht darin, dass die mit dem Vollzug beauftragten Dienstkräfte die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht mehr oder nicht mehr ausreichend prüfen und Bewertungen nicht sachgerecht vornehmen.

Der Rechnungshof hat ferner beanstandet, dass die Senatsverwaltung den Zuwendungsbescheid zur Anschubfinanzierung nicht widerrufen hat, obwohl dies wegen der Änderung des Zuwendungszwecks nach Nr. 8.2.3 AV § 44 LHO geboten gewesen wäre. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass der Änderungsbescheid unzulässig ist, da er an einen anderen Adressaten als der vorherige Zuwendungsbescheid gerichtet war. Der Rechnungshof hat ferner gerügt, dass Mängel in den Feststellungen und Bescheinigungen, mit denen die Erfüllung der Auflagen testiert wurden, nicht bemerkt wurden.

Die Senatsverwaltung vertritt die Ansicht, dass die Zuwendungsmittel zweckentsprechend verwendet worden seien. Dass das von allen ursprünglich gewünschte Ziel nicht erreicht werden konnte, sei nicht dem Unternehmen A anzulasten. Die Rückforderung der Zuwendung wäre aus wirtschaftspolitischer Sicht ein falsches Zeichen gegenüber dem Konzern und möglichen weiteren Investoren in Berlin gewesen. Die Senatsverwaltung verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung, nach der der Staat ein Stück des unternehmerischen Risikos mitzutragen habe, wenn sich die gewünschten wirtschaftspolitischen Ziele trotz der Subventionierung eines Projekts nicht verwirklichen lassen. Sie räumt allerdings ein, dass ein Teilwiderruf auch der Anschubfinanzierung infrage gekommen wäre. Im Übrigen verwende das Unternehmen B einzelne Komponenten des Produkts und für die Restlaufzeit des Zuwendungsbescheides werde zumindest die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze garantiert, was die Tatsache aufwiege, dass die Wertschöpfungsquote nicht mehr erreicht werden könne. Die Senatsverwaltung wollte deshalb das Bemühen von A, das Projekt nicht völlig scheitern zu lassen, anerkennen. Sie hat zugesagt klarzustellen, welche Betriebserträge testiert wurden.

Die Senatsverwaltung hat mit diesem Verfahren verhindert, dass die von der Zuwendungsempfängerin A nicht mehr zweckentsprechend zu verwendenden Mittel an den Haushalt zurückgeführt wurden. Die Übernahme von Zuwendungen durch Dritte unter Veränderung des Verwendungszwecks führt zur Intransparenz der Fördermittelvergabe. Dies erschwert sowohl die Kontrolle der Verwendung der Fördermittel als auch die Evaluierung des Förderprogramms. Außerdem wächst dadurch die Gefahr, dass Fördermittel zweckwidrig eingesetzt werden. Die Senatsverwaltung hätte nach einem (Teil-)Widerruf bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Zuwendung für ein neues Projekt gewähren können. Ihre Entgegnung, ihr Vorgehen sei Abgeordnetenhaus von Berlin - 15. Wahlperiode Drucksache 15/454

Jahresbericht 2002 180 durch positive wirtschaftspolitische Effekte für Berlin begründet, ist unbeachtlich. Das Zuwendungsrecht lässt nicht zu, bei Zweckverfehlung die Zuwendung auf Dritte unter Wechsel der Förderziele zu übertragen. Im Übrigen hat die Senatsverwaltung die wirtschaftspolitischen Effekte nicht konkretisiert. Damit ist nicht nachgewiesen, ob das Land Berlin einen Vorteil erhalten hat, der dem eigentlich zu fordernden Rückzahlungsbetrag von bis zu 2,7 Mio. entspricht.

Die Senatsverwaltung ist aufgrund des haushaltsrechtlichen Transparenzgebots gehalten, künftig bei der Vergabe von Zuwendungen aus mehreren Förderbereichen darauf zu achten, dass eine eindeutige und damit evaluierbare Zuordnung der Mittel möglich ist. Sie hat insbesondere eine Änderung von Zuwendungsbescheiden zu unterlassen, wenn es sich um andere Zuwendungsempfänger handelt und die Zuwendungsziele wesentlich verändert werden, und stattdessen den Zuwendungsbescheid zu widerrufen.

Sie hat überdies im vorliegenden Fall zu klären, welche Betriebserträge anzurechnen sind, und zu prüfen, ob Rückforderungsansprüche wegen Nichterfüllung der Auflagen des Zuwendungsbescheides geltend zu machen sind.

Der Rechnungshof beanstandet, dass die Senatsverwaltung im Hinblick auf die Anschubfinanzierung Rückforderungsansprüche nicht geltend gemacht hat. Er erwartet grundsätzlich, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen

· keine Zusagen zur Gewährung von Zuwendungen gibt, bevor ein aussagekräftiger Antrag vorliegt und fachgerecht geprüft worden ist,

· die Zuwendungsmittel bei der Förderung einer Maßnahme aus mehreren Programmen eindeutig zuordnet, damit eine zeitnahe Verwendungsnachweisprüfung sowie eine programmbezogene Evaluierung möglich sind und

· Zuwendungsbescheide insoweit widerruft, als sich wesentliche Veränderungen der Voraussetzungen ergeben haben.

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Jahresbericht 2002 181

2. Unterlassene Erfolgskontrolle und mangelnde Zielerreichung bei dem arbeitsmarktpolitischen Programm „Arbeitsförderbetriebe"

Die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung gewährt seit Jahren so genannten Arbeitsförderbetrieben Zuschüsse mit dem Ziel, dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse für schwer vermittelbare Arbeitslose zu schaffen. Nach in der Regel dreijähriger degressiver Förderung sollen sich die Arbeitsförderbetriebe aus eigener Kraft am Markt behaupten und so Brücken vom öffentlichgeförderten Beschäftigungssektor zum ersten Arbeitsmarkt bilden. Die Senatsverwaltung hat begleitende und abschließende Erfolgskontrollen unterlassen. Alle Umstände sprechen für eine mangelhafte Zielerreichung dieses arbeitsmarktpolitischen Programms, für das bis Ende 2000 bereits Haushaltsmittel von über 65 Mio. aufgewandt wurden.

Die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung fördert seit November 1993 die Gründung so genannter Arbeitsförderbetriebe (AFB). Diese sollen sich durch eine starke Marktorientierung und durch eine privatwirtschaftlich ausgerichtete Betriebsorganisation nach in der Regel dreijähriger Förderung am Markt behaupten. Ziel ist es, dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse für überwiegend in ihren Vermittlungschancen eingeschränkte (schwer vermittelbare) Arbeitslose zu schaffen. AFB sollen den Übergang vom öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zu Wirtschaftsunternehmen bewerkstelligen und damit Brücken zum ersten (allgemeinen) Arbeitsmarkt bilden. Ihre Belegschaft muss sich zu mindestens 50 v. H. aus bisher Arbeitslosen zusammensetzen. Je Arbeitslosen (Förderfall) erhält der AFB grundsätzlich einen über drei Jahre degressiv gestaffelten Zuschuss zu den Personalrest-, Sach- und Qualifizierungskosten von insgesamt bis zu 34 512 und einen ebenfalls über drei Jahre degressiv gestaffelten Mietkostenzuschuss von bis zu 1 790. Veränderte Bedingungen gelten bei Inanspruchnahme von Kofinanzierungen durch die Bundesanstalt für Arbeit, den Europäischen Sozialfonds (ESF) oder den Träger der Sozialhilfe. Aus Landesmitteln können den AFB zusätzlich rückzahlbare Zuwendungen (zinslose Darlehen von bis zu 25 565) gewährt werden. Bis 1998 konnten ferner Zuwendungen aus Mitteln des ESF für die Personalkosten von Stammkräften (Leitungspersonal) in Anspruch genommen werden. Der Rechnungshof hat insbesondere geprüft, inwieweit die Senatsverwaltung dieses von ihr als innovativ bewertete arbeitsmarktpolitische Instrument wirtschaftlich durchgeführt und Erfolgskontrollen vorgenommen hat, die insbesondere Aussagen über den Zielerreichungsgrad der Förderung ermöglichen.

Von November 1993 bis Ende 1999 sind für insgesamt 5 461 Förderfälle in 92 AFB Haushaltsmittel von 61,4 Mio. aufgewendet worden; davon stammten 8,2 Mio. aus ESF-Mitteln.