Sperrzeiten für Gaststätten und Biergärten kundenfreundlicher gestalten ­ Bundesratsinitiative

Der Senat möge im Bundesrat für das Land Berlin Folgendes beantragen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zur Änderung der Auswirkungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes analog zur BlmSchVO „Sportstätten" eine BlmSchVO „Außengastronomie" vorzulegen, damit die Freiluftgaststätten, wie z. B. Biergärten, ebenfalls von einer Liberalisierung der Sperrzeiten profitieren. Dazu müssen Biergärten bis mindestens 24.00 Uhr öffnen dürfen. Ein gesondertes Messverfahren und gesonderte Grenzwerte für Geräuschimmissionen ­ wie z. B. bei Sportstätten ­ sind auch für die Außengastronomie sinnvoll und erforderlich; den § 18 Gaststättengesetz wie folgt zu ändern:

Die örtlich zuständigen Behörden können bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse eine Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten für einzelne Betriebe festlegen.

Der derzeit geltende § 18 Abs. 1 Satz 1 Gaststättengesetz entfällt.

Den Ländern verbleibt noch eine neue Zuständigkeitsregelung für die Neufassung des § 18 Gaststättengesetz zu treffen.

Begründung: Außengastronomie (Biergärten):

Für die Außengastronomie und die Verbraucher ist die derzeitige Gesetzeslage, die zum Schließen von Biergärten um 22.00 Uhr führt, unbefriedigend. Die allgemeine Sperrzeit, die grundsätzlich auch für die Außengastronomie gilt, beginnt je nach Bundesland zwischen 1.00 Uhr und 5.00 Uhr. Die Sperrzeitenregelungen für die Außengastronomie werden im Vorhinein durch Länder bzw. kommunale rechtliche Bestimmungen in Verbindung mit immissionsschutzrechtlichen Vorschriften eingeschränkt und in der Regel auf 22.00 Uhr festgelegt. Das Hauptproblem der Außengastronomie ist der Lärmschutz. Deshalb genügt für die Außengastronomie (z. B. Biergärten) allerdings die alleinige Änderung des § 18 Gaststättengesetz nicht, da für die Festlegung der Sperrzeiten immer die von der Freiluftgaststätte ausgehenden Geräuscheinwirkungen berücksichtigt werden müssen.

In der Regel führt das in der Praxis zum Schließen der Biergärten um 22.00 Uhr. Weil die Freiluftgaststätten aus dem Anwendungsbereich der TA-Lärm herausgenommen wurden, sind zurzeit keine gesetzlichen Vorschriften vorhanden, die die Immissionen/ Geräuscheinwirkungen von Freiluftgaststätten beurteilen und bewerten. Dennoch ziehen Gemeinden und Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten zur Beurteilung der Geräuschimmissionen von Biergärten die TA-Lärm in entsprechender Anwendung heran.

Das bedeutet, dass die Geräusche, die von Freischankflächen ausgehen, also hauptsächlich menschlicher Kommunikationslärm, wie technischer Lärm gemessen und nach der TA-Lärm bewertet werden. Diese kompromisslose Anwendung der auf die Bewertung von Industrielärm zugeschnittenen TA-Lärm führt zu einer Überbewertung des individuellen Nachbarschutzes und zu sozial unverträglichen Ergebnissen. Menschliche Kommunikationsgeräusche, etwa das Reden, Lachen oder Singen sollten daher nicht wie technische Geräusche, wie zum Beispiel Bohren, Hämmern oder Sägen bewertet werden. Messverfahren und Immissionsrichtwerte für Geräuscheinwirkungen von außengastronomischen Betrieben sind ­ genauso wie bei Sportstätten bereits in der 18. BlmSchVO „Sportstätten" vorgeschrieben ­ erforderlich.

Die Verkürzung des Sperrzeitenbeginns für die Außengastronomie (Biergärten u. Ä.) in Verbindung mit einer immissionsschutzrechtlichen Ergänzung trägt der Erkenntnis Rechnung, dass zu einem florierenden Stadtwesen eine florierende Gaststättenstruktur gehört. Dies verlangt aber auch eine entsprechende Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Außengastronomie.

Die Nachfrage nach außengastronomischen Leistungen hat sich infolge eines gewandelten Konsumentenverhaltens in den letzten Jahren mehr und mehr auf die späteren Abendstunden verlagert.

Diesem gewandelten Konsumentenverhalten haben bereits einige Länder mit ähnlichen Initiativen entsprochen. Die Verkürzung der Sperrzeiten ermöglicht es der Außengastronomie, auf Gästewünsche entsprechend flexibel zu reagieren, und trägt in vielen Fällen zur Belebung und Attraktivität der Innenstädte bei.

Auch aus „Tourismusstädten" wird immer wieder die Forderung vorgetragen, die Sperrzeiten für die Außengastronomie durch Verschieben des Sperrzeitenbeginns zu verkürzen, da eine erhöhte diesbezügliche Nachfrage vorliegt und diese Städte in der Regel über eine außengastronomische Infrastruktur verfügen, bei der eine längere Nutzung sinnvoll ist. Insbesondere die südeuropäischen Länder Spanien, Frankreich und Italien haben liberale Sperrzeiten. Deshalb muss sich auch das Tourismusland Deutschland als ein gastfreundliches und offenes Land präsentieren: Zu einem attraktiven Tourismusstandort gehört eine ausgeprägte Biergartenkultur. Biergärten erfüllen insbesondere in den Sommermonaten einen wichtigen gesellschaftspolitischen Zweck, da die Gäste verstärkt draußen sitzen möchten. Sie sind eine Stätte der Begegnung und der Kommunikation und stellen für die Bewohner von Innenstädten oftmals eine „Oase" im Grünen dar.

Das Ausgehverhalten hat sich, auch bedingt durch längere Ladenöffnungszeiten, zeitlich nach hinten verlagert und die Gäste möchten bis 24.00 Uhr oder länger verweilen. Die Bundesregierung trägt diesem geänderten Ausgehverhalten hingegen nicht Rechnung. Durch Einführung der Sommerzeit Mitte der 70er Jahre sind die Abende gerade in den Sommermonaten noch taghell und die Temperaturen auch um 23.00 oder 24.00 Uhr noch sehr hoch. Die Gäste und die gastgewerblichen Unternehmer erwarten von der Bundesregierung eine Angleichung der Öffnungszeiten für Biergärten an das veränderte Ausgehverhalten.

Schließlich ist mit dem Erlass einer BlmSchVO „Außengastronomie" ein spürbarer und nachhaltiger Rechtsfrieden bei Nachbarschaftsstreitigkeiten verbunden.

Sperrzeitenregelung für das Gaststättengewerbe

Die Sperrzeitenregelungen sind für das Gaststättengewerbe von herausragender Bedeutung. Insbesondere die Gastronomie im Außenbereich (Biergärten) und bestimmte gastgewerbliche Formen (z. B. Nachtcafe?, Diskotheken) hängen existentiell von einer großzügigen Sperrzeitregelung ab. Veränderte Lebensverhältnisse der Bürger und Bürgerinnen, die insbesondere auch ihre Freizeitgestaltung prägen, erfordern große Freiräume und ein hohes Maß an individuellen Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die jetzigen Sperrzeitenregelungen ist das jedoch nur unzureichend sichergestellt. Immer mehr Länder (z. B. Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hessen) gehen zu liberalen Sperrzeiten über. Eine Verlängerung oder Verkürzung der Sperrzeiten im Einzelfall oder aus bestimmten Anlässen erfordert bürokratischen Aufwand und ist mit Kosten für den Antragsteller verbunden. Bei Verlängerung befristeter Ausnahmegenehmigungen sind Neuanträge erforderlich, die wiederum gebührenpflichtig sind und so zu einer weiteren Belastung des Gaststättengewerbes führen.

Mit der Veränderung des § 18 Gaststättengesetz und der Festlegung auf eine bundesweite, einheitliche Regelung wird den Bedürfnissen des Gaststättengewerbes und der Bürger und Bürgerinnen entsprochen. Zudem wird so eine Entwicklung in den Ländern aufgegriffen, die ebenfalls die Sperrzeiten verkürzen.

Eine bundeseinheitliche Regelung wirkt vorbildhaft. Länderregelungen werden zum Teil obsolet. Das führt zu einer Entbürokratisierung in den Ländern und Gemeinden, mindert den Verwaltungsaufwand und spart Kosten.

Die neue Regelung eröffnet die Chance, staatliches Handeln in erheblichem Umfang einzuschränken. Im gemeinsamen Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft wird eine praxisgerechte Regelung gefunden, die den Anforderungen an eine zukunftsund wettbewerbsorientierte Dienstleistungsbranche entspricht.