Stromerzeugung

April 2001 auf Grund des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Folgendes beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, mit der DB AG, der S-Bahn Berlin GmbH und der Landesregierung von Brandenburg Gespräche aufzunehmen mit dem Ziel, die vorhandenen Gleisanlagen in der Region Berlin-Brandenburg durch die Einführung von Zweisystem-S-Bahnzügen effizienter zu nutzen. Dabei ist zu prüfen, welche Verbindungen sich auf Grund des Bedarfs und der örtlichen Gegebenheiten als Pilotprojekt für diese Technik eignen.

Insbesondere sind die Streckenführungen Berlin-Schönefeld ­ Außenring (BAR) ­ Karower Kreuz und Ostbahnhof ­ Lichtenberg ­ Wartenberg Karow ­ zu untersuchen.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. Dezember 2001 zu berichten."

Hierzu wird berichtet:

Die aus dem im Zwischenbericht erwähnten Gutachten gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der Machbarkeit und des Einsatzes von Zweisystem Fahrzeugen zeigen, dass im Berliner Schnellbahnnetz Streckenabschnitte vorhanden sind, die im Hinblick auf eine effektive Nutzung der vorhandenen Infrastruktur unter bestimmten Voraussetzungen zweckmäßigerweise durch Zweisystem-S-Bahnzüge bedient werden könnten. Zu den planerischen, betrieblichen und verkehrlichen Grundansätzen und Einsatzmöglichkeiten eines solchen innovativen Betriebes wurden Gespräche mit den im Antrag genannten Beteiligten geführt.

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt darstellen:

1. Grundsatz Vorhandene Gleisanlagen lassen sich nur dann durch ZweiSystem-Fahrzeuge effizienter nutzen, wenn die Nutzenbilanz des vorgesehenen Zwei-System-Einsatzes so groß ist, dass die Mehrkosten für die Entwicklung und die Unterhaltung der Zwei-System-Fahrzeuge abgedeckt werden können. Möglichkeiten dafür sind i. d. R. dann vorhanden, wenn durch die Einrichtung einer Zwei-System-Verbindung eine nachweisliche Nachfragelücke im SPNV-Angebot geschlossen wird. Beim Einsatz derartiger Fahrzeuge sollen die Vorzüge eines unabhängigen S-Bahnbetriebes nicht beeinträchtigt, sondern so weit wie möglich genutzt werden.

Das Berliner S-Bahnnetz ist autark, verfügt über eine eigene Infrastruktur und ist deshalb vom Fernverkehr unabhängig.

Daher gibt es auch keine wechselseitigen Beeinflussungen hinsichtlich Belegungsengpässen, Verspätungen, Geschwindigkeitseinbrüchen und Betriebsstörungen. Dies stellt einen sehr großen, gewichtigen Vorteil dar. Es ist deshalb grundsätzlich nicht das Ziel, diesen Systemvorteil aufzugeben. Daher kann allenfalls in begrenzten Ausnahmefällen, die wirtschaftlich und verkehrlich überzeugend unterlegt sein müssen, ein verkehrliches Verknüpfen des Netzes (z. B. in Außenbereichen) näher betrachtet werden.

2. Fahrzeuge

Technische Möglichkeiten

Es besteht nach entsprechender technischer Weiterentwicklung grundsätzlich die Möglichkeit, Triebwagenzüge, die für Wechselstrom-Fahrleitungsbetrieb ausgelegt sind und bereits im Netz der DB AG verkehren, mit den technischen Einrichtungen für das Berliner S-Bahn-Gleichstromsystem zu ergänzen.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, ein sogenanntes PowerPack (gesondertes Fahrzeug mit Stromabnehmer für Oberleitung, Transformator und Gleichrichter oder aber mit Dieselaggregat zur Stromerzeugung) zu entwickeln und in einen vorhandenen, aber für diesen Zweck anzupassenden Berliner S-Bahnzug einzureihen.

Bei beiden Möglichkeiten sind dabei jedoch die spezifischen Berliner Besonderheiten, wie Tunneltauglichkeit wegen eingeschränkter Tunnelhöhen bzw. Brandlast, Bahnsteiglängen sowie Wartung und Instandhaltung zu beachten.

Als dritte Möglichkeit ist das „Duo-Fahrzeug" (Fahrzeug mit Aggregaten zur bordseitigen Erzeugung von elektrischer Traktionsenergie mittels Verbrennungskraftmaschine für Einsatz auf Strecken ohne S-Bahn-Stromschiene für Gleichstrom) zu nennen. Die Entwicklung eines Duo-Fahrzeuges wurde bei dem Versuch Mitte der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts im Ergebnis als unwirtschaftlich erkannt. Selbst bei verbesserter Neuauflage eines solchen Fahrzeuges verbliebe dann noch der Nachteil, dass dieses Fahrzeug nicht freizügig im Netz einsetzbar wäre, da eine Durchfahrung von Tunneln auf Grund der hohen Brandlast nicht möglich ist.

Sachstand, Voraussetzungen

Die Beschaffung von Zweisystem-Fahrzeugen für die Berliner S-Bahn ist nach Aussagen der S-Bahn GmbH bisher nicht vorgesehen. Eine Umbestellung der laufenden Beschaffungslose der Baureihe 481 wäre u. a. wegen der Vertragslage und wegen des Fehlens elementarer Voraussetzungen nicht möglich.

Ein für die Berliner Bedingungen zugeschnittenes ZweisystemFahrzeug müsste erst entwickelt werden. Im Vorfeld der Entwicklung müssten zunächst schlüssige, mit allen Partnern abgestimmte Betriebs- und Einsatzkonzepte vorliegen sowie deren Wirtschaftlichkeit nachgewiesen sein. Letztere wird auch von der Wartung und Instandhaltung beeinflusst, welche auf Grund des Wechselstrom-Aggregate-Anteils aufwändiger sein und eigene Arbeitstände in den Betriebshöfen benötigen wird. Die Effizienz bzw. die Wirtschaftlichkeit ist weiter abhängig von der Anzahl der zu beschaffenden Fahrzeuge und die wiederum von der Anzahl der möglichen Einsatzstrecken und den befahrenen Linienlängen. Insbesondere ist zu beachten, dass das Verhältnis der befahrenen Länge der jeweiligen elektrischen Systeme zueinander möglichst ausgewogen ist. Sollten sich die Verhältnisse erheblich ungleichgewichtig darstellen, wäre eher der Ausbau der benötigten Infrastruktur für das fehlende System ­ hier der mit Stromschiene ausgerüsteten Strecke ­ in Erwägung zu ziehen. Die bordseitige Mitführung der nicht benötigten Wechselstrom-Aggregate über sehr lange Strecken im vorhandenen S-Bahnnetz ist u.a. wegen des deutlich höheren Fahrzeug-Eigengewichts und des damit höheren Stromverbrauchs unwirtschaftlich.

3. Strecken

Planerische Ausgangslage

Bei der folgenden Betrachtung war maßgebend, dass die Verkehrskonzepte der Länder und der Betreiber DB Regio und S-Bahn Berlin GmbH untereinander abgestimmt und die jeweiligen Aufgaben, d. h. Verkehrsfunktionen, entsprechend zugeordnet sind.

Das fallweise Verlängern der S-Bahn zusätzlich zur bestehenden R-Bahn ist i. d. R. aus wirtschaftlichen Gründen und weil hier keine positiven Verkehrseffekte mehr erwartet werden abzulehnen. Die relativ lange Reisezeit der S-Bahn von den Endpunkten zum Innenring bzw. zur Innenstadt liegt bereits jetzt schon an der Grenze der Akzeptanz. Das bedeutet, dass die bestehenden Endpunkte der S-Bahn i. d. R. festliegen. Für die weiter außen liegenden Bereiche stellt der schnellere Regionalverkehr die Verknüpfung Umland ­ Berlin günstiger her.

Streckenausschlüsse

Eine klare Planung und Aufgabenteilung für den S- und R-Bahn-Einsatz liegt für die nachfolgend genannten Strecken vor: Nordbahn (Oranienburg), Stettiner Bahn (Bernau), Frankfurter Bahn (Erkner), Görlitzer Bahn (Königs Wusterhausen), Dresdener Bahn (Blankenfelde), Anhalter Bahn (ab 2004 Teltow Stadt), Wetzlarer Bahn (R-Verkehr nach Belzig über PotsdamRehbrücke), Magdeburger Bahn (Potsdam Hbf), Lehrter Bahn (R-Verkehr nach Wustermark über Berlin-Staaken), Südlicher und Westlicher Berliner Außenring, welcher wegen der Stadtferne dem R-Verkehr vorbehalten bleibt. Ein Einsatz von Zweisystem-Fahrzeugen auf diesen Strecken wird deshalb von Seiten Berlins für nicht notwendig erachtet. Diese Auffassung wird vom Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg geteilt.

Die Hamburger Bahn (Spandau ­ Falkensee) kann einen zusätzlichen attraktiven Nahverkehr auf den vorhandenen beiden Gleisen wegen der erwarteten dichten Belegung und des Ausbaus für höhere Geschwindigkeiten (230 km/h außerhalb Berlins) für ICE Hamburg ­ Berlin nicht aufnehmen. Deshalb ist dort die Errichtung einer besonderen S-Bahn-Infrastruktur die einzige zukunftssichere Lösung.

Eine Wechselstrom-Fahrleitung ist bei folgenden Strecken in den Außenbereichen nicht vorhanden und auch nicht vorgesehen: Kremmener Bahn (Hennigsdorf ­ Neuruppin), Niederbarnimer Eisenbahn (NEB, Regionalbahn „Heidekrautbahn" Endpunkt heute Karow), Wriezener Bahn (Ahrensfelde), Ostbahn (Strausberg). Dadurch entfällt auf diesen Strecken die Möglichkeit des Einsatzes von Zweisystem-Fahrzeugen für Gleich- und Wechselstrom.

Beim gegenwärtigen Untersuchungsstand wird bei einigen Strecken, die keine Tunnel aufweisen, im Vergleich zu Duo-Fahrzeugen eher erwogen, reine Dieselfahrzeuge ­ wie sie auf den vorgenannten Strecken verkehren ­ in die Betrachtungen hinsichtlich der Mitnutzung von S-Bahnstrecken mit einzubeziehen. Dies gilt mindestens für eine erste Stufe, auch deshalb, weil aus unterschiedlichen Gründen kurzfristig zu realisierende Alternativen nicht erkennbar sind. Zu diesem Problemfeld liegen aber noch keine abgestimmten Ergebnisse vor. Auch in diesem Fall gilt es jedoch, den Erhalt der Systemvorteile des besonderen S-BahnNetzes zu sichern.

Östlicher Berliner Außenring (BAR)

Ausgangslage und Hintergrund

Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist festzustellen, dass der östliche Berliner Außenring (BAR), der wegen seiner stadtnahen Lage ein entsprechendes Verkehrsaufkommen erwarten lässt, auf Grund der gegebenen und künftigen Bedingungen für einen Einsatz von Zweisystem-Fahrzeugen geeignet sein könnte.

Grundsätzlich besteht schon seit Jahrzehnten die Planung, eine durchgehende S-Bahnstrecke längs des BAR herzustellen, welche die verdichteten Wohnviertel im Ostraum erschließen und mit den nordöstlichen und südöstlichen Stadtteilen verbinden soll.

Des weiteren soll sie direkte Verknüpfungen mit den Radialstre

cken herstellen, wodurch Reisezeiten verkürzt und Entlastungseffekte auf den S-Bahn-Abschnitten bis zum Innenring erzielt sowie weitere Kundenpotenziale erschlossen werden können. In die Planung wurde die bestehende S-Bahnstrecke (Blankenburg-) Karower Kreuz ­ BAR ­ Hohen Neuendorf (derzeit S 26) ebenso einbezogen wie nunmehr die ostwärtige Anbindung des geplanten Flughafens BBI.

In den Siebziger und Achtziger Jahren wurde ein Teil dieser Planung bis Wartenberg realisiert und die Verlängerung bis Sellheimbrücke begonnen sowie der S-Bahn-Abschnitt westlich Karower Kreuz mit eigenen S-Bahngleisen ausgestattet. Die fehlenden Abschnitte Wartenberg ­ Sellheimbrücke ­ Karower Kreuz (West) sowie Springpfuhl ­ Grünauer Kreuz sollten in den Folgejahren realisiert werden. Aus verschiedenen Gründen wurde die Planung nach 1989 zunächst zurückgestellt. Die Mittel für die Schließung der östlichen Nahverkehrstangente als eigenständige S-Bahnstrecke sind in überschaubarer Zeit nicht verfügbar. Um dem verkehrlichen Ziel der Verknüpfung der bestehenden Strecken im Nordosten sowie von Hohenschönhausen und Köpenick im Südosten dennoch näher zu kommen, wurde ein Netzschluss unter Mitnutzung der vorhandenen Ferngleise des BAR mittels geeigneter Fahrzeuge geprüft.

Grundsätzlich wurde in den Betrachtungen davon ausgegangen, dass neben den bestehenden S-Bahn-Verkehrsleistungen keine zusätzlichen parallelen vertakteten Verkehrsleistungen mit gleicher Erschließungsaufgabe angeboten werden, da die Finanzierungsmittel hierfür nicht vorhanden sind und die Verkehrsströme dies auch nicht rechtfertigen würden. Insofern soll die S-Bahnlinie S 75 (eine der beiden Zuggruppen) stets Bestandteil der Überlegungen sein.

Die Gesamttangente wurde in der Betrachtung geteilt in den nördlichen Lückenschluss über Karower Kreuz sowie in den südlichen Abschnitt Springpfuhl ­ BAR ­ Grünau ­ Flughafen BBI.

Nordabschnitt östlicher BAR (Hohen Neuendorf ­ Biesdorfer Kreuz)

Nach Aussage der DB AG kann ein vertakteter Nahverkehr, der die wechselstromelektrifizierten Gleise des BAR im Nordabschnitt mitbenutzt, erst dann eingerichtet werden, wenn der Nord-Süd-Eisenbahntunnel („Pilzkonzept") realisiert und die Nordbahn im Abschnitt zwischen Gesundbrunnen und Hohen Neuendorf wieder aufgebaut ist. Erst dann sind durch die Verlegung von Verkehren in Richtung Gesundbrunnen die notwendigen Trassenkapazitäten auf dem BAR frei. Müsste danach jedoch ein dauerhafter Zusatzverkehr auf dem BAR bewältigt werden, etwa durch das Beibehalten der „Nordbahn-Umleitung", würde die Möglichkeit eines Taktverkehrs wieder deutlich eingeschränkt. Dies gilt auch für den Fall eines erheblich zunehmenden Güterverkehrs im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung.

Beim nördlichen Abschnitt wurde zunächst geprüft, ob als Vorstufe zur ersten Etappe eines Lückenschlusses die vorhandenen Dieseltriebzüge der Regionalbahn RB 27 (Heidekrautbahn) aus Richtung Basdorf über Karow hinaus bis zur Sellheimbrücke geführt werden können. Die derzeit in Wartenberg endende S-Bahnlinie S 75 würde dafür ebenfalls bis Sellheimbrücke geführt werden (Vorteil einer eigenen S-Bahn-Infrastruktur).

Durch bahnsteiggleiches Umsteigen wäre eine erste Verknüpfungsstufe erreicht. Als Maßnahmen wären erforderlich: Fertigstellung der begonnenen Verlängerungsmaßnahme Wartenberg ­ Sellheimbrücke (Bundesmittel) sowie der mit der DB AG vereinbarte Einbau von Gleisverbindungen südlich des Bahnhofs Karow. Die Gleisverbindungen (vier Weichen) können aus Sicht der DB AG jedoch erst im Zusammenhang mit der Grundsanierung der Stettiner Bahn eingebaut werden. Dies ist vor 2005 nicht zu erwarten. Für die weitere Finanzierung der Streckenverlängerung Wartenberg ­ Sellheimbrücke wird vom Bund ein Wirtschaftlichkeitsnachweis in Form einer Standardisierten Bewertung für den eigentlichen Lückenschluss zum Karower Kreuz verlangt.

Insofern wäre die genannte Vorstufe „Verknüpfung Sellheimbrücke", ein zeitgerechter Bau und die Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen unterstellt, frühestens 2006 denkbar. Dies gilt aber auch für mögliche Untervarianten „Verknüpfung Wartenberg ohne S-Bahnbau nach Sellheimbrücke" oder „Heidekrautbahn nach Lichtenberg auf Ferngleisen".

Die zeitlichen und betrieblichen Zusammenhänge führen voraussichtlich zu der Situation, dass der naheliegende Gedanke, die beschriebene Vorstufe eines Lückenschlusses bzw. eine Relation in der im Antrag beschriebenen Art und Weise herzustellen, kaum von zeitlicher Dauer wäre. Es ist von den Beteiligten geplant, die „Heidekrautbahn", wie auch die auf der Stettiner Bahn nach Berlin einbrechenden Linien, zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Gesundbrunnen zu führen.

Deshalb ist als erste zu realisierende Etappe einer Gesamttangente die Ziellösung näher betrachtet worden, nach der im Karower Kreuz mittelfristig ein Turmbahnhof für den S- und Regionalverkehr errichtet wird. Der tangentiale Lückenschluss zur heutigen S-Bahnlinie S 26 nach Birkenwerder und die Verknüpfung mit der Stettiner Bahn würde durch die Verlängerung der S 75 mittels geeigneter Fahrzeuge (s. 2.1) unter Nutzung des BAR zwischen Sellheimbrücke und nordwestlich Karower Kreuz (ca. 2,0 km) realisiert werden können. Das Betriebskonzept würde eine Zuggruppe (Linie im 20-min-Takt) der S 75 von Warschauer Straße über BAR nach Birkenwerder und die zweite Zuggruppe der S 75 in der herkömmlichen Linienführung (Wartenberg ­ Spandau) beinhalten. Die S 26 würde nicht mehr verkehren. Ein Umsteigen in Richtung Innenstadt wäre im Karower Kreuz möglich, wäre aber für den heutigen Nutzerkreis der Linie nachteilig. Dort kann dann auch von den S- und R-Bahnen der Stettiner Bahn in die S-Bahn längs des BAR umgestiegen werden.

Da Zwei-System-Fahrzeuge allein für diesen Lückenschluss möglicherweise nicht beschafft werden würden, wäre es hier auch denkbar, moderne Dieseltriebwagen anstelle der S-Bahnfahrzeuge auf einer Zuggruppe der S 75 in der tangentialen Relation verkehren zu lassen. Allerdings wäre dies angesichts des Vorhandenseins durchgehender stationärer Stromversorgungsanlagen für Gleich- oder Wechselstrombetrieb (Unterwerke, Stromschienen bzw. Oberleitungen, ein darauf ausgerichtetes Signal- und Sicherungssystem) wirtschaftlich und energetisch wenig plausibel. Darüber hinaus bestünde das Problem der Bahnsteighöhen und hier insbesondere des behindertengerechten Zugangs zum Fahrzeug. Fahrzeugseitige Anpassungen und Lösungen wären für die konkrete Einsatzsituation zwingend notwendig.

Im Weiteren ist vorgesehen zu prüfen, ob die Mitnutzung der Fernbahngleise auch durch herkömmliche Berliner S-Bahnfahrzeuge möglich ist, indem der kurze Abschnitt Sellheimbrücke ­ Karower Kreuz ­ Karow West als „Zweisystem-Schienenweg" (Gleichstrom/Wechselstrom an einem Gleis) hergerichtet wird.

Aus Sicherheitsgründen auf Grund von technisch-physikalischen Gegebenheiten würde dabei der jeweils nicht genutzte elektrische Anlagenteil (Stromschiene bzw. Oberleitung) im fraglichen Bereich isoliert bzw. abgeschaltet werden. Hierfür gibt es im Berliner Umland bereits langjährige Erfahrungen (Birkenwerder).

Eine Übertragung der Erfahrungen und eine Machbarkeitsuntersuchung sowie Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf diesen Anwendungsfall muss noch vorgenommen werden. Zwingende Voraussetzungen wären eine Begrenzung der Belegung des BAR und seiner Abzweigkurven wegen signaltechnischer Abhängigkeit.

Das bedingt u. a. den Wiederaufbau des Berliner Abschnitts der Nordbahn. Voraussetzung ist ebenfalls eine nur geringe Länge des Gleichstrom/Wechselstrom-Gemeinschaftsabschnitts im Bereich des Karower Kreuzes mit ca. 2 km. Der wesentliche Vorteil dieser Variante bestünde im Betrieb mit herkömmlichen unveränderten S-Bahnfahrzeugen und damit im Verzicht auf Sonderfahrzeuge. Diese Variante käme allein für den Nordabschnitt insbesondere dann in Betracht, wenn der Südabschnitt des BAR (Fernbahngleise) oder andere Netzabschnitte nicht für Zwei-System-Fahrzeuge geeignet wären und damit im Falle des BAR keine durchgehende Relation hergestellt werden würde.

Als Haltepunkte für den nördlichen Abschnitt sind neben den bestehenden S-Bahnhöfen vorgesehen: Bürknersfelde, Sellheimbrücke, Karower Kreuz, gegebenenfalls bei Bedarf Bucher Straße und Schönerlinder Straße.

Südabschnitt BAR (Biesdorfer Kreuz ­ Grünauer Kreuz)

Die zweite Etappe der Schaffung einer SPNV-Tangente längs des BAR wäre die Herstellung einer Gleisverbindung im Bereich

S-BF Springpfuhl zwischen den S-Bahn- und den Ferngleisen sowie die Errichtung von Haltepunkten in Biesdorf Süd, Wuhlheide, Spindlersfeld und Grünau.

Die Zuggruppe der S 75 aus Birkenwerder würde tangential umorientiert und nach Flughafen BBI geführt werden. Dadurch entstehende Mehrleistungen könnten nur zu einem geringen Teil durch eine veränderte R-Bahnführung ausgeglichen werden. Die Zwei-System-Fahrzeuge würden in der Gesamtrelation zu nahezu gleichen Anteilen auf S-Bahn- und Fernbahn-Infrastruktur verkehren.

Vorstellbar wäre bei Nichtvorhandensein der entsprechenden Fahrzeuge ein Betrieb mit Dieseltriebwagen.

Allerdings wäre die Mitbenutzung der Ferngleise für einen vertakteten Nahverkehr mittels geeigneter Fahrzeuge nach Auskunft der DB AG nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Hierzu gehört die Reduzierung des Fern- und Regionalverkehrs auf dem BAR infolge der Inbetriebnahme des Nord-Süd-Eisenbahntunnels („Pilzkonzept") sowie keine wesentliche Steigerung des Güterverkehrs. Aus Sicht der DB AG ist jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Entwicklung des Güterverkehrs schwer einzuschätzen. Im Zuge der EU-Osterweiterung werden zusätzliche Verkehre über die Frankfurter Bahn erwartet, die westlich Köpenick auf den BAR geleitet werden müssen. Die bestehenden Verbindungskurven binden eingleisig niveaugleich an den BAR an und limitieren die Durchlassfähigkeit. Ob hier eine zusätzliche Infrastrukturerweiterung notwendig werden wird, ist weiteren Untersuchungen vorbehalten. Auch wird noch festzustellen sein, wem unter dem Aspekt der Gleichheit aller Verkehre diese Erweiterungen (Investitionskosten) anzulasten sind. Die Entscheidung darüber werden auf die Kosten und damit auf die Wirtschaftlichkeit der Nahverkehrstangente einen signifikanten Einfluss haben.

Die vorliegenden Erkenntnisse zur prognostizierten Verkehrsbelegung besagen, dass die Nahverkehrstangente nachgefragt wird, aber eine durchgehende eigene Infrastruktur ein wirtschaftliches Ergebnis nicht erwarten lässt.

Für den Fall der Nutzbarkeit der beiden vorhandenen Gleise des BAR wäre der Einsatz von Zweisystem-Fahrzeugen oder Dieseltriebwagen im 20-min-Takt denkbar, wobei die Möglichkeit der Einführung letzterer Fahrzeuge in den geplanten FlughafenBahntunnel BBI wegen der Brandlast-Problematik noch nicht geklärt ist.

4. Fazit

Ein Einsatz von Zweisystem-Fahrzeugen auf dem östlichen Berliner Außenring ist prinzipiell denkbar. Eine Grundvoraussetzung zur Umsetzung ist jedoch, dass das zukünftige Fern- und Güterverkehrsaufkommen, insbesondere infolge der EU-Osterweiterung, auf dem Außenring, ausreichend Kapazitäten für einen vertakteten Nahverkehr ermöglicht.

Weiterhin wäre ein für die Berliner Verhältnisse zugeschnittenes Fahrzeug zu entwickeln. Hierfür ist eine notwendige mehrjährige Vorlaufzeit für Untersuchungen, Entscheidungen, Planung und Entwicklung zu beachten.

Es wären, wenn man dem Projekt näher treten wollte, die wirtschaftlichen, betrieblichen, verkehrlichen und fahrzeugseitigen Voraussetzungen noch näher zu quantifizieren und weiterführende eisenbahnspezifische Untersuchungen zwingend notwendig. Die Realisierung einer durchgehenden Schienenpersonennahverkehrsrelation ­ auch unter Nutzung vorhandener Fernbahninfrastruktur ­ wäre frühestens ab 2007, d. h. nach Umsetzung des Pilzkonzeptes, realistisch.

Der Senat wird daher im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes für den Zeitraum 2005 bis 2009 den dann aktuellen verkehrlichen Bedarf ermitteln und im Gesamtzusammenhang mit den übrigen zu erbringenden Verkehrsleistungen bewerten. In diesem Zusammenhang wird auch die Finanzierbarkeit der zusätzlichen Verkehrsleistung bei einer durchgehenden Nahverkehrstangente, welche durch das Land Berlin zu sichern wären, geprüft. Sollte sich das Projekt einer Nahverkehrstangente auf dem BAR als erforderlich erweisen, wird der Senat die weiterführenden Untersuchungen veranlassen.

Ein Lückenschluss im Bereich Karower Kreuz, unter Einbeziehung der begonnenen S-Bahnstrecke nach Sellheimbrücke, wird in Abhängigkeit der genannten Bedingungen planerisch weiter vorbereitet.

Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.