Taubenpille

Die wesentlichen Erkenntnisse des Versuchsprogramms „Taubenpille" waren: erhebliche Reduzierung der Zahl gelegter Eier im Versuchsbereich großer Anteil unbefruchteter Eier

Verdrängungseffekt (Tauben suchen andere Nistplätze).

Das für die Zulassung des Präparats zuständige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat die Zulassung des Präparats als Arzneimittel jedoch versagt, da „... die Mindestanforderungen, die gemäß der geltenden Vorschriften an die Arzneimittelprüfung zu stellen sind, nicht erfüllt worden sind." Deshalb ist der weitere Einsatz der Taubenpille gegenwärtig nicht gestattet.

VII. Pferdesport

Von Tierschutzorganisationen und Behörden wird eingeschätzt, dass im organisierten Pferdesport in den vergangenen Jahren Tierschutzbelange auf Grund öffentlicher Diskussionen verstärkt Berücksichtigung fanden.

Bei der Ausbildung von Pferden und der Durchführung von Rennen auf den Berliner Trabrennbahnen konnten in den vergangenen zwei Jahren bei zahlreichen Kontrollen durch die zuständigen VetLeb, wobei besonderes Augenmerk auf den Einsatz bestimmter, tierschutzrelevanter Hilfsmittel gelegt wurde, nur selten tierschutzrelevante Unzulänglichkeiten festgestellt werden.

VIII. Tierversuche

1. Einleitung

Obwohl in der biomedizinischen Forschung zunehmend mit In-vitro-Methoden gearbeitet wird, kann nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft auf Tierversuche ­ das sind Eingriffe oder Behandlungen an Tieren oder am Erbgut von Tieren zu Versuchszwecken, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können ­ nicht generell verzichtet werden. Sie sind jedoch auf das unerlässliche Maß zu beschränken. Nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes dürfen Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn sie für einen der im Gesetz abschließend aufgeführten Versuchszwecke nach dem aktuellen Wissensstand unerlässlich und im Hinblick auf die angestrebten Ergebnisse ethisch vertretbar sind.

Grundsätzlich sind alle Tierversuche genehmigungspflichtig; in Ausnahmefällen (siehe unten) sind Tierversuche anzuzeigen.

Dies ist jedoch nicht dahin gehend misszuverstehen, dass nur eine geringe Anzahl von Tierversuchen nicht der Genehmigungspflicht unterliegt, sondern dass lediglich Tierversuche zu ganz bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Zwecken von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind, wie zum Beispiel Versuche zu diagnostischen Zwecken oder die Prüfung von Arzneimitteln auf ihre toxikologische Unbedenklichkeit (siehe auch unter 8.).

Für die Aufgaben im Zusammenhang mit Tierversuchen, anderen Eingriffen und Behandlungen zu wissenschaftlichen Zwecken und der Versuchstierhaltung ist in Berlin das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) zuständig. Dies beinhaltet sowohl die Genehmigung von Tierversuchen und Versuchstierhaltungen als auch die Überwachung aller Einrichtungen, in denen mit Wirbeltieren bzw. Cephalopoden oder Dekapoden wissenschaftlich gearbeitet wird oder in denen solche Tiere gehalten und gezüchtet werden. Diese Aufgaben werden in der Fachgruppe 5.2 „Veterinärwesen, Lebensmittelwesen und Gentechnik" wahrgenommen. Die Einrichtung einer LAGetSi Homepage erlaubt es, wesentliche Informationen zum Tierschutz im Zusammenhang mit Tierversuchen und Versuchstieren für Internet-Nutzer zugänglich zu machen.

Über die Adresse www.lagetsi.berlin.de sind Merkblätter und Vordrucke zu Antrags- und Meldeverfahren sowie Informationen zu bestimmten tierschutzrelevanten Themen im Versuchstierbereich abrufbar. Die Informationen werden in Abhängigkeit von den personellen Möglichkeiten regelmäßig aktualisiert und ergänzt.

Im Berichtszeitraum sind als neue, den Tierversuchsbereich unmittelbar berührende Rechtsvorschriften die Versuchstiermeldeverordnung und die Tierschutz-Hundeverordnung in Kraft getreten (siehe Abschn.VIII.14 und 17).

2. Rechtsvorschriften

Europarat

Das vom Europarat im März 1986 verabschiedete Europäische Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere enthält Grundsätze und Detailbestimmungen über die Voraussetzungen und die Durchführung von Tierversuchen, über Zucht, Pflege und Unterbringung von Versuchstieren, über die Versuchseinrichtungen und über statistische Informationen in Bezug auf Tierversuche. Die Leitlinien in Anhang A konkretisieren die in Artikel 5 des Übereinkommens dargelegten allgemeinen Anforderungen an die Haltung von Versuchstieren, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein. Sie haben daher den Charakter allgemeiner Gutachten, mit denen Minimalanforderungen an eine angemessene Unterbringung von Versuchstieren konkretisiert werden.

Europäische Union

Die Europäischen Gemeinschaften haben mit der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere Regelungen für diejenigen Tierversuche getroffen, die im Rahmen der Stoff- und Produktentwicklung und -prüfung sowie im Rahmen des Umweltschutzes durchgeführt werden. Dabei wurden im Wesentlichen die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere übernommen. Die Richtlinie ist inzwischen von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt worden.

Bundesrepublik Deutschland

Die Vorschriften des 5. Abschnitts (§§ 7­9 a) sowie der §§ 6, 10, 10 a, 11, 11 b, 15, 15 a und 16 des Tierschutzgesetzes enthalten Regelungen über Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen von Forschung und Lehre.

§ 7 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes lautet: „(1) Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere oder am Erbgut von Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die erbgutveränderten Tiere oder deren Trägertiere verbunden sein können."

Diese Formulierung stellt klar, dass auch Eingriffe am genetischen Material befruchteter Eizellen oder Embryonen den rechtlichen Stellenwert eines Tierversuchs haben, sofern sie zu Versuchszwecken durchgeführt werden und bei den an dem Eingriff mittelbar oder unmittelbar einbezogenen Tieren zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen können. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind für die tierschutzrechtliche Einordnung von Behandlungen und Eingriffen als Tierversuch zwei Kriterien maßgeblich: Eingriffe oder Behandlungen erfolgen zu Versuchszwecken mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns zu einem noch nicht hinreichend gelösten Problem, und für die Tiere besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung in Form von Schmerzen, Leiden oder Schäden.

Daher fallen nicht unter die Tierversuche insbesondere:

Eingriffe und Behandlungen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken im Rahmen der kurativen tierärztlichen Tätigkeit;

Entnahmen von Organen oder Geweben für wissenschaftliche Untersuchungen von zuvor unbehandelten Tieren;

Eingriffe und Behandlungen zu Demonstrationszwecken bei der Aus-, Fort- oder Weiterbildung;

Eingriffe und Behandlungen im Rahmen der Herstellung von Produkten, zum Beispiel von Impfstoffen oder Sera;

Auf- oder Einbringen wie Übertragen zum Beispiel von Parasiten auf Tiere zur „Aufbewahrung" dieser Organismen;

Tötungen unvorbehandelter Tiere zur anschließenden Organentnahme.

3. Die Vorgaben des Tierschutzgesetzes für Tierversuche: Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit

Nach dem Tierschutzgesetz dürfen Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn sie zum Vorbeugen, Erkennen oder Behandeln von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden oder körperlichen Beschwerden bei Mensch oder Tier, zur Erkennung von Umweltgefährdungen oder für die Grundlagenforschung unerlässlich sind und der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Es ist dabei abzuwägen, ob die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind. Versuche mit länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen nur durchgeführt werden, wenn dies für wesentliche Bedürfnisse von Mensch oder Tier notwendig ist. Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von Waffen sind verboten. Das Verbot gilt grundsätzlich auch für Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika.

Die Prüfung der ethischen Vertretbarkeit kann in einzelnen Fällen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Die Tierschutzkommission beim BMVEL hat die Bundesregierung deshalb 1990 gebeten darauf hinzuwirken, dass in den beratenden Kommissionen nach § 15 Abs. 1 und 3 des Tierschutzgesetzes dem ethischen Aspekt die notwendige Aufmerksamkeit beigemessen und das entsprechende Ergebnis im Protokoll festgehalten wird; bei der Abwägung ist der Grundsatz anzuwenden: „Je schwerer der Eingriff zu Lasten der Versuchstiere, desto größer muss das Gewicht der ihn legitimierenden Gründe sein."

Allerdings stößt die gesetzlich geforderte ethische Abwägung, ob der angestrebte Erkenntnisgewinn die Zufügung möglicher Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Versuchstiere nach ethischen Grundsätzen rechtfertigt, an die Schranke des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit (Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes).

Auf Grund eines in Berlin beantragten, sehr umstrittenen Tierversuchsvorhabens haben sich die Verwaltungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigt, ob der tierschutzgesetzliche Prüfauftrag, Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit eines Tierversuchsvorhabens zu bewerten, mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes im Einklang steht:

Das Bundesverfassungsgericht äußerte sich im Zusammenhang mit dem Verwaltungsgerichtsverfahren zur Auslegung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Insbesondere sei eine Auslegung möglich, die sich am Wortlaut des § 8 Abs. 3 Nr. 1

Buchstabe a des Tierschutzgesetzes orientiert, wonach die ethische Vertretbarkeit des Tierversuchs wissenschaftlich begründet dargelegt, nicht jedoch ­ wie vom Verwaltungsgericht Berlin angenommen ­ nachgewiesen werden müsse. Wissenschaftliche Bedeutung und ethische Vertretbarkeit eines beantragten Versuchsvorhabens dürfen daher nur im Rahmen einer qualifizierten Plausibilitätskontrolle der Darlegungen des Antragstellers geprüft werden, sodass dem Antragsteller für die Sachentscheidung nicht ohne weiteres außerwissenschaftliche Beurteilungsmaßstäbe aufgedrängt werden könnten. Auf Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts erging am 7. Dezember 1994 die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, den Ablehnungsbescheid aufzuheben und dem Kläger die tierschutzrechtliche Genehmigung für seine Tierversuche zu erteilen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass „... im Hinblick auf die ethische Vertretbarkeit der Tierversuche... eine Auslegung der gesetzlichen Regelung des Genehmigungsverfahrens dahin möglich ist, dass die Genehmigung erteilt werden muss, wenn der experimentierende Wissenschaftler die für die Bejahung der ethischen Vertretbarkeit maßgeblichen Umstände (Art und Ausmaß der für die Tiere entstehenden Belastungen einerseits und Bedeutung des Versuchszwecks andererseits) wissenschaftlich begründet dargelegt hat".

Damit macht das Gericht die Genehmigung von der wissenschaftlich begründeten Darlegung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, nicht aber von deren tatsächlicher Erfüllung, abhängig. Eine andere Auslegung der im Tierschutzgesetz festgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen wäre nach Ansicht des Gerichts, wobei es sich auch vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts leiten ließ, „mit hoher Wahrscheinlichkeit" verfassungswidrig.

4. Tierschutz als Staatsziel in Grundgesetz und Verfassung von Berlin

Die zuvor erläuterten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Berlin verdeutlichen, wie dringend notwendig es ist, das Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaftsfreiheit und Tierschutz auf der Ebene des Grundgesetzes, also in der Verfassung selbst, endgültig zu lösen.

Die Diskussion über die Aufnahme des Staatsziels „Tierschutz" in die Verfassungen des Bundes und der Länder wurde durch das Urteil des BVerfG zum Schächten nach muslimischem Ritus vom 15. Januar 2002 (1 BvR 1783/99) mit dem das BVerfG feststellte, dass § 4 a Abs. 1 in Verb. mit Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 des Tierschutzgesetzes unter Berücksichtigung der Verfassungsnormen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes so auszulegen ist, dass muslimische Metzger eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten erhalten können (siehe Abschn. VI.3), neu belebt. Als vorläufig wichtigstes Ergebnis dieser aktuellen Diskussion hat der Bundestag am 17. Mai 2002 beschlossen, den Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Im Grundgesetz Artikel 20a soll es künftig heißen: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere..."

Nach Auffassung der SenGesSozV wurde damit eine Formulierung gefunden, die der verfassungsmäßigen Ordnung folgt, sowie Missverständnisse über den Rang des Tierschutzes gegenüber anderen Grundwerten ausschließt. Durch die gewählte Formulierung als Staatszielbestimmung wird der Tierschutz in Konkurrenz zu anderen Grundrechten (Wissenschaftsfreiheit) ein stärkeres Gewicht erlangen. Auch wenn dem Tierschutzgesetz und vor allem zukünftigen Rechtssetzungsvorhaben auf dem Gebiet des Tierschutzes durch die grundgesetzliche Verankerung eine größere Durchschlagskraft verliehen wird, wird sie nach Überzeugung der SenGesSozV nicht dazu führen, dass sinnvolle Forschungsvorhaben, für die eine Verwendung von Tieren nach wissenschaftlichen Kriterien notwendig ist, nicht mehr durchgeführt werden dürfen.

In die Verfassung von Berlin wurde der Tierschutz bereits 1995 aufgenommen. Der Artikel 31 hat seitdem folgenden Wortlaut: „(1) Die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz des Landes.

(2) Tiere sind als Lebewesen zu achten und vor vermeidbarem Leiden zu schützen."

Damit sind alle Behörden Berlins verpflichtet, stetig auch auf den Schutz der Tiere hinzuwirken.

5. Tierschutzbeauftragte § 8 b des Tierschutzgesetzes verpflichtet Einrichtungen, in denen Tierversuche an Wirbeltieren durchgeführt werden, zur

Bestellung fachlich qualifizierter Tierschutzbeauftragter. Die Pflicht, Tierschutzbeauftragte zu bestellen, besteht außerdem seit 1998 für Einrichtungen, in denen Wirbeltiere zu wissenschaftlichen Zwecken getötet werden, Organ- oder Gewebeentnahmen an Wirbeltieren vorgenommen werden, in denen Eingriffe und Behandlungen zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung durchgeführt werden und für alle Einrichtungen, in denen Eingriffe und Behandlungen zur Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen vorgenommen werden. Der Tierschutzbeauftragte hat darauf hinzuwirken, dass Vorschriften, Bedingungen und Auflagen im Interesse des Tierschutzes eingehalten werden. Er soll die Einrichtungen und die mit Tierversuchen und mit der Haltung der Versuchstiere befassten Personen beraten, zu jedem Antrag auf Genehmigung eines Tierversuchs innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme abgeben und innerbetrieblich auf die Entwicklung und Einführung von Verfahren und Mittel zur Vermeidung oder Beschränkung von Tierversuchen hinwirken. Es wird deutlich, dass es sich dabei je nach Größe der Einrichtung um eine umfangreiche Tätigkeit handelt, die außerdem ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber dem Tierschutz beinhaltet. Die Bedeutung der Tierschutzbeauftragten für den Tierschutz kann angesichts der relativ geringen Überwachungsmöglichkeiten durch das LAGetSi gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das hier nach wie vor Verbesserungsbedarf besteht, muss bei den wenigen möglichen Überwachungen immer wieder festgestellt werden. Die meisten ermittelten Mängel hätten durch eine engere Betreuung durch die Tierschutzbeauftragten vermieden werden können.

Die Berliner Tierschutzbeauftragten haben sich zur Diskussion der mit ihrer Aufgabe verbundenen Probleme schon vor mehreren Jahren zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen. Der Arbeitskreis hat sich die Aufgabe gestellt, Erfahrungen und Informationen auszutauschen, fachliche Stellungnahmen zu bestimmten Problemen zu erarbeiten und Möglichkeiten zu finden, die Arbeitsbedingungen der Tierschutzbeauftragten zu verbessern.

Ein weiteres zentrales Thema stellte die Funktion des Tierschutzbeauftragten als Mittler zwischen den Experimentatoren und der Behörde dar, sowie die Frage der Akzeptanz und Unterstützung der Tierschutzbeauftragten durch ihre Einrichtung. Es wurde deutlich, dass die Aufgaben der Tierschutzbeauftragten häufig neben anderer hauptberuflicher Tätigkeit wahrgenommen werden müssen und dadurch zu wenig Zeit zur Verfügung steht, um eine den Anforderungen des Gesetzes wirklich genügende Aufgabenwahrnehmung gewährleisten zu können. Eine Verbesserung hat sich im Berichtszeitraum nicht abgezeichnet. Die Diskussion zu dieser Problematik wird sich in den nächsten Treffen fortsetzen. Themen, die in den vergangenen zwei Jahren im Arbeitskreis bearbeitet wurden, waren unter anderem:

Innerbetriebliche Anweisung für Tierschutzbeauftragte, überzählige Tiere bei der Herstellung und Zucht transgener Linien,

Wiederholungen von Versuchen, die neue Versuchstiermeldeverordnung,

Antikörpergewinnung aus dem Hühnerei und

Methoden zur Tötung von Embryonen bzw. neugeborenen Nagern.

6. Genehmigung von Tierversuchen

Nach dem Tierschutzgesetz gilt der Grundsatz, dass alle Tierversuchsvorhaben genehmigungspflichtig sind. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht bestehen nur für

Tierversuche an Wirbellosen,

Tierversuche, die nach anderen Rechtsvorschriften oder auf Grund richterlicher oder behördlicher Anordnung nach näherer Maßgabe des § 8 Abs. 7 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes ausdrücklich vorgeschrieben sind, sowie für einige Tierversuche mit spezifisch eingegrenzter Methodik und Zielsetzung (§ 8 Abs. 7 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes). Solche Tierversuche sind nur anzeigepflichtig.

Im Zusammenhang mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes im Jahr 1998 wurde unter anderem eingeführt, dass ein Genehmigungsantrag als fiktiv genehmigt gilt, wenn die Bearbeitungsfrist der Genehmigungsbehörde von 3 Monaten überschritten wird. Obwohl Fristüberschreitungen in einigen Fällen vorkamen, hat kein/e Antragsteller/in darauf bestanden, die Versuche auf Grund einer fiktiven Genehmigung zu beginnen. Dies mag maßgeblich darin begründet liegen, dass die Antragsteller/innen den Fristablauf nicht selbst verfolgen oder dass die Möglichkeit einer fiktiven Genehmigung nicht allen Antragsteller/innen bekannt ist.

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes präzisiert den Fünften Abschnitt des Tierschutzgesetzes mit dem Ziel, den Vollzug dieser Bestimmungen seitens der zuständigen Landesbehörden einheitlich zu gestalten.

Dieses Genehmigungsverfahren ist hochgradig verwaltungsaufwendig.

Die Prüfung der wissenschaftlich begründeten Darlegung des gegenwärtigen durch fachwissenschaftliche Publikationen unterlegten Forschungsstandes, des angestrebten Erkenntnisgewinns, der Eignung des beabsichtigten Versuchsmodells, der Eignung der vorgesehenen Versuchstierart, der Übertragbarkeit von am Tiermodell gewonnenen Erkenntnissen auf die Fragestellung beim Menschen, der nicht weiter zu vermindernden Anzahl eingesetzter Tiere, der biometrisch begründeten Versuchsplanung, der Eignung der vorgesehenen Versuchsprotokolle, der nicht weiter verringerbaren zu erwartenden Belastungen (Schmerzen, Leiden oder Schäden in Intensität und Dauer) für die Versuchstiere, der ethischen Vertretbarkeit im Hinblick auf den Versuchszweck im Genehmigungsantrag sowie die Einholung der Nachweise der personellen Qualifikation (vorgeschriebene Ausbildung und zusätzlich spezifische Fachkenntnis) aller am Versuch beteiligten Personen, der Nachweise des Vorliegens der örtlichen, sachlichen und sonstigen Voraussetzungen für die Durchführung der Versuche, einer Stellungnahme des Tierschutzbeauftragten erfordern ein umfangreiches Verwaltungsverfahren, das zudem durch vielfach unvollständige und unverständliche Anträge erschwert wird. Schon im Vorfeld holen viele tierexperimentell Forschende Rat bei der Behörde ein und diskutieren die Gestaltung ihrer Anträge mit dem wissenschaftlichen und dem Verwaltungspersonal. Erste Prüfungen der Anträge geben häufig Anlass zu Rückfragen bei den Antragstellern. Später sind die Fragen der Tierversuchskommission ­ siehe auch unten ­ zu den Anträgen umzusetzen, was regelmäßig durch Weitergabe der Frage an den Antragsteller und Vorlage der Antworten des Antragstellers an die Kommission geschieht. Werden Anträge dann genehmigt, so sind diese Genehmigungen zu befristen.

Die bei der Bearbeitung von Tierversuchsanträgen im Genehmigungsverfahren in vielen Fällen aus Sicht der Genehmigungsbehörde und der diese beratenden Tierversuchskommission notwendigen ergänzenden Auskünfte sind weniger als Hinweis auf die Unzulänglichkeit der rechtlichen Vorschriften oder der am Verfahren beteiligten Personen zu interpretierten, sondern vielmehr als Indiz für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Versuchsvorhaben. Die gesetzlich verankerte Forderung nach wissenschaftlicher Darlegung der im allgemeinen hochspezifischen Sachverhalte in Verbindung mit der Verpflichtung zur ethischen Abwägung der unterschiedlichen Interessen erfordert einen intensiven Informations- und Meinungsaustausch zwischen Antragstellern, LAGetSi und beratender Tierversuchskommission, der sich zwangsläufig nicht in allen Fällen auf die Darstellungen des Genehmigungsantrags beschränken kann.