Erleichterungen bei den Verträgen zur Vergabe landeseigener Grundstücke

A. Problem:

Die bisher verwendeten Grundstücksverträge Berlins sehen teilweise Bindungen und Verpflichtungen vor, die einem investorenfreundlichen Klima abträglich sind. Die Situation am Grundstücksmarkt Berlins hat sich in großen Bereichen zugunsten eines Käufermarktes entwickelt, somit hat der Grundstücksverkäufer Land Berlin zu reagieren und die Voraussetzungen für schnelle und unkomplizierte Vertragsabschlüsse zu schaffen.

B. Lösung:

Die bisher in den Berliner Verträgen vorgesehenen dinglichen Sicherungen werden reduziert auf nur noch eine Rückauflassungsvormerkung für den Fall des Rücktritts des Verkäufers Berlin vom Vertrag. Den Käufern wird künftig die Möglichkeit der Vorabbelastung des Grundstücks zur Finanzierung des Kaufpreises eingeräumt.

C. Alternative/Rechtsfolgenabschätzung Keine.

D. Kostenauswirkungen auf Privathaushalte Keine.

E. und/oder Wirtschaftsunternehmen Keine.

F. Gesamtkosten Keine.

G. Auswirkungen auf Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg Keine.

H. Zuständigkeit Senatsverwaltung für Finanzen

Vorlage ­ zur Beschlussfassung ­ über Erleichterungen bei den Verträgen zur Vergabe landeseigener Grundstücke

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Die Regularien in den Grundstücksverträgen des Landes Berlin werden auf das notwendige Maß reduziert. Die dinglichen Sicherungen der Rechte Berlins werden, soweit sie nicht mehr zwingend erforderlich erscheinen, abgebaut.

I. Sofern Verträge Bauverpflichtungen beinhalten, wird die Umsetzung dieser Verpflichtungen weiterhin durch ein Rücktrittsrecht und durch eine Vertragsstrafe gesichert.

Dinglich gesichert wird aber nur noch das Rücktrittsrecht durch eine Rückauflassungsvormerkung. Auf die Grundschuld, welche die Vertragsstrafe sichert, wird verzichtet.

II. Verträge mit Nutzungsbindungen enthalten nur noch eine Vertragsstrafenregelung. Auch hier wird auf die dingliche Sicherung durch eine Grundschuld verzichtet. Ein Wiederkaufsrecht ist nicht mehr vorgesehen, die damit verbundene Auflassungsvormerkung entfällt daher auch. Führt eine durch den Verkäufer genehmigte Nutzungsänderung zu einer werthaltigeren Nutzung des Grundstücks, kann die Zahlung eines Betrages in Höhe der Wertsteigerung vom Käufer verlangt werden.

III. Auf ein vertraglich vereinbartes Vorkaufsrecht wird verzichtet.

IV. Zur Finanzierung des Kaufpreises und ggf. vertraglich vereinbarter Maßnahmen der Altlastenbeseitigung und der Baureifmachung wird den Käufern die Möglichkeit einer Vorabbelastung eingeräumt.

V. Die Erleichterungen gelten für Kauf- und Erbbaurechtsverträge, die das Land Berlin selbst abschließt, für Verträge, die Dritte im Auftrage Berlins beurkunden wie auch für Verträge über Grundstücke, die in ein Treuhandvermögen überführt worden sind, soweit sie, wie z. B. bei den Verträgen des Liegenschaftsfonds, nicht bereits verwendet werden.

A. Begründung:

I. Abgeordnetenhausentscheidungen zu Vertragsklauseln

Das Abgeordnetenhaus hatte am 28. November 1991 (Drsn Nr. 12/932, 12/932-1 und 12/942 ­ Verbesserung des Verfahrens bei Grundstücksgeschäften) beschlossen, dass bei der Vergabe landeseigener Grundstücke gegenüber dem Investor ein umfangreiches Regelwerk an Verpflichtungen und Sanktionsrechten sowie Vertragsstrafen und Regelungen zu Wiederkaufsrechten festzuschreiben ist. Im Einzelnen wurde beschlossen, folgende Regelungen in die Verträge aufzunehmen:

1. eine Nutzungsbindung, in der die künftigen Nutzungen des Investors festgelegt sind und deren Änderung der Zustimmung Berlins bedarf;

2. eine Bauverpflichtung, die dem Investor aufgibt, den stadtplanerischen und städtebaulichen Richtlinien zu entsprechen;

3. die Untersagung des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks durch den Investor ohne Zustimmung des Landes Berlin und Sicherung der Rückgriffsrechte innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren;

4. die Festlegung von Nachbesserungsklauseln, die nachträglich eine Zahlung von erhöhten Kaufsummen vorsehen, wenn beispielsweise spätere bauliche Nutzungen höher sind als zum Zeitpunkt der Bewertung und des Kaufvertrages.

Am 17. Juni 1993 (Drs Nr. 12/2698) ergänzte das Abgeordnetenhaus den Beschluss aus dem Jahr 1991 insoweit, als dass das an die Nutzungsbindung gekoppelte Wiederkaufsrecht auf 15 Jahre befristet wurde.

Die dargestellten Regelungen wurden durch einen weiteren Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 18. Mai 2000 (Drsn Nr. 14/ 249 und 14/394 ­ Abbau von Investitionshemmnissen) nochmals modifiziert. Bei Ausschreibung von Grundstücken für Vorhaben im Dienstleistungsbereich erfolgte nunmehr der Verkauf ohne besondere Verpflichtungen und Bindungen, sofern dem nicht dringliche Interessen Berlins entgegenstehen. Bei Vergaben im Bereich des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes verblieb es hingegen bei den Regularien der Bauverpflichtung und Nutzungsbindung. Das an die Nutzungsbindung gekoppelte Wiederkaufsrecht wurde auf einen Zeitraum von 10 Jahren befristet.

Bei Direktvergaben wurde auf eine Nutzungsbindung dann verzichtet, sofern eine anderweitige Nutzung der Baulichkeiten ausscheidet. Bei Wegfall der Nutzungsbindung wurde ersatzweise eine Wertabschöpfungsklausel für einen Zeitraum von 5 Jahren festgeschrieben.

Die Regularien in den Grundstücksverträgen Berlins basieren auf den drei skizzierten Beschlüssen des Abgeordnetenhauses.

II. Aktuelle Grundstücksmarktsituation

Die Situation auf dem Berliner Grundstücksmarkt ist weiterhin schwierig. Im aktuellen Bericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin (Stand 2000) wird festgestellt, dass der Umsatz auf dem Berliner Grundstücksmarkt im Jahr 2000 mit teilweise starken Umsatzeinbußen bei einem zum Teil deutlichen Preisrückgang charakterisiert werden kann.

Die finanzierenden Geldinstitute zeigen sich inzwischen bei der Vergabe von Investitionskrediten ebenfalls zögerlich.

Die dargestellte Situation spiegelt sich ebenfalls im Grundstücksverkehr mit landeseigenen Flächen wider.

Einzelne Instrumentarien in den Berliner Grundstücksverträgen haben sich inzwischen als hemmend auf Ansiedlungsvorhaben potenzieller Käufer oder Erbbauberechtigter erwiesen.

Der Senat ist daher gewillt, den Abschluss von Grundstücksverträgen mit Berlin zu erleichtern und somit bessere Voraussetzungen für die Ansiedlung von Unternehmen zu schaffen. Nicht zu vernachlässigen ist hierbei auch der fiskalpolitische Aspekt durch die Erwartung, vermehrt Einnahmen erzielen zu können.

III. Konkrete Vertragsänderungen

1. Bauverpflichtung Verträge mit Unternehmen, die dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sind, beinhalten weiterhin eine Bauverpflichtung und das Weiterveräußerungsverbot ohne Zustimmung des Verkäufers. Diese Verpflichtungen werden durch ein Rücktrittsrecht und durch eine Vertragsstrafe bei Nichterfüllung gesichert. In den bisherigen Verträgen wurde das Rücktrittsrecht durch eine Rückauflassungsvormerkung und die Vertragsstrafe durch eine Grundschuld gesichert. Beide Rechte wurden im Grundbuch im Range nach den Investitionsgrundschulden eingetragen. Durch diese Rangstellung bot die Vertragsstrafengrundschuld Berlins keine ausreichende Sicherheit.

Besonders bei mangelnder Bonität des Käufers wurde dies deutlich. Berlin hat sich daher auch nur sehr selten aus dieser Grundschuld bedient bzw. bedienen können, auf sie wird in Zukunft verzichtet. Der Käufer hat sich aber weiterhin der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.

2. Nutzungsbindung Berliner Verträge sehen eine Nutzungsbindung bei Grundstücksvergaben an Betriebe des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes vor, wenn die Vergabe als Ergebnis einer Ausschreibung erfolgt. Gleiches gilt bei Direktvergaben, sofern die beabsichtigte Bebauung eine andere Nutzung zulässt. Auch die Einhaltung der Nutzungsbindung wird doppelt gesichert, das Wiederkaufsrecht durch eine Rückauflassungsvormerkung und die Vertragsstrafe durch eine Grundschuld. Künftig wird auf das Wiederkaufsrecht verzichtet, die korrespondierende Rückauflassungsvormerkung entfällt. Berlin hat an einem Wiederkauf nur begrenztes Interesse. Bei Ausübung des Rechtes müsste Berlin als Wiederkaufspreis den gezahlten Kaufpreis für den Grund und Boden sowie den Verkehrswert der auf dem Grundstück errichteten Baulichkeiten an den Käufer zahlen. In einem nächsten Schritt wäre ein geeigneter Interessent zur erneuten Veräußerung zu suchen, ein für Berlin kostspieliges Verfahren mit ungewissem Ausgang. Berlin hat daher in der Vergangenheit sein Wiederkaufsrecht nur sehr selten ausgeübt, auf dieses Recht wird in Zukunft verzichtet. Die Rückauflassungsvormerkung hatte auch die Funktion erfüllt, dass Berlin im Falle einer Veräußerung an einen Dritterwerber hierüber vom Käufer informiert wurde, da bei Nichtbeachtung der Zustimmungspflicht zur Veräußerung der Wiederkauf drohte. Künftig besteht nur noch eine Informationspflicht, die dinglich nicht gesichert ist. Der Senat hält es aber für vertretbar, trotzdem auf dieses Sicherungsinstrument zu verzichten.

An der Vertragsstrafe wird hingegen festgehalten, eine dingliche Sicherung durch eine Grundschuld erfolgt allerdings nicht mehr. Wie bereits ausgeführt, bietet die Vertragsstrafengrundschuld wegen ihrer Nachrangigkeit keine ausreichende Sicherheit zur Realisierung einer Vertragsstrafe.

Sofern der Käufer eine Nutzungsänderung anstrebt, bedarf er der Zustimmung des Verkäufers. Führt die Nutzungsänderung zu einer Wertsteigerung des Grundstücks, wird künftig die Zustimmung zur Nutzungsänderung von der Zahlung dieser Wertsteigerung abhängig gemacht. Auch hier steht das fiskalpolitische Interesse des Landes Berlin im Vordergrund.

3. Veräußerungszustimmung

Eine Zustimmung zur Veräußerung des Grundstücks ist nicht mehr vorgesehen. Vielmehr wird vereinbart, dass der Verkauf vom Käufer nur noch angezeigt wird und nachzuweisen ist, dass der Dritterwerber die Verpflichtungen aus dem Vertrag übernimmt.

Die bisher vorgesehene Zustimmung war als wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument zu verstehen. Durch den Verzicht auf die Zustimmung wird eine weiterere Vereinfachung der Vertragsbestimmungen des Landes Berlin bei Grundstücksgeschäften erreicht.

4. Vorkaufsrecht

Auf das bisher vertraglich vereinbarte Vorkaufsrecht wird verzichtet. Auch von diesem Recht hat Berlin nur sehr spärlich Gebrauch gemacht. Unabhängig vom nun nicht mehr vertraglich vereinbarten Vorkaufsrecht verbleibt der Gemeinde das in den §§ 24, 25 Baugesetzbuch verankerte allgemeine und besondere Vorkaufsrecht. Es sichert Berlin im Falle unabweisbarer städtebaulicher Notwendigkeit durch Einleitung baurechtlicher Verfahren die Möglichkeit des Zugriffs bei Weiterveräußerung.

5. Belastungsvollmacht Unabdingbare Voraussetzung für die Beurkundung eines Grundstücksvertrages mit dem Land Berlin ist der Nachweis der geschlossenen Finanzierung des Kaufpreises und der gegebenenfalls vereinbarten Bauverpflichtung. Häufig wird ein Teil des Kaufpreises, in Einzelfällen auch der gesamte Kaufpreis, durch Kreditaufnahme finanziert. Voraussetzung hierfür ist die ranggerechte Eintragung einer Grundschuld zugunsten des finanzierenden Kreditinstituts.

Nach der bisherigen Praxis ist diese aber erst nach Umschreibung des Grundstücks auf den Käufer möglich. Die Umschreibung wiederum verzögert sich durch die lange Bearbeitungszeit in den Grundbuchämtern. Ohne dingliche Sicherung sind die Banken aber zunehmend nicht mehr bereit, einen Käufer mit Krediten zu begleiten, die erst in der Zukunft durch eine Grundschuld gesichert werden können.

Es ist daher im privaten Grundstücksverkehr gängige Praxis, einer Vorabbelastung des Kauf Grundstücks durch Erteilung einer Belastungsvollmacht zuzustimmen.

Der Senat verschließt sich dieser Entwicklung nicht. Auch die Berliner Verträge werden nunmehr die Möglichkeit einer Belastungsvollmacht vorsehen. Die auf Basis dieser Vollmacht bestellten Grundpfandrechte können sowohl der Finanzierung des Kaufpreises als auch der Finanzierung von Bauinvestitionen dienen. In den Verträgen wird aber sichergestellt, dass die der Finanzierung der Bauinvestitionen dienenden Grundschulden erst nach Belegung des Kaufpreises valutieren dürfen. Die Zahlung des Kaufpreises ist aber wesentliche Voraussetzung für den Antrag auf Umschreibung des Eigentums beim Grundbuchamt. Die Vollmacht, das Grundstück vor Eigentumsumschreibung auch mit Bauinvestitionsgrundschulden zu belasten, wirkt erst ab dem Zeitpunkt der Stellung des Eigentumsumschreibungsantrages beim Grundbuchamt. Somit verschafft Berlin den Investoren die Möglichkeit, bereits in der Zeitspanne zwischen Antrag auf Umschreibung und tatsächlicher Umschreibung das Grundstück mit Baugeldgrundpfandrechten zu belasten.

Die lange Bearbeitungszeit bei den Grundbuchämtern stellt sich somit nicht mehr als Investitionshemmnis dar.

Von der Belastungsvollmacht darf nur vor dem beurkundenden Notar Gebrauch gemacht werden. Das Kreditinstitut muss der deutschen Bankenaufsicht unterliegen.

Hinsichtlich der Kaufpreisfinanzierung tritt der Schuldner seine Auszahlungsansprüche gegen den Kreditgeber in dem Umfang, in dem sie der Kaufpreisbelegung dienen, an den Verkäufer ab. Das Kreditinstitut wird zur unwiderruflichen Zahlung an den Verkäufer angewiesen. Der Käufer wird verpflichtet, die auf Basis der Belastungsvollmacht eingetragenen Grundpfandrechte zur Löschung zu bringen, soweit der Vertrag rückabgewickelt wird, verbunden mit der Verpflichtung des Gläubigers, in diesem Falle die Löschung des Grundpfandrechtes zu bewilligen.

Die Vollmacht ermöglicht dem Käufer die Belastung des Grundstücks, obwohl noch Berlin als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch steht. Hier könnte ein Konflikt mit Art. 87 der Verfassung von Berlin gesehen werden, nach dem Kredite nur aufgenommen werden dürfen, wenn andere Mittel zur Deckung nicht vorhanden sind. Formal wird tatsächlich ein im Eigentum Berlins befindliches Grundstück zum Zwecke einer Kreditaufnahme belastet. Da dies aber nach Abschluss des notariellen Vertrages und nur im Vorgriff auf die vereinbarte Eigentumsumschreibung erfolgt, greift die Norm des Art. 87 VvB nicht mehr durch, da bereits dinglich verfügt wurde. Dies wird auch aus der Formulierung der Belastungsvollmacht deutlich, die die Lastenfreiheit des Grundstücks nach Unwirksamkeit des Vertrages sicherstellt.

IV. Fazit

Die dargestellten Änderungen sind in den Verträgen der Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG und der Berliner Landesentwicklungsgesellschaft schon überwiegend umgesetzt worden. Um ein transparentes Handeln Berlins und seiner Gesellschaften und Treuhänder sicherzustellen, sind die Verträge des Landes Berlin zu vereinheitlichen. Die neuen Vertragsmuster werden daher nicht nur vom Land Berlin als Vertragsschließendem, sondern auch von Treuhändern und städtebaulichen Entwicklungsträgern Berlins verwendet werden.

Die neuen Vertragsinhalte sind auch dann verbindlich, wenn Berlin Dritte mit der Vermarktung beauftragt.

Die Verträge sehen künftig nur noch die Sicherung des Rücktrittsrechtes bei Nichterfüllung der Bauverpflichtung durch eine Rückauflassungsvormerkung vor. Insgesamt erwartet der Senat durch diese deutliche Verschlankung der Grundstücksverträge Berlins einen Anstieg der Vertragsabschlüsse und hiermit verbundene höhere Einnahmen aus Grundstücksverkäufen.

F. Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

Durch die Verschlankung der Verträge werden erhöhte Einnahmen aus Grundstücksverkäufen erwartet.

b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen: Keine.