(Kinder)-gesundheit und Umwelt I: Schutz vor künstlichen Mineralfasern

„Der Senat wird aufgefordert, an landeseigenen Gebäuden Bauzustandsanalysen in Bezug auf künstliche Mineralfasern durchzuführen.

Dabei sollte wie folgt verfahren werden: Zunächst sollen Gebäude untersucht werden, in denen sich Kinder, Jugendliche und Kranke aufhalten. Aber auch Dienstgebäude und Gebäude von Beteiligungsgesellschaften müssen auf den Prüfstand. Dann ist zu überprüfen, ob die Gefahr besteht, dass diese Fasern an die Raumluft abgegeben werden. Es sind zuerst Gebäude mit Klimaanlagen zu überprüfen, die älter als zwanzig Jahre sind.

Auf der Basis dieser Untersuchungen sollen Sanierungsstufen festgelegt und soll Aufklärungsarbeit bei Mitarbeitern betroffener Einrichtungen geleistet werden.

Die Sanierungsmaßnahmen sollen wirtschaftlich in einem einstufigen Verfahren ausgeführt werden."

Hierzu wird berichtet:

Eine im Herbst 2001 eingesetzte ressortübergreifende Arbeitsgruppe "Künstliche Mineralfasern" unter Leitung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Vertreter der Senatsverwaltungen für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz und für Bildung, Jugend und Sport, des Landesschulamts, des Landesamts für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit und einiger Bezirksämter angehören, hat als eine Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes einheitliche Kriterien erarbeitet, nach denen öffentliche Gebäude in Berlin auf eine Belastung der Innenraumluft durch künstliche Mineralfasern (KMF) überprüft werden können.

Vorbeugender Gesundheitsschutz heißt in diesem Zusammenhang: Weit im Vorfeld einer Gefahr soll den Bürgern und gesundheitlich sensiblen Bevölkerungsgruppen, die allgemein einer hohen Schadstoffbelastung ausgesetzt sind, eine mögliche zusätzliche gesundheitliche Belastung erspart werden.

Im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe vom 4. Juni 2002 wird darauf hingewiesen, dass bei den KMF zu unterscheiden ist zwischen den Phasen der Herstellung, des Inverkehrbringens, der Verwendung (Einbau/Ausbau) von KMF mit der Wahrscheinlichkeit der Freisetzung von Faserstäuben, der Raumnutzung bei ordnungsgemäß eingebautem Zustand und der Entsorgung.

Für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Produkten aus KMF gibt es seit einigen Jahren rechtliche Vorschriften, die zu einer Umstellung in der Fasertechnologie und damit zu einer Verringerung des krebserregenden Potentials der Fasern geführt haben.

Was die in den Gebäuden eingebauten KMF-Produkte betrifft, erfordern nur die vor 1997 eingebauten Produkte eine besondere Aufmerksamkeit, da seit 1997 die Umstellung der Fasertechnologie gegriffen hat. Seit 1997 handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Produkte, die eines der im Anhang V Nr. 7 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) genannten Kriterien erfüllen und z. B. auf Grund ihrer geringen Biobeständigkeit ein geringeres gesundheitliches Risiko haben. Im Übrigen bestand in Berlin bereits seit 1993 durch Rundschreiben der damaligen Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen bei öffentlichen und öffentlich geförderten Baumaßnahmen ein Verwendungsverbot für KMF im direkten Verbund mit der Innenraumluft.

Bei vor 1997 eingebauten KMF muss jedoch mit Produkten gerechnet werden, die als krebserzeugende Stoffe nach der Gefahrstoffverordnung eingestuft sind.

Es wurde in der Arbeitsgruppe Einvernehmen erzielt, dass keine Gefährdung durch auch vor 1997 hergestellte KMF-Produkte anzunehmen ist, wenn sie ordnungsgemäß eingebaut und nicht beschädigt sind.

Vorrangiges Ziel aller Bemühungen muss es daher sein, dass die zuständigen Behörden vor Ort in den Gebäuden vor 1997 eingebaute KMF-Produkte feststellen, sich ein Bild über den konkreten baulichen Zustand der Produkte machen und ihren ordnungsgemäßen Einbauzustand erhalten bzw. wiederherstellen.

Hierfür hat die Arbeitsgruppe u. a. ein "Handlungsschema beim Vorhandensein von künstlichen Mineralfasern (KMF) in Gebäuden" und eine differenzierte "Checkliste Künstliche Mineralfasern (KMF) in öffentlichen Gebäuden" erarbeitet, mit deren Hilfe die entsprechenden KMF-Produkte bei Begehungen der Gebäude festgestellt und katalogisiert werden können.

Auf Luftmessungen zur Feststellung der Konzentration von Faserstäuben soll dagegen verzichtet werden, da das Verfahren zur Bestimmung der Faserkonzentrationen in der Luft einen hohen apparativen und zeitlichen Aufwand erfordert und außerdem die Konzentrationen in Innenräumen räumlich und zeitlich sehr variabel sein können. Die Ergebnisse leisten in der Regel keinen wesentlichen Beitrag zur Problemlösung.

Neben der Verwendung bei raumlufttechnischen Anlagen sollen auch alle weiteren Verwendungen wie z. B. in zweischaligen Trennwänden, in Decken- und Wandplatten, Schallschluckdecken, Rohrverkleidungen erfasst werden. Die Bestandsaufnahme soll vor allem diejenigen Produkte erfassen, die vor 1997 eingebaut wurden. Als Rangfolge der Begehungen ist vorgesehen, dass Einrichtungen mit der Hauptnutzung durch Kinder und Jugendliche vor den übrigen öffentlichen Gebäuden in Betracht kommen.

Als erster Schritt auf dem Wege zu einer solchen umfassenden Bestandsdatei wird gerade eine Pilotstudie durchgeführt, um mehr Erfahrungen im Umgang mit den hier entwickelten Handlungsschemata zu gewinnen und um Aussagen über das Ausmaß der eingebauten KMFProdukte, deren Beschädigung und über die Kosten und den Zeitaufwand für die Begehungen und Maßnahmen zu erhalten. Die Pilotstudie soll innerhalb eines Jahres durchgeführt und anschließend von der Arbeitsgruppe ausgewertet werden.

Zu Beginn der Pilotstudie wurden verschiedene Gebäudetypen bestimmt, denen zunächst insgesamt 16 Gebäude im Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Bezirke zugeordnet wurden.

Erste Begehungen haben begonnen. Anschließend sollen weitere Gebäude als Referenzen für die Pilotstudie benannt werden.

Ein erstes Ziel ist es, auf Grund der Begehungen in diesen Gebäuden mögliche Vereinfachungen für weitere Begehungen in Gebäuden gleichen Typs zu entwickeln.

Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ist mit Schreiben vom 4. Juni 2002 an alle Bezirksämter von Berlin, Abt. Bau- und Wohnungswesen, sowie an die Abteilung V der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zur Information gegeben worden. Er steht berlinweit auch im Intranet zur Verfügung. Die Empfänger wurden darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Durchführung der Pilotstudie Folgendes zu beachten ist: Dienststellen können jederzeit, auch ohne Teilnahme an der Pilotstudie, die Entscheidung für die Untersuchung des ihnen unterstehenden Gebäudebestandes treffen.

Darüber hinaus sollen bei allen Gebäuden, bei denen Baumaßnahmen oder größere Instandhaltungen anstehen, die KMF-Produkte mittels der Checkliste erfasst werden.

Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.