Strukturwandel

Der Weiterbildungspass kann eine Strukturierungs- und Motivationshilfe für die Lernenden bieten, die sich anhand der eigenen Lernbiographie Lernprozesse bewusst machen und sie infolge dessen gezielter steuern können. Damit wird nicht zuletzt eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Lernen gefördert.

Für einen solchen Weiterbildungspass spricht, dass die Beschreibung einer Lernbiographie immer unvollständig bleibt, wenn sie nicht alle Bereiche des Lernens erfasst. In der Praxis wird kaum mehr zwischen den Inhaltskategorien allgemeiner und beruflicher Bildung und Weiterbildung getrennt, und die Trennung zwischen formaler, nicht-formaler und informeller Bildung wirkt ausgrenzend. Daher ist eine integrative Darstellung in einem Weiterbildungspass sinnvoll, was auch zu mehr Transparenz, Vereinheitlichung und Qualitätssicherung der Angebote sowie zur Beförderung der Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und allgemeiner Weiterbildung beitragen könnte.

Mit der Einführung eines Weiterbildungspasses will der Senat vielfach artikulierten bildungspolitischen Positionen folgen. So hat die EU-Kommission bereits 1995 unter dem Titel: „Einführung neuer Formen der Validation von Kompetenzen" die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Möglichkeit für eine „Anerkennung von Teilkompetenzen in einem flexiblen, permanenten, je nach Wunsch nutzbaren System der Validation von Wissenseinheiten" zu schaffen und Modelle „persönlicher Kompetenzausweise" zu entwickeln.

Die Arbeitsgruppe "Aus- und Weiterbildung" im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit hat am 5. Februar 2001 aufgefordert, einen "auch international verwertbaren Berufsbildungs- und Kompetenzpass, mit dem sowohl in Kursen als auch informell ­ z. B. am Arbeitsplatz ­ erworbene Qualifikationen fortlaufend dokumentiert und nachgewiesen werden können," zu entwickeln.

Zuletzt regte das Forum Bildung in seinen Empfehlungen die Einführung eines Qualifizierungspasses als persönliches Dokument an, mit dem das kontinuierliche Lernen der Menschen begleitet wird.

Im Rahmen des Aktionsprogramms Lebenslanges Lernen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung haben Bund und Länder ein aus Bundesmitteln finanziertes Verbundprojekt zur Einführung eines Passes für die allgemeine Weiterbildung aufgelegt, an dem sich das Land Berlin beteiligen wird. In einer Vorstudie wird zunächst eine IstAnalyse bestehender Passsysteme erstellt (01.04.2002 bis 31.03.2003). Die gemeinsame Planung sieht im Anschluss daran eine Einführungsphase in den Bundesländern vor.

Der Senat wird diese Initiative nutzen, um die Idee eines integrierten Weiterbildungspasses weiter zu entwickeln. Dazu wird eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die das Vorhaben koordiniert vorantreibt.

Zu 2.: In allen Bereichen der Weiterbildung ist das Angebot für die Nachfragenden, für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger und die Betriebe, insbesondere die Klein- und Mittelunternehmen, nur noch schwer zu überschauen. Neue Wege des Qualitätsmanagements und Anstrengungen zur Erhöhung der Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt durch mehr Transparenz über Anbieter und Angebote sind deshalb auch in Berlin dringend erforderlich. Es gilt, Lernende bzw. potenziell Lernende und Lernangebote reibungsloser zusammenzuführen.

In ihrer Mitteilung vom 22. November 2001 „Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" hat auch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Informations-, Beratungs- und Orientierungsdiensten eine entscheidende Rolle für den Zugang zum Lernen und bei der Lernmotivierung zugemessen. „Beratungsdienste sollen Chancengleichheit fördern. Hierzu müssen sie allen, d. h. auch und gerade ausgrenzungsgefährdeten Menschen, zugänglich sein und ihren Bedürfnissen gerecht werden, was kohärente, transparente, unabhängige und qualitativ hochwertige Systeme erfordert." In diesem Sinne werden die vom Senat geförderten Maßnahmen der Weiterbildungsberatung, Information und Motivierung intensiviert.

Die Weiterbildungsdatenbank Berlin (WDB, wdb-berlin.de) trägt mit ca. 2 800 tagaktuellen Weiterbildungsangeboten von 359 Bildungsträgern zu einem transparenten Berliner Weiterbildungsmarkt bei. Dazu gehört auch die PraktikaBörse der Weiterbildungsdatenbank, die mit den Angeboten an Auslandspraktika die anzustrebende europäische Dimension von Information und Beratung eröffnet hat.

Im Sinne der weiteren Verbesserung des Zugangs zu Weiterbildung beteiligt sich die Weiterbildungsdatenbank Berlin gegenwärtig aktiv an der Schaffung eines bundesweiten Portals der Datenbanken. Mit dem Ziel des Ausbaus der WDB als Dienstleister auch für die Berliner Wirtschaft fördert der Senat z. Z. den Aufbau einer Unternehmensplattform bei der Weiterbildungsdatenbank.

Diese Plattform soll die Unternehmen, insbesondere die Klein- und Mittelbetriebe, bei der Personalentwicklung unterstützen. Die Unternehmen werden die Möglichkeit erhalten, ihren Qualifi4 zierungsbedarf in die Datenbank einzustellen und gezielt nach beruflichen Weiterbildungsangeboten oder nach passgenau qualifiziertem Personal zu suchen. Mit der Plattform soll gleichzeitig der Dialog zwischen den Akteuren der beruflichen Weiterbildung ­ Bildungsträgern, Unternehmen, Kammern, Verbänden, LAA BB, Senat von Berlin

­ befördert werden. Angeboten werden Informationen über Entwicklungen und Trends im Bereich der beruflichen Weiterbildung und auf dem Arbeitsmarkt sowie ein ständiges virtuelles themenbezogenes und moderiertes Diskussionsforum.

Intensiviert wird auch die Weiterbildungsberatung und Lernmotivation in den vom Senat geförderten Beratungsstellen.

Neue Ansätze individueller Beratung und Berufsorientierung unterstützt der Senat z. B. mit dem Projekt „Entwicklung von fachlichen und außerfachlichen Basiskompetenzen im Bereich der IuKTechnologien zur Integration in den 1. Arbeitsmarkt unter gleichzeitiger Förderung von Eigeninitiative im Bereich des lebensbegleitenden, berufsbezogenen Lernens" beim Verein kontinuum e. V.. Ziel des Modellprojektes ist die Entwicklung von Fähigkeiten zu selbständigem, lebenslangem, berufsbezogenem Lernen und von Kompetenzen im Medienbereich als Präventionsmaßnahme gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Im Coachingverfahren werden ­ analog der Profilerstellung gem. Job-Aqtiv-Gesetz ­ die Leistungsfähigkeit und das individuelle Entwicklungspotenzial der Arbeitsuchenden ermittelt. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen Berufswegplanungen basieren auf konkreten Qualifikations- und Personalbedarfen, die kontinuum e. V. in Berliner Unternehmen der IuK-Branche ermittelt. Untersucht werden dabei die Anforderungsprofile speziell in KMU der IuK-Branche und deren Einstellungsanforderungen und -praxis.

Bei der Beratung der Berliner Volkshochschulen werden künftig Angebotstransparenz und persönliche Beratung konzeptionell verbunden.

Die Einführung einer neuen Verwaltungssoftware (VHS-IT) ermöglicht ein vernetztes Arbeiten zwischen den bezirklichen VHS und ein OnlineAuskunftssystem über das gesamte VHS-Angebot Berlins.

Die Stärkung des Prinzips der individuellen Eigenverantwortung und damit auch der Nachfrageorientierung ist darauf ausgerichtet, dass die oder der

Einzelne mit dem offenen Prozess umzugehen lernt und die damit verbundenen Unsicherheiten bewältigen kann.

In der beruflichen Weiterbildung besteht aus der Sicht der potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein besonderer Handlungsbedarf hinsichtlich der Qualität der Angebote.

Ein umfassendes System der Qualitätssicherung der Weiterbildung existiert jedoch in Berlin und auch bundesweit noch nicht. Ein Baustein zur Schaffung eines solchen Qualitätssicherungssystems und damit zur Stärkung des Verbraucherschutzes können Bildungstests, also unabhängige vergleichende Tests von Weiterbildungsangeboten und ­anbietern, sein.

Einheitliche Qualitätsmaßstäbe in Bezug auf Dauer und curriculare Gestaltung der Maßnahmen, Anwendung moderner, erwachsenengerechter Lehrund Lernmethoden, die Qualifikation der Lehrkräfte und die technische Ausstattung der Einrichtungen garantieren dabei die Vergleichbarkeit der einzelnen Maßnahmen auch im Hinblick auf öffentliche Förderung.

Mit diesem Ziel führt z. Z. eine auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bei der Stiftung Warentest geschaffene Abteilung „Bildungstest" Tests von Bewerbungstrainings, arbeitsamtsgeförderten Langzeitkursen im kaufmännischen Bereich, Seminaren für Existenzgründerinnen und Existenzgründer, Kursen für Wirtschaftsenglisch und Tests bei Weiterbildungsdatenbanken durch. Nach der 12-monatigen Erprobungsphase ist die Einrichtung einer „Stiftung Bildungstest" vorgesehen.

Der Senat verfolgt diese Erprobungsphase aufmerksam und wird sich nach Vorliegen der Ergebnisse und nach Maßgabe der Möglichkeiten an der Einrichtung einer Stiftung Bildungstest beteiligen.

Die Einrichtung einer gesonderten Stiftung Bildungstest des Landes Berlin hält der Senat vor diesem Hintergrund nicht für erforderlich.

Vergleichende Bildungstests helfen, die Transparenz des Bildungsmarktes zu erhöhen. Sie können jedoch prozessorientierte Qualitätssicherungssysteme nicht ersetzen.

Bund (BMBF) und Länder haben sich deshalb auf die Durchführung eines Verbundprojekts verständigt, das die Einführung eines bundeseinheitlichen Qualitätstestats für Weiterbildungseinrichtungen zum Ziel hat.

Das Projekt wurde am 01.05.2002 gestartet.

Nach einer Vorphase, in der die bestehenden Qualitätssicherungsmodelle in Deutschland, dem benachbarten Ausland und auf EU-Ebene einer Prüfung unterzogen werden, wird ein Referenzmodell erarbeitet. Die Umsetzung des Referenzmodells in einer anschließenden Durchführungsphase ist in Aussicht gestellt. Endgültig werden Bund und Länder in der

Bund-Länder-Kommission nach Beendigung der Prüfphase (im ersten Quartal 2003) entscheiden.

Erstmalig wollen Bund und Länder hiermit gemeinsam auf die Etablierung eines nichtstaatlichen, bundesweit akzeptierten, auf Organisationsentwicklung ausgerichteten Testierungsverfahrens von Weiterbildungseinrichtungen setzen. Finanziert wird das dreieinhalbjährige Projekt aus Mitteln des Bundes. Die in der Erprobungsphase beteiligten Einrichtungen werden einen Eigenanteil beizutragen haben. Eine Abfrage der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport unter Berliner Weiterbildungseinrichtungen zeigte ein hohes, trägerübergreifendes Interesse an einer solchen Qualitätsagentur.

In der Erprobungsphase beabsichtigt der Senat die Errichtung einer regionalen Qualitätsagentur zur Testierung von Weiterbildungseinrichtungen, die der Bund im Rahmen des Modellvorhabens finanziert.

Z. Z. laufen Verhandlungen mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg mit dem Ziel, die Aufnahme der Tätigkeit einer solchen Qualitätsagentur für den Herbst 2003 an einem berlinnahen Standort zu sichern. Gleichzeitig werden in diese Verhandlungen in Abstimmung mit dem LAA BB die Möglichkeiten und Erfordernisse der Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bildungsträger und Maßnahmen (§§ 84 und 85 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) einbezogen.

Zu 3.: Angesichts des Strukturwandels in der Berliner Wirtschaft von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungs-, Informations- und Kommunikationsgesellschaft legt der Senat einen besonderen Schwerpunkt auf die zielgerichtete Förderung von Frauen und Mädchen in den Informations-, Telekommunikations- und Medienberufen.

Die Förderung wird auf drei Ebenen ­ Qualifikation, Information und Motivation ­ umgesetzt.

Grundlage der Förderung bildet der Bericht „FIT", der 1999 vom Senat beschlossen wurde.

Die durchgeführten und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten zielen darauf, das Berufswahlverhalten von Mädchen und jungen Frauen zu erweitern und ihre Erwerbsbeteiligung an IT-Berufen zu erhöhen sowie ihre Zugangs-, Aufstiegs- und Einkommenschancen in den Berufen der Informations- und Kommunikationswelt zu verbessern.

Qualifizierungsmaßnahmen

Im Zeitraum 2002/2003 wurden bzw. werden folgende innovative und modellhafte Qualifizierungsund Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der IuKTechnologie durchgeführt: Verein zur Förderung von Frauen in der Informationsgesellschaft (VFI) FrauenComputerZentrum: 372 220 Euro Goldrausch Berlin e. V. art IT (vormals Künstlerinnenfortbildung) 201 450 Euro Wirkstoff e. V. DV-Anwendung in der kaufmännischen Sachbearbeitung 150 000 Euro tech teachers e. V. Kompakt-Computerkurse 13 350 Euro idee_it ­ Ausbildungsprojekt für Mädchen und junge Frauen in IT- und Medienberufen idee_it ist ein bundesweites private-publicpartnership Projekt, das im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und in Kooperation mit der Initiative D 21, mit Kammern, Fachverbänden sowie Einzelpartnerinnen und Einzelpartnern mit dem Ziel durchgeführt wird, den Anteil von Frauen an IT-Ausbildungen signifikant zu erhöhen.

Zur Umsetzung des Projekts im Land Berlin wurde im Jahr 2001 ein Arbeitskreis für die regionale Initiative idee_it Berlin-Brandenburg gebildet, in dem die zuständigen Fachabteilungen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen mitarbeiteten und sich intensiv an der Initiierung, Konzeption und Durchführung von zwei Veranstaltungen beteiligten.

Die idee_it Auftaktveranstaltung Berlin-Brandenburg „IT-Berufe für dich!" fand am 28. Januar 2002 im Ludwig-Erhard-Haus statt. Mit dieser Berufsfindungsveranstaltung wurden Mädchen und junge Frauen in der Berufsorientierungsphase ermutigt, sich für die IT-Berufe zu interessieren und diese in ihre Berufswahl einzubeziehen.

Die Folgeveranstaltung der Berlin-Brandenburger Informations- und Erlebnistag für Mädchen und Frauen zu Chancen, Berufen und Perspektiven in der Informationsgesellschaft „Chance IT Beruf" fand am 1. Juli 2002 im Museum für Kommunikation statt.

Mit einem vielseitigen Programm an Informationen und Aktionen wurde demonstriert, wie die neuen Informations- und Kommunikationstechniken Berufe, Arbeitsweisen und Alltagserfahrungen verändern.