Tarifverträge

Zumindest für den Fall, dass theatereigene Handwerksbetriebe ausgegliedert und mit der Erbringung ihrer Leistungen jeweils entgeltlich beauftragt worden sind, kann dies ein deutliches Einsparungspotential bedeuten. Hieraus zu folgern, der durch eine Überführung von Bühnen aus der unmittelbaren öffentlich-rechtlichen in eine mittelbare Trägerschaft möglich werdende Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung sei generell vorteilhaft, wäre gleichwohl verfrüht. Ob durch die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs spürbare Einsparungen zu erreichen sind, hängt von dem Umfang der extern zu vergebenden Aufträge ab, ist also nur am Einzelfall zu entscheiden.

Für den Fall, dass die Rechtsformänderung nach dem UmwG vollzogen wird, sind die Steuertatbestände des Umwandlungssteuerrechts zu berücksichtigen; dies kann erst am konkreten Einzelfall geprüft werden.

Soll nicht nur das Inventar, sondern auch die Spielstätte auf die GmbH übertragen werden, fällt für die Übereignung der Immobilie Grunderwerbssteuer an.

b) Anstalt des Öffentlichen Rechts und

c) Stiftung des öffentlichen Rechts

aa) Körperschaftssteuer

Hinsichtlich von in öffentlich-rechtlicher Rechtsform geführten Betrieben stellt das Körperschaftssteuerrecht für die Frage der Steuerpflicht darauf ab, ob ein sog. Betrieb gewerblicher Art vorliegt. Das ist bereits dann der Fall, wenn ein Betrieb aufgrund nachhaltiger wirtschaftlicher Betätigung nicht nur unbeträchtliche Einnahmen erwirtschaftet und insofern das äußere Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes abgibt. Eine Gewinnerzielungsabsicht oder gar ein tatsächliches Erwirtschaften von Gewinnen ist nicht erforderlich. Ein Bühnenbetrieb würde danach als Betrieb gewerblicher Art eingestuft und wäre somit eigentlich körperschaftssteuerpflichtig. Angesichts seiner gemeinnützigen Zielsetzung ergäben sich aber die im Rahmen der GmbH aufgeführten Befreiungsmöglichkeiten.

bb) Gewerbesteuer

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind Anstalten und Stiftungen nur insoweit gewerbesteuerpflichtig, als sie einen Gewerbebetrieb unterhalten, § 2 Abs. 1 GewStG; gleiches gilt für selbständige Tochterunternehmen, § 2 Abs. 1 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV).

cc) Umsatzsteuer Rechtsfähige Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich steuerfrei.

12. personal- bzw. tarifrechtliche Probleme; tarifliche Handlungsfähigkeit

a) GmbH

Formal schreibt § 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG vor, dass die Folgen der Spaltung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen im Spaltungsplan enthalten sein müssen.

Gem. § 324 UmwG bleiben bei der Spaltung eines Unternehmens § 613 a I und IV BGB unberührt. Daher sind die wesentlichen Rechtsgrundsätze der Betriebsnachfolge i.S.d. § 613 a BGB anzuwenden.

§ 613 a I BGB bestimmt, dass der neue Betriebsinhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt.

Damit gehen die Arbeitsverhältnisse auf die GmbH als neuen Rechtsträger über.

Den Arbeitnehmern steht nach überwiegender Ansicht gem. § 324 UmwG in Verbindung mit § 613a Abs. 1 BGB ein Widerspruchsrecht zu gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber. Die Angabe von Gründen ist nicht erforderlich. Widerspricht ein Arbeitnehmer, so verbleibt sein Arbeitsverhältnis beim Land Berlin; dort ist ihm ein passender Arbeitsplatz anzubieten ­ oder aber er wird im Wege eines Gestellungsvertrages an die neue GmbH „ausgeliehen".

Eine betriebsbedingte Kündigung des alten Arbeitgebers, also des Landes Berlin, gegenüber dem widersprechenden Arbeitnehmer kommt lediglich dann in Betracht, wenn das Land nachweisen kann, dass der Arbeitnehmer nicht mehr anderweitig zu beschäftigen ist.

Dieser Nachweis dürfte schwerlich zu erbringen sein; allenfalls, wenn sämtliche Theaterbetriebe zeitgleich privatisiert würden, könnte dies der Fall sein.

Eine Kündigung von Arbeitsverhältnissen durch den bisherigen oder den neuen Arbeitgeber allein wegen des Betriebsübergangs ist gemäß § 613 a Abs. 4 S. 1 i.V. mit § 324 UmwG unwirksam.

Für Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen, besteht ein zusätzlicher Kündigungsschutz gemäß § 323 Abs. 1 UmwG, wonach sich die kündigungsrechtliche Situation eines Arbeitnehmers für die Dauer von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Übertragung des Betriebes nicht verschlechtern darf.

Tarifrechtliche Probleme:

In den Berliner Bühnen gelten zur Zeit verschiedene Tarifverträge; für das nichtkünstlerische Personal finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, also der BAT und der BMTG, Anwendung, für das künstlerische Personal gelten die Tarifverträge, die der Deutsche Bühnenverein (DBV) mit den Künstlergewerkschaften abgeschlossen hat.

Die neugegründete GmbH ist theoretisch zunächst einmal von sämtlichen tariflichen Bindungen frei, solange sie nicht selbst einer Arbeitgeberorganisation beitritt. Dies gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberverbände. Selbst bei einer Gesamtrechtsnachfolge - die bei einer Ausgliederung nach UmwG vorläge - geht die Verbandszugehörigkeit nicht automatisch mit über; dies widerspräche der negativen Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG.

Problematisch ist insofern die Satzung des DBV, die in § 10 bestimmt, dass die Unternehmermitgliedschaft im Falle der Gesamtrechtsfolge unberührt bleibt.

Unternehmermitglied ist zur Zeit das Land Berlin für die Theater, die es als Gebietskörperschaft betreibt (Regiebetriebe), § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung; bei einer Gesamtrechtsnachfolge würde die Theater-GmbH selbst Unternehmermitglied gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung, der vorsieht, dass juristische Personen des Privatrechts, die Theater betreiben, Unternehmermitglieder sind, wenn Gesellschafter bzw. Mitglieder überwiegend Gebietskörperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind ­ damit bliebe eine Tarifbindung bei den DBV-Tarifverträgen trotz Umwandlung bestehen.

Vor dem Hintergrund der negativen Koalitionsfreiheit erscheint die DBV-Satzung rechtlich problematisch; man kann ihr jedoch zugute halten, dass die Erstreckung der Verbandsmitgliedschaft auf den Rechtsnachfolger nur für die Fälle vorgesehen ist, in denen die öffentliche Hand die Mehrheit auch an der privatisierten Bühne behält; insofern durfte sie sich im Vorhinein selbst vertraglich binden, auch bei einer formellen Privatisierung Mitglied zu bleiben.

Eine Kündigung der DBV-Mitgliedschaft ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende möglich.

Damit binden die über die DBV abgeschlossenen Verträge auch eine privatrechtliche GmbH, solange diese nicht aus dem DBV austritt; sollte ein Austritt stattfinden, so wirken die Verträge bis zum Ablauf der Geltung des Tarifvertrages nach.

Eventuell bestehende Haus- bzw. Firmentarifverträge gehen auf die neue GmbH über; die herrschende Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur sieht hier die negative Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigt, da bei Haustarifverträgen nicht die Person des Arbeitgebers, sondern vielmehr der Betriebs- und Arbeitsplatzbezug im Vordergrund stehe. Das Problem wurde in der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Die Verträge dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden, § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB.

Hinsichtlich der Weitergeltung der BAT- bzw. sonstigen öffentlich-rechtlichen Tarifregelungen gilt für die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer folgendes:

Der privatisierte Rechtsträger tritt in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Er schuldet neben der bisherigen Vergütung auch die Nebenleistungen, wie Sonderzuwendungen, Beihilfen oder betriebliche Zusatzversorgungen. Hinsichtlich der Zusatzversorgungsansprüche ist festzuhalten, dass nach der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) die weitere Mitgliedschaft eines privatisierten Unternehmens davon abhängig ist, dass sich das Unternehmen mehrheitlich in der Rechtsinhaberschaft der öffentlichen Hand befindet ­ dies ist bei einer Ausgliederung zur Neugründung unproblematisch, da hier das Land Berlin gemäß § 168 i.V. mit §123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG sämtliche Geschäftsanteile erhält.

Probleme entstehen erst, wenn diese Mehrheit an private Rechtsträger abgegeben werden soll.