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66 Verfassungsschutzbericht Berlin 2002 am 27. November bestätigt.

Die nicht-gewaltorientierte „Islamische Gemeinschaft Milli Görü" (IGMG) folgt der von Necmettin ERBAKAN entwickelten islamistischen Ideologie der „gerechten Ordnung" (Adil Düzen). Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Spaltung seiner Anhängerschaft in der Türkei und der Sieg der die Reformkräfte repräsentierenden „Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei" (AKP) bei den türkischen Parlamentswahlen am 3. November auf die hiesige IGMG auswirken.

· Türkische linksextremistische Organisationen: DHKP-C, TKP / ML und MLKP

Bei den türkischen linksextremistischen Organisationen haben die Aktivitäten zugenommen, während man bei der Wahl der Aktionsformen gegenwärtig eher unspektakuläre Aktionen wie zum Beispiel Informationsstände und Demonstrationen bevorzugt. Den Agitationsschwerpunkt bilden weiterhin Solidaritätsaktionen für Gesinnungsgenossen im Hungerstreik, die gegen die Gefängnisreform in der Türkei protestieren. Zu den gemeinsamen Aktionsfeldern der „Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C), der „Türkischen Kommunistischen Partei / Marxisten-Leninisten" (TKP / ML) und der türkischen „Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei" (MLKP) gehört jedoch auch antiamerikanische Propaganda. „Arabische Mujahidin" in Deutschland

Zum Netzwerk „Arabischer Mujahidin" gehören Kleingruppen und Einzelpersonen aus Organisationen wie der "Al-Qaida" und anderen islamistischen Terrorgruppen sowie den so genannten „non-aligned Mujahidin", die keiner bestimmten Organisation zuzurechnen sind. Diese Netzwerke verfügen über eine entwickelte Infrastruktur zur Versorgung mit Geld und zur Beschaffung von gefälschten Papieren und Kommunikationsmitteln. Sie versuchen, vor allem junge Muslime ideologisch zu schulen und sie für terroristische Aktionen oder deren logistische Unterstützung anzuwerben. BVerwG 6 A 1.02, 6 A 3.02 und 6 A 9.

Agitation Rekrutierung von Mujahidin Aktuelle Entwicklungen in den Beobachtungsfeldern 67

Nicht erst im Zuge der Ermittlungen zu den Attentätern des 11. September wurde deutlich, dass die Verbindungen „Arabischer Mujahidin" bis nach Deutschland reichen. Bereits im Dezember 2000 waren vier Personen in Frankfurt/Main festgenommen worden, die derzeit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt vor Gericht stehen. Ihnen wird vorgeworfen, einen Anschlag in Straßburg vorbereitet zu haben („Meliani-Gruppe").

Wurde bis dahin davon ausgegangen, dass Deutschland nur als Rückzugs- und Ruheraum genutzt wird, ließen die in der Folgezeit im gesamten Bundesgebiet und in anderen europäischen Ländern durchgeführten Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen erkennen, dass aktive Netzwerke der „Mujahidin" weiterhin bestehen und Anschläge auch auf Ziele in Europa vorbereitet wurden. Ermittlungsergebnisse des Bundeskriminalamtes (BKA) zu den Terroranschlägen vom 11. September belegen, dass die „Al-Qaida" und die Netzwerke „Arabischer Mujahidin" auch in der Bundesrepublik Deutschland über ein Anhängerpotenzial verfügen, das für Terroranschläge rekrutiert werden kann. Die Festnahmen haben zwar das Potenzial des islamistischen Terrorismus geschwächt, nicht jedoch zu dessen Zerschlagung geführt.

Erster Prozess zu den Anschlägen vom 11. September 2001

Zu den frühen Ermittlungserfolgen des BKA zählt die Festnahme des marokkanischen Staatsangehörigen Mounir EL MOTASSADEQ am 27. November 2001, gegen den fast ein Jahr später, am 22. Oktober 2002, vor dem 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg der Prozess eröffnet wurde. In dem weltweit ersten Verfahren gegen Attentäter des 11. September wurde EL MOTASSADEQ des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beihilfe zum Mord in über 3 000 Fällen angeklagt.

EL MOTASSADEQ wird beschuldigt, als „Statthalter" der Hamburger Gruppe um Muhammad ATTA an den Planungen der Anschläge des 11. er bestreitet jedoch eine Beteiligung an der Vorbereitung der Anschläge in den USA.

Weitere Festnahmen im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001

Am ersten Jahrestag der Anschläge vom 11. September wurde in Pakistan der jemenitische Staatsangehörige Ramzi BINALSHIBH festgenommen und den amerikanischen Behörden überstellt. BINALSHIBH gilt als Organisator und „Bankier" der Hamburger Gruppe um Muhammad ATTA und war vermutlich dessen engster Vertrauter. Die Ermittler vermuten zudem, dass BINALSHIBH als weiterer Pilot der Anschläge des 11. September vorgesehen war, das Vorhaben aber nur daran gescheitert war, dass er kein Visum für die USA erhalten hatte.

Am 10. Oktober wurde in Hamburg der marokkanische Staatsangehörige Abdelghani MZOUDI wegen des dringenden Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, die Hamburger Zelle um Mohammed ATTA unterstützt zu haben. MZOUDI, der zusammen mit anderen Mitgliedern der Hamburger Gruppe im Sommer 2000 in afghanischen Ausbildungslagern war, unterhielt nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft über lange Jahre enge Beziehungen zu sämtlichen Angehörigen der Hamburger Gruppe, vor allem zu dem mit internationalem Haftbefehl gesuchten „Ersatzpiloten" Zakariya ESSABAR und zu dem vor dem OLG Hamburg angeklagten Mounir EL MOTASSADEQ. Der Beschuldigte soll die Anschlagsvorbereitungen logistisch unterstützt haben.

Nachtrag: Am 19. Februar 2003 wurde El Motassadeq vom OLG Hamburg u. a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 3 000 Fällen zur Höchststrafe von 15 Jahren Haft verurteilt.

Festnahme BINALSHIBH Festnahme MZOUDI