Wohlfahrt

Nach Auffassung der Ad-hoc-AG Sofortmaßnahmen ist die motivationsfördernde Arbeit mit den jungen Menschen originärer Bestandteil der sozialpädagogischen Aufgabe des Trägers und sollte nicht weiter durch zusätzliche Geldleistungen an den Jugendlichen/jungen Erwachsenen erfolgen. In der Ad-hoc-AG wurde daher einstimmig für eine Reduzierung der Leistungen zum Unterhalt auf den einfachen Regelsatz im Betreuten Jugendwohnen votiert.

Die Änderung der Ausführungsvorschriften für Betreutes Jugendwohnen ist zum 01.01.2003 wirksam geworden. Sie besagt, dass für junge Menschen, die eine Schule im Vollzeitunterricht oder eine weiterführende Schule besuchen bzw. sich in Berufsausbildung oder in einem Arbeitsverhältnis befinden oder an Beschäftigungs- bzw. Vorbereitungskursen einschließlich des Nachholens schulischer Abschlüsse teilnehmen, die Leistung zum Unterhalt das Einfache des Regelsatzes nach dem BSHG für Haushaltsangehörige der Altersgruppe „vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" beträgt. Darüber hinaus soll bei jungen Menschen, die sich konstant weigern, einer Ausbildung nachzugehen bzw. sich um eine solche zu bemühen, künftig stärker als bisher im Rahmen der Hilfeplanfortschreibung zu prüfen sein, ob die Hilfe in der bestehenden Form weitergeführt, abgeändert oder in angemessener Zeit zu einem Abschluss gebracht werden sollte.12.2003 außer Kraft. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat in Abstimmung mit den Bezirken alle vorhandenen Vorschriften auf ihre Regelungsinhalte und Regelungsnotwendigkeiten sowie auf eventuell vorhandene Leistungs- und Ausstattungsvorsprünge (gegenüber anderen Leistungsbereichen/Ländern) und auf die Möglichkeit eines vorfristigen Außerkrafttretens überprüft.

Zum 01.01.2003 wurden,

· die AV Erziehungshilfe allgemein (AVErzH-allg.),

· die AV zur Sozialen Gruppenarbeit (AVSG),

· die AV zum Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer (AV-EBst),

· die AV zur Sozialpädagogischen Familienhilfe (AV-SPFH),

· die Ausführungsvorschrift zur Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung (AVISE) und

· die AV zu Tagesgruppen (AV-Tgr) sowie

· die AV zur ambulanten psychologischen Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (Psychotherapieambulant) außer Kraft gesetzt.

· Die AV zum Betreuten Jugendwohnen (AV-BJW) wurde zum 01.01.2003 mit dem Ziel der Absenkung der Leistung zum Lebensunterhalt auf das Einfache des Regelsatzes nach dem BSHG für Haushaltsangehörige in der Altersgruppe, „vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" geändert.

· In einem zweiten Schritt soll die AV-BJW zeitgleich mit der Inkraftsetzung einer neuen Ausführungsvorschrift zu allen gesetzlich vorgeschriebenen Annexleistungen nach § 39 SGB VIII (Lebensunterhaltsleistungen, Kosten der Unterkunft, Bekleidungsersatzpauschale, Taschengeld, Reisezuschuss) dann endgültig außer Kraft gesetzt werden. Dabei werden nur noch die Kostenbestandteile berücksichtigt, die nicht (weil nicht regelhaft) in die Kostensätze ab 01.01.2003 eingerechnet werden. Es ist dazu ein berlinweit verbindlicher Katalog zu den so genannten „Nebenkosten" erarbeitet worden, der die Leistungen der Höhe nach bestimmt und sich an den diesbezüglichen Ausgaben in anderen Bundesländern orientiert bzw. BSHG-analoge Regelungen zur Grundlage hat.

· Die AV Vollzeitpflege und die AV Familienpflegegeldvorschriften (AV-FPGV), die das Erziehungsgeld und Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege/Familienpflege regelt, wird mit dem Ziel des weiteren Ausbaus dieser Hilfeart voraussichtlich Mitte 2003 neu gefasst. Die mit den Bezir10 ken abgestimmten Entwürfe liegen vor. Der spezielle Katalog zu Unterhalt und Beihilfen im Bereich der Vollzeitpflege wird durch den insgesamt geltenden Nebenkostenkatalog (siehe oben) ersetzt.

· Die Ausführungsvorschrift zur Erziehungsund Familienberatung (AV-EFB), die nur Gültigkeit für die bezirklichen EFB hat, soll fortbestehen und ggf. nach Auswertung der Erprobungsphase im Hinblick auf die vertraglichen Regelungen zu Erziehungs- und Familienberatungsstellen in freier Trägerschaft überarbeitet werden.

· Die Ausführungsvorschrift zur Kostenheranziehung (AV-KH) muss ebenfalls fortbestehen und wird nach Abstimmung mit den Bezirken ggf. modifiziert werden.

Verhandlungen mit freien Trägern/Absenkung der Entgelte

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hatte bereits im Juni 2002 einen Beschlussentwurf in die Kostensatzkommission für den Jugendhilfebereich (KSK) eingebracht, mit dem die dauerhafte lineare Absenkung der Entgelte sowie ein Verzicht auf die jährliche Preisanpassung angestrebt wurde. Damit sollten die Bemühungen der Jugendämter, durch die geschilderten Sofortmaßnahmen Einfluss auf die Fallzahlenentwicklung zu nehmen, durch Maßnahmen zur Preisregulierung unterstützt werden.

Die Verbandsvertreter haben jedoch eine Beratung dieses Beschlussvorschlages in der KSK abgelehnt (auf der Grundlage der Kostensatzrahmenvereinbarung (KSRV) ist die KSK ein partnerschaftliches Gremium der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe, das dem Einstimmigkeitsprinzip verpflichtet ist.) Stattdessen hat die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege dem Senat Verhandlungen über Strukturanpassungen in der Jugendhilfe angeboten. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat mit Beteiligung der Bezirke diese Verhandlungen aufgenommen, da sie sich davon auch eine unmittelbare kostensenkende Wirkung auf die laufenden Trägerverträge versprochen hat, die mit einer Kündigung der KSRV nicht verbunden wäre (die vereinbarten Entgelte laufen dann solange weiter, wie Leistungen für Kinder und Jugendliche erbracht werden und bis eine neue Vereinbarung getroffen werden konnte). Die Liga-Vertreter haben gebeten, folgende Erklärung auch in die parlamentarische Berichterstattung aufzunehmen: „Für den Fall, dass die Solidarpaktverhandlungen oder die anstehenden Tarifverhandlungen für den Geltungszeitraum des Doppelhaushaltes 2002/2003 des Landes Berlin dazu führen, dass bei den Arbeitern und Angestellten des Öffentlichen Dienstes im Vergleich zu den Arbeitern und Angestellten in den alten Bundesländern Absenkungen der Löhne und Gehälter vorgenommen oder die regelmäßigen Arbeitszeiten erhöht werden, ist die Liga bereit, sich bereits jetzt zu verpflichten, diese Regelungen in ihrer kostensenkenden Wirkung voll bei der Kalkulation der Entgelte und in den Entgeltvereinbarungen zu berücksichtigen: und zwar unabhängig vom Ergebnis der eigenen Tarifverhandlungen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Senat diese Kostenreduzierungen auf die Einsparungen anrechnet, die er im Vertragsbereich mit der Liga vereinbaren will.

Hier hat der Senat den Betrag von 30 Mio genannt.

Dieses Angebot hat dann keinen Bestand, wenn der Senat zur zeitnahen Unterzeichnung einer derartigen Vereinbarung nicht bereit ist."

Nachdem die Bezirksvertreter in der KSK von einem weiteren KSK-Beschluss im November 2002 zurückgetreten sind, da sie höhere und nachhaltig wirkende Absenkungen anstreben, sind die Verhandlungen mit der Liga unter Beteiligung der Vereinigung der privaten Leistungserbringer und der Bezirke zügig fortgesetzt worden. Ergebnisse der „Verhandlungskommission Erzieherische Hilfen", die den Erwartungen beider Vertragspartner an Planungssicherheit bei gleichzeitiger Preisregulierung entsprechen, werden im April 2003 erwartet.

Arbeitspaket 5: § 26 BSHG ­ Sonderregelung für Auszubildende i. V. mit HzE

Zum Stichtag 31.12.2001 lebten rund 1 450 Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren und etwa 1 590 junge Menschen im Alter von 18 bis 27 Jahren in Heimgruppen/Betreuten Wohnformen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach § 34 SGB VIII. Die Jugendämter schätzen, dass ca. 5 % der jungen Volljährigen aus den Einrichtungen entlassen werden könnten, da bei ihnen mittlerweile kein weiterer Bedarf an Hilfen zur Erziehung besteht. Der Verselbstständigung steht jedoch in vielen Fällen die auf dem Hintergrund des § 26 BSHG erteilte Ablehnung einer ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt durch das Sozialamt entgegen. Laut § 26 BSHG haben Auszubildende, deren Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Wenn Ausbildungsförderung und andere Unterstützungsquellen jedoch nicht ausreichen, um eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen, verbleiben die betroffenen jungen Menschen dadurch zwangsläufig in den kostenintensiven Hilfen zur Erziehung.

In der AdhocAG wurde der Vorschlag entwickelt, bei dem bestimmte Fallkonstellationen die in § 26 Abs.1 Satz 2 BSHG vorgesehene Härtefallregelung anzuwenden. Dies würde zwar beim Sozialhilfeträger zu Mehrausgaben führen, für den Gesamthaushalt jedoch eine Ersparnis von etwa 1 Mio jährlich bedeuten.

Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hält eine generalisierende Lösung auf der Grundlage des § 26 BSHG für unvereinbar mit dem Gesetz. Sie vertritt in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum die Rechtsauffassung, dass ein besonderer Härtefall gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht allein deshalb vorliegen kann, weil es sich bei den Betroffenen um Auszubildende handelt, deren Ausbildung im Rahmen des BaföG oder SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist und die bis zum Beginn der Ausbildung Anspruch auf Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII haben.

Das Erfordernis der Einzelfallprüfung, deren Ergebnis durchaus zur Anwendung der Härtefallregelung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG führen kann, bleibt hiervon unberührt.

Arbeitspaket 6: Auswärtige Unterbringungen

Zum Stichtag 31.12.2001 waren 1 195 Kinder und Jugendliche außerhalb von Berlin-Brandenburg untergebracht. Dies bedeutet, dass im Mittel 12,6 % der stationäre Hilfen zur Erziehung außerhalb von Berlin und Brandenburg erfolgen. In einzelnen Bezirken liegt die Zahl von auswärtigen Unterbringungen deutlich höher bis zu einem Prozentsatz von 16,5 %. Unabhängig von fachlichen Argumenten (Milieuferne) wird die auswärtige Unterbringung mit geringeren Kosten begründet. Um diese Annahme zu überprüfen haben acht Jugendämter ihre auswärtigen Unterbringungen nach Bundesländern, Leistungsangeboten und Kosten aufgeschlüsselt, so dass eine ausreichend verlässliche Einschätzung möglich wurde.

Nach Gegenüberstellung der Leistungsangebote von Berliner und auswärtigen Trägern ist festzustellen, dass die Kosten für in etwa vergleichbare Leistungen sowohl in Berlin als auch in anderen Bundesländern eine erhebliche Bandbreite aufweisen und sowohl kostengünstige als auch kostenintensive Angebote beinhalten, so dass das Finanzargument nicht überzeugt. Aus Berichten der Bezirke kann ferner geschlossen werden, dass der finanzielle Aspekt nicht von ausschlaggebender Bedeutung für die Entscheidung einer Unterbringung außerhalb von Berlin und Brandenburg ist. Abgesehen von den fachlich berechtigten Fällen, bei denen Milieuferne erforderlich ist, werden als Begründung für diese Berlinfernen Entscheidungen fehlende adäquate Angebote für spezifische Problemstellungen benannt. Diese Feststellung bezieht sich vor allem auf den Bereich der geeigneten Beschulung sowie auf schwere Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen.

Im Rahmen der Trägerberatung sowie in den laufenden Arbeitsberatungen mit den Bezirken wird das Landesjugendamt den o. g. Bedarf genauer analysieren und ggf. Hinweise für eine bedarfsgerechte Angebotsentwicklung geben.

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport will durch das Rundschreiben Jug Nr. 3/2002 „Fachliche Steuerung im Bereich Hilfen zur Erziehung" u. a. darauf hinwirken, dass die Zahl der auswärtigen Unterbringungen auf das fachlich unabweisbare Maß dauerhaft reduziert wird. Bei gebotener Milieuferne (Indikation für eine auswärtige Unterbringung), sollen zukünftig vorrangig Brandenburger Einrichtungen belegt werden. Ziel ist die Erhaltung einer Rückkehroption in geeigneten Fällen sowie die stärkere Nutzung örtlicher Träger. Damit soll erreicht werden, dass Berliner Mittel auch in der Region verausgabt werden.

Arbeitspaket 7: Unterjähriges Berichtswesen

Auf Initiative der Bezirke unter Federführung der AG Steuerung (Pilotprojekt „Qualifizierung der Entscheidungsprozesse im Jugendamt") in Verbindung mit der Ad-hoc-AG „Sofortmaßnahmen" wurde nach einer für alle Bezirke schnell umsetzbaren Möglichkeit zur Erreichung einer unterjährigen Ausgabentransparenz gesucht, um die Wirksamkeit der Umsetzung der Sofortmaßnahmen überprüfen zu können. Das im Bezirksamt Neukölln entwickelte Modell der Auswertung in Form von Excel-Tabellen wurde als praktikable Variante (in Hinblick auf die gesamtstädtische Übertragbarkeit) erachtet. Auf dieser Grundlage ist die vorliegende Version für den Einsatz in allen Bezirken angepasst worden. Die PCVersion der Hilfeplanstatistik (HzE) ist um diesen Zusatz, den die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport programmiert hat, ergänzt worden.

Alle Bezirke haben mittlerweile Ansprechpartner gegenüber der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport benannt, die die Bezirke bei der Installation dieses Zusatzmoduls unterstützt. In der AG Berliner Öffentliche Jugendhilfe (AG BÖJ) ist die Installation und Anwendung des unterjährigen Berichtswesens verbindlich beschlossen worden.

Mit der Senatsverwaltung für Finanzen und den Bezirken ist ferner vereinbart worden.