Durch unsere Nachfrage beim Polizeipräsidenten in Berlin wurde die fehlerhafte Bearbeitungsweise in der Akte bemerkt

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats eines ganzen Tages unter Angabe der Kfz-Kennzeichen der betroffenen Fahrzeuge dokumentiert.

In der Sammelanzeige waren nicht nur die Daten der Beschuldigten aufgeführt. Das Formblatt enthielt auch personenbezogene Daten weiterer Kfz-Halter, die nicht mit dem gegen die Beschuldigte geführten Bußgeldverfahren in Verbindung standen. Diese Daten waren für die Ermittlungen gegen die Beschuldigte nicht erforderlich; ihre Speicherung in der Ermittlungsakte zur Beschuldigten war unzulässig.

Durch unsere Nachfrage beim Polizeipräsidenten in Berlin wurde die fehlerhafte Bearbeitungsweise in der Akte bemerkt. In einer Dienstbesprechung wurde die Problematik dieses Falles aufgegriffen und alle MitarbeiterInnen wurden auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen hingewiesen. Es wurde zugesagt, dass ab sofort die nicht erforderlichen Daten bei Kennzeichenanzeigen unkenntlich gemacht werden.

Wir gehen davon aus, dass dies ­ entsprechend unserer Empfehlung ­ nachträglich auch in dem von uns überprüften Einzelfall geschehen ist.

Die nicht erforderlichen Daten in dem betreffenden Vorgang wurden unkenntlich gemacht.

Die (vergessene) Halterauskunft

Ein früherer Mitarbeiter einer Krankenkasse beschwerte sich darüber, dass das Landes-einwohneramt Berlin seinem ehemaligen Arbeitgeber bzw. dessen Rechtsvertreter Auskünfte aus dem Fahrzeugregister zu seiner Person bzw. zur Person seiner Ehefrau erteilt habe.

Die Kfz-Akten sind beim Landeseinwohneramt Berlin

­ Referat Kraftfahrzeugzulassung ­ auf Mikrofilmen abgelegt. Bei Bedarf ­ z. B. für eine Halterauskunft oder eine datenschutzrechtliche Überprüfung ­ werden die verfilmten Unterlagen und Dokumente ausgedruckt und zu einem (Loseblatt-)Vorgang zusammengeführt.

In dem uns zur Prüfung vorgelegten Vorgang waren zwei Auskunftsvorgänge des Landeseinwohneramtes an den ehemaligen Arbeitgeber bzw. an den von diesem beauftragten Rechtsanwalt dokumentiert. Die Antragsteller hatten ­ unter Beifügung der Kopie einer vollstreckbaren Ausfertigung eines gegen den Petenten gerichteten Urteils des Arbeitsgerichtes Berlin ­ Auskunft darüber beantragt, ob der Petent bzw. dessen Ehefrau als Halter von Kraftfahrzeugen im Fahrzeugregister eingetragen sind. Die Auskunft wurde den Antragstellern ­ gestützt auf § 39 Abs. 3 Nr. 1 a StVG

­ erteilt.

Die Mikrofilm-Recherche ergab, dass die uns zur Prüfung vorgelegten (Papier-)Unterlagen unvollständig waren. Auf den Mikrofilmen war ­ neben den zwei bekannten Auskunftsvorgängen ­ ein weiterer Auskunftsvorgang dokumentiert, bei dem dem Rechtsbeistand des ehemaligen Arbeitgebers des Petenten ­ auf dessen erneute Anfrage ­ weitere Fahrzeugdaten mitgeteilt worden waren. Zur Erklärung dieses Umstandes

Im Rahmen der Wiederherstellung von auf Mikrofilm archivierten Halterauskünften zum Zweck der Akteneinsicht durch den Fahrzeughalter wurde eine Auskunft im Inhaltsverzeichnis der „Recherche Mikrofilm" im örtlichen Fahrzeugregister übersehen. Es handelt sich um einen individuellen Fehler, nicht um einen Systemmangel. Bei der erfolgten Akteneinsicht ist dann festgestellt worden, dass die Halterauskunft gegenüber

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats verwies das Landeseinwohneramt darauf, dass es sich bei diesen Vorgängen um ein absolutes Massengeschäft handeln würde. Es sei zu vermuten, dass die weitere (vergessene) Auskunftserteilung bei der Auswertung des Mikrofilmes und der Zusammenstellung der Papierakte übersehen (Stichwort „menschliches Versagen") und nicht ausgedruckt worden sei. Die nachfolgenden Stellungnahmen ­ z. B. an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

­ seien in Unkenntnis des auf Mikrofilm abgelegten Dokumentes gefertigt worden. der anfragenden Innungskrankenkasse irrtümlich erfolgte. Der gerügte Fehler wurde mit den Betroffenen ausgewertet und war auch Bestandteil einer Dienstbesprechung der Zulassungsbehörde auf Führungsebene.

Nach § 39 Abs. 3 Nr. 1 a StVG dürfen Halter- und Fahrzeugdaten übermittelt werden, wenn der Empfänger glaubhaft macht, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung von nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang stehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüchen in Höhe von mindestens fünfhundert Euro benötigt. Das gegen den Petenten gerichtete Urteil des Arbeitsgerichtes Berlin hat keinen derartigen öffentlich-rechtlichen Anspruch des ehemaligen Arbeitgebers gegen den Petenten bzw. dessen Ehefrau begründet. Die Datenübermittlungen des Landeseinwohneramtes an den ehemaligen Arbeitgeber bzw. dessen Rechtsbeistand waren somit unzulässig.

Unabhängig davon sind technisch-organisatorische Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten während der Verarbeitung unversehrt, vollständig und aktuell bleiben (Integrität). Die fehlerhafte Auswertung der Mikrofilme und unvollständige Zusammenstellung der (Papier-)Unterlagen entsprachen diesen Vorgaben nicht.

Zur Vermeidung vergleichbarer Fälle in der Zukunft haben wir empfohlen, den Vorgang mit den zuständigen MitarbeiterInnen zu analysieren und diese auf die Einhaltung des Datenschutzes, insbesondere die Bedeutung der Datenintegrität, hinzuweisen.

Das (nicht) verjährte Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren

Ein Petent gab an, dass ihm eine Verkehrsordnungswidrigkeit zur Last gelegt werde. Obwohl die Tat bereits mehr als drei Monate zurückliegen würde, werde vom Polizeipräsidenten in Berlin gegen seine Person ermittelt. Insbesondere sei ihm angedroht worden, dass ein Abgleich mit den über seine Person im Personalausweisregister gespeicherten Daten vorgenommen würde, wenn er zu dem geladenen Termin nicht bei der Polizei erscheine.

Da es sich um ein Ordnungswidrigkeitenverfahren der Kreisstadt Herrenberg handelte, wurden die Ermittlungen zunächst von der dortigen Bußgeldstelle geführt.

Das Kennzeichen des Tatfahrzeuges war auf eine Autovermietung zugelassen. Diese benannte den Petenten als den Fahrzeugführer zur Tatzeit. Da der Petent auf den ihm von der Bußgeldstelle in Herrenberg übersand68

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats ten Anhörungsbogen nicht geantwortet hatte, wurde der gesamte Vorgang für weitere Ermittlungen an den für seinen Wohnort zuständigen Abschnitt des Polizeipräsidenten in Berlin abgegeben. Erst nachdem dem Petenten von dort ­ unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Daten-abgleiches mit dem Personalausweisregister ­ erneut Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden war und dieser schriftlich mitgeteilt hatte, dass er zum geladenen Termin unter keinen Umständen erscheinen würde, wurden die Lichtbilder aus dem Personalausweisregister angefordert und mit den Tatfotos verglichen.

Die Erforderlichkeit von Datenerhebungen zur Feststellung des verantwortlichen Fahrers ist dann nicht gegeben, wenn eine Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 26 Abs. 3 StVG drei Monate, solange weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben worden ist. Im Fall des Petenten war die dreimonatige Frist des § 26 Abs. 3 StVG bereits abgelaufen, als er vom Polizeipräsidenten in Berlin mit der Bitte, sich zu dem Vorwurf zu äußern, angeschrieben wurde. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG tritt jedoch eine Verjährungsunterbrechung ein, wenn dem Betroffenen bekannt gegeben worden ist, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren geführt wird. Eine derartige Bekanntgabe liegt vor, wenn dem Betroffenen ein Anhörungsbogen mit konkreten Angaben zur Person und zum Tatvorwurf übersandt wird.

Dem Petenten war bereits von der Bußgeldstelle der Kreisstadt Herrenberg ein derartiger Anhörungsbogen übersandt worden. Ihm war daher zu einem früheren Zeitpunkt ­ innerhalb der Verjährungsfrist ­ bereits bekannt, dass gegen seine Person ein Ermittlungsverfahren geführt wird. Da insofern keine Verfolgungsverjährung eingetreten war, war das Schreiben des Polizeipräsidenten in Berlin an den Petenten zur Feststellung des verantwortlichen Fahrers der Verkehrsordnungswidrigkeit erforderlich und nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ASOG zulässig.

Auch der Abgleich des Tatfotos mit Lichtbildern des Petenten aus dem Pass- bzw. Personalausweisregister war datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Personalausweis- bzw. Passbehörden dürfen Daten (z. B. Lichtbilder) aus dem Personalausweis- bzw. Passregister an andere Behörden übermitteln, wenn die Daten anders nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erhoben werden können (§ 2 b Nr. 3 Personalausweisgesetz bzw. § 22 Passgesetz). Daraus folgt, dass dem Betroffenen ­ vor einem Abgleich des Tatfotos mit den Lichtbildern aus dem Personalausweisbzw. Passregister ­ zunächst die Möglichkeit einer Anhörung einzuräumen ist. Reagiert der Betroffene auf die Möglichkeit einer Anhörung nicht oder kommt er einer Vorladung unter gleichzeitigem Hinweis auf die Einsichtnahme in die Lichtbilder der Register ­ wie im vorliegenden Fall ­ nicht nach, darf ein Abgleich der Lichtbilder durch die Polizei vorgenommen werden.