Justiz Beschwerde über Gerichtsvollzieher

Ein Bürger trat an uns mit der Beschwerde heran, ihm sei ­ entgegen einer vorherigen Absprache ­ eine Zahlungsaufforderung in einer Zwangsvollstreckungssache unkuvertiert in seinem Briefkasten durch den zuständigen Gerichtsvollzieher hinterlassen worden, so dass eine Hausbewohnerin, die einen Schlüssel zum Briefkasten hatte, nunmehr Kenntnis von der Zwangsvollstreckung erhalten habe.

Bei dem Gerichtsvollzieher handelt es sich um eine öffentliche Stelle, die bei Ausführung ihrer Aufträge an die Vorschriften des BlnDSG neben den speziellen Vorschriften für die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher gebunden ist. Er hat Maßnahmen zu treffen, um den Zugriff Unbefugter bei der Bearbeitung, der Aufbewahrung, dem Transport und der Vernichtung von Daten zu verhindern (§ 5 Abs. 4, Abs. 2 Nr. 1 BlnDSG). Aus den Vorschriften über die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher bei der Zwangsvollstreckung jede unnötige Schädigung oder Ehrenkränkung des Schuldners und die Erregung überflüssigen Aufsehens zu vermeiden hat (§ 104 Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher).

Darüber hinaus ist auch die Verwendung von Postkarten für den Gerichtsvollzieher nicht zulässig, soweit nichts anderes bestimmt ist oder Unzuträglichkeiten nicht zu besorgen sind (§ 53 der Gerichtsvollzieherordnung).

Eine eingehende Stellungnahme zu dem geschilderten Fall ist nicht möglich, weil die näheren Umstände (z.B. eine vorherige Absprache) nicht bekannt sind.

Dennoch sind die Berliner Gerichtsvollzieher auf die Beanstandung des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und auf die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen hingewiesen worden.

Dem Senat ist nicht bekannt, dass die nach § 53 Nr. 3

GVO grundsätzlich zulässige Verwendung von Postkarten durch die Gerichtsvollzieher bisher zu Unzuträglichkeiten geführt hat.

Auch die Tatsache, dass der Petent während der Dauer seiner Abwesenheit einer anderen Hausbewohnerin den Briefkastenschlüssel überlassen hatte, war weder ungewöhnlich noch konnte sie als Rechtfertigung für die Verwendung der unkuvertierten Nachricht herangezogen werden, da es sich bei der Angabe der konkreten Höhe der Verbindlichkeit im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckungssache und dem Namen der Vollstreckungsgläubiger um Daten handelt, deren Preisgabe zu einer Beschädigung des Ansehens des Schuldners führen konnte und deren Verwendung auf Postkarten daher sehr wohl unnötige Belastungen und Unzuträglichkeiten besorgen ließ. Einsichtnahme in die Prüfungsakte eines Mitprüflings

Ein Student der Rechtswissenschaft hatte bei dem Justizprüfungsamt den schriftlichen Teil seines Ersten Staatsexamens absolviert. Da es zu Unregelmäßigkeiten bei der Zuordnung einzelner Blätter zu den jeweiligen Examensarbeiten gekommen war und dem Petenten dadurch erhebliche Nachteile bei der Begutachtung seiner Examensarbeiten drohten, stellte er den Antrag

Die vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vertretene Auffassung, das Justizprüfungsamt habe den Petenten bezüglich der Prüfungsakten seines Sitznachbarn weder als Betroffenen noch als Dritten im Sinne des § 17 Abs. 2 JAG angesehen, trifft nicht zu. Der Petent ist als Dritter angesehen worden. Es ging vielmehr um die Frage, ob der auf Einsichtnahme in die Prüfungsakten seines Sitznachbarn. Dieses wurde ihm vom Justizprüfungsamt mit dem Hinweis auf § 17 Abs. 2 Gesetz über die juristische Ausbildung für das Land Berlin (JAG) und der Begründung verwehrt, die Prüfungsakten des Sitznachbarn beträfen nicht das Prüfungsverfahren des Petenten. Zugleich sei dieser aber auch nicht Dritter.

Petent ein berechtigtes Interesse an dem Einholen des Einverständnisses seines Mitprüflings hatte. Dies ist verneint worden, weshalb auch das Einverständnis des Sitznachbarn nicht eingeholt wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtsauffassung des Justizprüfungsamtes bestätigt.

Nach § 17 Abs. 2 JAG wird dem Betroffenen Auskunft aus den Prüfungsakten auch nach Abschluss des Prüfungsverfahrens erteilt. In diesem Umfang wird auch Akteneinsicht gewährt. Dritten stehen diese Rechte gleichermaßen zu, jedoch nur mit schriftlichem Einverständnis des Betroffenen.

Die Rechtsauffassung des Justizprüfungsamtes, wonach der Petent bezüglich der Prüfungsakten seines Sitznachbarn weder Betroffener noch Dritter i. S. d. § 17 Abs. 2 JAG sei, konnten wir weder der Vorschrift entnehmen noch nachvollziehen. Soweit der Betroffene Einblick in seine Prüfungsunterlagen nimmt, ist er selbstverständlich nicht Dritter; wünscht er jedoch Einsichtnahme in Prüfungsakten seiner „Mitstreiter", so ist er Dritter, da sein Einsichtsbegehren ein fremdes Prüfungsverfahren betrifft. Schließlich macht es keinen Sinn, jedem x-beliebigen Bürger und gänzlich Unbeteiligten nach Einverständnis des Betroffenen ein Einsichtsrecht zu gewähren, Mitprüflingen dagegen nicht.

Da der Gesetzgeber lediglich zwischen Betroffenem und Drittem unterscheidet, ist für die Konstruktion weiterer Interessenten insoweit kein Raum.

Daher war das Einverständnis des Betroffenen einzuholen.

Beifügung von Stammblättern zur Gerichtsakte

Ein Bürger beschwerte sich darüber, dass die Geschäftsstellen beim Verwaltungsgericht Berlin automatisch bei Eingang eines Verfahrens der neu anzulegenden Akte eine Datenliste über vergangene abgeschlossene und noch laufende Verfahren mit inhaltlicher Kurzfassung zur Information der Richter beifügen.

Dies verletze das Gebot der richterlichen Unvoreingenommenheit.

Bei der Prüfung haben wir festgestellt, dass der Richter bei Neuzugang bzw. Erstvorlage der Akte nicht automatisch einen Ausdruck über die anhängigen bzw. abgeschlossenen Verfahren des Klägers/Antragstellers erhält, sondern nur nach besonderer Aufforderung an die Geschäftsstelle. Die Entscheidung darüber ist hauptsächlich vom jeweils zugeordneten Sachgebiet abhängig und wird bei Spruchkörpern vom Vorsitzenden getroffen.

Das Stammblatt ermöglicht dem Richter, Doppelrechtshängigkeiten, Zuständigkeiten und Überschneidungen (§§ 81 ff. VwGO) zu prüfen. Die Stammblätter werden nach Prüfung durch den Richter aus der Akte entfernt und in Sonderheften geführt. Verfahrensbeteiligte haben daher keine Möglichkeit, Einsicht in diese zu nehmen. Die im Stammblatt aufgeführten Verfahren können nicht vom Richter selbst mit Hilfe seines PCs aufgerufen werden; es bedarf vielmehr einer Anforderung an die jeweilige Geschäftsstelle. Die im Stammblatt enthaltenen Daten über Verfahren des Klägers/Antragstellers können für eine Prüfung prozessualer Fragen erforderlich sein. Zudem gebietet der Amtsermittlungsgrundsatz nicht nur eine intensive Auseinandersetzung mit dem gesamten Prozessmaterial, sondern darüber hinaus eine selbstständige Beschaffung prozessrelevanter Informationen durch den Richter. Dazu zählen auch Ergebnisse und Erwägungen aus bereits abgeschlossenen Verfahren, soweit sie der Richter als entscheidungserheblich bewertet. Insoweit sind die Anforderung und die Auswertung des Stammblattes durch die richterliche Unabhängigkeit gedeckt.

Gefangenenpersonalakte

Die Aufbewahrungsbestimmungen für das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden werden derzeit von den Justizministerien der Bundes und der Länder überarbeitet.

Hierfür sind die verschiedenen Themenkomplexe den einzelnen Bundesländern zur federführenden Bearbeitung zugewiesen worden. Berlin ist danach für den Themenkreis „Justizvollzugsbehörden" zuständig.

Seit Beginn des Jahres 2002 befinden wir uns mit der Senatsverwaltung für Justiz in Erörterungen über den Umgang mit Gefangenenpersonalakten. Nach dem Vorschlag der Senatsverwaltung für Justiz soll deren Aufbewahrungsfrist einheitlich zehn Jahre betragen.

Unter diese Frist fallen sowohl nach bisher geltender als auch nach künftiger Rechtslage ebenfalls sensitive Daten der Strafgefangenen. Die von uns geforderte Anlegung von Sonderheften hat der Strafvollzugsausschuss unter Hinweis auf das Zusammenarbeitsgebot nach dem Strafvollzugsgesetz sowie aus Sicherheitsgründen abgelehnt.

Zu diesen Daten gehören

- Listen von Telefonverbindungsdaten,

- Aktenvermerke über Brief-, Telefon- und Besuchsüberwachungsmaßnahmen,

- sonstige Daten, die Dritte betreffen,

- erkennungsdienstliche Unterlagen (mit Lichtbildern und Beschreibungen von körperlichen Merkmalen),

Die Aussage, dass jedem Vollzugsbediensteten sämtliche Daten einschließlich der sensiblen Daten des Strafgefangenen jederzeit und uneingeschränkt zugänglich sind, ist nicht zutreffend.

Die Gefangenenpersonalakten werden in den Berliner Justizvollzugsanstalten entweder zentral in den Vollzugsgeschäftsstellen oder in den jeweiligen Teilanstalten oder Unterbringungsbereichen aufbewahrt.

Neben den Mitarbeitern, die dort ihren Dienst verrichten, haben grundsätzlich nur die Bediensten Zugriff auf die Akten, die diese für die Wahrnehmung ihrer obliegenden Aufgaben benötigen. Darüber hinaus besteht bei den nicht zu vermeidenden Übersendungen von Gefangenenpersonalakten in andere Bereiche der Anstalt (z. B. Anstaltsleitung etc.) für einige weitere Bedienstete die Möglichkeit eines Zugriffs auf die Akten.

Die in dem Jahresbericht aufgestellte Forderung, besonders sensible Unterlagen aus den Gefangenenpersonalakten in Sonderheften aufzubewahren und für diese Daten eine Aufbewahrungsfrist von einem Jahr festzulegen, ist weder praktikabel noch aus datenschutzrechtlichen Gründen geboten. Eine Aussonderung von bestimmten Daten widerspricht dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit und vermindert die Übersichtlichkeit der Gefangenenpersonalakten. Eine entsprechende Regelung wurde demzufolge aus Sicherheitsgründen auf der 91. Sitzung des Strafvollzugsausschusses der Länder im Mai 2000 einstimmig abgelehnt.