Berufsbildungsgesetz

Anlage 2: Schulgesetz für das Land Berlin - Begründung Seite 38 ausländischen Kinder und Jugendliche, die nicht nach Absatz 1 der Schulpflicht unterliegen, weil ihnen der Aufenthalt nur aufgrund eines Asylantrags gestattet ist oder die hier auf Grund ausländerrechtlicher Bestimmungen geduldet werden, unterliegen wie alle anderen Kinder der allgemeinen Schulpflicht. Damit wird wie bereits nach bisheriger Rechtslage dem Umstand Rechnung getragen, dass sich dieser Personenkreis in der Regel über einen längeren Zeitraum im Land Berlin aufhält und folglich vom Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule erfasst wird.

Der Hinweis auf völkerrechtliche Grundsätze und zwischenstaatliche Vereinbarungen stellt klar, dass z. B. Kinder von Angehörigen diplomatischer Vertretungen nicht verpflichtet sind, die zur Erfüllung der Schulpflicht vorgesehenen Schulen zu besuchen.

Die Schulpflicht umfasst nach Absatz 3 die allgemeine Schulpflicht und die Berufsschulpflicht. Die allgemeine Schulpflicht dauert nach § 42 Abs. 3 wie bisher zehn Schulbesuchsjahre und wird in der Regel durch den Besuch der Grundschule und einer weiterführenden allgemein bildenden Schule erfüllt (Vollzeitschulpflicht). Daran schließt sich die Berufsschulpflicht für diejenigen an, die in ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz eintreten, vgl. § 43. Sie ist im Rahmen des dualen Systems in der Regel eine Teilzeitschulpflicht.

Die Schulpflicht kann durch den Besuch einer inländischen deutschen öffentlichen Schule oder genehmigten oder anerkannten Ersatzschule erfüllt werden. Soweit während des Bestehens der Schulpflicht eine andere Schule in öffentlicher oder freier Trägerschaft besucht wird, bedarf dies der vorherigen Ausnahmegenehmigung durch die Schulaufsichtsbehörde. Das gleiche gilt für den Besuch des Collège Francais in BerlinReinickendorf, das als ausländische Schule des französischen Staates nicht den Bestimmungen über Schulen in freier Trägerschaft unterworfen ist.

Für Schülerinnen und Schüler, die in einem Ausbildungsberuf mit geringer Zahl Auszubildender im Land Berlin (Splitterberufe) stehen, kann von der Berufsschulpflicht für den Besuch einer Berufsschule außerhalb des Landes Berlin befreit werden (vgl. dazu KMKBeschluss Nr. 328 vom 26. Januar 1984; Beilage nach dem Stand der 11. Fortschreibung vom 11. Juni 1999 über die „Rahmenvereinbarung über die Bildung länderübergreifender Fachklassen für Schüler in anerkannten Ausbildungsberufen mit geringer Zahl Auszubildender").

Als freiwillige Leistung des Landes Berlin können abweichend von Absatz 2 Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden, für die kumulativ die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 vorliegen. Ein Anspruch auf Aufnahme besteht nicht, vielmehr steht die Entscheidung über die Aufnahme im Ermessen der zuständigen Schulbehörde. Die vorherige Informationspflicht der Schulaufsichtsbehörde dient dazu, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen. Mit dieser Regelung wird insbesondere die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern, die im Land Brandenburg schulpflichtig sind oder werden, jedoch eine Berliner Schule besuchen wollen, auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, die näher durch das so genannte Gastschülerabkommen ausgeführt wird. Über die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern, die nicht nach Satz 1 aufgenommen werden können, entscheidet nach Satz 2 die Schulaufsichtsbehörde. Dies betrifft insbesondere Bildungsgänge an Berufsschulen für sogenannte Splitterberufe, für die nach dem Anlage 2: Schulgesetz für das Land Berlin - Begründung Seite 39

KMK-Beschluss 328 (vgl. Begründung zu Absatz 2) das Land Berlin Berufsschulstandort ist.

Der Begriff der Wohnung wird durch den Verweis in Absatz 5 auf das Meldegesetz klar definiert, vgl. auch Begründung zu Absatz 1.

Zu § 42:

Mit Beginn eines Schuljahres, das am 1. August jeden Kalenderjahres beginnt (§ 53 Abs. 1), werden alle Kinder schulpflichtig, die zu diesem Zeitpunkt das sechste Lebensjahr bereits vollendet haben oder es bis zum folgenden 31. Dezember vollenden werden (Absatz 1). Damit wird die allgemeine Schulpflicht gegenüber der alten Rechtslage um 6

Monate nach vorne verlegt. Dieser Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist verfassungsrechtlich zulässig, weil es nach Art. 7 Abs. 1 GG zu den Aufgaben des Staates gehört, den Beginn der Schulpflicht abstrakt-generell festzulegen (vgl. BVerwGE 35, 111). Die Vorverlagerung der Schulpflicht um 6 Monate ist auch deshalb zulässig, weil mit dem vorgezogenen Schulanfang insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien, die häufig Angebote der Früherziehung in den bisherigen Vorklassen oder vergleichbaren Einrichtungen der Jugendhilfe überproportional nicht wahrnehmen, bereits frühzeitig in der Schule gefördert werden können. Der Gefahr von Misserfolgen bereits am Beginn der schulischen Laufbahn kann damit entgegengewirkt werden. Diese Regelung geht auch nicht zu Lasten tatsächlich (über-)durchschnittlich begabter Kinder, da sie die auf 2 Schuljahre ausgerichtete Schulanfangsphase auch in einem Schuljahr durchlaufen können, vgl. § 20 Abs. 3. Eine Vorverlagerung entspricht den Empfehlungen der KMK für einen vorgezogenen Schulanfang KMK-Beschluss Nr. 825 vom 24. Oktober 1997).

Die alte Schulreifeuntersuchung entfällt künftig. Es ist Aufgabe der Schulen, alle Kinder mit den entsprechenden Entwicklungsständen und Lernausgangslagen zu fördern. Dazu dient in besonderer Weise die Schulanfangsphase (vgl. § 20 Abs. 2). Eine Rückstufung in die Kindertagesstätten bzw. die vormaligen Vorklassen wird nicht mehr als geeigneter Weg angesehen, diese Kinder individuell zu fördern. Vor der Einschulung findet lediglich eine medizinische Untersuchung statt (vgl. § 55 Abs. 4).

Die Möglichkeit für Kinder, auf Antrag ihrer Eltern in die Schule aufgenommen zu werden, wird beibehalten und lediglich nach Absatz 2 um weitere 3 Monate auf den 31. März des auf den Schulbeginn folgenden Kalenderjahres ausgedehnt.

Die allgemeine Schulpflicht dauert nach Absatz 3 in Berlin wie bisher zehn Schulbesuchsjahre. Satz 2 eröffnet davon abweichend eine Option für Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss, die bereits nach dem erfolgreichen Besuch der Jahrgangsstufe 9 eine duale Berufsausbildung aufnehmen. Damit wird der Hauptschulabschluss aufgewertet und ein zusätzlicher Anreiz für erfolgreiche Schülerinnen und Schüler geschaffen, bereits nach 9 individuellen Schulbesuchsjahren eine Berufsausbildung aufzunehmen, da sie sowohl ihre allgemeine Schulpflicht erfüllen als auch ein Jahr früher ihre Berufsausbildung beginnen können.

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Zu § 43:

Nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht beginnt für alle Jugendlichen, die in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stehen, die Berufsschulpflicht (Absatz 1). Die Dauer der Berufsschulpflicht richtet sich im Rahmen des dualen Ausbildungssystems nach der Anzahl der Ausbildungsjahre. Die Regelung ist zudem gegenüber der alten Rechtslage auf die wesentlichen Inhalte beschränkt.

Absatz 2 entspricht der bisherigen Rechtslage.

Absatz 3 enthält die bisherigen Ansprüche auf Befreiung von der Berufsschulpflicht. Der bisher in § 14 Abs. 5 SchulG a.F. vorgesehene Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Befreiungsanspruch insbesondere zum Berufschulbesuch für sogenannte Splitterberufe ist bereits in § 41 Abs. 3 Satz 3 für alle Schulpflichtigen normiert.

Zu § 44:

Die bisher in zwei verschiedenen Vorschriften des alten Schulgesetzes geregelten Pflichten der Erziehungsberechtigten und der Ausbildenden im Zusammenhang mit der Berufsschulpflicht werden inhaltlich übereinstimmend und sprachlich angepasst in einer Vorschrift zusammengefasst. Die bisher in § 8 Abs. 1 SchulG (alt) enthaltene Verpflichtung, ihr Kind schulärztlich untersuchen zu lassen, ist entbehrlich, weil diese Untersuchung als verbindliche Veranstaltung der Schule gilt, vgl. § 52 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 2 Satz 1 sowie § 55 Abs. 4.

Zu § 45:

Der sogenannte Schulzwang in Absatz 1 sichert rechtlich die Einhaltung der Schulpflicht.

Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Neu in die gesetzliche Regelung aufgenommen wurden die für die Einleitung des Zwangsverfahrens Verantwortlichen. Die bisherige Pflicht zur Zuführung wurde in eine Ermessensentscheidung der Schulbehörde (Bezirksamt oder Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport) heruntergestuft, weil es in diesem Bereich bisher ein erhebliches Vollzugsdefizit gab und eine Ermessensentscheidung weitaus besser den Umständen des Einzelfalles gerecht werden kann.

Die in Absatz 2 enthaltene Regelung ist eine deutliche Verbesserung gegenüber § 16

SchulG (alt), da sie die Subsidiarität der zwangsweisen Zuführung zur Schule deutlich macht. Dies gilt auch für die im Übrigen neue Ausdehnung des Schulzwanges auf schulärztliche Untersuchungen. Der Schulzwang muss im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Ordnungswidrigkeiten (§ 126) gesehen werden. Denn auch nach dem neuen Schulgesetz ist für die nicht ihrer Schulpflicht nachkommenden Schülerinnen und Schüler kein Bußgeldtatbestand vorgesehen; gegenüber ihnen bleibt es bei präventiven Maßnahmen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz.