Kriterien für die künftige Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Berlin

„Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, bis zum 30. Juni 2003 die Kriterien für die künftige Verleihung von Ehrenbürgerschaften darzulegen."

Hierzu wird berichtet:

1. Das Institut des Ehrenbürgerrechts geht auf die Steinsche Städteordnung von 1808 zurück, die allerdings noch keine Bestimmung über die Verleihung von Ehrenbezeichnungen enthielt. Es steht jedoch fest, dass bereits im Jahre 1808 erstmalig das Berliner Ehrenbürgerrecht verliehen worden ist. Die Revidierte Städteordnung von 1831 ermächtigte die städtischen Behörden, Personen, die sich um Staat und Stadt wohlverdient gemacht hatten, das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. Die Städteordnung von 1853 wiederholte bezüglich des Ehrenbürgerrechts im Wesentlichen die Bestimmungen der Revidierten Städteordnung. Durch das Gesetz über die Bürger- und Gemeinderechte der Frauen von 1919 wurden diese Bestimmungen dahin modifiziert, dass nunmehr auch Frauen zu Ehrenbürgern ernannt werden konnten. Auch das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz von 1933 sah die Verleihung des Ehrenbürgerrechts vor. Die Deutsche Gemeindeordnung von 1935 traf die gleichen Bestimmungen. Die Vorläufige Berliner Verfassung von 1946 erwähnt das Ehrenbürgerrecht. Die Berliner Verfassungen von 1950 ebenso wie die von 1995 befassen sich weder mit dem Ehrenbürgerrecht, noch mit sonstigen Ehrenbezeichnungen.

Geltende Rechtsgrundlage für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts sind die Richtlinien für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts und der Ehrenbezeichnung „Stadtältester von Berlin" von 1953, welche durch gleichbleibende Verwaltungsübung weiterhin ihre Anwendung finden.

Im Abschnitt I der Richtlinien werden die Voraussetzungen für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts festgelegt. Ehrenbürger kann jede Person, In- oder Ausländer, werden, die sich „um Berlin in hervorragender Weise verdient gemacht" hat.

Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts durch den Senat im Einvernehmen mit dem Abgeordnetenhaus lehnt sich damit an die früheren Regelungen an. Die Verleihung einer Ehrenbezeichnung ist ein Regierungsakt, welcher der Landesregierung zusteht. Die Zustimmung des Abgeordnetenhauses erklärt sich aus der Erwägung, dass das Ehrenbürgerrecht seine Bedeutung auf die Dauer nur behaupten kann, wenn auch das Parlament anerkennt, dass für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts ein ausreichender Grund vorgelegen hat.

2. Die Auszeichnungspraxis der letzten Jahrzehnte legt dar, dass die geforderten hervorragenden Verdienste um Berlin in den unterschiedlichsten Bereichen erbracht werden können. Die Ehrenbürgerliste ist damit Ausdruck einer personifizierten Geschichte der Stadt. In Ausfüllung der Richtlinien wurden seit 1953 Persönlichkeiten zu Ehrenbürgern ernannt, deren weit beachtetes Lebenswerk in ganz hervorragender Weise mit Berlin verbunden war, deren Bekenntnis zu der Stadt vorbildlich für die Berlinerinnen und Berliner war und das weltweite Ansehen Berlins förderte. Dabei konnten sowohl künstlerische, wissenschaftliche oder auch politische Verdienste eine Ehrenbürgerwürde begründen.

Weiterhin führten historische Ereignisse, wie z. B. die Berliner Luftbrücke oder der Prozess der Wiedervereinigung, zu vorbildlichem und unvergessenem Handeln zugunsten der Stadt.

Berlin hat in diesen Fällen mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde Dankbarkeit und Verbundenheit ausgedrückt.

Die enge Verbundenheit Berlins zu den obersten Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland kommt in der traditionellen Verleihung der Ehrenbürgerwürde an die amtierenden Bundespräsidenten zum Ausdruck.

Die Richtlinien sehen nicht vor, das Ehrenbürgerrecht posthum zu verleihen. Die Ehrenbürgerschaft von Marlene Dietrich kann hier als Präzedenzfall nicht herangezogen werden, da für Marlene Dietrich eine entsprechende Initiative bereits zu Lebzeiten vorlag, der Verleihungsakt als solcher jedoch nicht durchführbar schien. Im Fall von Nikolai E. Bersarin handelte es sich um die Wiederherstellung einer vom Magistrat von Berlin verliehenen Ehrenbürgerschaft. Der Ausnahmecharakter beider Fälle wird durch das den Richtlinien zugrunde liegende Bild eines aktiven Ehrenbürgers mit einer lebendigen Beziehung zwischen der Stadt und dem Geehrten bestätigt.

An dieser Verleihungspraxis wird der Senat festhalten.

Einer weiteren Konkretisierung der Richtlinien durch eine Festlegung von Kriterien für künftige Verleihungen steht nach Auffassung des Senats die Breite und Vielfalt möglicher Verdienste für Berlin entgegen.

Die Diskussionen in der Öffentlichkeit, im Abgeordnetenhaus und im Senat in den letzten Monaten belegen, dass die Ehrenbürgerwürde als höchste Ehrung Berlins eine besondere Wertschätzung in der Bevölkerung genießt.

Ein strenger Auswahlmaßstab und eine zu erwartende breite öffentliche Zustimmung bleiben damit Grundlage für künftige Verleihungen.

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.

Der Senat von Berlin Harald Wolf Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen die historische Entwicklung des Ehrenbürgerrechts so im Wesentlichen aus der Begründung der Richtlinien von 1953 übernommen.