Jugendamt

46 Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl

Am 18. September 2006 erörterten die Stadtteilleiterin, der Sozialzentrumsleiter, der Amtsvormund und der Casemanager, wie man Kevin am besten in Obhut nehmen an das Kind zu kommen. Nach einer telefonischen Rücksprache lehnte dieser aber, unter dem Gesichtspunkt des weiteren Umgangs mit dem Ziehvater, das Vorhaben ab. dass der Ziehvater aufgefordert werden sollte, Kevin zu einer für den 26. und den Sozialzentrumsleiter vertreten. Der Ziehvater erschien nicht vor Gericht, so dass ein neuer Termin für den 2. Oktober 2006 festgesetzt wurde.

Noch im Laufe des Vormittags teilte er einer Kollegin des Casemanagers telefonisch mit, dass er sich entweder verspäten würde, da er Kevin noch vom Hort abholen müsse, oder gar nicht kommen würde. Nachdem der Ziehvater auch diesen Termin nicht sofort mit der Polizei in die Wohnung des Ziehvaters einzudringen, wurde von dem Dieserergingnoch am selben Tage und wurde dem Jugendamt per Email übermittelt. In dem möglichst umgehend geklärt und eine Herausgabe herbeigeführt werden.

Aus der Akte des Amtsvormunds geht hervor, dass dieser am 9. Oktober 2006 Tag geplante Inobhutnahme zu besprechen. Darüber wurde der Sozialzentrumsleiter mit Email vom selben Tag informiert. Weiter teilte ihm der Amtsvormund mit, bestellen werde. Er selbst werde am nächsten Morgen mit dem Auto kommen, damit er Kevin anschließend ins Hermann-Hildebrand-Haus bringen könne. Der Sozialzentrumsleiter antwortete darauf nur kurz, dass sich der Casemanager krank gemeldet habe und er die Angelegenheit mit der Stadtteilleiterin besprechen werde.

Der Versuch der Inobhutnahme Kevins erfolgte schließlich am frühen Morgen des 10. Oktober 2006. Anwesend waren die Gerichtsvollzieherin, ein mobiles Einsatzkommando der Polizei, der Amtsvormund, dessen Praktikantin und die Stadtteilleiterin.

Nachdem sich Polizei und Gerichtsvollzieherin Zutritt zur Wohnung des Ziehvaters den Amtsleiter erreichte. Es folgte ein erstes Treffen bei der Senatorin, in dessen die Chronologie des Falles zu vervollständigen, die diese bereits im Februar des Jahres erstellt hatte. Ein weiterer Mitarbeiter der Innenrevision war ebenfalls anwesend.

Hintergrund dieses Auftrags war ein für die Mittagszeit terminiertes Gespräch des Amtsleiters mit der Senatorin, zu dem dieser auf Bitte der Senatorin eine vollständige Chronologie mitbringen sollte. Der Amtsleiter selbst war während der etwa zwei Stunden dauernden Sitzung nur zeitweise anwesend.

Bei der Fortsetzung der Chronologie fällt auf, dass die oben erwähnten Berichte der Stadtteilleiterin an die Amtsleitung des Amtes für Soziale Dienste jeweils als Sachstandsmitteilungen des Casemanagers an den Amtsleiter und stellvertretenden Ju­

Akte 22, Blatt 73; Akte 24, Blatt 80

Akte 24, Blatt 76 und 80; Akte 22, Blatt 73; Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 14/2531

Akte 24, Blatt 71 f.

Akte 18, Blatt 47; Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 14/2532

Akte 24, Blatt 90 ff.; Akte 22, Blatt 82; Akte 18, 48 ff.; Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 14/2534

Akte 22, Blatt 86

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3127 ff.; 15/2800 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 18/3530; 17/3128 f.

47Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl gendamtsleiterbezeichnetwerden. einen Fall (Bericht vom 18. Juli 2006) von der Stadtteilleiterin stammten, hat der wie diese falschen Formulierungen in die Chronologie gelangt sind und warum der Bericht vom 26. April 2006 gar nicht erwähnt wurde. Nach übereinstimmenden nicht selbst formuliert, sondern diese wurde ihr quasi diktiert.

Grundlage bildeten dabei die Akten des Amtsvormunds sowie die des Casemanagers. Casemanagers in der Hand gehabt habe beziehungsweise wer aus dieser Akte diktiert habe. Nach der Aussage der Mitarbeiterin der Innenrevision hat selbst die Akte in der Hand gehabt und ihr anhand der Akte die Chronologie diktiert.

Auch der Sozialzentrumsleiter bestätigte, dass die Stadtteilleiterin diktiert er dabei gewesen war, unter anderem auch der Abteilungsleiter die Akte in der Hand gehabt und diktiert habe.

Der andere Mitarbeiter der Innenrevision schreibt dem die Fakten aus der Akte habe vortragen lassen, um diese sodann für die Chronologie zu formulieren. Nach seinem Eindruck habe die Stadtteilleiterin so kurz nach dem Auffinden der Kindesleiche noch sichtlich unter Schock gestanden, so dass unterstützend habe eingreifen müssen.

Diese Rollenverteilung wird durch den Abteilungsleiter bestätigt, der ausgesagt hat, dass er sich von der Stadtteilleiterin und der Mitarbeiterin der Innenrevision zu diktieren.

Die Stadtteilleiterin selbst konnte Ablauf der Sitzung am Vormittag des 10. Oktober 2006 machen, da sie nach eigenem Bekunden richtiggehend traumatisiert und betäubt gewesen sei.

Sie sei nicht in der Lage gewesen, die entscheidenden Fakten aus der Akte des Casemanagers wiederzugeben, so dass schließlich der Sozialzentrumsleiter und der Abteilungsleiter ihr dies abgenommen hätten.

Im Ergebnis konnte daher in der Beweisaufnahme nicht geklärt werden, wie und durch wen einzelne Formulierungen in die Chronologie gelangt sind. Weiterhin konnte auch keiner der Zeugen Angaben dazu machen, warum die Berichte an den Amtsleiter fälschlicherweise Sachstandsmitteilungen des Casemanagers genannt wurden. Dies sei nicht planmäßig erfolgt, und es sollte durch diese Formulierung keinesfalls die Verantwortung für die Berichte von der Stadtteilleiterin auf den Casemanager verlagert werden. Vielmehr sei dieser Fehler wohl der angespannten Situation an diesem Morgen geschuldet gewesen.

Verantwortlichkeiten dem Fall eine andere Wendung zu geben. Im Folgenden sollen deshalb die Verantwortlichkeiten der einzelnen Beteiligten näher untersucht werden.

Behördenebene

Mit dem Fall Kevin war im Amt für Soziale Dienste eine Vielzahl von Mitarbeitern beschäftigt.

Der Casemanager Grundlage der nachfolgenden Bewertungen sind die bei der Beweisaufnahme und beim Studium der Akten gewonnenen Erkenntnisse. Da der Casemanager aufgrund ­

Akte 186, Blatt 123

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3128 f.; 17/3244; 15/2802

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 13/2231 f.; 17/3128 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 15/2802 ff.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 13/3530 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3128 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3244 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3345 f.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 17/3346

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 18/3534; 17/3246 f.; 15/15/2805 ff.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl der eingereichten ärztlichen und amtsärztlichen Atteste nicht persönlich vernommen werden konnte, musste der Ausschuss hier auf seine Einlassungen bei der Staatsanwaltschaft zurückgreifen. Soweit diese für die Bewertung von Relevanz sind, werden sie jeweils unter Bezugnahme auf die vom Casemanager unterzeichneten staatsanwaltschaftlichen Protokolle im Folgenden kurz wiedergegeben.

3.2.1.1.1 Fehlende Fallsteuerung Casemanagernichtstrukturiertundplanvollagierthat,sondernjeweilsnuraufanihn Klinikum Bremen-Nord, bei denen er nur als passiver Teilnehmer wahrgenommen wurde. aus der Klinik eine Begleitung der Familie durch den Casemanager erforderlich zu informieren und eine eigene Position zu der Frage, ob Kevin überhaupt bei seiner sein Auftreten bei den Fallkonferenzen von einer Zeugin als unengagiert und konzeptlos325 erlebt, andere Zeugen beschreiben ihn als passiv und unauffällig.

Auch aus der Akte ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Casemanager sein weiteres Vorgehen nunmehr aktiv geplant hat. Eine detaillierte Stellungnahme des Drogenberaters vom 23. Februar 2004, in der ausführlich die Problematik aufgelistet und deutlich darauf hingewiesen wurde, dass die Eltern für die Versorgung des sowie Schritt für Schritt oder Mobile), wurde zwar zur Akte genommen.

Entsprechende konkrete Maßnahmen wurden jedoch weder mit den Eltern besprochen, noch wurden ihnen Auflagen für den Verbleib des Kindes in ihrem Haushalt erteilt.

Von sich aus hat der Casemanager auch zu den genannten Institutionen keinen Kontaktaufgenommen,erhatvielmehr­offensichtlichkommentarlos­geduldet,dassdie auch zur Kontrolle der Familie, denn die Gefahr der Kindeswohlgefährdung war bei den Gesprächen in der Klinik hinreichend deutlich geworden. Keineswegs durfte er am 5. März 2004 die Entlassung Kevins und seiner Mutter aus der Klinik mitgeteilt worden.

Von diesem Moment an hatte er den Fall weiter zu bearbeiten und den fehlenden Entlassungsbericht anzufordern. Keinesfalls kann vom Kliniksozialdienst erwartet werden, dass dieser auch noch für bereits entlassene Patienten zuständig bleibt.

Auf die Entlassungsmitteilung und den Hinweis, die Mutter fahre mit dem Kind jetzt in die Klinik nach Heiligenhafen, reagierte der Casemanager jedoch nur mit der Eintragung eines Gesprächsvermerks in die Akte. Kontakt zur Klinik in Heiligenhafen

Der Chefarzt der Klinik in Heiligenhafen hat bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Ausschuss329 mitgeteilt, dass es keinen Auftrag seitens des Bremer Jugendamtes zur ist somit aufgrund des passiven Verhaltens des Casemanagers eine Möglichkeit zur weiteren Abklärung des vorhandenen Gefährdungsrisikos versäumt worden. Ferner hat der Casemanager keinerlei Vorkehrungen für die Rückkehr der Familie nach Bremen getroffen.

Da grundsätzlich keine Wiedervorlagefristen gesetzt wurden, bestand für den Casemanager offensichtlich auch keine Veranlassung zur aktiven Steuerung des Falles.

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Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 02/191; 01/102; 02/203

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 01/113

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 02/191; 02/203

So aber der Casemanager in seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung, Akte 246, Blatt 75