Wohlfahrt

142 Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl Probleme in der Zusammenarbeit eingegangen wird.

Datenschutz Jugendhilfe (KICK) ergänzende Vorschriften zum Sozialdatenschutz in das SGB VIII auf die Berechtigung, Daten an andere Stellen weiterzugeben. Hier soll nur darauf hingewiesen werden, dass nunmehr in § 62 Abs. 3 Ziffer 2 lit. d) SGB VIII die Erhebung von Sozialdaten auch ohne Mitwirkung des Betroffenen für zulässig erklärt wird, wenn diese für die Erfüllung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung nach § 8 a SBG VIII erforderlich ist. Übermittelt oder genutzt werden dürfen Sozialdaten gemäß § 64 Abs.1 SGB VIII zu dem Zweck, zu dem sie erhoben worden sind.

Daten, die im Zusammenhang mit einer Kindeswohlgefährdung bekannt geworden sind, dürfen daher im Interesse des Kindesschutzes an die mit dessen Sicherung beauftragten Stellen weitergegeben werden. Demgegenüber ist eine Mitteilung zum Zwecke anderer Ziele (z. B. Strafverfolgung der Eltern) von diesen Normen nicht erfasst.

Die zum Bereich Datenschutz im Ambulanten Sozialdienst Junge Menschen vorhandene umfangreiche Dienstanweisung1005 ist wenig übersichtlich und als Diemitdem sind bisher nicht eingearbeitet worden.

Datenschutz und Kinderschutz dürfen nicht als Widerspruch betrachtet werden. Die Situation, sobald sie die Betreuung übernehmen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Träger von Anfang an die Problemlage erfasst. Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass aus der Sorge, Datenschutzbestimmungen zu verletzen, wichtige Informationen über Gefährdungsfaktoren ausgerechnet denjenigen Stellen nicht mitgeteilt werden, die die Sicherung des Kindeswohls mit zu gewährleisten haben.

Um den Mitarbeitern des Jugendamtes klare Richtlinien an die Hand zu geben, wäre es sinnvoll, eine Veranstaltung gemeinsam mit dem Datenschutzbeauftragten sowie einem Vertreter der Justizbehörde durchzuführen und einen entsprechendes kurzes Informationsschreiben zum Thema Datenschutz an alle Mitarbeiter auszuhändigen.

Zusammenarbeit Casemanager und Wirtschaftliche Jugendhilfe

Der Einsatz der Frühen Hilfen wird nach Antragstellung und befürwortender Stellungnahme des Gesundheitsamtes durch die Wirtschaftliche Jugendhilfe bewilligt.

Sie ist also grundsätzlich unabhängig davon, ob der Ambulante Sozialdienst Junge Menschen bereits in einer Familie tätig ist. In den Fällen, in denen bereits Hilfe zur Erziehung gewährt wird, macht es Sinn, zumindest die Antragstellung über die Casemanager abzuwickeln. So haben die Hilfesuchenden nur einen Ansprechpartner.

Darüber hinaus sollte die Wirtschaftliche Jugendhilfe die Casemanager über Bewilligung, Fortführung und Einstellung jeweils umgehend und umfassend informieren.

Information über strafrechtliche Verurteilungen Unterrichtungspflichten der Strafgerichtsbarkeit aufgetaucht, denn dem Jugendamt waren die vielen Verurteilungen des Ziehvaters und der Kindesmutter nicht offiziell mitgeteilt worden. Die Mitteilungspflichten in Strafsachen sind bundeseinheitlich in den Richtlinien zu Mitteilungen in Strafsachen geregelt. Dort heißt es unter Nr. 35:

(1) Werden in einem Strafverfahren ­ gleichgültig, gegen wen es sich richtet ­ Tatsachen bekannt, deren Kenntnis aus der Sicht der übermittelnden Stelle zur Abwehr einer erheblichen Gefährdung von Minderjährigen erforderlich ist, sind diese der zuständigen öffentlichen Stelle mitzuteilen.

(2) Mitteilungen erhalten insbesondere

1. das Jugendamt und das Vormundschafts- oder Familiengericht, wenn gegen Minderjährige eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder nach den §§ 171, 225 begangen oder versucht worden ist, Akte 79, Dienstanweisung 04/2002

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl

5. das Jugendamt in sonstigen Fällen, wenn sein Tätigwerden zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung von Minderjährigen erforderlich erscheint.

(3) die Einstellung des Verfahrens wegen Schuldunfähigkeit dem Vormundschaftsgericht oder dem Familiengericht und dem Jugendamt mitzuteilen.

...

(5) Die Mitteilung ordnen Richterinnen oder Richter, Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte an.

Die bisherige Praxis scheint so zu sein, dass trotz dieser bundeseinheitlich und Familiengericht) erfolgen, seltener jedoch auch an das Jugendamt. Da mit der Justiz. Sowohl die Gerichte als auch die Staatsanwaltschaften sollten nochmals ausdrücklich auf die oben genannten Vorschrift hingewiesen werden.

Das Jugendamt kann sich darüber hinaus jedoch auch selbst Kenntnis von etwaigen Verurteilungen sorgeberechtigter Personen verschaffen, in dem es beim

­ BZRG ­ erhalten Behörden über eine bestimmte Person ein Führungszeugnis, soweit sie es zur Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgaben benötigen und eine Aufforderung an den Betroffenen, ein Führungszeugnis vorzulegen, nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt. Die Behörde hat dem Betroffenen auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren. Die Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes durch Verbesserung des Kindesschutzes wird zur Zeit auf Bundesebene eine Änderung der für eine Kindeswohlgefährdung ein unbeschränktes Auskunftsrecht zu gewähren in Hinblick auf Personen, die mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft leben.

Der Ausschuss begrüßt entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen.

Hingewiesen werden soll an dieser Stelle noch auf eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Kooperation: Die vom Ausschuss als Zeugen vernommenen Mitarbeiterinnen der Bewährungshilfe haben den Abschluss einer hier eine Regelung. In Anbetracht der datenschutzrelevanten Problematik sollte hier auch die für den Datenschutz zuständige Stelle einbezogen werden.

Zusammenarbeit mit den freien Trägern

Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe werden von Trägern der freien erbracht.

Um Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung erfolgreich umzusetzen, kommt der guten Kooperation zwischen Jugendamt und Freien Trägern eine besondere Bedeutung zu. Aber auch aus Kostengründen ­ die Ausgaben allein für 39,3Mio.­isteine effektive Steuerung der Freien Träger und der durch sie zu erbringenden Hilfen zur Erziehung im stationären, halbstationären und ambulanten Bereich notwendig.

Durch die Zeugenvernehmung und die Durchsicht der zur Verfügung gestellten Akten sind dem Ausschuss einige Problemfelder in der Zusammenarbeit zwischen Ressort, Amt, Casemanagern, der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Träger und den einzelnen Freien Trägern deutlich geworden, denen er aber aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht in ausreichendem Maße nachgehen konnte.

Deshalb beschränken sich die nachstehenden Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.

­ 1006

Gesetz vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. März 2007 (BGBl. I S. 314) 1007 siehe Gesetzentwurf der Freien Hansestadt Hamburg ­ Drucksache 817/06 ­, der zurzeit von der Bundesregierung noch überarbeitet wird 1008

§ 4 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII - Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Kindeswohl

Als grundlegendes Problem belastet offenbar eine Kultur des Misstrauens die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und freien Trägern.

Der Anlass dafür hat sich dem Ausschuss weder aus der Vernehmung noch aus dem Aktenstudium erschlossen.

Weiter ist eine engere Einbindung der Freien Träger in die Hilfeplanung wünschenswert,1010 damit deren fachliche Empfehlungen, aber auch bereits vorhandene Stellungnahmen, Gutachten und Diagnosen ausreichend in die Hilfeplanung einfließen können.

Mehrfach wurde in der von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien dass sich die Hilfeplanung trotz formulierter Dringlichkeit monatelang hingezogen habe.

Die Sprecherin der LAG wies in ihrer Zeugenvernehmung darauf hin, dass die Entscheidungsfindung einfach zu langwierig sei.

Dies mag nach Auffassung des Untersuchungsausschusses damit zusammenhängen, dass das Casemanagement und damit die Entscheidungsverantwortlichkeit des Casemanager nicht ausreichend umgesetzt, Wochenkonferenz und gegebenenfalls Steuerungseinheiten zu beteiligen waren. Letztlich blieb es in der Außendarstellung für die Freien Träger unklar, wer die endgültige Entscheidung zu treffen hatte.

Untragbar erscheint es dem Ausschuss, wenn amtsinterne Prüfprozeduren die Situationenführen.

Der Untersuchungsausschuss regt an, dass diese Fälle in Zusammenarbeit zwischen Amt und Freien Trägern untersucht werden und für die Zukunft ein Verfahren entwickelt wird, dass das Entstehen solcher Situationen frühzeitig signalisiert und eine Verschärfung vermeiden hilft.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es dem Amt für Soziale Dienste bis zum heutigen Tage nicht gelungen ist, die Qualitätssicherungsvereinbarung und den Handlungsleitfaden zur Anwendung fachlicher Standards bei Kindeswohlgefährdung in Kraft zu setzen, die als Vorlage dem Jugendhilfeausschuss für die Sitzung am 27. März 2003 und der zuständigen Deputation für die Sitzung am 8. Mai 20031016 zugeleitet worden sind mit dem Beschlussvorschlag, die Verwaltung zu bitten, diesen im Sinne der Sicherstellung der Verfahrensqualität als verbindliches Arbeitsprinzip einzuführen.

Mit dieser Vereinbarung sollte auch den Fachkräften Freier Träger im Rahmen der Leistungsübertragung die Sicherung des Kindeswohls in dem Maße zukommen, in denen sie im Auftrag des Jugendamtes ausgewiesene oder sogar alle Betreuungsaufgaben in einem Hilfeplan übernehmen. Für den Kindeswohlsicherung nicht umgesetzt worden ist. Die mit der Einführung des Casemanagements erfolgte veränderte Rollendefinition der Freien Träger, die in auftraten,verlangteförmlichdanach,Verantwortlichkeitenzukonkretisierenunddie im Einzelfall vorgesehene Zuständigkeiten bereits im Vorfeld der einzelnen Hilfegewährung allgemeinverbindlich festzulegen. So auch die Begründung der Vorlage.

Vor dem Hintergrund der 2003 im Entwurf vorgelegten Regelungen hätte der zuständige Casemanager im Fall Kevin allen Beteiligten und somit auch der zuständigen Mitarbeiterin von die erforderlichen Informationen mitteilen müssen, aus denen sich ergab, dass Kevin in der Vergangenheit bereits Verletzungen zugefügt worden ­ 1009

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 09/1478; Vorschläge der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Bremen zur künftigen Struktur der Erziehungshilfe vom 12. Januar 2007, Seite 1

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 09/1483

Ergebnisse der LAG-Arbeitsgruppe Problematische Fallverläufe vom Oktober 2006, im Nachgang zur Zeugenvernehmung vom 31. Januar 2007 übersandt, Seite 2 a. a. O., Seite 3

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme 09/1500

Ergebnisse der LAG-Arbeitsgruppe Problematische Fallverläufe vom Oktober 2006, im Nachgang zur Zeugenvernehmung vom 31. Januar 2007 übersandt, Seite 3 ebenda 1016

Vorlage für die Sitzung der Deputation für Soziales, Jugend, Senioren und Ausländerintegration am 17. März 2003, Seite 1 der Vorlage 1017 a. a. O., Seite 3 a. a.