Abfalldeponien in Brandenburg - finanzielle und ökologische Altlasten

Wir fragen der Senat:

1. Jahrelange Untätigkeit bei der Deponiesanierung

Trifft es zu, dass der Senat seit mehr als 10 Jahren Kenntnisse über Schadstofffrachten und organische Verunreinigungen im Sickerwasser und im Grundwasser durch die Deponien Schwanebeck, Wernsdorf und Schöneicher Plan hat?

Warum hat der Senat über 10 Jahre lang geduldet, dass die BSR einen großen Teil der Berliner Siedlungsabfälle auf Deponien in Brandenburg ablagert und dabei die Freisetzung großer Mengen von Klimagasen, sowie Boden- und Grundwasserverunreinigungen in Kauf genommen werden?

Dem Senat waren die Anforderungen an Deponien durch die Technische Anleitung Siedlungsabfall bekannt. Warum wurde jahrelang gegen das Vorsorgeprinzip verstoßen?

Warum blieb der Senat untätig, obwohl zur Sanierung bei der BSR Rücklagen gebildet wurden und damit Mittel zur Verfügung standen?

2. Erhebliche Boden- und Grundwasserschäden durch BSR-Deponien

Durch die fehlende Basisabdichtung der Deponien Schwanebeck, Wernsdorf und Schöneicher Plan wurden erhebliche Boden- und Grundwasserschäden auf den BSR-Deponien verursacht.

Welche Kenntnisse liegen dem Senat zum Umfang der Boden- und Grundwasserschäden vor? Welche Maßnahmen wurden in den letzten Jahren veranlasst, um die Verunreinigung des Bodens und des Grundwassers zu verhindern? Mit welchen Langzeitfolgen muss gerechnet werden?

Durch die Deponie Wernsdorf sind im angrenzenden Naturschutzgebiet „Wernsdorfer See" Schäden entstanden. Wie umfangreich ist der Schaden? Welche Maßnahmen werden bis wann erfolgen, um diese Schäden zu beseitigen? Können Langzeitfolgen und damit die dauerhafte Beeinträchtigung des Naturschutzgebietes ausgeschlossen werden?

Hat der Senat in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und des zwingenden Handlungsbedarfs konkrete Konzepte zur Stilllegung und Nachsorge für die drei Deponien? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Das Landesumweltamt Brandenburg als zuständige Behörde für die Deponien hat zum Schutz des Bodens und Grundwassers Auflagen bezüglich der Ablagerung nativorganischer Abfälle erlassen. Danach durfte ab dem 1. Juni 1999 der auf Brandenburger Deponien abgelagerte Hausmüll nicht mehr als 60 kg pro EinwohnerIn und Jahr organische Bestandteile enthalten. 5. Rücklagen endlich auflösen und für die Sanierung einsetzen um weitere Umweltschäden zu vermeiden

Warum hat der Senat zugelassen, dass die BSR gegen diese Auflage verstößt? Wird dieser Verstoß Sanktionen nach sich ziehen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Am 31.12. 2002 betrugen die Rückstellungen für die Stilllegung und Sanierung der Deponien Schwanebeck, Wernsdorf und Schöneicher Plan 546 Millionen Euro.

Welche Kostenkalkulationen liegen den Deponierückstellungen zugrunde?3. Klimaschädliche Emissionen durch BSR-Deponien

Die BSR-Deponien emittieren Methan, das zu den klimaschädlichsten Treibhausgasen zählt.

Warum hat der Senat es zugelassen, dass die BSR jahrelang Rückstellungen bildete, statt die Mittel frühzeitig für die Sanierung einzusetzen und damit Schäden zu vermeiden?

Welche Mengen Methan gerechnet in CO 2-Äquivalenten verursachten die BSR-Deponien Schwanebeck, Wernsdorf und Schöneicher Plan in den letzten 10 Jahren? (bitte einzeln pro Deponie und Jahr auflisten) 5.3 Kann der Senat ausschließen, dass durch die jahrelange Untätigkeit die Kosten der Deponiesanierung höher sind, als sie bei einer frühzeitigen Sanierung gewesen wären?

Ist in den Klimabilanzen des Landes Berlin die Methanemission durch die BSR-Deponien berücksichtigt?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

Wie begründet der Senat fachlich die Notwendigkeit für die Sanierung der unter anderem auch Sondermüll enthaltenen Altlast „Deponie Wannsee" in Berlin lediglich 13 Mio. Euro anzusetzen, während andererseits Rücklagen in Höhe von 546 Millionen Euro für die Sanierung der drei Hausmülldeponien auf Brandenburger Gebiet gebildet wurden?

Die Erfassung von Deponiegasen bei bestehenden Deponien ist durch die TA Siedlungsabfall vom 14. Mai 1993 verbindlich geregelt. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass den Vorgaben der TA-Siedlungsabfall auf den durch die MEAB betriebenen Deponien im Gegensatz zu den durch die BSR betriebenen Deponien entsprochen wird? Warum ist das Land Berlin nicht in der Lage, die Vorgabe der TA-Siedlungsabfall umzusetzen und die notwendigen Maßnahmen zum Boden- und Klimaschutz zu realisieren?

6. Senat hat seine politische Verantwortung vernachlässigt

Nach § 1 und 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin trägt der Senat die Verantwortung für die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung der Berliner Abfälle.

Warum sind bislang keine Deponiegaserfassungssysteme bei den BSR-Deponien Schöneicher Plan und Wernsdorf vorhanden? Wann ist mit der Inbetriebnahme der Anlagen bei diesen Deponien zu rechnen?

Warum wurden vom Senat keinerlei Maßnahmen gegenüber den BSR eingeleitet, damit diese die Berliner Siedlungsabfälle ordnungsgemäß in Deponien mit entsprechenden Gasfassungssystemen bzw. Abdichtungen beseitigt?

4. Die Stilllegung der umweltgefährdenden Deponien ist überfällig

Die Deponie Wernsdorf soll bis zum 31.5. 2005 stillgelegt werden; für die Deponien Schöneicher Plan und Schwanebeck ist die Stilllegung bei der zuständigen Behörde noch nicht angezeigt.

In welcher Form hat der Senat in Abstimmung mit dem Landesumweltamt Brandenburg seine Verantwortung hinsichtlich der Deponiegasfassung und des Grundwasserschutzes in den von der BSR betriebenen Deponien wahrgenommen?

Plant der Senat in Kenntnis der Umweltgefährdung der Deponien einen Weiterbetrieb über den gesetzlich vorgegebenen Termin 15.07.2005 hinaus? Wenn ja, welche Deponie sollen weiterbetrieben werden und mit welcher Begründung wird der Weiterbetrieb gerechtfertigt?

Welche Fragestellung liegt dem Gutachten zu den BSR-Deponien zugrunde? Wann wird es vorliegen und von wem wird es erarbeitet?

War die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als obere Abfallbehörde in die fachliche Vorbereitung der Beauftragung des Deponiegutachtens eingebunden? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht und welche Konsequenzen zieht der Senat aus diesem Umstand?

Nach §14 (6) Deponieverordnung besteht die Möglichkeit, von den vorgeschriebenen Maßnahmen bei der Stilllegung und Nachsorge von Deponien Ausnahmen zuzulassen. Wird der Senat eine solche Ausnahmezulassung in Anspruch nehmen? Wenn ja, warum und für welche Deponie?

Wie beurteilt der Senat in Kenntnis seiner Erfahrungen mit der BSR und insbesondere ihrer mangelnden Fürsorge für einen umweltgerechten Betrieb ihrer Deponien die Einführung einer abfallwirtschaftlichen Fachaufsicht über die BSR, um so den Prinzipien des Berliner Abfallgesetzes und anderer abfallrechtlicher Vorgaben entsprechen zu können? Welche Alternativen sieht der Senat zur abfallwirtschaftlichen Fachaufsicht?

Begründung: Spätestens im Juni 2005 müssen die drei Berliner Hausmülldeponien in Brandenburg stillgelegt und saniert werden. Dafür ist zwar finanzielle Vorsorge bei der BSR getroffen, doch andere notwendige Vorarbeiten scheinen nicht getroffen worden zu sein. Darüber hinaus wurden Auflagen des zuständigen Landesumweltamtes Brandenburg von der BSR nicht eingehalten. Es ist zu befürchten, dass diese jahrelange Untätigkeit des Senats und der BSR die Umweltbelastung, die Sanierungsdauer und die Sanierungskosten der Deponien erhöht hat. Eine umfassende und ehrliche Bilanz aller Erkenntnisse zu den Deponien ist daher überfällig. Auch hinsichtlich des zur Zeit von der BSR in Auftrag gegebenen Deponiegutachtens müssen die vielen noch offenen Fragen thematisiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich der Senat und die BSR ihrer Verantwortung für die Sanierung der Deponien insgesamt stellen und sich dies auch im Untersuchungsauftrag für das Deponiegutachten widerspiegelt. Die Frage nach der politischen Verantwortung des Senats für die bisherigen Versäumnisse bleibt davon unberührt.