Für welche Schiffe besteht eine Lotsannahmepflicht?

Zu Frage 3.: Für welche Schiffe besteht eine Lotsannahmepflicht?

In Bremen werden die gleichen Kriterien für die Lotsannahmepflicht bzw. der befreiung angewandt wie auf den Revieren, die nachfolgend aufgeführt sind.

Die Lotsannahmepflicht ist geregelt in der Verordnung über die Verwaltung und Ordnung der Seelotsreviere Weser I und Weser II/Jade. Hiernach ist die Lotsannahmepflicht für Seelosten wie folgt geregelt:

(1) Zur Annahme eines Seelosten sind verpflichtet:

1. auf den Fahrstrecken binnenwärts der jeweiligen Außenposition des Lotsenschiffes, ausgenommen Nord-Reede, Neue Weser-Reede, Blexen-Reede und Reede von Wilhelmshaven,

a) Tankschiffe im Sinne des § 30 Abs. 1 der Schifffahrtsstraßenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1998 (BGBl. I S. 2309) in der jeweils geltenden Fassung.

b) Andere Seeschiffe mit einer Länge über alles von 90 Meter oder einer größeren Breite von 13 Meter und mehr.

2. auf den Fahrtstrecken zwischen der Lotsenversetzposition beim Feuerschiff GB und der jeweiligen Außenposition des Lotsenschiffes

a) Schiffe nach Nr. 1 Buchstabe a mit einer Länge über alles von 150 Meter oder einer größten Breite von 23 Meter und mehr,

b) andere Massengutschiffe mit einer Länge über alles von 250 Meter oder einer größten Breite von 40 Meter oder einem Tiefgang von 13,5 Meter und mehr,

c) andere Seeschiffe mit einer Länge über alles von 350 Meter oder einer größten Breite von 45 Meter und mehr.

3. wenn das Lotsenschiff seine Position wegen schlechten Wetters weseraufwärts verlegt hat,

a) auf der Fahrtstrecke der Weser vom Lotsenschiff bis zur Außenposition des Lotsenschiffes im Bereich der Leuchttonne 3/Jade 2 Seeschiffe mit einer Länge über alles von 170 Meter oder einer größten Breite von 28 Meter und mehr, die keine Tankschiffe nach Nr. 1 Buchstabe a sind,

b) auf der Fahrtstrecke der Jade von Schlechtwetterposition im Gebiet Minsener Oog bis zur Außenposition des Lotsenschiffes im Bereich der Leuchttonne 3/Jade 2 Seeschiffe mit einer Länge über alles von 170 Meter oder einer größten Breite von 28 Meter und mehr, die keine Tankschiffe nach Nr. 1 Buchstabe a sind.

Bei Schlepperverbänden ist die Summe der Längen über alles von Schlepper und Anhang unter Ausschluss der Schleppleine und die größte Breite des Schleppverbandes maßgebend, wobei zu der Breite auch etwaige Ladungsüberhänge zählen.

In Bremerhaven gelten folgende Regeln:

Entsprechend den Bestimmungen der Bremischen Hafenordnung (§ 14 a) ist die Verpflichtung zur Annahme eines Hafenlotsen wie folgt geregelt:

(1) Beim Befahren des Hafengebietes sind zur Annahme eines Hafenlotsen verpflichtet:

1. Öl-, Gas- und Chemikalien-Tankschiffe,

2. andere Seeschiffe mit einem Bruttoraumgehalt von 1000 Registertonnen und mehr.

(2) Von der Pflicht zur Annahme eines Hafenlotsen sind befreit:

1. Schiffe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

2. Seeschiffe mit einem Bruttoraumgehalt bis zu 300 Registertonnen und Binnenschiffe nach Absatz 1 Nr. 1, sowie Schiffe mit einem Bruttoraumgehalt bis zu 5000 Registertonnen nach Absatz 1 Nr. 2, wenn

a) der Schiffsführer mit dem jeweiligen Fahrzeug den zu befahrenden Teil des Hafenbezirks der bremischen Häfen innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zwölfmal angelaufen hat,

b) der Schiffsführer über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt und

c) das Schiff mit einem betriebsklaren Radargerät sowie einer betriebsklaren UKW-Sprechfunkanlage ausgerüstet ist, die beim Befahren der Hafengruppe Bremen-Stadt auf den Sprechwegen 16,3,12,6,8 und 10,

d) beim Befahren der Hafengruppe Bremerhaven auf den Sprechwegen 16,8,10 und 14 arbeitsfähig sein muss.

(3) Die Hafenbehörde kann ein Schiff mit einem Bruttoraumgehalt von mehr als 5000 Registertonnen von der Hafenlotsenannahmepflicht auf Antrag ganz oder teilweise für jeweils zwölf Monate befreien, wenn

1. der Schiffsführer mit dem jeweiligen Schiff den zu befahrenden Teil eines Hafenbezirks der bremischen Häfen innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens 36 mal angelaufen hat und

2. die Voraussetzungen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstaben b) und c) erfüllt sind.

Zu Frage 3.1: Wie viele der nicht zur Lotsenannahme verpflichteten Schiffe fordern Lotsen an? Bitte getrennt nach Schiffsarten und -größen angeben.

Eine Aufzeichnung über die Anzahl der Schiffe, die trotz Nichtannahmepflicht oder Lotsbefreiung einen Lotsen angefordert haben, ist nicht vorhanden. Nach Schätzung der Lotsenbrüderschaften fordern jedoch zirka 15 % (Bremerhaven) und 30 % (Bremen) dieser Schiffe bei normalen Wetter einen Lotsen an. Diese Zahl erhöht sich auf zirka 40 % (Bremerhaven) und 60 % (Bremen) bei schlechtem Wetter wie hohe Windstärken oder schlechte Sicht durch Regen oder Nebel.

Zu Frage 3.2: Wie sieht die diesbezügliche Entwicklung in den letzten zehn Jahren zahlenmäßig aus?

Dazu können aufgrund fehlender Statistiken keine Angaben gemacht werden.

Zu Frage 4.: Wie beurteilt der Senat die vom Verband Deutscher Reeder (VDR) geforderte Zusammenlegung von Lotsrevieren und Brüderschaften?

Eine Zusammenlegung von Lotsrevieren kann zu Kostenreduzierungen führen, da Wartezeiten eingespart werden können. Jedoch entstehen zunächst Kosten bei der Schulung der vorhandenen Lotsen für das jeweils andere Revier. Außerdem werden bei einer Zusammenlegung die Anzahl der Lotsungen pro Lotse auf dem Revier verringert, was zu einer Reduzierung des Erfahrungsstandes der Lotsen und einer Beeinträchtigung der Sicherheit führen kann. Daher muss eine Zusammenlegung sehr sorgfältig auf alle Konsequenzen hin überprüft werden.

Eine Zusammenlegung von Brüderschaften ist dann sinnvoll, wenn dadurch Personal- und Verwaltungskosten gespart werden können.

Zu Frage 4.1: Welche Auswirkungen hätte eine solche Zusammenlegung für Bremen und Bremerhaven?

Siehe Antwort zu Frage 4.

Zu Frage 4.2: Welche Auswirkungen hätte dies auf die Gebühren?

Zunächst würde sich für zwei bis drei Jahre eine Erhöhung der Gebühren ergeben, da die Lotsen geschult werden müssen. Danach könnte eine Reduzierung von 15 bis 20 % erreicht werden. Eine Amortisation der für die Schulung einzusetzenden Kosten kann frühestens nach drei Jahren erreicht werden. Dies richtet sich nach der Anzahl der Lotsen, die sich an der Durchlotsung beteiligen.

Zu Frage 4.3: Wie beurteilt der Senat die Zusammenlegung unter Sicherheitsaspekten für die bremischen Häfen?

Siehe Antwort zu Frage 4.

Zu Frage 5.: Wie beurteilt der Senat die Überlegungen bez. einer Privatisierung der Lotsenversetzsysteme?

Eine Privatisierung ist sinnvoll, wenn dadurch Kosteneinsparungen erzielt werden können. Dies muss jedoch durch gezielte Untersuchungen nachgewiesen werden.

Zu Frage 6.: Welche Möglichkeiten sieht der Senat darüber hinaus, Kosteneinsparungen im Bereich des Lotswesens zu realisieren?

Nach Ansicht des Senats bestehen Möglichkeiten zur weiteren Reduzierung der Kosten für das Lotswesen in folgenden Bereichen:

- Neuordnung des Lotstarifsystems,

- Einrichtung einer zentralen Lotsversetzstation in der Deutschen Bucht,

- Ausweitung der Freifahrerregelung, d. h. Modifizierung der Lotsannahmepflicht bei verstärkter Landradarberatung,

- Reduzierung der Fahrverbote für bestimmte Gruppen von Schiffen bei schlechter Sicht, wenn ohne Beeinträchtigung der Sicherheit und Umwelt durchführbar,

- generelle Verstärkung der Landradarberatung,

- Reduzierung der Bemessungsgrenzen für Lotsen-Doppelbesetzung,

- Reorganisation der Lotsabgabe,

- Belastung der Schiffe, die nur mit Radarberatung fahren,

- verstärkte Helikopterversetzung von Schiff zu Schiff (Stationierung des Helikopters auf der Versetzstation),

- Übertragung des gesamten Inkassos von Lotsgeld und Lotsabgabe auf die Lotsenbrüderschaften.