Rekultivierungszwecke eingesetzten Klärschlamms von 49 v H Stand 1997 auf 5 v H bis zum Jahr 2010 reduziert werden

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2004

(b) Verwertungsvertrag mit der SVZ 287 Der zwischen den BWB und der SVZ im Dezember 1996 geschlossene Verwertungsvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2010 sah von Juli 1999 an die uneingeschränkte, sichere und kontinuierliche Abnahme und Verwertung von getrocknetem Klärschlamm aus Kläranlagen der BWB in den Anlagen der SVZ zu einem Preis von 110 /t zuzüglich Mehrwertsteuer vor. Der Preis war bis zum 31. Dezember 1999 festgeschrieben; danach sollte die Vergütung entsprechend einer Preisgleitklausel mit jährlicher Anpassung ermittelt werden. Die BWB haben sich im Rahmen einer Mindestmengengarantie verpflichtet, vom Jahr 2001 an den gesamten Berliner Klärschlamm von 44 000 t im Jahr - außer dem des Klärwerks Ruhleben - in getrockneter Form an die SVZ zu liefern. Nach den Planungen der BWB sollte der Anteil des als Kompostbestandteil im Landschaftsbau bzw. für Rekultivierungszwecke eingesetzten Klärschlamms von 49 v. H. (Stand 1997) auf 5 v. H. bis zum Jahr 2010 reduziert werden. Dafür sollte die Verwertung in der SVZ von 0 v. H. (Stand 1997) auf 57 v. H. bis zum Jahr 2010 ansteigen.

Aufgrund der minderen Qualität des Klärschlammgranulats und der unzureichenden Trocknungsleistung der SET Waßmannsdorf wurde der Vertrag im Dezember 1999 geändert und mit der SVZ ein Preis von 120,30 /t rückwirkend zum 1. Januar 1999 vereinbart. Mitte des Jahres 2000 haben BWB und SVZ erneut verhandelt, um den Vertrag vom Dezember 1996 den nach Auffassung der BWB neuen, veränderten Marktverhältnissen wirtschaftlich und bei Bedarf verfahrenstechnisch anzupassen, ohne dass hierdurch einem Vertragspartner finanzielle Nachteile entstehen sollten. Variante B stelle dagegen mit einer Abkehr von der Trocknung und Vergasung zurück zur ausschließlichen Entwässerung und Kompostie156

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2004 rung eine radikale Vertragsänderung dar und sei für die SVZ nicht akzeptabel. Die BWB führten hierzu aus: „Wohlwissend, dass diese Variante die Zustimmung der anderen Vertragspartei nicht finden würde, wurden die Entsorgungskosten abgeschätzt, die auf heutigen Marktpreisen und Erkenntnissen basierend entstehen würden...". Variante C basiere auf dem Grundsatz von Treu und Glauben und benachteilige keine der beiden Vertragsparteien. Diese Variante wurde im Juli 2000 als Verhandlungsergebnis im Vertrag dokumentiert. Danach wurde die SVZ von der Pflicht, den gesamten Klärschlamm zu vergasen, entbunden; die ursprünglich vereinbarte jährliche Liefermenge der BWB wurde halbiert. Die SVZ übernahm die Entsorgung sowie den Transport des Klärschlamms. Für die Entsorgung oder Verwertung des entwässerten oder getrockneten Klärschlamms einschließlich Transport wurde ein pauschaler Preis von 132,17 /t zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die bei den BWB nicht mehr benötigten Spezialfahrzeuge wurden an die SVZ veräußert.

Im Zuge der Veräußerung der SVZ haben die BWB im Juli 2002 eine erneute Änderung des Verwertungsvertrages betrieben. Im Wesentlichen wurde vereinbart, dass die BWB der SVZ jährlich 25 000 t getrockneten Klärschlamm zur Verfügung stellen. Die BWB verpflichteten sich darüber hinaus, zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in alle von der SVZ geschlossenen Entsorgungsverträge einzutreten und die daraus bestehenden Verpflichtungen im jeweils vertraglich vereinbarten Umfang zu übernehmen.

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass der 1996 mit der SVZ geschlossene Verwertungsvertrag weder unter den damaligen noch unter den heutigen Marktverhältnissen einer wirtschaftlichen Betriebsführung entspricht. Die Begründung für die Vertragsänderung vom Juli 2000 berücksichtigt vorrangig die wirtschaftlichen Interessen der SVZ und nicht die der BWB. Den BWB war es seinerzeit jedenfalls nicht verwehrt, den Klärschlamm kostengünstig im Wege der Entwässerung und Kompostierung zu entsorgen. Im Übrigen haben die BWB die Einschätzung des Rechnungshofs, dass dieses Verfahren nach wie vor die kostengünstigste Möglichkeit der Klärschlammentsorgung ist, bestätigt. Dies belegen auch die von der SVZ mit Subunternehmen zum Teil bis zum Ende des Jahres 2005 geschlossenen Entsorgungsverträge, deren Abnahmepreise nochmals erheblich unter den von den BWB im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen erzielten Preisen lagen. Auf dieser Grundlage hätten die Gesamtkosten lediglich 41,3 Mio. betragen; damit ergäbe sich eine Kostenreduzierung von fast 100 Mio. im Vergleich zum Vertrag von 1996.

Die BWB haben entgegnet, dass infolge der vertraglichen Vereinbarungen im SVZ-Vertrag vom Dezember 1996 Vertragsänderungen nur einvernehmlich möglich gewesen seien und deshalb stets nur Kompromisse darstellen würden. Die Nichteinhaltung des Vertrages hätte für die BWB möglicherweise Schadenersatzverpflichtungen nach sich gezogen; durch die abgewogenen Änderungen habe eine Schadenersatzpflicht jedoch vermieden

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2004 werden können. Zwar seien die Preise für thermische Behandlungswege nicht ausgelasteter Verbrennungsanlagen zurückgegangen. Dies sei aber als zwischenzeitliche Erscheinung zu werten, auf der keine langfristig sichere Entsorgung aufgebaut werden könne.

Diese Ausführungen überzeugen schon wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit der SVZ von den BWB nicht. Der Rechnungshof hat den BWB zudem vorgehalten, dass sie sich mit dem langfristig geschlossenen Verwertungsvertrag die Möglichkeit genommen haben, bei fallenden Preisen flexibel zu reagieren. Auch wenn eine Reduzierung der deutlich überhöhten Kosten erreicht worden ist, bleiben erhebliche Zweifel, ob ein Verwertungsvertrag mit einem anderen, nicht zu den BWB gehörenden Unternehmen ähnliche Vereinbarungen enthalten hätte. Trotz der auch von ihnen eingeräumten erheblichen Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse haben die BWB nicht einmal versucht, eine Aufhebung oder größere Veränderungen des Verwertungsvertrages in ihrem Interesse zu erreichen.

Tatsächlich dürften bei der Vertragsänderung im Juli 2000 Konzerninteressen ausschlaggebend gewesen sein. Dies wird durch die Ausführungen in einem Vermerk der Rechtsabteilung der BWB bestätigt. Hierin wird anlässlich der Prüfung von Änderungs- bzw. Kündigungsmöglichkeiten des mit der SVZ geschlossenen Verwertungsvertrages ausgeführt: „Wohlwissend, dass der Vertrag unter Berücksichtigung bestimmter Konzerninteressen geschlossen wurde, haben wir bei der Prüfung diese Überlegungen vernachlässigt und so getan, als ob das SVZ ein beliebiger Dritter wäre...".

Fazit: 294 Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend insbesondere, dass die BWB

· versäumt haben, vor Investitionen in den Ausbau von Kläranlagen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen,

· ein Klärwerk stillgelegt und eine Abwasserdruckleitung errichtet haben, um die Auslastung des - überdimensionierten - Klärwerks Waßmannsdorf zu erhöhen und

· das kurz zuvor erworbene Tochterunternehmen SVZ mit der Verwertung von Klärschlamm beauftragt und dabei wirtschaftlichere Lösungen unberücksichtigt gelassen haben.

Dadurch sind vermeidbare Aufwendungen von mehr als 1 Mrd. entstanden (vgl. T 264, 268, 270, 275 und 279). Der Rechnungshof erwartet, dass die BWB künftig vor jeder Investition sachgerechte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchführen und ihre Entscheidungen vorrangig nach Wirtschaftlichkeitskriterien treffen, damit das Land Berlin sowie die Unternehmen und Einwohner Berlins nicht unnötig finanziell belastet werden.