Chancen auf Ausbildung für junge Menschen mit Behinderungen durch die Berufsbildungswerke erhalten

„Der Senat wird aufgefordert, sich bei der Bundesagentur für Arbeit und der Regionaldirektion Berlin ­ Brandenburg dafür einzusetzen, dass

1. die hochwertige berufliche Ausbildung und Berufsvorbereitung der Berufsbildungswerke erhalten bleibt,

2. bei der finanziellen Ausstattung der Berufsbildungswerke die unterschiedlichen Behinderungsarten der Auszubildenden und die örtliche Lage der Berufsbildungswerke Berücksichtigung finden und keine bundeseinheitlichen Verbleibsquoten gebildet werden,

3. auch weiterhin jungen Menschen mit Behinderungen eine ihrer individuellen Situation entsprechende Möglichkeit für die berufliche Erstausbildung geboten wird."

Hierzu wird berichtet:

Zu 1.: Zur institutionellen Förderung besonderer Einrichtungen für behinderte Menschen (Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke) wurde durch die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg wie folgt Stellung genommen: „Berufsbildungswerke (BBW) sind überregionale Netzplaneinrichtungen zur beruflichen Erstausbildung von behinderten jungen Menschen, die wegen Art und Schwere der Behinderung auf die besonderen ausbildungsbegleitenden Hilfen angewiesen sind.

Es liegt selbstverständlich im Interesse der Bundesagentur für Arbeit (BA), dass die Berufsvorbereitung und die hochwertige berufliche Ausbildung in den Berufsbildungswerken (BBW) für den genannten Personenkreis erhalten bleibt. Die BBW bieten schwer- und / oder mehrfach behinderten jungen Menschen die Möglichkeit, berufliches Wissen zu erwerben, Kammerabschlüsse zu erreichen und darüber eine Integration in das Arbeitsleben zu realisieren.

Dieses Interesse der BA kollidiert nach meiner Auffassung nicht mit der Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Führung von Preisverhandlungen zwischen den Regionaldirektionen der BA und den BBW für die einzelnen berufsbezogenen Maßnahmen. In Zeiten knapper Kassen der öffentlichen Hand haben alle Mitglieder der Gesellschaft ihr Ausgabeverhalten zu kontrollieren. Da ist es unerheblich, für welche sozialen oder anderen Leistungen die Finanzströme überprüft werden.

Seit 1999 gilt ein bundesweiter Rahmenvertrag der BA, der mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke abgeschlossen worden ist. Dieser Rahmenvertrag sieht nach einer Übergangszeit ab 2004 bereits Preisverhandlungen über die angebotenen berufsbezogenen Maßnahmen vor. Die Preisverhandlungen mit den regional ansässigen Einrichtungen sind im übrigen im Februar 2004 einvernehmlich abgeschlossen worden.

Ausgangspunkt in den Verhandlungen waren die bundesweiten Durchschnittskostensätze des Jahres 2003 sämtlicher BBW.

Das Ziel, den behinderten jungen Menschen eine qualitativ hochwertige berufliche Ausbildung zu bieten, kann auch mit neu errechneten ­ teilweise verringerten ­ Kostensätzen erreicht werden. Vielfach lassen sich bei den privatwirtschaftlich arbeitenden BBW Einsparungen zum Beispiel auch an den Ausgaben im Sachkosten- und allgemeinen Verwaltungsbereich vornehmen."

Es gibt eine Initiative vom Berufsfortbildungswerk Annedore Leber, die Kalkulationsanlagen zu den Preisverhandlungen nochmals durch die Bundesagentur für Arbeit überprüfen zu lassen.

Die Position des Senats bleibt, dass die Sicherung der Erstausbildung behinderter junger Menschen prioritäres Ziel ist. Die Verhandlungen für 2004 haben zu dem Ergebnis geführt, dass die Ausbildung fortgeführt werden kann. Der Senat wird sich bei den nächsten Kostenverhandlungen über Details informieren. Daraus werden weitere mögliche Aktivitäten abgeschätzt und gegebenenfalls weitere Schritte eingeleitet, damit Mittelkürzungen nicht zu Lasten der Erstausbildung junger Menschen mit Behinderungen erfolgen.

Zu 2.: Zur Umsetzung in Berlin wird aus Sicht der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg wie folgt Stellung genommen: „Bei den Preisverhandlungen wurden selbstverständlich die Einflüsse durch die unterschiedlichen Behinderungsarten der Auszubildenden, die verschiedenen Ausbildungsangebote der BBW sowie die örtlichen Gegebenheiten bzw. die großstädtische Lage berücksichtigt.

Die Preise für die einzelnen Maßnahmen wurden individuell für die jeweiligen BBW und innerhalb dieser für die verschiedenen beruflichen Bildungsangebote verhandelt.

Bei der Vorgabe, die behinderten jungen Menschen durch die berufliche Ausbildung in einem BBW zu Teilhabe am Arbeitsleben zu befähigen, ist natürlich auch die Wettbewerbsfähigkeit / Vermittlungsfähigkeit der angebotenen Berufe zu beachten.

Das Angebot der BBW ist kontinuierlich mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes abzugleichen und gegebenenfalls anzupassen. Eine möglichst große Anzahl von Absolventen der BBW soll in den Arbeitsmarkt einmünden. Ziel der individuellen Förderung des behinderten Menschen muss seine tatsächliche Integration in den Arbeitsmarkt sein."

Der Senat hat bereits in anderen Bereichen der Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung auf die Problematik der Anwendung einheitlicher Verbleibswerte hingewiesen, ohne dass die regionalen Besonderheiten berücksichtigt werden. Diese Linie verfolgt der Senat auch und gerade in der Behindertenausbildung. Ohne die Berücksichtigung der unterschiedlichen Behinderungsgrade der Auszubildenden und die variierenden Kostensätze in den Berufsgruppen ist keine sinnvolle Festlegung der Ausbildungskosten möglich.

Zu 3.: Die Stellungnahme der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg besagt: „Die Rehabilitationsberater in den Agenturen für Arbeit bemühen sich nach wie vor, jedem jungen behinderten Menschen eine angemessene individuelle Möglichkeit der beruflichen Erstausbildung zu bieten.

Zur erforderlichen Abklärung der Eignung werden die Fachdienste der BA (Ärztlicher Dienst, Psychologischer Dienst, Technischer Beratungsdienst) unterstützend eingeschaltet, um konkret für den Einzelfall die ­ vorrangig betriebliche ­ oder außerbetriebliche Maßnahme wohnortnah zu organisieren.

Ziel unserer Bemühungen wird es auch weiterhin sein, den jungen behinderten Menschen in Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX und SGB III eine realistische berufliche Zukunftsperspektive zu ermöglichen."

Der Abschluss der Preisverhandlungen in 2004 führt zunächst zu keinem akuten Handlungsbedarf.

Trotzdem wird der Senat bei den zuständigen Stellen darauf Einfluss nehmen, dass mit der Bereitstellung notwendiger Maßnahmen und Mittel das im Grundgesetz verankerte Recht auf Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen und auf Teilhabe am Arbeitsleben gesichert wird.

Bei der Festsetzung von Eingliederungs- und Verbleibsquoten für die Beurteilung der Effizienz einer Einrichtung setzt sich der Senat für die Beachtung des örtlichen Arbeitsmarktes ein und steht so gegen die Anwendung von Einheits- und Mittelwerten.

Die Berufsbildungswerke wurden in der Vergangenheit mit einem hohen Mitteleinsatz geschaffen, um eine niveauvolle Ausbildung für Menschen mit verschiedenen Behinderungen anzubieten. Die erfolgreiche Vermittlungsquote von Ausgebildeten dieser Werke in den Arbeitsmarkt beweist die Richtigkeit dieser Investitionen.

Preisverhandlungen zwischen der Regionaldirektion für Arbeit und den BBW dürfen keinen Qualitätsabfall der Ausbildung und damit eine Verringerung der Vermittlungschancen von behinderten Jugendlichen in den Arbeitsmarkt mit sich bringen.

Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.