Umweltschutz

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats mit Hinweis auf die Rechtsgrundlagen und die Löschungsfristen festgeschrieben. Unsere Anregungen sind dabei berücksichtigt worden.

Weiterhin hat die ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Kinder- und Jugenddelinquenz ein Präventionskonzept entwickelt, das Beiträge der Jugendhilfe zur präventiven kriminellen Karriere und zum sachgerechten Umgang mit jungen Intensivtätern enthält.

Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst

Ein Bürger hat uns um die Prüfung der Rechtmäßigkeit von verschiedenen Datenspeicherungen in der vom BKA geführten Arbeitsdatei PIOS ­ Innere Sicherheit (APIS) und im Kriminalaktennachweis (KAN) gebeten.

Dabei ging es um zwei Verfahren aus den Jahren 1997 und 2000 wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (Plakat-Entrollen auf dem Vordach einer Gebäudeeingangshalle) und Hausfriedensbruch (Erklettern des Berliner Fernsehturmes und Versuch, ein Zelt aufzubauen bzw. ein Plakat aufzuhängen).

Der Polizeipräsident hat die Meldungen an das BKA damit gerechtfertigt, dass der Betroffene offensichtlich zu Mitstreitern der Umweltorganisation Robin Wood gehört, die durch plakative, zum Teil beträchtliche Störungen verursachende Aktionen auf deren Ziele aufmerksam machen wollen. Diese hoch emotionalisierten Personen, die auch vor riskanten und sich und andere in Gefahr bringenden Aktionen nicht zurückschrecken, begehen zumeist Straftaten wie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. In den von Robin Wood aufgegriffenen Themenfeldern wie Anti-AKW- bzw. AntiCastor-Protesten ist es in der Vergangenheit zu Überschneidungen mit der militanten, linksextremistischen Szene und von dort aus begangenen, unaufgeklärt gebliebenen schwersten Straftaten wie beispielsweise Brand- und Hakenkrallenanschlägen gegen die Deutsche Bahn AG gekommen. Auch die Info-Box am Potsdamer Platz war wiederholt Zielobjekt linksextremistischer Angriffe, zu denen auch Brandanschläge zählten.

Der Betroffene war 1997 anlässlich der Jahrespressekonferenz der Deutschen Bahn AG mit sechs weiteren Personen auf das Vordach der Gebäudeeingangshalle der Deutschen Bahn AG gestiegen, um ein Transparent „Castor-Züge stehen still ­ wenn der neue Bahnchef will. Robin Wood" zu entrollen. Als er nach seiner Festnahme erkennungsdienstlich behandelt werden sollte, leistete er Widerstand. Das Verfahren wurde eingestellt. Bei dem anderen Vorgang stieg er mit zwei anderen Personen mit Bergsteigerausrüstung an der Außenseite des Berliner Fernsehturmes an Stahlseilen empor. Sie versuchten, in 60 Metern Höhe ein Hochgebirgszelt und ein Transparent „S.O.S. ITOIZ" anzubringen. Abgeworfenen Flugblättern war zu entnehmen, dass es sich um eine Protestaktion gegen den Bau eines Staudammes in Spanien handelte.

Der Polizeipräsident hat seinerzeit die beanstandete Speicherung der Daten des Betroffenen auf die nach damaliger Rechtslage einschlägigen Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst in Staatsschutzsachen (KPMD-S) in Verbindung mit der Errichtungsanordnung für die beim Bundeskriminalamt geführten Verbunddatei „Arbeitsdatei PIOS-Innere Sicherheit" (APIS) gestützt. Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlagen zum Zeitpunkt der Einstellung der Daten erfüllt waren, oblag der Einschätzung des Polizeilichen Staatsschutzes, der dies seinerzeit bejaht hat. Es ist aus den vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit dargelegten Gründen vertretbar, daran zu zweifeln, ob den in Rede stehenden Straftaten des Betroffenen bereits die Verfolgung von Zielen im Sinne der damals geltenden KPMD-S, wie sie der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit zutreffend zitiert, unterstellt werden kann. Es ist aber auch vertretbar dies zu bejahen, da die Zuordnung komplexer Sachverhalte unter Berücksichtigung des Umfeldes des Betroffenen und seiner Motive zum - damals noch nicht einheitlich definierten - Bereich der politisch motivierten Kriminalität naturgemäß Interpretationsspielräume eröffnet und in Grenzfällen zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann. Gerade in den von „Robin Wood" aufgegriffenen Themenfeldern wie Anti-AKW bzw. AntiCastor-Protesten ist es in der Vergangenheit zu Überschneidungen mit der militanten, linksextremistischen Szene und von dort aus begangenen, unaufgeklärt gebliebenen schweren Straftaten wie zum Beispiel Brandund Hakenkrallenanschlägen gegen die Deutsche Bahn gekommen, so dass eine Verbindung des Betroffenen hierzu nicht ausgeschlossen, wenn auch nicht nachgewiesen werden konnte. Gegen den Petenten wurden in der Vergangenheit wiederholt Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit plakativen, zum Teil beträchtliche Störungen verursachenden Aktionen der Umweltschutzorganisation „Robin Wood" wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung geführt. Unter anderem wurde ihm im Jahre 1996 eine Bannkreisverletzung des Berliner Abgeordnetenhauses zur Last gelegt, worin eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern eines verfassungsmäßigen Organs des Landes Berlin zu sehen ist. Vor diesem komplexen Hintergrund war die Einstellung der Daten in die Verbunddateien aufgrund der damaligen Rechtsgrundlagen nach hiesiger Ansicht vertretbar

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats

Die Polizei hält die Speicherung der Daten in APIS und KAN aus Gründen der Gefahrenabwehr und künftigen Strafverfolgung für erforderlich und geboten. nach hiesiger Ansicht vertretbar.

Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da die Datenspeicherung jedenfalls nach den seit Januar 2001 geltenden Richtlinien für den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) zulässig ist. Wie der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit selbst ausführt, wollen die Mitglieder von „Robin Wood" mit ihren Aktionen den demokratischen Willensbildungsprozess im Bereich Umweltschutz und Energie beeinflussen. Damit fallen die in diesem Zusammenhang verübten Straftaten unter die vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zutreffend zitierten Meldevoraussetzungen der KPMD-PMK. Die Kommission „Staatsschutz" hat in ihrem Bericht vom 16.01.2001 an die AG Kripo zum Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität ausgeführt, dass damit „Einzelphänomene in ihrer Gesamtheit erfasst werden können, die nur zum Teil von Extremisten besetzt sind, ohne jede Straftat und jeden Täter mit dem unterstellten Motiv der Systemüberwindung belegen zu müssen..."

Danach war die Datenspeicherung spätestens ab diesem Zeitpunkt zulässig.

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass es nicht darum geht, Organisationen wie „Robin Wood" durch polizeiliche Maßnahmen von der Durchsetzung ihrer politischen Ziele abzuhalten, soweit dies durch ihre Mitglieder im Rahmen der Gesetze und demokratischen Normen erfolgt. Wenn aber, wie im Fall des Betroffenen, durch Aktionisten mit einer ganz offensichtlichen politischen Motivation Straftaten begangen werden, hat der Polizeiliche Staatsschutz zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben die entsprechenden Informationen zu sammeln und auszuwerten, um erforderliche Schlussfolgerungen treffen zu können.

Nach der damaligen Rechtslage richtete sich die Zulässigkeit der Speicherung nach den Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst in Staatsschutzsachen (KPMD-S) in Verbindung mit der Errichtungsanordnung von APIS. Danach durften personenbezogene Daten nur unter folgenden Voraussetzungen in APIS gespeichert werden:

- Zuordnung der Straftaten zum Katalog der Staatsschutzdelikte,

- zu anderen Straftaten, sofern wegen der Angriffsrichtung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation der Verdacht besteht, dass mit der Tat Ziele im Sinne von Nr. 1 der KPMD-S verfolgt werden,

- Straftatvorwürfe gegen ein Objekt (Person, Institution oder Sache), aus denen sich der Verdacht ergibt, dass der Betroffene Ziele im Sinne von Nr. 1 der KPMD-S verfolgt und keine Erkenntnisse vorliegen, die eine Erfassung wegen des Motivs des Täters ausschließen würden.

Ziel von Nr. 1 der KPMD-S war es u. a., durch Sammlung und Auswertung von Nachrichten und Unterlagen Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats lung und Auswertung von Nachrichten und Unterlagen Hinweise für die Verhütung und Aufklärung von Straftaten zu gewinnen, die gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes und der Länder zum Ziel haben.

Im vorliegenden Fall konnten die Straftaten nicht dem Katalog der Staatsschutzdelikte zugeordnet werden. Sie richteten sich auch nicht gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Den Datenspeicherungen lagen Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruch, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zugrunde. Ein Zusammenhang mit linksradikalen Anschlägen bei Castor-Transporten auf die Deutsche Bahn AG konnte ebenso wenig nachgewiesen werden wie schwerer Landfriedensbruch.

Die Verfolgung von Zielen nach Nr. 1 KMPD-S war nicht erkennbar, da sich die Aktionen der Robin-WoodMitglieder gegen die Beseitigung von Defiziten im Bereich des Umweltschutzes sowie gegen die Verwendung von Atomenergie ­ und nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ­ richteten.

Zwischenzeitlich wurde in einer Neufassung der Richtlinie im Jahr 200169 die Meldeschwelle erheblich herabgesetzt. Danach sind nach Nr. 2 KPMD-PMK neben den bisherigen Straftatbeständen insbesondere Straftaten, die in Würdigung der Umstände, der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür geben, dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten, meldepflichtig.

Mit ihren Aktionen wollen die Mitglieder von Robin Wood zwar den demokratischen Willensbildungsprozess im Bereich Umweltschutz und Energie beeinflussen. Es ist aber mit dem Wesen der Demokratie nicht vereinbar, wenn jede politische Motivation unter dem Verdacht steht, sich gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung zu richten.

Anhaltspunkte für eine staatsfeindliche oder gar terroristische Motivation des Betroffenen bei der Begehung der vorliegenden Straftaten waren nicht erkennbar. Der Betroffene wollte mit seinen Aktionen auf angebliche Missstände im Bereich der Castor-Transporte aufmerksam machen bzw. über den Bau eines umweltpolitisch diskutablen Staudamm-Projektes in Spanien informieren.

Der Polizeipräsident hat ohne weitere Begründung erklärt, dass die weitere Speicherung zulässig ist, weil

Richtlinie für den kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK)