Leiten und lenken statt suchen und behindern ­ endlich ein Parkleitsystem für Berlins Innenstadt

„Der Senat wird aufgefordert, in Abstimmung mit der Verkehrsmanagementzentrale ein Konzept für die City Ost und die City West für ein modernes Parkleitsystem zu entwickeln, welches den Parksuchverkehr deutlich reduziert. Dabei sind auch Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. März 2004 zu berichten."

Hierzu wird berichtet:

Vorbemerkungen:

Für Berlin ist wegen der Größe der Stadt mit zahlreichen unabhängigen Subzentren ein einheitliches, gesamtstädtisches Parkleitsystem nicht sinnvoll. Deshalb konzentriert sich der Auftrag des Abgeordnetenhauses auf ein Konzept für das historische Zentrum (Mitte) und die City West. Parkleitsysteme sollen der Reduzierung des Parksuchverkehrs dienen. Hierfür sind statische und dynamische Systeme entwickelt und seit den 70er-Jahren, insbesondere in mittelgroßen Städten der Bundesrepublik Deutschland mit einem ausgeprägten eng begrenzten Innenstadtbereich, eingerichtet worden.

2. Statische Parkleitsysteme gemäß Zeichen 434 StVO.

Der mit diesen Systemen verbundene Komfortund Informationsgewinn für die Autofahrenden unterstützt u.a. die Attraktivität der Städte für den Einzelhandel und den Tourismus im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit durch diese Dienstleistung.

Die Größenordnung des Parksuchverkehrs als prozentualer Anteil der Parksuchfahrten am Gesamtindividualverkehrsanteil ist nur schwer konkret zu erheben. Aus älteren Untersuchungen in anderen Städten ist bekannt, dass ihr Anteil in Stadtzentren bis zu 30 % des Gesamtverkehrs betragen kann. Die wesentlichen Einflussfaktoren sind von Stadt zu Stadt sowie in den jeweiligen Gebieten sehr different. Die Parkplatzsuche wird beeinflusst u.a. von dem Fahrtzweck, der Ortskenntnis, der Tageszeit, der Höhe der Parkgebühren im öffentlichen Straßenraum und in öffentlich zugänglichen Parkierungsanlagen (Parkplätze, Parkhäuser, Tiefgaragen) sowie der Akzeptanz verschiedener Fußweglängen zwischen Parkplatz und Ziel in Abhängigkeit von Witterung, beabsichtigter Parkzeit oder zu transportierendem Gepäck.

Statische Parkleitsysteme stellen eine besondere Form der Wegweisung dar. Sie bilden für ein zusammenhängendes attraktives Zielgebiet mit mehreren Parkierungsanlagen eine in sich geschlossene einheitliche Wegweisung - speziell zu den Stellplatzzufahrten von Parkplätzen/Parkhäusern/Tiefgaragen. Sie geben allerdings keinerlei Hinweise auf den Auslastungsgrad der angeschlossenen Parkierungsanlagen. Das würde allerdings auch voraussetzen, dass Parkplätze auf öffentlichem Straßenland und in Parkierungsanlagen gleichermaßen und ohne subjektive Präferenzen genutzt werden würden.

· Tegel Ortskern

3. Dynamische Parkleitsysteme gemäß Zeichen 434 StVO.

Bei dynamischen Systemen erfolgt bereits im Vorfeld eines Zielgebietes die Anzeige über den Belegungszustand der Parkierungsanlagen. Es erfolgt je nach System die „Frei/Besetzt" ­ Anzeige oder es wird die Anzahl der freien Plätze angegeben.

Derzeitige Situation in Berlin

In Berlin sind verschiedene Parkleitsysteme vorhanden, die den Anforderungen und Ansprüchen zum Zeitpunkt ihrer Einrichtung in den jeweiligen Dienstleitungs-/Einkaufszentren entsprechen. Dabei sind folgende Systeme zu unterscheiden: In Berlin ist nur in Friedrichshain, Frankfurter Allee, ein solches System vorhanden.

1. Einfache Hinweisbeschilderung gemäß Zeichen 314 StVO 4. Gegenüber den „konventionellen" statischen oder dynamischen Parkleitsystemen im Straßenraum stellt der unentgeltliche Dienst „Parken in Berlin" der Verkehrsmanagementzentrale Berlin (VMZ Berlin) ein Teilsegment eines umfassenden Gesamtinformationsangebotes zur Mobilität in Berlin dar.

Unter der Internetadresse „www.VMZBerlin.de" stehen folgende Informationen zur Verfügung:

Mit diesem Zeichen wird auf einzelne Parkierungsanlagen ausgehend von Hauptstraßen gewiesen.

Anzeigen über den Belegungszustand erfolgen

- wenn überhaupt - erst an der Parkierungsanlage selbst. Diese Art der Hinweise ist in Berlin die häufigste Art der Beschilderung.

· Überblick über die Parkierungsanlagen in Berlin als Karte und Liste

· Belegungsinformation von Parkierungsanlagen

· Detailinformation zu den Parkierungsanlagen

· Suchfunktion mit Filteroptionen zum gezielten Finden von Parkierungsanlagen

· Verknüpfung mit den Routingdiensten der VMZ Berlin

· Stadtplandienst für Umgebungsplan der Parkierungsanlage.

Mit diesem Dienst können sich die Nutzer einen Überblick über die Parkmöglichkeiten in Berlin verschaffen. Dabei sind ca. 180 Parkierungsanlagen (Parkplätze, Parkhäuser und Tiefgaragen), die öffentliches Parken anbieten, einbezogen. Informiert wird über alle wichtigen Details wie Kapazität, Gebühren, Fahrzeugbeschränkungen, Frauenparkplätze und behindertengerechte Plätze. Einbezogen ist auch die aktuelle Belegung (Anzahl der freien Plätze) derjenigen Parkierungsanlagen, die über einen Kommunikationsanschluss zur VMZ Berlin verfügen. Derzeit ist dies bei 29 Parkierungsanlagen der Fall, weitere sollen folgen.

Vergleich der Systeme

Die Unterschiede der Parkleitsysteme lassen sich wie folgt beschreiben:

Sofern mehrere Parkierungsanlagen in einem Zielgebiet vorhanden sind, können die Alternativen entweder statisch oder dynamisch angezeigt werden.

Den höheren Entwicklungsstand stellen dabei die dynamischen Parkleitsysteme dar, die einen stärkeren Umverteilungseffekt zwischen den Parkierungsanlagen bewirken könnten, hin zu einer gleichmäßigeren Auslastung der angeschlossenen Anlagen, da sie gegenüber statischen Systemen den Verkehrsteilnehmer zusätzlich über

· Frei- und Besetztanzeigen der angeschlossenen Parkierungsanlagen oder

· über eine numerische Anzeige der freien Stellplätze informieren.

Die Beobachtungen in anderen Städten haben gezeigt, dass dynamische Parkleitsysteme an Spitzentagen (d.h. volle Aus- oder Überlastung einzelner Parkierungsanlagen) bzw. an manchen Tagen nur in Spitzenstunden eine Verteilfunktion bewirken. Entscheidend im Hinblick auf den Parksuchverkehr ist dabei die Akzeptanz der dynamischen Parkleitsysteme durch den Autofahrer. Durch dynamische Parkleitsysteme ist es zwar möglich, sich schnell und direkt zu noch freien Parkplätzen in anderen Parkierungsanlagen führen zu lassen, wenn die ursprünglich vorgesehene Parkierungsanlage belegt ist. Weitergehende Untersuchungen haben u.a. in den Städten Mainz und Stuttgart ergeben, dass die Gewohnheit eine bestimmte Parkierungsanlagen benutzen zu wollen, eine so große Rolle spielt, dass auch längere Wartezeiten vor der Parkierungszufahrt akzeptiert werden, anstatt die nächste Parkierungsanlage mit freien Stellplätzen anzusteuern.

Dem gegenüber geben statische Parkleitsysteme keinerlei Hinweise auf den Auslastungsgrad der angeschlossenen Parkierungsanlagen. Diese Systeme erfordern gegenüber dynamischen Systemen einen relativ geringen materiellen und technischen Aufwand. Sie sind sinnvoll und auch ausreichend als ortsgebundene Parkleitsysteme, unter anderem

· zur Unterscheidung und Zuordnung bestimmter Parkierungsanlagen zu bestimmten Zielen,

· bei hohem Parkanteil Ortsfremder oder

· wenn Parkierungsanlagen selten voll belegt sind.

Gegenüber den ortsgebundenen Parkleitsystemen hat das von der VMZ Berlin angebotene moderne, dynamische, ortsungebundene Informationssystem neben den geringeren Investitions-, Betriebs- und Unterhaltungskosten ­ den entscheidenden Vorteil einer grundsätzlich höheren Flexibilität. Mit diesem System ist eine schnellere und kostenminimierte Reaktion und Information beim Leiten und Lenken in die Parkierungsanlagen möglich.

Bewertung der heutigen Situation

Für den Ziel-, Einkaufs- und Freizeitverkehr in das Historisches Zentrum (Mitte) und die City West steht mit dem dynamischen Verkehrsinformationsmanagement der VMZ Berlin ­ die den modernsten Stand der Technik auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik repräsentiert ­ ein attraktives Dienstleistungsangebot zur Verfügung. Mit dem dargelegten ortsungebundenen Angebot der VMZ Berlin sieht der Senat bezüglich einer Verbesserung der Parkrauminformation keinen wesentlichen Handlungsbedarf.

Der Senat hält es jedoch im Rahmen des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Stadt für wichtig, auch die vorhandenen ortsgebundenen Parkleitsysteme in diesen Gebieten zu modernisieren. In wie weit damit jedoch eine deutliche Reduzierung des Parksuchverkehrs zu erreichen ist, müsste unter Einbeziehung der vorhandenen Gegebenheiten detailliert untersucht werden. Anhand von drei Beispielen soll dies verdeutlicht werden:

1. Im Bereich des Potsdamer Platzes ist ein modernes statisches Parkleitsystem vorhanden, das eine direkte Zielführung zu modernsten Tiefgaragen bzw. zu einem Parkhaus ermöglicht, welche immer über freie Parklätze verfügen. Dennoch herrscht dort im Straßenraum erheblicher Parksuchverkehr, der sich mit den kostenfreien Parkplätzen im öffentlichen Straßenraum, nicht aber mit Mangel an Parkrauminformationen erklären lässt.

Parkleitsysteme ­ Wirksamkeitsuntersuchung und Konzeptentwicklung, Hartmut H. Topp und Silvia Körntgen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen V 13, 1993

2. Im Bereich der Augsburger/Ranke/Marburger Straße ist seit langem die Parkraumbewirtschaftung eingeführt. Es stehen mit dem sehr attraktiven Parkhaus Los Angeles Platz sowie dem preiswerten Parkhaus Wertheim - mit Anrechnung der Parkgebühr bei einem Einkauf ­ auch attraktive Stellplatzangebote zur Verfügung. Trotzdem meiden viele Kraftfahrer diese Angebote und suchen einen ebenerdigen Parkplatz im öffentlichen Straßenraum, wobei der ebenerdige Parkraum in der gesamten Umgebung bewirtschaftet ist, mit der Folge, dass die Parkraumkapazität des öffentlichen Straßenraums erheblich überschritten wird (ordnungswidriges Parken in Haltverbotsbereichen usw.), obwohl die Parkhäuser nicht ausgelastet sind.

3. Im Gebiet der Frankfurter Allee ist ein modernes dynamisches Parkleitsystem vorhanden:

Obwohl die dynamischen Anzeigeelemente fast immer frei anzeigen und es sich bei den angeschlossenen Parkhäusern um attraktive und preisgünstige Parkierungsanlagen handelt, konzentriert sich der Parksuchverkehr auf die ebenerdigen Stellplätze auf dem öffentlichen Straßenland.

Es ist daher davon aus zu gehen, dass unabhängig von einem Parkleitsystem - welcher Art auch immer - Parksuchverkehr nicht gänzlich zu unterbinden ist.

Weiteres Vorgehen des Senats

1. Um eine detaillierte Aussage über die Wirkung von modernen Parkleitsystemen auf den Parksuchverkehr in Berlin machen zu können, wird sich der Senat eine umfassende Datenbasis über die Kapazitäten der Parkierungsanlagen und deren Auslastung in der gesamten City West und im Historischen Zentrum (Mitte) verschaffen.

Auf der Grundlage dieser Datenbasis wird im Rahmen einer Voruntersuchung die Wirksamkeit eines Parkleitsystems, der erforderlichen Rahmenbedingungen und eine Abschätzung des Kostenrahmens ermittelt. Die Erhebung der Datenbasis und die Untersuchung soll bis zum Jahresende 2004 durchgeführt werden, um auch die Auswirkungen der sich z.Zt. ändernden Rahmenbedingungen auf den ruhenden Verkehr mit einzubeziehen. Dabei handelt es sich um

· die Änderung der Parkgebührenordnung 2004 durch den Senat, die den Bezirken die Möglichkeit eröffnet, die Parkgebühren zeitlich (Zeitintervall viertelstündlich gegenüber derzeit halbstündlich) und in der Höhe differenziert (dreistufig je nach Bedeutung des Gebietes) neu zu staffeln. Inwieweit hiervon Gebrauch gemacht wird, liegt im bezirklichen Ermessen.

· die Einführung einer flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung durch den Bezirk Mitte im Herbst dieses Jahres für das Gebiet Potsdamer Platz.

2. Kostenauswirkungen auf Privathaushalte und/oder Wirtschaftsunternehmen: keine 2.Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg: keine

3. Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung: Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

Die Finanzierung der Erhebung der Datenbasis, die Untersuchung und Konzeptentwicklung soll im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW) als Planungsmaßnahme mit einem Umfang von bis zu 50.000 Euro anteilig mit 90 % gefördert werden. Der notwendige Komplementäranteil in Höhe von 10 v. H. der Gesamtausgaben wird im Einzelplan 12 nachgewiesen.