Europäisch denken ­ Europa-Kitas einrichten!

„Im Zuge der Qualifizierung der Kita als erste Stufe des Bildungssystems wird das erfolgreiche Konzept der Staatlichen Europaschule Berlin (SESB) auf den vorschulischen Bereich ausgedehnt (Europakitas).

Der Senat wird aufgefordert:

· in Abstimmung mit den Europa-Schulen und bereits bilingual arbeitenden Kitas bis zum 30. Juni 2004 ein Konzept für EuropaKitas zu erarbeiten, welches sich am Modell der Staatlichen EuropaSchule orientiert,

· die Einrichtung von Europa-Kitas zu fördern, sie organisatorisch zu unterstützen und personell angemessen auszustatten,

· die Einstellung zweisprachiger und muttersprachlicher ErzieherInnen zu erleichtern und zu fördern.

Die Einrichtung von Europa-Kitas erfolgt zunächst in enger Kooperation mit und in räumlicher Nähe zu den existierenden Europa-Schulen.

Die Europa-Kitas bieten bilinguale Erziehung und Bildung von der Krippe an und übernehmen zugleich die Aufgaben der bisherigen Vorklassen der Europa-Schulen.

Zur Erweiterung des vorschulischen Bildungs- und Betreuungsangebots soll die Einrichtung von Europa-Kitas darüber hinaus auch unabhängig von den Europa-Schulen gefördert werden."

Als Erweiterung des bisherigen Angebotes im Elementarbereich können sich bisher bilinguale bestehende Kindertagesstätten ab dem Kitajahr 2005/2006 als „Europa-Kitas" (zertifiziert) in der Sprachkombination Deutsch mit einer anderen europäischen Sprache profilieren.

Hierzu wird berichtet:

In Ergänzung zu den Aussagen des Zwischenberichtes vom 1. Juni 2004 (Drs. 15/2989) sind durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport mit allen Leiterinnen und Leitern der Staatlichen Europa-Schulen und Trägern bzw. Leitungen bilingualer Kindertageseinrichtungen weitere intensive Abstimmungen zur künftigen Übernahme der bisherigen Aufgaben der Vorklassen der Europa-Schulen erfolgt. 31 zweisprachige Kindertageseinrichtungen der Sprachkombinationen deutsch-englisch, deutschfranzösisch, deutsch-spanisch, deutsch-italienisch, deutsch-griechisch, deutsch-russisch, deutsch-polnisch und deutsch-türkisch haben mit den Leiterinnen und Leitern der Staatlichen Europa-Schulen Vorbereitungen zu entsprechenden Kooperationsvereinbarungen getroffen. Weitere bilaterale Treffen zwischen den SESB und den Kitas der jeweiligen Sprachkombinationen sowie gegenseitige Hospitationen wurden verabredet. Bis November werden erste Zwischenberichte über die konkreten Kooperationen zwischen Kita und SESB gleicher Sprachkombinationen vorliegen.

Europa-Kitas bieten zweisprachige und interkulturelle Erziehung mit Beginn der Aufnahme in die Kita an. Sie fördern die Kinder mehrjährig, möglichst von der Krippe an, bis zum Schuleintritt. Sie erfüllen die in diesem Konzept benannten Rahmenbedingungen.

Europa-Kitas übernehmen in Kooperation mit den Europa-Schulen die langfristige Vorbereitung auf den zweisprachigen Unterricht und ermöglichen damit Kindern verschiedener Muttersprachen einen problemlosen Übergang in den bilingual organisierten Unterricht. Diese Zusammenarbeit wird im Rahmen entsprechender Kooperationsvereinbarungen geregelt.

In Europa-Kitas werden die Inhalte des Berliner Bildungsprogramm unter besonderer Berücksichtigung der Zweisprachigkeit sowie der Interkulturalität umgesetzt.

Ziel ist dabei auch, das Hineinwachsen der Kinder in ein neues Europa, die Chance der Verständigung in einer vielsprachigen Umwelt sowie die Begegnung mit außereuropäischen Kulturen zu erleichtern.

Die von mir beauftragte Arbeitsgruppe mit Trägervertretern zweisprachiger Kitas hat unter Federführung meiner Verwaltung ein Konzept zur Einrichtung von Europa-Kitas entworfen. Meine Verwaltung wird die Einrichtung von Europa-Kitas fördern und sie bei der organisatorischen Umsetzung unterstützen. Die personelle Ausstattung erfolgt auf der Grundlage des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KitaG) sowie der Kindertageseinrichtungspersonalverordnung (KitaPersVO): Diese ist insofern angemessen, als auch alle anderen zweisprachigen und multikulturellen sowie Kitas mit einem hohen Anteil an Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache mit gleicher Personalausstattung die Bildungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen. Allerdings muss die Einstellung zweisprachiger und muttersprachlicher Erzieherinnen und Erzieher erleichtert werden. Dies wird im folgenden Konzept zur Einrichtung von Europa-Kitas berücksichtigt. Es gilt der Grundsatz, dass der Einsatz von pädagogischen Fachkräften zwingend erforderlich ist. Jedoch soll anderen geeigneten Kräften die Möglichkeit gegeben werden, durch spezifische Fort- und Weiterbildungen die erforderlichen Fähigkeiten für eine Tätigkeit in einer Europa-Kita zu erwerben.

Europa-Kitas erarbeiten eigene Träger- bzw. Kita-Konzepte, die auf die Besonderheiten ihrer pädagogischen Zielsetzung, Struktur und Organisation bezug nehmen.

Folgende Rahmenbedingungen gelten:

Pädagogik:

In Europa-Kitas gilt das Prinzip: Eine Person eine Sprache. Das Bildungsprogramm für die Kindertageseinrichtungen wird demnach auch in beiden Sprachen in gleichem Verhältnis umgesetzt.

Die Erzieherinnen und Erzieher sprechen konstant in ihrer jeweiligen Muttersprache mit den Kindern.

Bei den Erzieherinnen und Erziehern sollen Kenntnisse der jeweils anderen Partnersprache vorliegen, damit sie Kinder, Eltern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen.

Die frühe Vermittlung der Partnersprache erfolgt altersgemäß und durchzieht den gesamten pädagogischen Alltag in der Kita sowie spezifische Angebote, Aktivitäten und Projekte. Dabei ist die sachgemäße Einschätzung der sprachlichen Ausgangssituation jedes Kindes erforderlich. Es ist Vorsorge zu treffen, dass die Entwicklung der jeweils stärkeren Sprache nicht beeinträchtigt wird.

Konzept zur Einrichtung von Europa-Kitas

Im Zuge der Qualifizierung der Kindertagesstätte als erster Stufe des Bildungssystems wird das erfolgreiche Konzept der SESB durch die Einrichtung von Staatlichen Europa-Kitas auf den Elementarbereich ausgedehnt.

Das für die Kitas entwickelte Sprachlerntagebuch ist als Mittel zur Beobachtung, Dokumentation und Förderung jedes Kindes unter Berücksichtigung der Zweisprachigkeit einzusetzen.

Personal:

Als Zielbestimmung gilt, dass 50% des pädagogischen Fachpersonals jeder Europa-Kita über muttersprachliche Kompetenzen in Deutsch und 50% über muttersprachliche Kompetenzen in der jeweiligen Partnersprache verfügen.

Die Träger gewährleisten diesen Einsatz durch entsprechende Einstellung bzw. Besetzung mit Fachpersonal. Um eine ausreichende Anzahl muttersprachlicher Erzieherinnen und Erzieher zur Verfügung zu haben, können andere geeignete Kräfte eingesetzt werden, sofern sie sich zur Aus- oder Fort- und Weiterbildung verpflichten. Dabei bedürfen unbefristete Einstellungen in den unmittelbaren Landesdienst des Einvernehmens mit der Senatsverwaltung für Finanzen.

Die Besetzung der Stellen erfolgt auf der Grundlage des KitaG sowie der KitaPersVO.

Kinder:

In Europa-Kitas ist die möglichst frühzeitige Aufnahme muttersprachlicher, zweisprachiger und deutscher Kinder in einem ausgeglichenen Verhältnis anzustreben. Dadurch wird gewährleistet, dass der Kontakt zur neuen Sprache intensiv und authentisch ist. Die Entscheidung über die Zusammensetzung in altershomogenen oder altersgemischten Gruppen obliegt den Trägern der Europa-Kitas.

Zusammenarbeit im Team:

Die Bikulturalität des Teams sichert neben der zweisprachigen Erziehung die Vermittlung von Bräuchen und Werten beider Kulturen gleichermaßen. Regelmäßige Teamsitzungen beinhalten die Planung der pädagogischen Arbeit, den Austausch, die Beratung und die Reflexion sowie Gespräche über die Gruppe bzw. einzelne Kinder und die Vorbereitung von Festen sowie der Elternarbeit.

Fortbildung des pädagogischen Personals:

Das pädagogische Personal nimmt an Fortbildungen zu spezifischen Themen der Zweisprachigkeit und interkulturellen Kompetenz teil.

Diese werden auch von der landeseigenen Fortbildungsstätte organisiert und durchgeführt.

Zusammenarbeit mit Eltern: Grundvoraussetzung ist, dass Eltern über die Bedeutung der zweisprachigen Erziehung aufgeklärt und über das pädagogische Konzept informiert werden.

Bei der pädagogischen Planung werden die Erwartungen der Eltern berücksichtigt. Dies wird über verschiedene Formen der Elternarbeit, z. B. einzelne Elterngespräche, regelmäßige Eltern- und Informationsabende, die Raumgestaltung sowie öffentliche Dokumentation der pädagogischen Arbeit transparent gemacht.

Die Eltern werden darin bestärkt, mit ihren Kindern in der jeweiligen Muttersprache zu kommunizieren. Kompetenzen der Eltern sollten bei ihrer Einbeziehung in den Kita-Alltag genutzt werden, sie können erheblich zur positiven Sprach- und Kulturvermittlung beitragen.

Zusammenarbeit mit der Staatlichen EuropaSchule Berlin:

Besonders im letzten Jahr vor dem Schuleintritt bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit mit der Europa-Schule, die eine kontinuierliche und längerfristige Unterstützung und Begleitung der Kinder vor dem Übergang in die Schule ermöglicht. Über Prinzipien und Inhalte werden zwischen den EuropaKitas und den Europa-Schulen der jeweiligen Sprachkombinationen Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Formen der Kooperation sind:

· Regelmäßige Gespräche zwischen Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer über Konzepte der jeweils anderen Institution

· Gegenseitige Hospitationen des pädagogischen Personals in Kita und Schule

· Gegenseitige Besuche von Kita- bzw. Schulkindern, Planung und Durchführung gemeinsamer Feste unter Einbeziehung der Eltern

· Wechselseitige Teilnahme an Gremien und Veranstaltungen, Austausch von Materialien und Fachliteratur

· Gemeinsame Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer.

Aufnahme in eine Europa-Schule:

Ist von den Eltern die Aufnahme ihres Kindes in eine Europaschule erwünscht, werden die dafür erforderlichen Sprachkenntnisse beider Sprachen überprüft.

Die Zugangsvoraussetzungen für die Aufnahme in die Europa-Schule werden durch Rechtsverordnung von der für Schule zuständigen Senatsverwaltung geregelt.

Die Zertifizierung als „Europa-Kita" erfolgt durch die für Jugend zuständige Senatsverwaltung.

Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.