Grundschule

Was will uns der ZEB also hier sagen? Wir sind der Auffassung, dass es nicht sinnvoll ist, ein oder zwei Jahre noch weiter zu diskutieren, sondern wir haben den Auftrag zu handeln, und wir müssen dieses konkrete Handeln natürlich ­ deshalb bin ich auch dankbar, dass es noch einmal gesagt worden ist ­ weiter evaluieren. Wir müssen kontrollieren, wir müssen überprüfen, was daraus passiert. Welche Ziele sind gesetzt worden? Wie fördern wir, wie fordern wir? Dies ist unbedingt in Einklang zu bringen.

Letzter Satz, meine Damen und Herren: Wir hier als Politik haben die Verantwortung für die Zukunft unserer nachfolgenden Generationen. Ich glaube, dass wir in vielen Dingen Fehler gemacht haben, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die Dinge, die wir jetzt gemeinsam auch mit dem Sozialressort auf den Weg gebracht haben, eindeutig in die richtige Richtung gehen. Die Eltern bekommen eine ganz entscheidende Rolle. Wir gehen in den Wettbewerb der Schulen. Wir sagen, integrative Systeme werden ausgebaut, aber wir bieten den Eltern genauso auch durchgängige gymnasiale Schulen an. Lasst doch bitte schön die Eltern entscheiden, wohin sie ihre Kinder schicken möchten! Lassen wir den Wettbewerb um die besseren Unterrichtsmodelle entscheiden, wohin wir gehen! Ich finde eine gemeinsame Unterstützung absolut richtig, meine Damen und Herren! Deshalb habe ich die herzliche Bitte, nicht nur an Sie als Politiker, sondern auch an die beteiligten Schüler der GSV, die auch heute hier der Diskussion folgen, an die Eltern, an die Lehrer, jeder sollte sich seiner bildungspolitischen Verantwortung bewusst sein!

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Allerdings!) Ja, liebe Frau Linnert, gemeinsam vorangehen und nicht in alte ideologische Grabenkämpfe verfallen, so wie ich das leider, sonst kenne ich Frau Stahmann anders, heute wieder erfahren habe, gemeinsam müssen wir diese Probleme lösen!

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Was war denn die Motivation der CDU? Das waren doch ideologische Grabenkämpfe!) Nein, Frau Linnert!

(Zuruf der Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen])

Da haben Sie offensichtlich den Kompromiss völlig fehlinterpretiert. Ich finde, was die Koalition uns hier vorlegt, Frau Linnert, das ist ein Kompromiss. Ich finde es ausgesprochen interessant, dass beide Seiten mit diesem Kompromiss nicht sehr zufrieden sind, sondern beide Seiten sind nicht damit einverstanden, dass nun alles erfüllt worden ist, aber es ist eine ganz klare Aussage! Wir haben die integrativen Systeme, wir haben die durchgängigen Systeme, und die treten in einen Wettbewerb.

Dass Sie nun unglücklich darüber sind, dass der ZEB auch noch so hinter uns steht, dafür habe ich Verständnis, aber ich denke, wir sollten diesem neuen Schulgesetz eine faire Chance geben. Wir werden das überprüfen, und wenn es irgendwo Fehlentwicklungen gibt, werden wir auch entsprechend handeln. Ich glaube jedenfalls, dass wir auf einem guten Weg sind. ­ Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Senator will ich einmal loben, ich muss aber sagen, dann ist auch wieder Schluss mit lustig, denn bei dem Schulgesetz, da hat Herr Lemke Recht, da sind die Grünen wirklich unerbittlich. Ich würde nicht sagen, wir sind ideologisch, aber diese Kröte, die uns heute hier vorgelegt wird, die wollen wir als Grüne eben nicht schlucken!

Wir wollen es auch nicht so lassen, wie es ist, Herr Lemke, um da gleich einmal mit diesem Märchen aufzuräumen! Ich finde es positiv, dass Sie die Lehrer loben und sagen, dass sie einen schwierigen Job haben. Ich finde, das ist auch richtig, das müssen Sie als Bildungssenator auch machen.

Sie sagen ganz richtig, Bildung und Wissenschaft sind wichtige Faktoren für Bremen, für die zukünftige Ausgestaltung des Standorts. Wir haben hier in der Bürgerschaft in der letzten Legislaturperiode beschlossen, Bremen will bis zum Jahr 2010 unter die Top Ten der Technologiestandorte kommen. Da sagen auch die Grünen, dazu brauchen wir aber ein exzellentes Bildungssystem vom Kindergarten bis zu den Hochschulen. Das ist auch eine Prämisse, die die Grünen teilen. Wir brauchen mehr Abiturienten, wir brauchen nicht 30 Prozent.

(Zuruf des Abg. Rohmeyer [CDU])

Da bin ich skeptisch, Herr Rohmeyer, ob wir es mit dieser Schulstruktur, die Sie uns hier vorlegen, schaffen, künftig statt 30 Prozent auch wirklich 50 oder 60 Prozent zu haben. Wenn wir ein Technologiestandort werden wollen, müssen wir uns nämlich nicht bundesrepublikanisch ausrichten, sondern dann müssen wir auch international wettbewerbsfähig sein.

Das heißt auch, dass wir mehr Abiturienten vorzuweisen haben müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir brauchen mehr Kinder mit qualifizierten Abschlüssen. Wir müssen uns auch um eine bessere Integration der Migrantenkinder kümmern. Das ist doch eine der Herausforderungen, die Pisa uns auch noch einmal ganz deutlich gemacht hat, dass wir wirklich schlecht sind bei der Integration von Migrantenkindern, dass wir Bildungschancen verschenken im Kindergarten! Wir finden es als Grüne richtig, und das teile ich auch ganz ausdrücklich, und ich hätte mir einen viel weiter gehenden Schritt gewünscht, ich hätte mir gewünscht, Kindergarten und Grundschule unter einem Dach, dass man wirklich ein Bildungssystem aus einem Guss macht. Warum gehen Sie diesen Schritt denn nicht? Das wäre doch der erste, bevor man die Schritte 95, 96, 97 geht.

Unten muss man anfangen. Das hat doch auch der Bildungssenator ganz richtig gesagt, das Fundament muss man stärken. Das ist der erste Schritt, den man hier gehen muss, bevor man vor lauter Strukturveränderungen ins Stolpern kommt!

Iglu hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass jede zweite Schulempfehlung falsch ist, dass Noten höchst subjektiv sind. Das alles muss doch nachdenklich machen, wenn jetzt hier ein System auf den Weg gebracht werden soll, das die Kinder nach Klasse vier trennt und nicht nach Klasse sechs. Es ist weniger Integration, und das muss man auch noch einmal ganz deutlich sagen.

(Zuruf von Senator Lemke) Statt sitzen bleiben, das finde ich auch, Herr Lemke, ich habe es auch gesagt: 50 Prozent der Bremer Kinder bleiben einmal sitzen. Das ist ein Skandal, und das muss geändert werden! Da sagen auch die Grünen, statt sitzen bleiben, das ist sehr teuer, soll man lieber individuelle Förderung machen. Man merkt doch schon ganz früh, wann die Kinder die Lernziele nicht mehr erreichen. Statt erst die Fördermaßnahmen zu bewilligen, wenn man den blauen Brief geschickt hat, muss das deutlich früher anfangen. Dafür müssen aber die Schulen entsprechend ausgestattet werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grünen werden die Auswirkungen dieses Schulgesetzes sehr kritisch beobachten. Auch die SPD hat eine sehr schöne Pressemitteilung jetzt schon herausgegeben, in der steht: Das neue Schulsystem ist besser, als seine Kritiker behaupten. Ich finde, das schäumt nicht gerade vor Begeisterung über, aber die SPD sagt jetzt, dieses Gesetz werde sie nach zwei Jahren überprüfen. Ich bin skeptisch, und ich sage es doch noch einmal ganz offen. Wenn ein Kind die Sekundarschule besucht, manche Kinder sind nicht nach Klasse vier die Überflieger, wir sind hier ein repräsentativer Durchschnitt der Gesellschaft, erinnern Sie sich an Ihre eigene Schulzeit: Manch einer startet nach Klasse vier voll durch, einer nach Klasse sechs, einer erst nach Klasse acht.

Das ist völlig unterschiedlich. Was passiert, wenn ein Kind in Klasse sechs eben nicht die zweite Fremdsprache gewählt hat, die es aber braucht, um später Abitur zu machen?

(Abg. Frau Hövelmann [SPD]: Dann geht es zum beruflichen Gymnasium!)

Dann geht es zum beruflichen Gymnasium! Aber warum kann ein Kind dann nicht, wenn es die Begabung hat, ebenso nach zwölf Jahren Abitur machen? Ich finde, die Kinder müssen die gleichen Rechte auf die gleichen Bildungsabschlüsse haben!

(Abg. Frau Hövelmann [SPD]: Aber das steht doch darin!) Jetzt noch einmal zum Thema Kompromiss: Herr Lemke, von allen Bildungsmodellen, und Sie haben, glaube ich, eine Vielzahl von Bildungsmodellen bei den Koalitionsverhandlungen auf dem Tisch liegen gehabt, ist das das schlechteste. Das ist der aus unserer Sicht schlechteste Kompromiss, bei dem die Kinder nicht im Mittelpunkt stehen. Ich habe gehört, es gab andere Modelle, Modelle, die früher anfangen, die die Kinder länger zusammenlassen, aber wir sagen grundsätzlich, die frühe Trennung der Kinder nach Klasse vier halten wir wirklich für einen kapitalen Fehler, den man nicht begehen muss. Sie haben hier zu 89 Prozent über Qualitätsveränderung geredet. Diese Qualitätsveränderung könnte man heute schon machen, ohne dass man diese Schulstruktur verändert, und da, Herr Rohmeyer, sind Sie ideologisch, tut mir Leid!

Als Grüne beantragen wir bei dieser Debatte, weil wir wissen, dass es der SPD manchmal schwer fällt, (Heiterkeit bei der SPD) mit diesem Gesetz umzugehen. Frau Hövelmann lacht! Bei vielen öffentlichen Veranstaltungen habe ich auch Vertreter der SPD gehört, die dieses Schulgesetz nicht gut finden und auch offen kritisiert haben. Deswegen beantragen wir hier bei diesem Schulgesetz namentliche Abstimmung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen ­ Abg. Kleen [SPD]: Das ist gut für die Kinder!) Präsident Weber: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die allgemeine Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gemäß Paragraph 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU, Drucksachen-Nummer 16/151, abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 16/151 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen und Abg. Wedler [FDP]) Stimmenthaltungen?

(Abg. Tittmann [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Ich lasse jetzt über das Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes und des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes, Drucksachen-Nummer 16/129, in erster Lesung abstimmen.

Hier ist von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen namentliche Abstimmung beantragt worden.

Wir kommen also zur namentlichen Abstimmung.

Ich rufe die Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Ich unterbreche für eine Minute die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung 17.51 Uhr) Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 17.52 Uhr.

Präsident Weber: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Die namentliche Abstimmung hat folgendes Ergebnis: 14 Nein und 64 Ja! Damit ist das Schulgesetz in erster Lesung beschlossen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, da der Senat um Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung gebeten hat und die Fraktionen der SPD und der CDU dies als Antrag übernommen haben, lasse ich jetzt darüber noch einmal abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Linnert.

Abg. Frau Linnert (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grünen haben ja schon heute Morgen in der Geschäftsordnungsdebatte gesagt, dass wir es nicht für sinnvoll halten, so ein Gesetz hier im Handstreich durch das Parlament zu pauken. Ich würde auch ganz einfach sagen: Ehe man das Gesetz, so wie es in der Presseerklärung der SPD steht, in zwei Jahren überprüft, nehmen Sie sich noch einmal vier Wochen bis zur März-Sitzung Zeit und überlegen Sie sich einmal, wie Sie diese 87 Fragen der Bremerhavenerinnen und Bremerhavener beantworten wollen! Überlegen Sie sich in diesen vier Wochen noch einmal, ob Therapie und Diagnose in einem sinnvollen Zusammenhang stehen!

Wir waren uns ja in vielen Punkten einig, was die Diagnose des Bremer Schulsystems betrifft. Nicht einig sind wir uns in der Therapie, und daran krankt auch die Debatte. Sie stellen keinen Zusammenhang her zwischen dem, was Sie in vielen Punkten richtigerweise in Bremen an Fehlern entdecken, und den Maßnahmen, die Sie da ergreifen. Das Auseinanderdividieren von Kindern nach der vierten Klasse ist keine Antwort auf all das, was wir hier in Bremen vorfinden.

Nehmen Sie sich vier Wochen Zeit zu überlegen, warum sich die CDU eigentlich feiert, weil sie in den letzten zwei Jahren nichts dazugelernt hat! Nehmen Sie sich vier Wochen Zeit, darüber nachzudenken, warum der Widerstand in der SPD massiv ist! Machen Sie ein Schulgesetz für die Menschen! Ich gehe davon aus, dass Sie das hier weiterhin betreiben werden und das Schulgesetz auch in zweiter Lesung beschließen werden. Ich bin sicher, dass Sie noch viele Schwierigkeiten mit dem, was Sie heute beschlossen haben, bekommen werden, von den Kostenfolgen einmal ganz zu schweigen. Was Sie hier machen, ist nicht nur inhaltlich, sondern auch vom Verfahren her ein Armutszeugnis Ihrer Politik!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Abg. Frau Hövelmann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die inhaltliche Debatte nicht so wie die Kollegin Linnert wieder aufnehmen. Die Inhalte und die Argumente sind ausgetauscht worden. Ich bin der Meinung, Frau Kollegin Linnert, dass wir nicht verantwortungslos handeln, sondern dass wir verantwortungslos handeln würden, wenn wir noch zuwarten würden (Beifall bei der CDU)