Nachhaltigkeit

Antrag

Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Wasserbewirtschaftungsplan vorlegen ­ Wasserwerk Jungfernheide nicht schließen

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, einen gesamtstädtischen Grundwasserbewirtschaftungsplan vorzulegen. Dieser Plan muss den rechtlichen Anforderungen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, der Wasserrahmenrichtlinie und dem dort geforderten Verschlechterungsverbot Rechnung tragen.

Die Grundwasserförderung im Wasserwerk Jungfernheide ist beizubehalten und mindestens bis zur Vorlage des Grundwasserbewirtschaftungsplans fortzuführen, um die durch einen veränderten Grundwasserspiegel auftretenden Schäden an Natur und Gebäuden zu verhindern.

Für die Berliner Wasserwerke sind umgehend wasserrechtliche Genehmigungen mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen.

Begründung:

Die Berliner Grundwasserförderung ist gekennzeichnet durch ungleiche Problemlagen, einerseits in den Siedlungsgebieten und andererseits den Naturräumen. Der Rückgang, gar eine Beendigung der Wasserförderung im siedlungsnahen Bereich lässt den Grundwasserspíegel ansteigen und hat unangenehme Folgen wie die Durchnässung von Kellern, aber auch die Versumpfung siedlungsnaher Grünanlagen.

Umgekehrt ist der Grundwasserspiegel in eher siedlungsfernen Waldgebieten wie dem Grunewald, dem Spandauer und Tegeler Forst oder dem Köpenicker Forst aufgrund der anhaltenden und teilweise starken Wasserförderung zu niedrig. Darunter leiden vor allem wertvolle Feuchtgebiete ­ wie Moore und Pfuhle ­ und der Wasserstand von Waldseen. In die Grunewald-Seenkette muss jährlich etwa das Doppelte ihres Fassungsvermögens an Wasser künstlich zugeführt werden, um sie vor dem Austrocknen zu bewahren. Viele dieser Gebiete stehen unter Naturschutz und sind in das europäische Schutzsystem „Natura 2000" integriert.

Der Betrieb der Berliner Wasserwerke ist unter Naturschutzaspekten daher ökologisch äußerst problematisch. Der Senat schließt Wasserwerke allein aus Gründen der Kostenminimierung, die Folgen für Natur und Gebäude bleiben dabei unberücksichtigt. Begründet wird dies mit einem so genannten Grundwassermanagement, tatsächlich sind es jedoch planlose Einzelaktionen.

Ein gesamtstädtischer Grundwasserbewirtschaftungsplan, dem neben ökonomischen auch ökologische Kriterien zugrunde liegen und der dem geltenden Recht der Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie und dem Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) entspricht, existiert in Berlin nicht.

Der Rückgang der Wasserförderung im Wasserwerk Jungfernheide - das zur Zeit nur etwa 3 Millionen m³ jährlich zur Grundwasserregulierung fördert­ zeigt schon jetzt nachteilige Folgen in Siedlungsgebieten und Grünflächen wie z. B. dem Charlottenburger Schlosspark. Andererseits trocknen z. B. in Köpenick die geschützten Waldmoore Krumme Laake und Pelzlaake, im Grunewald der Pechsee und die Saubucht aus. Der Teufelssee ist nur durch regelmäßige Wassereinleitungen zu retten.

Erschwerend kommt hinzu, dass es für die Berliner Wasserwerke ­ bis auf das kleine Wasserwerk Wuhlheide ­ keine wasserrechtlichen Genehmigungen gibt und demzufolge auch keine Umweltverträglichkeitsprüfungen für die jeweiligen Standorte durchgeführt wurden. Auch dieser Missstand darf nicht länger hingenommen werden.

Der Senat darf seine mit der verfehlten Privatisierung der Wasserbetriebe begonnene Wasserpolitik nicht fortsetzen, denn sie widerspricht allen Kriterien der Nachhaltigkeit.

Berlin, den 4. Januar 2005