Erstellung eines Maßnahmepaketes Zukunftsfähige Innovationspolitik für Berlin und Brandenburg

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner 59. Sitzung am 11. November 2004 Folgendes beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, auf Grundlage des von ihm vorgelegten Innovationsberichtes bis zum 30. November 2004 ein Maßnahmepaket zur Weiterentwicklung der Innovationspolitik für Berlin, aber auch der Region Berlin-Brandenburg zu erarbeiten.

Dabei sind folgende Bausteine zu berücksichtigen: Venture und Seed Capital-Fonds:

Der Senat soll prüfen, welche Vor- und Nachteile eine Beteiligung des Landes Berlin an der Finanzierung der "BC Brandenburg Capital GmbH" für Berlin nach sich ziehen würde. In diesem Kontext soll dargelegt werden, welche haushaltsrechtlichen Regelungen einer solchen Beteiligung entgegenstehen könnten und inwiefern auf diesem Wege durch eine entsprechende Aufgabenerweiterung der BC Brandenburg Capital GmbH Synergien für die Region Brandenburg-Berlin erzeugt werden könnten. Alternativ soll entsprechend den Schlussfolgerungen dargelegt werden, in welcher Weise die im Jahre 2002 in Hamburg vorgenommene Ausschreibung einer privaten Venture Capital Institution, die als PublicPrivate-Partnership im Verhältnis 50 : 50 betrieben werden soll, ein Modell für Berlin sein könnte. Dies gilt ebenso für die „Sachsen LB V.C. GmbH & Co. KG", die ein gemeinsames Tochterunternehmen der Sachsen LB, der Technologie-Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Ausgleichsbank (tbg) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) darstellt und über ein Volumen von 30 Mio. verfügt.

B) Kooperation der Technologiestiftungen in Berlin und Brandenburg:

Der Senat soll prüfen, inwiefern durch die Zusammenfassung der Technologiestiftungen beider Länder in einer gemeinsamen Holding der Einsatz von Fördermitteln intensiviert und Synergien realisiert werden könnten. Im Rahmen dieser Prüfung sollen haushaltsrechtliche und strukturelle Voraussetzungen für eine solche Zusammenfassung der Technologiestiftungen ermittelt und dargelegt werden und wie sich die Landesregierung Brandenburg zu einem solchen Vorschlag verhält. Darüber hinaus ist dem Abgeordnetenhaus zu berichten, welche weiteren Möglichkeiten einer intensivierten Kooperation der Technologiestiftungen bereits vor einer Zusammenführung bestehen.

C) Weiterentwicklung des Patentwesens:

Es ist zu prüfen, inwiefern die Patentverwertungsagentur IPAL GmbH durch Einbeziehung der Berliner Forschungseinrichtungen einerseits und der Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen Brandenburgs gestärkt und geöffnet werden kann. Dem Abgeordnetenhaus ist darzulegen, inwiefern der Senat die Verbesserung der Patentverwertung zu einem Bestandteil von leistungsorientierten Zuwendungen an Forschungseinrichtungen macht und das Gespräch mit der Landesregierung Brandenburgs sucht. Dem Abgeordnetenhaus ist zugleich darzulegen, welche Rolle die Förderung der BMBF-Verwertungsoffensive beim Aufbau einer effektiven Patentverwertung in Berlin spielt und wie derzeit bzw. künftig solche Bundesprogramme genutzt werden.

C) Anpassung der rechtlichen Vorschriften von Berlin und Brandenburg:

Der Senat soll einen Vorschlag erarbeiten, wie die im Bereich der Innovationspolitik einschlägigen Rechtsvorschriften, die derzeit zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg noch unterschiedlich geregelt sind, zu vereinheitlichen sind.

Dem Abgeordnetenhaus ist über den Umfang der Regelungen und den Zeitraum ihrer Anpassung sowie die Notwendigkeit des weiteren Bestehens dieser Vorschriften zu berichten."

Hierzu wird berichtet:

Das Land Berlin hat bereits 1982 aus der Erkenntnis, dass bei der Frühfinanzierung von technologieorientierten Unternehmen ein eklatanter Nachfrageüberhang besteht, den Innovationsfonds des Landes Berlin geschaffen. Damit war es möglich, vorrangig in den Frühphasen Seed und Start up (bis einschließlich Markteinführung neuer Produkte und Verfahren) stille Beteiligungen oder Darlehen zur Verfügung zu stellen.

Aus dem Innovationsfonds wurden bisher für mehr als 170 Unternehmen rund 57,5 Mio. bewilligt, von denen bis heute rund 14,9 Mio. in den Fonds zurückgeflossen sind. Darüber hinaus konnten Zinsen und Dividenden in Höhe von 8,9 Mio. verbucht werden.

Die Beteiligungs-/Darlehensfinanzierung wurde von fast allen alten und neuen Bundesländern übernommen. Künftig wird sie im Rahmen des „Programms zur Förderung von Innovationen und Technologien ­ ProFIT" weitergeführt. Es ist kurzfristig vorgesehen, ein Volumen von gut 5 Mio. jährlich (mittelfristig mindestens 7 Mio.) zu investieren.

Seit 1997 besteht für Technologieunternehmen am Standort Berlin ergänzend das Engagement der IBB. Die IBB-Beteiligungsgesellschaft hat seit der Gründung über offene und stille Beteiligungen rund 50 Mio. in 70 Unternehmen investiert. Bis Ende 2003 sind insgesamt rund 14. Mio. zurückgeflossen.

Zur nachhaltigen Stärkung der Frühphasenfinanzierung von Technologieunternehmen am Standort wurde der VC-Fonds Berlin konzipiert. Die Besonderheit liegt in der Gleichzeitigkeit der Fondsdotierung von nationalen Kofinanzierungsmitteln und EFRE-Mitteln sowie der Möglichkeit, Risikokapital in Form von offenen Beteiligungen geben zu können. Berlin nimmt mit diesem Vorgehen bundesweit eine Vorreiterrolle ein.

Die Handelsregistereintragung der VC-Fonds Berlin GmbH erfolgte am 15. Oktober 2004. Der Fonds hat unmittelbar anschließend seine Geschäftstätigkeit aufgenommen.

Der Fonds hat zunächst ein Volumen von 20 Mio. (davon 13,75 Mio. EFRE und 6,25 Mio. Mittel der IBB). Auf Unternehmensebene wird der Fonds nur bis zu 50 % des erforderlichen Finanzierungsvolumens darstellen. Der andere Teil soll vorrangig von privaten Finanziers aufgebracht werden. Darüber hinaus sollen in einer zweiten Finanzierungsrunde zusätzlich 25 Mio. für den Fonds von privaten wie auch von öffentlichen Kapitalgebern [wie z. B. der KfW und dem Europäischen Investitionsfonds (EIF)] eingeworben werden. Planungsgemäß werden somit nach erfolgreichen Finanzierungen des Fonds sowie den entsprechenden Engagements bei den Unternehmen mindestens 90 Mio. für Technologieunternehmen in Berlin mobilisiert.

Das Fondsmanagement wird von der IBB-Beteiligungsgesellschaft wahrgenommen. Damit werden die regionale Vernetzung, Nutzung der Kenntnisse über den Standort und seiner Strukturen sowie die von der EU-Kommission geforderte Professionalität und Unabhängigkeit gewährleistet.

Prüfung einer Beteiligung des Landes Berlin an der Brandenburg Capital GmbH

In Brandenburg werden durch die Brandenburg Capital GmbH (BC GmbH) bzw. ihre Töchter (Überblick siehe Anlage) offene und stille Beteiligungen vergeben. „Historisch" gewachsen sind drei Gesellschaften/Fonds: Die Seed Capital GmbH mit einer kleinen Beteiligung der Sächsischen Aufbaubank investiert in den Regionen Berlin-Brandenburg und Sachsen in Frühphasen technologieorientierter Unternehmen.

Die Kapitalbeteiligungsgesellschaft mbH ist ursprünglich ausgerichtet gewesen auf die Finanzierung von Restrukturierungen ehemaliger Treuhandunternehmen in Brandenburg. Der Schwerpunkt besteht jetzt bei unverändertem regionalen Bezug in der Finanzierung von Management Buy-Out (MBO) und Management Buy-In (MBI), aber auch in der Frühphasenfinanzierung von Unternehmen.

Die BC-Venture GmbH investiert ohne regionale Beschränkung in Wachstums- und Pre-IPO-Phasen (Börsengang). Auch Berliner Firmen wurden mitfinanziert.

Wie Berlin, so strebt auch Brandenburg durch den Einsatz von EFRE-Mitteln einen Risikokapitalfonds an. Während Berlin die nationale Kofinanzierung über Mittel der IBB als Eigenkapitalzuführung an den Fonds erbringen kann, gibt es in Brandenburg noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Konditionen, unter denen die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) ggf. zu einer Darstellung der nationalen Kofinanzierung bereit ist. Aufgrund der Konsequenzen der nicht einheitlichen Förderregion für die EFRE-Programmplanung, die Berichterstattung und die Fachaufsicht ist eine gemeinsame Aktivität im Hinblick auf einen EFRE-kofinanzierten Risikokapitalfonds nicht praktikabel und somit gegenwärtig nicht zu befürworten. Zudem soll der Start des Berliner VC-Fonds auch im Hinblick auf die 2005 bzw. 2006 auslaufende EFRE-Förderperiode nicht weiter verzögert werden.

Eine Beteiligung des Landes Berlin an der Brandenburg Capital GmbH aus Landesmitteln wäre haushaltsrechtlich möglich, lässt aber kurzfristig keine überzeugenden positiven Effekte für die Verbesserung der Eigenkapitalversorgung von (Technologie-)Unternehmen in Berlin erkennen. Eine Zusammenführung der maßgeblichen Institutionen und Mittel wird mittelfristig angestrebt, um Effizienzeffekte zu erreichen und die Ressourcenallokation für die Gesamtregion zu optimieren.

Frühphasenfinanzierung von Unternehmen in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Sachsen

Der in Schleswig-Holstein (SH) und Hamburg (HH) 1998 ausschließlich für das Gebiet der beteiligten Bundesländer aufgelegte Innovationsfonds SH & HH basierte auf dem Gedanken einer rein renditeorientierten Public-Private-Partnership zwischen einem öffentlich verbürgten und finanzierten Fondskonstrukt und einem privaten Fondsmanagement, aus dessen Mitteln jeweils eine mindestens 50 %ige Kofinanzierung der öffentlichen Mittel erbracht werden musste. Die 30 Mio. des virtuellen Fonds (Kreditzusage der KfW) sind zu einem Drittel verbürgt durch die Europäische Investitionsbank (EIB), zu einem Drittel (je hälftig) verbürgt durch HH und SH und zu einem Drittel im Eigenrisiko der KfW. Zusätzlich zu dem originären öffentlich-privaten Investment wurden bei der Einrichtung unternehmensindividuell ergänzende öffentliche und sonstige Finanzierungsmittel eingeworben.

Hinsichtlich der Einbindung von privaten Investoren hat das beschriebene Beispiel durchaus Modellcharakter. Jede öffentliche Geldeinheit wird zwingend durch mindestens eine private Geldeinheit ergänzt. Diese Konstellation wird aber in der derzeitigen Situation nicht mehr herzustellen sein. Zahlreiche VC-Geber sind vom Markt verschwunden und viele ­ auch die großen Finanziers ­ konzentrieren sich auf die Betreuung und Nachfinanzierung von laufenden Engagements. Es ist aufgrund der Zurückhaltung von Investoren nicht anzunehmen, dass in absehbarer Zeit ein privater VC-Geber zu einer ähnlichen Konstruktion bereit sein wird. Das Konzept des VC-Fonds Berlin antizipiert dies und plant die privaten Investoren zwingend zunächst nur auf Unternehmensebene und später erst (als ambitionierte Zielstellung) auf Fondsebene ein.

Die 1999 etablierte Sachsen LB V.C. GmbH § Co. KG verfügt über ein Fondsvolumen von 30 Mio., die zu je einem Drittel als Gesellschafterleistungen von der Sachsen LB, der Technologiebeteiligungs-Gesellschaft (tbg), Tochter der DtA, und seit 2000 von der EIB eingebracht wurden. Der Fonds wird verwaltet von der CFH, einer 100 %igen Tochter der Sachsen LB.