Gesetz zur Sicherung betrieblicher Bündnisse für Arbeit

Der Senat wird aufgefordert, umgehend eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, wodurch das Tarifvertragsgesetz (TVG) in der Fassung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), geändert durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 (BGBl. I S. 2879), mit Maßgabe für das Gebiet der ehemaligen DDR durch Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 14 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) wie folgt geändert wird:

In § 4 wird Absatz 3 um folgende Sätze 2 und 3 ergänzt: „Eine Regelung zugunsten des Arbeitnehmers kann auch dann vorliegen, wenn dieser gegen Aufgabe oder Einschränkung einzelner tarifvertraglich festgelegter Positionen die Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis oder den Verzicht des Arbeitgebers auf betriebsbedingte Kündigungen erlangt(betriebliche Beschäftigungssicherungsabrede). Von der Günstigkeit einer solchen Abrede ist auszugehen, wenn a) der Arbeitnehmer jederzeit unter Wahrung einer seiner gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechenden Ankündigungsfrist die Tarifbedingungen in Anspruch nehmen kann oder b) ihr der Betriebsrat oder 75 vom Hundert der mit einem entsprechenden Angebot des Arbeitgebers bedachten Arbeitnehmer des Betriebs zustimmen."

Begründung:

Die zunehmende Flucht aus dem Flächentarifvertrag resultiert aus dem hohen Niveau der Arbeitskosten in der Bundesrepublik Deutschland, welches die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft immer mehr beeinträchtigt, da die höheren Lohnkosten zunehmend nicht mehr durch einen entsprechenden Vorsprung an Innovation, Qualifikation der Belegschaft und andere Standortvorteile ausgeglichen werden können. Zu wenig wird von den Tarifparteien in Deutschland erkannt, dass es sich bei der Auseinandersetzung über Löhne und Arbeitszeit nicht mehr ausschließlich um einen Konflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern handelt, sondern mittlerweile als entscheidender Faktor der internationale Wettbewerb um Standorte und Arbeitsplätze hinzugekommen ist. Das heißt, auch die Arbeitnehmer stehen in einem globalen Wettbewerb um ihre Qualifikation, Löhne und Arbeitszeit. Die wettbewerbsbeschränkende Funktion der Tarifverträge verliert ihre Ordnungsfunktion, weil der Arbeitsmarkt, gerade auch durch den europäischen Binnenmarkt, eine globale Dimension erlangt hat und Vereinbarungen deutscher Tarifparteien diesen nicht mehr ausreichend beeinflussen. Während sich die Tarifparteien mit dieser Erkenntnis schwertun, ist zu registrieren, dass die Betriebsparteien dieser Entwicklung schon seit längerem Rechnung tragen. Seit Jahren treffen Arbeitnehmer mit und erforderlichenfalls auch ohne ihre Betriebsvertretung im Interesse der Sicherheit ihrer Arbeitsplätze mit Unternehmen Vereinbarungen, in denen auf einzelne tarifliche Positionen verzichtet wird, um im Gegenzug eine Beschäftigungszusage zu erlangen. Oft sind auch die örtlichen Tarifparteien stillschweigend duldend in solche betriebliche Bündnisse für Arbeit eingebunden.

In anderen Fällen wird jedoch die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen bei einer beiderseitigen Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf die zwingende Wirkung der Tarifverträge bestritten und durch Klage vor dem Arbeitsgericht angefochten. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20. April 1999 (1 ABR 72/98) den Gewerkschaften einen Unterlassungsanspruch gegen betriebliche Bündnisse für Arbeit eingeräumt. In der gleichen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht es abgelehnt, arbeitsvertragliche Beschäftigungsgarantien in die Günstigkeitsbewertung des § 4 Abs. 3 TVG aufzunehmen. Das Bundesarbeitsgericht sieht den Günstigkeitsbegriff des § 4 Abs. 3 TVG ungeachtet des offenen Gesetzeswortlautes unter Rückgriff auf die bisherige Rechtsprechung im Sinne des so genannten Sachgruppenvergleichs eingeengt. Daher hat es das Bundesarbeitsgericht abgelehnt, einen Verzicht auf tarifliche Rechte mit einer vom Arbeitgeber gewährten Arbeitsplatzgarantie im Sinne des Günstigkeitsvergleiches in Beziehung zu setzen. Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, für die Aufnahme spezieller betrieblicher Interessenlagen in das Prüfungsprogramm eines Günstigkeitsvergleiches fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass es dem Gesetzgeber offensteht, den Günstigkeitsvergleich unter Einbeziehung arbeitsvertraglicher Beschäftigungsgarantien neu zu fassen. Die Wettbewerbssituation auf dem globalen Arbeitsmarkt, die langsame und oft gar nicht erfolgende Reaktion der Tarifparteien auf die neuen globalen Wettbewerbsbedingungen erfordern eine Neufassung des Günstigkeitsvergleichs in § 4 Abs. 3 TVG. Angesichts der Selbstbeschränkung des Bundesarbeitsgerichts bei der Auslegung des Günstigkeitsprinzips ist die vom Gericht für nötig gehaltene gesetzliche Grundlage vom Gesetzgeber zur Verfügung zu stellen, um den in der betrieblichen Praxis entwickelten und vereinbarten betrieblichen Beschäftigungspaketen rechtliche Anerkennung zu verschaffen.