Zwischennutzung von Gebäuden und Grundstücken möglich machen

Der Senat wird aufgefordert, bei der Zwischennutzung brachliegender Flächen und Gebäude des Liegenschaftsfonds, der BIM GmbH sowie der Bezirke durch Unternehmen, Selbständige, Vereine, Initiativen oder Einzelpersonen nach folgenden Prinzipien zu verfahren:

1. Alle Grundstücke und Gebäude, die für eine Zwischennutzung in Frage kommen, müssen in einer öffentlichen Datenbank bekannt gemacht werden. Diese Darstellung soll alle für eine mögliche Zwischennutzung relevanten und öffentlichzugänglichen Gebäude- bzw. Grundstücksdaten enthalten, wie z. B. ursprüngliche Nutzungsart, Flächenangaben, baulicher Zustand, Höhe der Betriebskosten, möglicher Beginn und maximale Dauer einer Zwischennutzung etc.

2. Die Vergabe eines Grundstücks oder eines Gebäudes für eine Zwischennutzung muss auch für Dritte transparent und nachvollziehbar dargestellt und vollzogen werden.

3. Eine Zwischennutzung von Brachflächen soll grundsätzlich möglich sein, wenn dadurch eine ökologische oder soziale Aufwertung erfolgt, z. B. durch interkulturelle Gärten oder Grünflächen für Freizeit und Erholung.

4. Insbesondere bei Grundstücken und Gebäuden der sozialen Infrastruktur wie z. B. Spiel- und Sportflächen und Schulen ist sicherzustellen, dass sich Bürger und Bürgerinnen in die Entscheidung über die Art der Zwischennutzung einbringen können und nach Möglichkeit auch an der Umsetzung beteiligt werden. Dazu ist eine rechtzeitig Bekanntgabe vor Nutzungsänderung unbedingt sicher zu stellen.

5. Es ist zu prüfen, ob beim Liegenschaftsfonds, der BIM GmbH und den Bezirksämtern Zwischennutzungsbeauftragte bzw. Koordinierungsstellen eingerichtet werden können, um die Verantwortung für die Zwischennutzung von vorerst nicht verkaufbaren bzw. nicht zum Verkauf vorgesehenen Gebäu den Gebäuden und Grundstücken zu bündeln und eine zielgerichtete Information der Öffentlichkeit sicherzustellen.

Begründung:

Der Umgang mit dem öffentlichen Eigentum Berlins an Grundstücken und Gebäuden ist weder zeitgemäß noch transparent. Der Verwaltung von Grundstücken und Gebäuden durch den Liegenschaftsfonds ist auf die Maximierung des Verkaufserlöses ausgerichtet. Allerdings lassen sich keinesfalls alle für den Verkauf vorgesehenen Grundstücke und Gebäude zeitnah vermarkten. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat daher am 18. März 2004 gefordert, aktuell nicht vermarktbare Grundstücke und Gebäude einer Zwischennutzung durch KünstlerInnen und gemeinnützige Träger zuzuführen. Im Dezember 2004 hat der Senat dem Abgeordnetenhaus über die darauf erfolgte Bestandsaufnahme bei den grundstückverwaltenden Stellen berichtet und ein Rundschreiben für einheitliche Kriterien und haushaltsrechtliche Grundlagen für die Zwischennutzung leerstehender Gebäude angekündigt.

Mit einem rein haushalterischen Ansatz wird der Senat aber dem Potenzial von Zwischennutzungen nicht gerecht. Durch eine Zwischennutzung können

· brachliegende Flächen und Gebäude für Freizeit, Erholung, Sport, Kultur und vieles mehr genutzt werden,

· brachliegende Flächen eine ökologische Aufwertung erfahren,

· neue Arbeits- und Beschäftigungsideen auf brachliegenden Flächen getestet werden,

· marginalisierte Gruppen ebenso wie kreative junge Unternehmen die Möglichkeit bekommen, am Stadtraum zu partizipieren,

· exemplarisch dauerhaft nachhaltiges Wirtschaften praktiziert werden: Das Schutzgut Grund und Boden wird durch das Erschließen einer neuen Nutzungsdimension wesentlich sparsamer als bisher genutzt,

· Immobilienbesitzer ermutigt werden, qualitätvolle und nachhaltige Wege in der Stadtentwicklung zu beschreiten,

· eine breite Bürgerbeteiligung zur Nutzung des Stadtraums ermöglicht werden.

Um dieses Potential in seiner ganzen Breite zu erschließen, ist es daher notwendig, die Zwischennutzung zu qualifizieren: Zwischennutzung darf sich nicht nur auf Gebäude, sondern muss sich auch auf Freiflächen erstrecken. Als Zwischennutzer sollten nicht nur gemeinnützige Organisationen, sondern auch junge Unternehmen und ExistenzgründerInnen in Frage kommen.

Entscheidend ist, dass alle BürgerInnen so früh und umfassend wie möglich Zugang zu Informationen über für eine Zwischennutzung geeignete Objekte haben. Nur dann werden sich interessierte BürgerInnen ernsthaft um eine Zwischennutzung bemühen. Bei rechtzeitiger Bekanntgabe leerfallender Infrastruktur lassen sich hohe Leerstands- und Wiederinbetriebnahmekosten vermeiden.

Es bietet sich an, eine Datenbank mit Objekten aufzubauen, die alle nutzungsrelevanten Daten aufweist. Diese Datenbank sollte ­ ggf. gegen eine Gebühr - auch für private Objekte offen stehen, für die die EigentümerInnen eine Zwischennutzung erwägen. In einer solchen zugänglichen Datenbank kann die Vergabe zur Zwischennutzung transparent und nachvollziehbar dargestellt werden. Dies ist auch die Voraussetzung für die Beteiligung der Bevölkerung bei Stillegung bzw. Zwischennutzung von Grundstücken und Gebäuden der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Damit kann die Kreativität und Erfahrung der AnwohnerInnen von ehemaligen Schulen, Kitas, Spiel- und Sportflächen der Qualität von zukünftigen Nutzungskonzepten zugute kommen, was auch im Sinne der weiteren konkreten Umsetzung der Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt ist.

Als letzter Baustein zu einem sozial und ökologisch nachhaltigen Umgang mit brachliegenden Flächen ist zu prüfen, ob in den jeweiligen Verwaltungen und Abteilungen die Verantwortung für die Zwischennutzung bei einer Person/einer Stellen zusammen geführt werden kann - analog zur Koordinierungsstelle Flächenmanagement Marzahn/ Hellersdorf.

Der vorliegende Antrag ergänzt in sinnvoller Weise die Drs. 3388, mit der die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Überschrift „Heute Leerstand ­ morgen lebendige Kulturzentren!" einen praktikablen Weg für die kulturelle Nutzung nicht ausgelasteter öffentlicher Liegenschaften aufzeigte.