Die Strafverfolgungsbehörden bewerten die CD als strafrechtlich relevant

Aktuelle Entwicklungen - Rechtsextremismus 41

In einem gesprochenen Vorwort werden Ängste vor Überfremdung, Kriminalität und Arbeitslosigkeit geschürt und mit der rechtsextremistischen Ideologie verbunden. Zudem werden in einer gesonderten Textdatei für jedes Bundesland rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse und Internetseiten mit regionalem Bezug als Anlaufstellen für Interessierte aufgeführt.

Die Strafverfolgungsbehörden bewerten die CD als strafrechtlich relevant. Das Amtsgericht Halle-Saalkreis (Sachsen-Anhalt) erließ am 4. August einen allgemeinen Beschlagnahmebeschluss.

Demnach erfülle das auf der CD enthaltene Lied „Im Krieg gegen ein Scheiss-System" der Band „Stahlgewitter" den Tatbestand des § 90 a StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole). „Deutschland steht am Abgrund, das wird schon bald den Letzten klar, denn nichts wird davon bleiben, nichts so wie es einmal war. [...] Der Staat unfähig und bankrott, ja es dauert nicht mehr lange. [...] Eine stets devote Klein-Provinz, auch BRD genannt. Aufrecht geht hier nur noch der Nationale Widerstand. Wir sind im Krieg, wir sind im Krieg, wir sind im Krieg gegen ein Scheiß-System! Staatsverschuldung, Multikulti, und die Freiheit eine Phrase. [...] Sozialabbau und Überfremdung, Massenarbeitslosigkeit. Ihr Pseudo-Demokraten seid dem Untergang geweiht. Ja, ihr Staatsbüttel ihr, was wollt ihr also schützen, die Auflösung von Volk und Nation, aber auch das wird nicht mehr nützen. [...] Will keine Büßerrepublik mit Schuld- und Sühneritualen. Keine Stiefellecker, die ständig nur Tribute zahlen. Will keine Kniefallpolitik und keine Börsenkolonien, keine Republik der Reue, keine Scheindemokratie. Im Krieg gegen das ScheißSystem, morgen wird es untergehen!"

Darüber hinaus werde ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz gemäß § 27 Abs. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 JuSchG (Schwere jugendgefährdende Trägermedien) verwirklicht. Die CD sei geeignet, die Entwicklung von Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte ebenfalls die strafrechtliche Relevanz des Tonträgers aufgrund der oben genannten Strafrechtsnormen fest.

Vgl. Beschluss des AG Halle vom 4.8.2004, Az 700 Js 26587/04.

Vgl. Beschluss der Staatsanwaltschaft Berlin vom 6.8.2004, Az 78 Js 795/04.

Ideologische Ansprache Strafrechtliche Relevanz 42 Verfassungsschutzbericht Berlin 2004

Aufgrund dieser Rechtslage verzichteten die Verantwortlichen vorerst auf die Verteilung der CD in der beabsichtigten Form.

Innerhalb der rechtsextremistischen Szene wird derzeit eine Anfechtung des Beschlagnahmebeschlusses diskutiert und nach neuen Wegen der Verteilung der bereits produzierten CDs gesucht. Seit Anfang November ist ein Internetauftritt des „Projekts Schulhof" freigeschaltet. Die Internet-Seite ist weitgehend mit den auf der CD enthaltenen Text-Dateien identisch; die 19 Musiktitel des Samplers dagegen werden auf der Homepage nicht zum Download angeboten. Statt dessen können zahlreiche andere Lieder rechtsextremistischer Bands heruntergeladen werden. Neben diesen Musiktiteln weist die Homepage ein zusätzliches Vorwort auf, in dem die ursprünglich geplante CD-Verteilung und deren Scheitern thematisiert werden. Darüber hinaus wurde die Online-Version um einen Beitrag „Standpunkte und Forderungen der nationalen Opposition" zu Hartz IV erweitert.

Unterdessen hat das Projekt Nachahmer in den USA gefunden.

Seit September wird auf der Homepage des amerikanischen Musikvertriebs „Panzerfaust Records" für das „Project Schoolyard" geworben. Im Rahmen dieses Projekts sollen 100 000 CDs gepresst und in den USA kostenlos an „weiße Jugendliche" verteilt werden. Die CDs sollen gegen ein geringes Entgelt auch aus dem Ausland zu beziehen sein. Einige der auf dem Tonträger enthaltenen Titel sind in Deutschland als strafrechtlich relevant nach §§ 86 a und 130 StGB zu bewerten.

Der Verfassungsschutz Berlin und das Berliner Landeskriminalamt haben auf das „Projekt Schulhof" frühzeitig reagiert und den Sachverhalt der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport übermittelt. Diese sensibilisierte daraufhin die Schulaufsicht und wies zu Schuljahresbeginn im August gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres die Öffentlichkeit auf die mögliche Verteilaktion hin.

Auf diese Weise sollten die Berliner Jugendeinrichtungen vorbereitet und sichergestellt werden, dass im Falle des Auftauchens der CDs diese umgehend beschlagnahmt und Ermittlungsverfahren gegen die verantwort51

Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Gemeinsame Aktion von Polizei und Schule gegen die Verteilung von rechten CDs an Schulhöfen. Pressemitteilung Nr. 16 vom 6.8.2004.

Parlamentsorientierter Rechtsextremismus

Wahlerfolge rechtsextremistischer Parteien

Im vergangenen Jahr fanden in Deutschland zahlreiche Wahlgänge statt: Insgesamt wurden mit der Europawahl eine bundesweite Wahl, fünf Landtags-53 und neun Kommunalwahlen abgehalten. Dabei fiel die Bilanz der drei größten rechtsextremistischen Parteien „Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), „Deutsche Volksunion" (DVU) und „Die Republikaner" (REP) zwiespältig aus. Neben marginalen Wahlergebnissen konnten sie gegen Ende des Jahres durchaus überraschende Resultate verbuchen. Herausragende Ergebnisse erzielten die NPD und die DVU bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, wo ihnen jeweils der Einzug in die Parlamente gelang. Hier waren ­ anders als bei den anderen Wahlen ­ Wahlabsprachen vorausgegangen.

Europawahl

An den Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni beteiligten sich die NPD, die REP und die „Deutsche Partei ­

Die Freiheitlichen" (DP).

Alle drei Parteien verfügen über einen Berliner Landesverband, die DP über einen gemeinsamen Landesverband Berlin-Brandenburg. Die DVU stellte sich ohne Angabe von Gründen nicht zur Wahl.

Die Veranstaltungen liefen im Rahmen des Projekts „Standpunktepädagogen".

Landtagswahlen fanden in Hamburg, Thüringen, Saarland, Brandenburg und Sachsen statt.

Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Ergebnisse rechtsextremistischer Parteien in Berlin. Europawahl 2004. Berlin Juli 2004. Bei der DP handelt es sich in der Gesamtschau um eine rechtsextremistische Partei, obwohl nicht jedes einzelne Mitglied verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.