Mujahidin-Netzwerke

Mit Verfügung vom Juli 2002 stellte das Bundesministerium des Innern fest, dass die Tätigkeit des Vereins Gewaltanwendung zur Durchsetzung politischer, religiöser und sonstiger Belange unterstütze, befürworte und hervorrufe. Die Tätigkeit richte sich außerdem gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Der Verein wurde verboten und aufgelöst. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot am 3. Dezember 2004 bestätigt.

Auf Grundlage dieser Entscheidung wurden am gleichen Tag die Vereinsräume des „Al Aqsa e. V." in Aachen, des „YATIM-Kinderhilfe

e. V." in Essen und des „Bremer Hilfswerk e. V." in Bremen durchsucht. Der „YATIM-Kinderhilfe e. V." und der „Bremer Hilfswerk e. V." gelten als weitere Spendensammelvereine. Darüber hinaus wurden Wohnungen führender Funktionäre der genannten Vereine durchsucht. In Berlin waren zwei Personen von den Maßnahmen betroffen. Als Berliner Treffpunkt der Anhänger der HAMAS gilt das „Islamische Kultur- und Erziehungszentrum Berlin e. V.. „Mujahidin-Netzwerke" Organisationsstruktur: grenzüberschreitende Netzwerke Entstehung/Gründung: Anfang der 80er Jahre in Afghanistan / Pakistan Mitgliederzahl: keine gesicherten Zahlen

Der Begriff „Mujahidin" bezeichnet pan-islamisch orientierte Kämpfer unterschiedlicher ethnischer Herkunft, die an Kampfeinsätzen in Afghanistan, Bosnien, Tschetschenien oder im Kaschmir teilgenommen haben. Das Entstehen der „Mujahidin" geht auf den Afghanistan-Krieg zurück, als sich 1979 freiwillige „Kämpfer" (Arabisch-Persisch „Mujahidin") dem ­ unter dem Motto des Jihad geführten ­ Krieg gegen die sowjetische Besatzung anschlossen und dafür vor allem in afghanischen und pakistanischen Militärlagern ausgebildet wurden.

Die Lage im von Krieg und Bürgerkrieg gezeichneten Afghanistan bot seinerzeit ideale Bedingungen für die ideologische Schulung und terroristische Ausbildung der „Mujahidin". Hierzu gehörten ein weitgehend rechtsfreier Raum, Kampfgebiete sowie die Tatsache, dass sich im Bürgerkrieg 1996 die islamistischen „Taliban-Kämpfer" durchsetzten. Die terroristischen Aktivitäten der „Mujahidin" richteten sich ab 1992 vor allem gegen Ägypten und Algerien, nachdem sich einzelne kampferprobte „Mujahidin" des Afghanistan-Kriegs den dortigen militanten islamistischen Gruppierungen angeschlossen hatten.

Im Zentrum der „Mujahidin" steht die von Usama Bin Ladin Ende der 80er Jahre gegründete Organisation „al-Qaida" („Die Basis"), die sich vermutlich Mitte der 90er Jahre mit Teilen der militanten ägyptischen Gruppen „al-Jihad al-islami" („Der islamische Kampf") und „al-Jamaa al-islamiya"

(„Die islamische Gemeinschaft") zu einem transnationalen Netzwerk zusammenschloss. Als zweiter Mann hinter Bin Ladin gilt der Führer der ägyptischen Gruppe „al-Jihad al-islami", Aiman al-Zawahiri.

Programmatische Grundlage der internationalen Anschläge von „al-Qaida" war der von Usama Bin Ladin 1998 mitunterzeichnete459

Aufruf der „Islamischen Weltfront für den Jihad gegen Juden und Kreuzzügler", den die Verfasser als ein religiöses Rechtsgutachten (fatwa)461 deklarierten. Darin waren die Tötung von Amerikanern zur vermeintlichen individuellen Pflicht eines jeden Muslims erhoben, die Stationierung von US-Truppen in SaudiArabien für unzulässig erklärt und als Ziel die Verdrängung der USA von der Arabischen Halbinsel genannt worden. Hierzu sollten die USA als Schutzmacht Saudi-Arabiens angegriffen und ­ wie bereits die Anschläge

Hierbei handelt es sich um die hocharabische Schreibweise. Im ägyptischen Dialekt werden die Gruppierungen phonetisch als „al-Gihad al-islami" und „al-Gamaa al-islamiya" wiedergegeben.

Zu den fünf Unterzeichnern gehörten Usama Bin Ladin („al-Qaida"), Aiman al-Zawahiri („alJihad al-islami"), Abu Yasir Rifai Ahmad Taha („al-Jamaa al-islamiya"), Mir Hamza (Generalsekretär der „Jamiyat-ul-Ulama Pakistan") und Fazlur Rahman (Chef der „Jihad"Gruppe, Bangladesch).

In der Verlautbarung hieß es: „Das Urteil, die Amerikaner und ihre Alliierten, Zivilisten und Militärs gleichermaßen zu töten, wo immer ihm dies möglich ist, ist eine individuelle Pflicht für jeden Muslim, der hierzu in der Lage ist, bis die Aqsa-Moschee [in Jerusalem] und die Heilige Moschee [in Mekka] von ihnen befreit sind und bis ihre Armeen das gesamte Territorium des Islam verlassen haben, geschlagen und unfähig, irgend einen Muslim noch zu bedrohen." Vgl. „Nass Bayan al-Jabha al-islamiya al-alamiya li-Jihad al-Jahud wal-Salibiyin" in der arabischsprachigen Zeitung „al-Quds al-arabi", London, 23.2.1998. Eine englische Übersetzung findet sich im Internet unter: http://www.fas.org/irp/world/para/docs/980223-fatwa.htm.

Diese fatwa ist aus Sicht der islamischen Theologie nicht gültig, da Usama Bin Ladin als Laie weder die theologische Qualifikation noch die religiöse Autorität zur Erstellung von Rechtsgutachten, geschweige denn zur Ausrufung des Jihad im Namen der Muslime besitze.

Entsprechend wurden die Anschläge vom 11. September von einem Großteil der islamischen Religionsgelehrten als nicht mit dem Islam vereinbar zurückgewiesen, da die islamische Religion sowohl den Mord an unschuldigen Zivilisten als auch den Selbstmord verbiete. Vgl.Hanspeter Mattes: Ein Jahr danach. Der islamistische Terrorismus und seine Bekämpfung. In: auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania im August 1998 und auf das Marineschiff USS Cole im Oktober 2000 zeigten ­ möglichst viele Menschen, vor allem US-Bürger, getötet werden.

Statt Anschlägen der Basis-Organisation „al-Qaida" standen 2004 die Aktivitäten der so genannten „non-aligned Mujahidin" im Vordergrund.

Das Terrornetzwerk „al-Qaida" scheint mit seinen zahlreichen ­ auch auf die Binnenkommunikation innerhalb und im Umfeld der Netzwerke zielenden ­ Audio-, Video- und Internetbotschaften eher die ideologische Begründung für die Anschläge zu liefern, als diese zentral zu planen und selbst durchzuführen. Dies mag durch den erhöhten Verfolgungsdruck bedingt sein, dem sich Usama Bin Ladin und Aiman al-Zawahiri durch die USA und die alliierten Truppen ausgesetzt sehen. Die „non-aligned Mujahidin" stehen für Kleingruppen oder einzelne Personen, die keiner bestimmten Organisation zuzurechnen sind. Sie finanzieren sich selbst ­ in der Regel durch Allgemein-Kriminalität, wie zum Beispiel durch den Handel mit Betäubungsmitteln, Kreditkartenbetrug oder Raubüberfälle. „Muslimbruderschaft" (MB) Organisationsstruktur: informelle Gliederung / Verein in Deutschland Entstehung/Gründung: 1928 in Ägypten / 1960 in Deutschland Mitgliederzahl: ca. 1 300 bundesweit (2003: ca. 1 300); für Berlin keine gesicherten Erkenntnisse

Die 1928 in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft ist die älteste und zugleich bedeutendste arabische islamistische Gruppierung. Die panislamistisch orientierte Organisation ist heute, teils unter anderem Namen, in fast allen Ländern des Vorderen Orients vertreten und unterhält auch Zweige in westeuropäischen Ländern. In den meisten nahöstlichen Staaten bildet die MB eine illegale Opposition zur Regierung, wobei ihre Aktivitäten von den jeweiligen politischen Verhältnissen abhängen: Während in Syrien der Aufstand gegen die Staatsmacht 1982 gewaltsam beendet wurde, nahm die Bereitschaft der MB zur Anpassung dort zu, wo eine Einbindung in den parlamentarischen Prozess erfolgte. Dies gelang in Ägypten in den 80er Jahren; in Jordanien ist die MB noch heute im Parlament vertreten.

Die ägyptische, die größte der MB-Organisationen, durchlief verschiedene historische Phasen: Nach der Anfangsphase, in der die Lehre und Erziehung der Gläubigen Vorrang hatte.