Bauzustandsanzeigen, Aufnahme der Nutzung

§ 81 knüpft zwar an § 72 a. F. (Bauzustandsbesichtigung) an, konzipiert diese Regelung aber weitestgehend neu. § 72 a. F. war durch ein System von - wenngleich jeweils im Ermessen stehenden - Bauabnahmen charakterisiert, für welche die von der Bauherrin oder vom Bauherrn zu erstattenden Anzeigen (Rohbaufertigstellungsanzeige, Fertigstellungsanzeige) lediglich einen Anstoß gaben. Dieses - an bestimmten Einschnitten in der Verwirklichung des Bauvorhabens und damit vor allem an bautechnischen Kontrollaspekten orientierte - System verliert seine Berechtigung in dem Maße, in welchem bei kleineren und einfacheren Bauvorhaben die Verantwortung von vornherein der Sphäre der Bauherrin oder des Bauherrn zugewiesen wird. Die für die bauaufsichtsbehördliche Bauüberwachung verbleibenden Gegenstände - etwa die mit den in einer Baugenehmigung festgeschriebenen bauplanungsrechtlichen Vorgaben übereinstimmende Bauausführung - stehen mit diesen Phasen der Verwirklichung eines Bauvorhabens in keinem Zusammenhang und werden schon gegenwärtig außerhalb der formalisierten Bauabnahmen im Rahmen der allgemeinen Bauüberwachung abgearbeitet. § 81 ersetzt daher das bisherige System formalisierter Bauabnahmen durch ein System von Anzeigen, mit denen die Einhaltung der vormals abnahmebedürftigen Anforderungen nachgewiesen wird.

Absatz 1 Satz 1 trägt - abweichend von der Rohbaufertigstellungsanzeige und -abnahme nach § 72 Abs. 1 a. F. - einmal dem Umstand Rechnung, dass sich Zeitpunkte im Ablauf des Baugeschehens, zu denen zweckmäßigerweise die Ordnungsmäßigkeit der Bauausführung im Hinblick auf bestimmte (namentlich bautechnische) Anforderungen überprüft wird, sachgerecht nicht abstrakt-generell festlegen lassen. Ferner wird der Bauaufsichtsbehörde (wiederum einschließlich der als beliehene Unternehmerin oder des als beliehener Unternehmer hoheitlich tätig werdenden Prüfingenieurin oder Prüfingenieurs) die Entscheidung darüber überlassen, ob bei Abschluss oder vor Beginn bestimmter Bauarbeiten überhaupt Maßnahmen der Bauüberwachung vorgenommen werden sollen. Satz 2 bestimmt für diesen Fall, dass die Bauarbeiten erst fortgesetzt werden dürfen, wenn die Bauaufsichtsbehörde (einschließlich der Prüfingenieurin oder des Prüfingenieurs) dem zugestimmt hat. Die Regelung ist bußgeldbewehrt (§ 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6). Absatz 2 verpflichtet die Bauherrin oder den Bauherrn, die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung einer nicht verfahrensfreien baulichen Anlage mindestens zwei Wochen vorher der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen, um ihr eine Kontrolle des Vorliegens der Benutzbarkeitsvoraussetzungen nach Absatz 3 zu ermöglichen, der die bisher teils in § 72 Abs. 1 Satz 4 a. F., teils in § 72 Abs. 6 a. F. enthaltenen Benutzbarkeitsvoraussetzungen neu zusammenfasst und dabei insbesondere auch die Benutzbarkeit der Gemeinschaftsanlagen in dem erforderlichen Umfang einbezieht. Es wird auf die Nutzungsaufnahme und nicht - wie bisher - auf die Fertigstellung des Bauvorhabens abgestellt, weil diese (etwa hinsichtlich der Fertigstellung von Außenanlagen) häufig zeitlich weit hinter der beabsichtigten, rechtlich möglichen und auch tatsächlich erfolgenden Nutzungsaufnahme liegt.

Absatz 4 flankiert die Verfahrensfreiheit von Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2. Aus Sicherheitsgründen sind Abgasanlagen mit höheren Oberflächentemperaturen im Rohbau wegen der Abstände zu brennbaren Baustoffen oder Bauteilen zu kontrollieren.

Sechster Abschnitt Baulasten d15-3926.doc Seite 135 von 316

Zu § 82

Baulasten, Baulastenverzeichnis § 82 entspricht, bis auf marginale redaktionelle Änderungen, § 73 a. F. (Baulasten und Baulastenverzeichnis). So wurde nur am Ende des Absatzes 1 der Text an die sprachliche Fassung der MBO angepasst.

In Absatz 4 wurde in Anlehnung an die MBO klargestellt, dass das Baulastenverzeichnis von der Bauaufsichtsbehörde geführt wird.

§ 73 Abs. 5 a. F. konnte gestrichen werden, da das Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 15. Oktober 1999 (GVBl. S. 561), geändert durch Artikel II des Gesetzes vom 30. Juli 2001 (GVBl. S. 305) ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gewährt.

Sechster Teil Ordnungswidrigkeiten, Rechtsvorschriften, bestehende bauliche Anlagen, Zuständigkeit

Zu § 83

Ordnungswidrigkeiten

Die Vorschriften des § 83 über die Ordnungswidrigkeiten sind im wesentlichen gegenüber § 75 a. F. (Ordnungswidrigkeiten) unverändert, werden aber insbesondere den Besonderheiten des neu ausgestalteten Verfahrensrechts angepasst.

Zu § 84

Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften

Die Regelung des § 84 wurde im wesentlichen gegenüber § 76 a. F. (Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften) redaktionell überarbeitet und dem neuen Verfahrensrecht angepasst.

Zu § 85

Bestehende bauliche Anlagen

Die Regelung des § 85 entspricht § 77 a. F., allerdings mit der Maßgabe, dass der Absatz 2 a. F. in den neuen § 9 (Gestaltung) verschoben wurde.

Zu § 86

Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheides § 86 greift die Regelung des § 74a BauO Bln a. F. auf und ergänzt diese.

Absatz 1 gibt die Regelung des § 74a BauO Bln a. F. wieder und passt sie den Änderungen der jüngsten BauGB-Novelle an, nach der die Teilung von Grundstücken nicht mehr genehmigungspflichtig ist.

Absatz 2 regelt die Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheides, wenn der Ausgangsbescheid durch eine Prüfingenieurin oder einen Prüfingenieur für Baustatik erlassen wurde in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad des Tragwerks. Dies gilt unabhängig davon, wer die Prüfung veranlasst hat. Sie bezieht sich lediglich auf Gebührenbescheide.

Bezüglich des Bescheides einer Prüfingenieurin oder eines Prüfingenieurs für Brandschutz ist stets die für das Bauwesen zuständige Senatsverwaltung zuständig, Absatz 3.

Zu § 87

Abwicklung eingeleiteter Verfahren § 87 befasst sich mit der Abwicklung gemäß § 22 Verwaltungsverfahrensgesetz eingeleiteter und noch nicht bestandskräftig abgeschlossener Verfahren und enthält eine Art Vorwirkung, da die neue Bauordnung auch auf vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren angewandt werden kann, wenn die maßgebliche anzuwendende Vorschrift der Bauordnung nunmehr vorteilhafter für die Bauherrin oder den Bauherrn ist. Eine günstigere Regelung liegt vor, wenn dem Antrag nach der neuen Bauordnung entsprochen werden Seite 136 von 316 d15-3926.doc müsste. Die Bauherrin bzw. der Bauherr könnte auf diese Weise z. B. von geringeren Anforderungen an den Brandschutz profitieren, durch die sein Vorhaben kostengünstiger verwirklicht werden kann. Ein besonderer Antrag hierzu ist nicht erforderlich.

Die Verfahrensvorschriften bleiben von dieser Ausnahme unberührt. Ein eingeleitetes Genehmigungsverfahren endet folglich nicht deshalb, weil das betroffene Vorhaben nunmehr einem anderen Verfahren unterliegt oder gar genehmigungsfrei ist. Will der Bauherr die gegebenenfalls neu eingetretene Verfahrensvereinfachung oder -freiheit für sich nutzen, so muss er den ursprünglichen Antrag zurücknehmen.

ENTFÄLLT

Zu § 9 a. F. Gemeinschaftsanlagen § 9 a. F. (Gemeinschaftsanlagen): Wie auch in der MBO entfällt § 9 a. F. Gemeinschaftsanlagen werden nicht im Bauordnungsrecht, sondern auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB in Bebauungsplänen festgesetzt; das Bauordnungsrecht befasste sich demgegenüber bisher lediglich mit der Frage, wie diese Festsetzungen realisiert werden.

Die Regelung ist weitestgehend ohne praktische Bedeutung geblieben. Sie ist auch sachlich überflüssig: Soweit Bebauungspläne Gemeinschaftsanlagen bestimmten Bauvorhaben zuordnen, ist die Sicherung der - je nach dem gänzlichen oder teilweisen - Errichtung der jeweiligen Gemeinschaftsanlage Genehmigungsvoraussetzung. Im übrigen ist es vor diesem Hintergrund und bei dieser Interessenlage Sache der jeweiligen Bauherrin oder des jeweiligen Bauherren, untereinander, ggf. zusammen mit den Eigentümerinnen oder Eigentümern der Grundstücke, auf welchen die Gemeinschaftsanlage errichtet werden soll, zu regeln, wie den sich daraus ergebenden Verpflichtungen so nachgekommen werden soll, dass die Gemeinschaftsanlage gesichert ist. Eines besonderen öffentlichrechtlichen Instrumentariums bedarf es daher insoweit nicht. Darüber hinaus sind in der Vergangenheit lediglich vereinzelte Fälle aufgetreten, die eine einer Sicherung bedurften.

Zu § 29 a. F. Vorbauten

Die Regelungen des § 29 a. F. (Vorbauten) sind entfallen. Sie waren abweichend von der MBO und den anderen Landesbauordnungen nur in der BauO Bln enthalten. Sie enthielten Regelungen, die auch in anderen Paragrafen Niederschlag finden (z. B. in § 6). Die Regelungen sind im Rahmen der Konzentration von Vorschriften nicht mehr als eigenständige Regelung des § 29 a. F. erforderlich, da die Regelungen zum Brandschutz in den Paragrafen zum Brandschutz abschließend geregelt sind.

Die in den Absätzen 4 bis11 a. F. festgelegten Maße für die Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums sind keine bauordnungsrechtliche Forderungen. Vielmehr handelt es sich um Sondernutzungen im Rahmen des Berliner Straßengesetzes. Allerdings stellte diese Regelung sicher, dass für die hier festgelegte Gestattung für das Vortreten von Vorbauten in den öffentlichen Straßenraum keine besondere Sondernutzungserlaubnis im Wege der Straßenaufsicht eingeholt werden musste. Sie war mit der bauaufsichtlichen Genehmigung als erteilt anzusehen. Der Verzicht auf die Regelung im Rahmen der BauO Bln bedeutet, dass nun für vortretende Bauteile und Vorbauten eine Sondernutzung im Rahmen des Berliner Straßengesetzes eingeräumt werden muss. Die Herausnahme aus dem Bauordnungsrecht machte eine Übernahme in das Spezialgesetz erforderlich, wo diese Regelungen auch hingehören. Das Berliner Straßengesetz wird dementsprechend durch Artikel III des Gesetzes zur Neufassung der Bauordnung für Berlin, zur Änderung von Zuständigkeiten und zur Änderung des Berliner Straßengesetzes zeitgleich so geändert, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Straßenraums sinngemäß in die Ausführungsvorschriften zu den §§ 10 und 11 des Berliner Straßengesetzes aufgenommen werden können. Hierdurch wird erreicht, dass bisherigen entgeldfreien Sondernutzungen weiter bestehen bleiben.