Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen dass die Schlusspunkttheorie bereits schon heute nicht mehr allumfassend gilt

Einwand/Vorschlag Erläuterung/Wertung

Das Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde soll in seinem Umfang unverändert beibehalten werden.

Fachrecht kann sich dem Verfahren aufdrängen.

Im Folgenden werden die in diesem Zusammenhang vorgetragenen Befürchtungen und Argumente bewertet: Verbände und Behörden votieren für die Schlusspunkttheorie oder die Konzentrationswirkung der Baugenehmigung (wobei die Begriffsanwendung etwas durcheinander geht).

Bei der Schlusspunkttheorie handelt es sich um ein Modell der Verfahrensbündelung, in dem die Bauaufsichtsbehörden mit Behörden des nicht baurechtlichen Fachrechts im Regelfall das Einvernehmen herzustellen haben, die fachliche Verantwortung jedoch bei den beteiligten Stellen liegt. Wenn Probleme entstehen, wird allerdings - wegen des bündelnden Baugenehmigungsbescheides - die Baugenehmigungsbehörde angesprochen, die ihrerseits mit den Fachbehörden rückkoppeln muss.

Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Schlusspunkttheorie bereits schon heute nicht mehr allumfassend gilt. Die Baugenehmigung ist beispielsweise unabhängig von der sanierungsrechtlichen oder entwicklungsrechtlichen Genehmigung zu erteilen.

Die Konzentrationswirkung geht über die Schlusspunkttheorie hinaus. Allein Brandenburg sieht ­ abweichend von der MBO 2002 - als einziges Land eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung vor.

Bei der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung entscheidet die Bauaufsichtsbehörde eigenverantwortlich. Sie hat sich mit den beteiligten Behörden nur im Benehmen auseinander zu setzen. Werden Stellungnahmen nicht geliefert, entscheidet die fachlich nicht kompetente Bauaufsichtsbehörde eigenverantwortlich über das „Baunebenrecht" mit. Dies setzt Kenntnisse des nicht baurechtlichen Fachrechts voraus, die bei den Bauaufsichtsbehörden nicht vorhanden sind. Im Übrigen kann sich die Konzentrationswirkung nur auf das Landesrecht erstrecken, da bundesrechtliche Vorschriften der Verfahrenskonzentration im Baugenehmigungsverfahren entgegenstehen.

Gefordert wird, dass das Baugenehmigungsverfahren als öffentlichrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten bleibt. Das nicht baurechtliche Fachrecht („Baunebenrecht") soll im Baugenehmigungsverfahren mitgeprüft werden.

Wesentliche Bereiche des nicht baurechtlichen Fachrechts werden im vereinfachten und herkömmlichen Baugenehmigungsverfahren mitgeprüft, da sich diese Rechtsbereiche den Baugenehmigungsverfahren aufdrängen.

Wichtiges aufgedrängtes Recht:

- Bauplanungsrecht

- Erhaltungsrecht

- Ausgleichsmaßnahmen bei Eingriff in Natur und Landschaft

- Bauen in Landschaftsschutzgebieten

- Waldrecht

- Denkmalschutzrecht

- Wasserrecht (Berliner Wassergesetz; Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Anlagen in und an oberirdischen Gewässern, Wasserschutzgebiete)

- Fernstraßenrecht (bauliche Anlagen längs von Autobahnen, Ingenieurbauwerke im Zuge von Bundesfernstraßen)

- Luftverkehrsrecht (Bauwerke in der Nähe von Flughäfen Seite 144 von 316 d15-3926.doc Einwand/Vorschlag Erläuterung/Wertung und Flugsicherungseinrichtungen)

Soweit ein Vorhaben in die Genehmigungsfreistellung fällt, sind die wesentlichen Belange des „Baunebenrechts" bereits in den B-Plan eingeflossen. Ein weiterer Teil dieser Koordinierungstätigkeit soll künftig auf die Bauvorlageberechtigten (Architekten und Bauingenieure) übertragen werden. Bei diesem Personenkreis handelt es sich um Fachbürger, denen diese Aufgaben zuzutrauen sind.

Bereits heute gibt es in Berlin das Genehmigungsfreistellungsverfahren, in dem bei Wohngebäuden bis zu drei Vollgeschossen die Koordinierung des gesamten öffentlichen Rechts beim Architekten liegt. Nennenswerte Probleme sind in diesem Zusammenhang nicht bekannt.

Bei komplexen Bauvorhaben ist es bereits heute üblich, dass Bauherrinnen oder Bauherren dafür Sorge tragen, dass der Kontakt zu den nicht baurechtlichen Fachbehörden direkt aufgenommen wird. In diesen Fällen findet heute quasi eine „Doppelbeteiligung" von Behörden statt: Einerseits durch die Bauaufsicht, andererseits durch die Entwurfsverfasserin bzw. den Entwurfsverfasser oder Bauherrinnen und Bauherren.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird mit der Veröffentlichung der Bauordnung im GVBl. Merkblätter zur Verfügung stellen, die dem Kunden (Architekt, Bauingenieure) Auskunft darüber geben, welche Behörde in welchem Fall anzusprechen ist.

Davon unberührt bleibt die Beratungspflicht der Behörden.

Aus diesen Gründen sind die vorgetragenen Befürchtungen nicht gerechtfertigt.

Es wird befürchtet, dass

­ soweit isolierte Bescheide des „Baunebenrechts" ergehen ­ zusätzliche Gebührenbelastungen auf die Bauherrin bzw. den Bauherren zukommen.

Schon nach geltendem Recht entfaltet die Bündelungswirkung der Baugenehmigung keine komplette Bündelung der Gebühren. So decken die Baugenehmigungsgebühren z. B. schon heute nicht die Gebühr für die Baumfällgenehmigung oder die sanierungsrechtliche Genehmigung ab. Soweit ein Vorhaben der Genehmigungsfreistellung unterfällt, entfällt auch eine Baugenehmigungsgebühr. Die Gebühren im vereinfachten und herkömmlichen Baugenehmigungsverfahren werden dem geringeren Prüfumfang entsprechend gemindert. Die Baugebührenordnung muss angepasst werden. Bei erhöhtem Beratungsbedarf sollte eine Beratungsgebühr erhoben werden.

Es wird befürchtet, dass Bauherren ihre Baumaßnahmen nicht schnell genug umsetzen können.

Ein Vorteil des reduzierten Prüfprogramms in den Baugenehmigungsverfahren ist, dass jenes „Baunebenrecht", welches sich nicht auf die Gebäudestruktur auswirkt, also erst im Ausbau relevant wird, später abgeklärt werden kann. Darin bestehen Beschleunigungspotentiale. Ein vorzeitiger Baubeginn konnte bisher in solchen Fällen nur durch Erteilung einer Teild15-3926.doc Seite 145 von 316

Einwand/Vorschlag Erläuterung/Wertung baugenehmigung herbeigeführt werden. Die Architektin bzw. der Architekt kann künftig selbst ausloten, zu welchem Zeitpunkt welche Klärung erforderlich ist. Insofern eröffnen sich durch den Bauordnungsentwurf neue Spielräume für die Entwurfsverfasser. Deshalb sind die Befürchtungen unbegründet. Das Volumen genehmigungsfreigestellter Bauvorhaben wurde mehrfach ausgeweitet. Probleme der Bauherren mit den Banken bezüglich der Kreditvergabe sind der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bis zum heutigen Tage nicht bekannt. Daraus kann man schlussfolgern, dass die Kreditwirtschaft eigene Überprüfungsmechanismen eingeführt hat, um die Sicherung und Auszahlungen von Krediten bei Vorhaben, die nach der Genehmigungsfreistellung errichtet werden, zu gewährleisten.

Viele Regelungen des öffentlichen Rechts sind nicht nachbarschützend. Der privatrechtliche Klageweg steht den Nachbarn ohnehin immer offen. Es bedarf keiner bauordnungsrechtlichen Regelung, die eine Nachbarbeteiligung vorsieht. Die Regularien des VwVfG reichen aus. Bauherren und Architekten handeln vernünftig, wenn sie sich prophylaktisch mit den Nachbarn verständigen.

Einschränkung der Genehmigungsbedürftigkeit Einwand/Vorschlag Erläuterung/Wertung

Der Umfang der Genehmigungsfreistellung und des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens sollten nicht so weit ausgedehnt werden.

Der Vorschlag zielt auf Module der MBO ab, die das Baugenehmigungsverfahren auch unterhalb der Sonderbauschwelle vorsehen. Diese Varianten sind für den Stadtstaat Berlin ungeeignet. Würde die Genehmigungsfreistellung sich nur auf Wohngebäude und geringere Gebäudeklassen beziehen, liefen diese Verfahren in vielen Fällen ins Leere. Dies würde jedoch dem Konzept der Bauordnung, das nicht das Baugenehmigungsverfahren, sondern das Genehmigungsfreistellungs- und das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren in den Mittelpunkt rückt, zuwiderlaufen.

Das nächst kleinere Modul der MBO wendet im Wesentlichen die Genehmigungsfreistellung und das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren an auf

a) Wohngebäude

b) sonstige Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3.

Unter a) fallen nur reine Wohngebäude bis zur Hochhausgrenze, die es in der Innenstadt kaum gibt. Eine Boutique im EG dieses Gebäudes würde ein herkömmliches Baugenehmigungsverfahren erforderlich machen.

Unter b) fallen sonstige dreigeschossigen Gebäude, die es ebenfalls in der Innenstadt kaum gibt.

In den meisten Fällen würden deshalb herkömmliche Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen.