Wettbewerb

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2005 jeweils selbst bestimmen. Dabei sind sie aber an das Gebot der wirtschaftlichen Betriebsführung gebunden.

Der Rechnungshof hat zunächst untersucht, mit welchen internen Vergabevorschriften die BSR, BWB und BVG in den Jahren 2002 und 2003 die Vergabe von Aufträgen über Bauleistungen geregelt haben. Anschließend hat er die Vergabestruktur, d. h. den jeweiligen zahlenmäßigen Anteil von öffentlichen und beschränkten Ausschreibungen sowie von freihändigen Vergaben in diesem Zeitraum ermittelt. Hierzu hat der Rechnungshof sämtliche Vergaben von Aufträgen über Bauleistungen des Hochbaus der BSR, der BWB und der BVG in den Jahren 2002 und 2003 mit Auftragswerten zwischen dem derzeit bei der Vergabe von Bauleistungen für Berlin maßgeblichen Grenzwert für öffentliche Ausschreibungen von 100 000 und dem EU-Schwellenwert von 5 Mio. ausgewertet.

Die BSR haben als interne Vergabevorschrift eine „Verfahrensanweisung zur Beschaffung von Bauleistungen und baulichen Instandhaltungsleistungen" erarbeitet, in dieser aber nicht festgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen Aufträge unterhalb des EU-Schwellenwertes öffentlich oder beschränkt ausgeschrieben werden sollen (förmliche Verfahren). Sofern Aufträge über Bauleistungen freihändig - also ohne förmliches Verfahren vergeben werden sollen, sind nach dieser Verfahrensanweisung in der Regel zunächst bei mehreren Unternehmen Angebote einzuholen und dann nach Prüfung der Angebote mit diesen Vergabeverhandlungen zu führen.

Schließlich ist über die Auswahl des Bieters zu entscheiden. Die Verhandlungen sollen regelmäßig protokolliert werden.

Die Auswertung von 27 Vergaben von Aufträgen über Bauleistungen des Hochbaus hat ergeben, dass die BSR nach Einholung von mehreren Angeboten sämtliche Aufträge freihändig vergeben haben.

Die BWB haben durch Vorstandsbeschluss vom 6. August 2002 intern geregelt, dass Bauleistungen mit voraussichtlichen Auftragswerten unterhalb der EU-Schwellenwerte grundsätzlich im „konkurrenzierenden Vergabeverfahren im Wettbewerb" zu vergeben sind. Förmliche Vergabeverfahren sollen nur in Ausnahmefällen angewendet werden. Im Rahmen des „konkurrenzierenden" Verfahrens sind bei der Vergabe von Bauleistungen mit einem voraussichtlichen Auftragswert von bis zu 100 000 mindestens vier bis sechs Angebote und mit einem voraussichtlichen Auftragswert von 100 000 bis 200 000 mindestens fünf bis acht Angebote einzuholen, davon jeweils möglichst ein Angebot eines „neuen Bieters". Bei Bauleistungen mit einem voraussichtlichen Auftragswert von 200 000 bis unter 5 Mio. sollen mindestens acht bis zwölf Angebote eingeholt werden, davon möglichst zwei Angebote von „neuen Bietern". Die Angebote sollen regelmäßig nachverhandelt, das Ergebnis der Nachverhandlungen soll jeweils schriftlich festgehalten werden. Die BWB haben das „konkurrenzierende" Verfahren, das der freihändigen Vergabe nach der VOB/A entspricht, aber aufgrund von Vorbehalten der Verbände der Bauwirtschaft bis zum März 2003 vorübergehend ausgesetzt.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2005

Die Auswertung von 132 Vergaben von Aufträgen über Bauleistungen des Hochbaus hat ergeben, dass die BWB 84 Aufträge (63,6 v. H.) freihändig (davon 26 im „konkurrenzierenden" Verfahren) sowie 46 Aufträge (34,8 v. H.) nach beschränkter Ausschreibung oder beschränkter Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb vergeben haben.

Lediglich zwei Aufträge (1,6 v. H.) haben die BWB öffentlich ausgeschrieben.

Die BVG schreiben in ihrem internen Vergabehandbuch vor, dass Aufträge über Bauleistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes mit Werten ab 150 000 regelmäßig öffentlich auszuschreiben sind, sofern nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen (vgl. § 3 Nr. 2 VOB/A).

Die Auswertung von 78 Vergaben von Aufträgen über Bauleistungen des Hochbaus hat ergeben, dass die BVG - anders als die BSR und die BWB sämtliche Aufträge auch ohne rechtliche Verpflichtung öffentlich ausgeschrieben haben. Dabei haben sie nicht nur ihre interne Geschäftsanweisung regelmäßig eingehalten, sondern häufig auch Bauleistungen, deren voraussichtlicher Wert jeweils erheblich unter 150 000 lag, in Lose zusammengefasst und öffentlich ausgeschrieben.

Der Rechnungshof verkennt nicht, dass die BSR und die BWB mit ihren internen Regelungen für die Vergabe von Aufträgen über Bauleistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes den unternehmerischen Entscheidungsspielraum ausgeschöpft haben, den das BerlBG zulässt. Dennoch hat der Rechnungshof die Vergabeverfahren der BSR und der BWB beanstandet, weil sie den Wettbewerb erheblich einschränken und damit im Ergebnis unwirtschaftlich sind.

Der Rechnungshof hat die BSR und die BWB darauf hingewiesen, dass eine wesentliche Voraussetzung für ihre kostengünstige Leistungserbringung (§ 2 Abs. 1 BerlBG) sowie für die wirtschaftliche und sparsame Verwendung öffentlicher Mittel die Auftragsvergabe grundsätzlich nach öffentlicher Ausschreibung ist.

Nur die öffentliche Ausschreibung als Regelverfahren

· gewährleistet uneingeschränkten Wettbewerb,

· sorgt für die notwendige Transparenz bei der Auftragsvergabe,

· stellt sicher, dass die Aufträge an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zum wirtschaftlichsten Gebot vergeben werden und

· erschwert Unregelmäßigkeiten, wie z. B. Preisabsprachen und Korruption.

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Ferner hat er auf das Ergebnis zahlreicher Prüfungen verwiesen, wonach bei konsequenter Anwendung öffentlicher Ausschreibung gegenüber beschränkten Ausschreibungen oder freihändigen Vergaben häufig um 20 v. H. bis 30 v. H., in Einzelfällen sogar um bis zu 50 v. H. günstigere Preise erzielbar sind. Insbesondere für bauliche Investitionen hat der Rechnungshof gefordert, dass die Anstalten als juristische Personen öffentlichen Rechts auch bei Auftragswerten unterhalb des EU-Schwellenwertes die öffentliche Ausschreibung als Regelverfahren durchführen.

Die BSR haben in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, sie könnten die Auffassung des Rechnungshofs nicht teilen, dass nur die öffentliche Ausschreibung in besonderem Maße der Beachtung des Grundsatzes einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der Mittel dienen würde. Das Ziel der BSR, durch Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität zu einem führenden Entsorgungsunternehmen zu werden, könne nur durch eine wettbewerbsfähige (kostengünstige) Beschaffung von Leistungen erreicht werden. Es werde durch starre Vergaberegeln gefährdet. Die freihändige Vergabe von Aufträgen über Bauleistungen erfolge im Wettbewerb, wobei der Kreis der Unternehmen ständig wechsle und dadurch eine angemessene Wettbewerbssituation hergestellt werde. Preisabsprachen, Korruption und sonstige Unregelmäßigkeiten würden so erschwert. Bei förmlichen Vergabeverfahren sei besonders der hohe Aufwand zu berücksichtigen. Im Übrigen seien die materiellen und personellen Ressourcen im Beschaffungsprozess der BSR nicht auf die öffentliche Ausschreibung als Regelverfahren ausgerichtet. Die bisherige Vergabepraxis werde nicht geändert.

Die BWB haben in einer Stellungnahme im Wesentlichen ausgeführt, dass sie alle betroffenen Mitarbeiter vor der Einführung des auf dem wettbewerblichen Dialog basierenden „konkurrenzierenden" Vergabeverfahrens und zu dessen sicherer Handhabung intensiv geschult hätten. Mit den von den BWB eingeleiteten Maßnahmen (u. a. die konsequente Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips" sowie die „unangemeldete Begleitung" durch die interne Revision) würden Unregelmäßigkeiten nicht nur erschwert, sondern weitestgehend verhindert.

Ergänzend haben die BWB Unterlagen vorgelegt, nach denen im Jahr 2003 im Vergleich zu den selbst kalkulierten Auftragswerten in den Bereichen Hochbau und Netze öffentliche Ausschreibungen um ca. 31 v. H. und beschränkte Ausschreibungen um ca. 5 v. H. günstigere Preise erbracht haben sollen. Demgegenüber solle das Gesamteinsparpotenzial bei den „konkurrenzierenden" Vergabeverfahren bei ca. 17 v. H. liegen. Wegen der Eigenart der benötigten Leistungen bzw. wegen eines eingeschränkten potenziellen Bieterkreises komme die öffentliche Ausschreibung aber in der Regel für die BWB nicht in Betracht. Somit sei das „konkurrenzierende" Vergabeverfahren für die BWB die wirtschaftlich vorteilhafteste Vergabeart.