Episoden mit hohen PM 10-Tageswerten

In Abschnitt II.2.3 wurde auf Episoden mit großräumig erhöhter PM10-Belastung hingewiesen, in denen in Berlin gehäuft Überschreitungen des 24 h-Grenzwertes von 50 µg/m³ vorkommen. Für die Planung geeigneter Maßnahmen zur Verminderung solcher Überschreitungen wurde versucht abzuschätzen, wie stark der Eigenanteil Berlins an den hohen Feinstaubwerten während solcher Episoden durch lokale Maßnahmen beeinflusst werden kann.

Dazu wurden die zwei folgenden Untersuchungsansätze verfolgt:

Die Gesamtbelastung an verkehrsreichen Straßen wurde mit der zur gleichen Zeit gemessenen regionalen Hintergrundbelastung verglichen. Das Verhältnis zwischen Hintergrund- und Gesamtbelastung ergibt den prozentualen Anteil des in die Stadt importierten Feinstaubs an der verkehrsnahen Gesamtbelastung. Zieht man den importierten Anteil von 100 ab, erhält man den beeinflussbaren Eigenanteil der Stadt in Prozent.

Zur Bestimmung des regionalen Hintergrundes wurden für jede Stunde die Messwerte der jeweils dem Wind zugewandten Stadtrandmessstelle ausgewählt, weil diese Messwerte nicht von den Berliner Emissionen beeinflusst sind. Sie wurden zu einem Tagesmittelwert zusammengefasst, der die von außen in die Stadt verfrachtete Hintergrundkonzentration wiedergibt.

Die Abb. II.3.7 zeigt ein Streudiagramm der Tageswerte der durchschnittlichen Belastung an mehreren Berliner Verkehrsmessstellen und dem zuvor beschriebenen Eigenanteil Berlins an diesen verkehrsnah gemessenen Werten. Die Tage von September bis Mitte März (Herbst und Winter) sind rot markiert. In dieser Zeit des Jahres kommen Überschreitungen des 24h- Grenzwertes offenbar häufiger vor als im Frühjahr und Sommer.

Es zeigt sich, dass mit zunehmender Konzentration der hausgemachte Anteil an der in Verkehrsnähe gemessenen Belastung abnimmt. Ausnahmen sind die Silvestertage, an denen der Eigenanteil der Stadt sehr hoch ist.

An Tagen mit Überschreitungen des 24 h-Grenzwertes (Bereich rechts von der grünen Linie bei 50 µg/m³) liegt der durch Maßnahmen reduzierbare Eigenanteil im Mittel bei unter 40 % und schrumpft bei höheren Belastungen auf unter 30 %.

Dieses Ergebnis wird durch Auswertungen von Messungen in Mecklenburg-Vorpommern bestätigt. Während einer mehrwöchigen Episode hoher Feinstaubwerte mit zahlreichen Überschreitungen des 24h-Grenzwertes im Februar 2003 konnten zwischen 70 und 90% der Feinstaubbelastung an der Verkehrsmessstelle in Neubrandenburg auf die großräumig erhöhte PM10-Konzentration zurückgeführt werden. Deren Ursache lag wegen der durchweg östlichen Windströmung vorwiegend in Polen [II.41]. Abb. II.3.7 Gegenüberstellung der verkehrsnahen PM10-Belastung in der Innenstadt und des städtischen Eigenanteils auf der Basis von Tagesmittelwerten

Zur Identifizierung der Quellen bzw. Prozesse, die zu erhöhten Tagesmittelwerten der PM10 Massenkonzentration führen, wurde die chemische Zusammensetzung bestimmt und jeweils die Mittelwerte für Tage mit niedriger Belastung unter 30 µg/m³, mittlerer Belastung zwischen 30-50 µg/m³ und hoher Belastung mit Überschreitungen des 24h-Grenzwertes von 50 µg/m³ berechnet. In Abb. II.3.8 sind die Anteile der Inhaltsstoffe an der PM10-Konzentration an der Verkehrsmessstelle Frankfurter Allee für diese drei Konzentrationsbereiche dargestellt. Die blau gefärbten Säulenteile illustrieren den vorwiegend importierten Anteil des Sekundärstaubs. Der eher lokal erzeugte Ruß und kohlenstoffhaltige Verbindungen sind schwarz bzw. grau markiert.

Die Graphik zeigt, dass bei Überschreitungen des 24h-Grenzwertes (linke Säule) der durch lokale Maßnahmen kaum beeinflussbare Sekundärstaub einen höheren Anteil hat als an Tagen mit niedrigen Feinstaubwerten (rechte Säule).

Die dem Verkehr in Berlin zu zu ordnenden kohlenstoffhaltigen Staubbestandteile (organisches Material und Ruß) nehmen an Tagen mit Grenzwertüberschreitungen absolut gesehen zu. Ihr Anteil an der Masse des PM10-Staubs ist aber an solchen Tagen geringer und damit auch die Wirksamkeit von lokalen Maßnahmen.

Die hier beschriebenen Untersuchungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass kurzzeitige, auf die Vermeidung einzelner Überschreitungstage des 24h-Grenzwertes ausgerichtete Maßnahmen in Berlin wenig wirksam sind.

II.3.3 Wichtigste Verursacher und ihre Anteile an der Feinstaub (PM10)- und Stickstoffdioxidbelastung II.3.3.1 Feinstaub (PM10)

Die Art und Menge der im PM10-Staub enthaltenen Stoffe gibt wichtige Hinweise auf die Quellen und ihren mengenmäßigen Beitrag zur PM10-Belastung im Berliner Stadtgebiet.

Deshalb wurden im Rahmen des in Abschnitt II.3.1 erwähnten Sondermessprogramms [II.31] an Messstellen, die für den regionalen und städtischen PM10-Hintergrund, sowie für die verkehrsnahe Staubbelastung repräsentativ sind (siehe Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.), über ein Jahr Analysen der Staubzusammensetzung durchgeführt.

Nach dem in [II.35] verfolgten Ansatz können die an der Verkehrsmessstelle Frankfurter Allee bestimmten Inhaltsstoffe mit Hilfe der Messwerte an den anderen Stationen in die Beiträge der drei Quellkategorien „lokaler Verkehr", „urbaner Hintergrund" und „regionaler Hintergrund" aufgeteilt werden.