Finanzamt

Kompliziertheit des Steuerrechts und des Massengeschäfts der Steuerfestsetzung schwer. Knappe Haushaltsmittel lassen den Einsatz von zusätzlichem Personal nicht zu. Die Steuerverwaltung muss deshalb versuchen, die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben vornehmlich durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen.

Nach den Vorgaben der GNOFÄ sollen die Steuerfälle nach ihrer fiskalischen Bedeutung behandelt werden, sodass die bedeutenderen Fälle gründlicher bearbeitet werden als die große Masse der durchschnittlichen Fälle. Damit wird einer differenzierten Überprüfung der Steuerfälle der Vorrang gegenüber einer umfassenden und gleich intensiven Überprüfung jedes Falles gegeben. Im Ergebnis ist

· ein Teil der jährlich zu bearbeitenden Veranlagungsfälle vollständig oder zumindest punktuell intensiv,

· der überwiegende Teil jedoch nur überschlägig zu bearbeiten.

Die Qualität der Steuerfestsetzung wird bei einer derartigen Bearbeitungsweise aber nur gewährleistet, wenn es gelingt, die „richtigen" Fälle intensiv zu bearbeiten, nämlich die, bei denen die intensive Bearbeitung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Abweichungen gegenüber den erklärten Besteuerungsgrundlagen führt.

Zu T 178 und 179:

Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.

T 180:

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass es derzeit nicht befriedigend gelingt, die tatsächlich prüfungsbedürftigen Steuerfälle vor Durchführung der Veranlagung herauszufiltern.

Defizite bei der Bestimmung der Auswahlkriterien nach Maßgabe der GNOFÄ führen dazu, dass nicht alle gewichtigen, dafür aber zu viele steuerlich unbedeutende Fälle intensiv bearbeitet werden. Dies liegt u. a. daran, dass das IT-gesteuerte Verfahren zur Ermittlung der vollständig intensiv zu bearbeitenden Steuerfälle dahingehend programmiert ist, sich an der Summe der Einkünfte der letzten durchgeführten Veranlagung zu orientieren, wobei der prozentuale Anteil der für eine intensive Bearbeitung ausgewählten Fälle mit der Höhe der Einkünfte ansteigt. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass die Höhe der - noch dazu in einem früheren Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte für sich allein kein geeignetes Auswahlkriterium darstellt, da sich die Einkünftesituation in dem zu überprüfenden Veranlagungszeitraum gegenüber der des Vorjahreszeitraums im Einzelfall stark verändert haben kann.

Außerdem fließen in das Auswahlverfahren auch Einkünfte ein, die im Rahmen der Veranlagung erfahrungsgemäß keiner intensiven Bearbeitung bedürfen. Wenn sich beispielsweise die Summe der Einkünfte neben geringeren anderen Einkünften aus hohem Arbeitslohn und geringen Werbungskosten zusammensetzt oder nur erhebliche Einkünfte aus Beteiligungen an Personengesellschaften vorliegen, über deren Höhe und Zurechnung bereits in einem Grundlagenbescheid entschieden worden ist, könnte eine intensive Bearbeitung solcher Fälle unterbleiben.

Im Ergebnis werden durch diese Defizite personelle Kapazitäten auf Steuerfälle gelenkt, die für eine intensive Bearbeitung keinen oder nur wenig Anlass bieten. Selbst wenn die Bearbeiter von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei derartigen Fällen von einer intensiven Bearbeitung abzusehen, werden personelle Ressourcen zusätzlich gebunden, weil die Bearbeiter ihre Entscheidung in einem Vermerk dokumentieren müssen.

Zu T 180:

Das IT-gebundene Verfahren zur Ermittlung der vollständig intensiv zu bearbeitenden Fälle wird auch von der Senatsverwaltung für Finanzen im Ergebnis nicht als optimal angesehen. Insofern wird der Feststellung des Rechnungshofs, dass im gewissen Umfang Steuerfälle, die eigentlich keiner intensiven Prüfung bedürfen, maschinell für eine solche Prüfung ausgewählt werden, zugestimmt.

Für die maschinelle Auswahl vollständig intensiv zu prüfender Fälle gelten bundeseinheitliche Auswahlkriterien.

Um zu verhindern, dass personelle Kapazitäten übermäßig auf Steuerfälle gelenkt werden, die für eine intensive Bearbeitung keinen Anlass bieten, ist der Bearbeiter/die Bearbeiterin nach den für Berlin geltenden Arbeitsanweisungen berechtigt, von einer intensiven Bearbeitung abzusehen. Diese Entscheidung ist zu dokumentieren. Der hierfür notwendige Zeitaufwand ist gering.

T 181:

Auch die von den GNOFÄ vorgegebene Verfahrensweise für den Umgang mit den übrigen Steuerfällen lässt sich in der Praxis nur schwer umsetzen: Die Bearbeiter sollen diese Steuerfälle auf das Vorliegen bestimmter eng umgrenzter Sachverhalte überprüfen. Liegen eine oder mehrere der zehn vorgegebenen Fallgestaltungen vor, sehen die GNOFÄ insoweit eine punktuelle Intensivbearbeitung vor. Allein die vorgeschriebene Sichtung führt im Ergebnis dazu, dass die Bearbeiter sich mit dem Steuerfall als Ganzem auseinander setzen. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs haben die Bearbeiter solche Fälle dann oftmals intensiv bearbeitet, obwohl keine der vorgegebenen Fallgestaltungen vorlag.

Gleichwohl hat der Bearbeiter im Rahmen überschlägiger Prüfung die Gelegenheit, in eine intensive Prüfung einzutreten, wenn er dies für erforderlich hält. Hierdurch gleicht der Bearbeiter in gewissem Umfang Auswahldefizite bei den GNOFÄ aus.

Zu T 181: Steuerfälle, die nicht umfassend intensiv zu prüfen sind, sind hinsichtlich einiger ausgewählter Sachverhalte zu prüfen. Auch hierfür gibt es einen bundeseinheitlich festgelegten Rahmen.

Diese punktuell zu prüfenden Sachverhalte hat die Steuerabteilung der Senatsverwaltung für Finanzen in einem Katalog zusammengestellt. Die Sichtung der Steuererklärungen im Hinblick auf punktuell zu prüfende Sachverhalte bindet nach Erkenntnissen der Senatsverwaltung für Finanzen kaum zusätzliche Ressourcen.

Die Finanzämter werden in regelmäßigen Fachgeschäftsprüfungen, Dienstbesprechungen und Schulungen auf das Erkennen und die zutreffende steuerrechtliche Würdigung dieser Katalogfelder hingewiesen. Die Ergebnisse der Fachgeschäftsprüfungen sowie der Prüfung des Rechnungshofs werden auch den nicht geprüften Ämtern bekannt gemacht.

Es ist geplant, auch 2005 eine Fachgeschäftsprüfung mit dem Prüfungsschwerpunkt „Bearbeitung und Dokumentierung der maschinell ausgewählten, intensiv zu prüfenden sowie der punktuell zu prüfenden Fälle" durchzuführen. Dabei sollen die Anregungen des Rechnungshofs zur Überprüfung der Wirksamkeit der GNOFÄ aufgegriffen werden.

T 182:

Die Berliner Steuerverwaltung hat bisher weitestgehend auf Controllingmaßnahmen im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung verzichtet. Ihr liegen keine Erkenntnisse über den „Erfolg" der GNOFÄ vor. Die derzeitige Form der Datenhaltung ist für Controllingzwecke nicht optimal. Der Rechnungshof hat es jedoch unter der Verwendung von Standard-Software vermocht, die Daten der Steuerverwaltung zu verknüpfen und auszuwerten und so zumindest in Teilbereichen zu für Controllingzwecke geeigneten Ergebnissen zu gelangen. Deren Aussagekraft ließe sich jedoch durch eine verfeinerte Auswertung deutlich steigern. Hierzu wäre es erforderlich, dass die Steuerverwaltung einzelnen Besteuerungsgrundlagen IT-auswertbare Kennziffern zuweist.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Steuerverwaltung die bereits heute vorhandenen Möglichkeiten aufgreift, um IT-unterstützt die Effizienz des Steuerfestsetzungsverfahrens mittels geeigneter Controllingmaßnahmen zu verbessern. Für die Leistungsfähigkeit und Justierung IT-gesteuerter Risikomanagementsysteme ist eine verfeinerte Auswertungsmöglichkeit unerlässlich.

Zu T 182:

Die Berliner Steuerverwaltung setzt im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung umfangreiche Controllingmaßnahmen ein. So wird der vollständige und rechtzeitige Eingang der Steuererklärungen maschinell überprüft. Daneben werden in Zielvereinbarungen zwischen der Steuerabteilung der Senatsverwaltung für Finanzen und den Finanzämtern quantitative und qualitative Leistungsziele festgelegt, die mittels eines regelmäßigen und umfassenden Berichtswesens ständig kontrolliert werden. In Fachgeschäftsprüfungen werden Erkenntnisse über die Qualität der erbrachten Leistungen und somit auch über den „Erfolg der GNOFÄ" gewonnen.

Zur Vervollkommnung dieser Instrumente im Sinne eines vom Rechnungshof geforderten umfassenden Controllingsystems ist die IT-Unterstützung der Finanzämter dahin weiter zu entwikkeln, dass künftig maschinell Abweichungen zwischen den von den Steuerbürgern erklärten und den von den Finanzämtern bei der Steuerfestsetzung zu Grunde gelegten Daten ermittelt werden können. In einer ersten Stufe werden Daten herangezogen, die der Steuerverwaltung bereits heute in elektronischer Form vorliegen. Hierbei handelt es sich um die im Verfahren ELSTER von den Steuerbürgern elektronisch übermittelten Steuererklärungen. Künftig wird bei diesen Steuererklärungsdaten anhand des Berechnungsergebnisses „zu versteuerndes Einkommen" maschinell ermittelt, ob und in welcher Höhe das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung von den erklärten Daten abgewichen ist.

In einer zweiten Stufe könnten weitere Daten in eine solche Vergleichsrechnung einbezogen werden. Dies erfordert eine weitergehende als die derzeit eingesetzte und vom Rechnungshof für Controllingzwecke als nicht optimal angesehene Datenhaltung. Die Realisierbarkeit einer solchen zweiten Stufe wird derzeit geprüft.

In einer weiteren Stufe ist es ­ wie vom Rechnungshof dargestellt ­ zukünftig erforderlich, die Steuererklärungsvordrucke fortzuentwickeln. Im Hinblick auf erwünschte Risikomanagementund Controllingmaßnahmen ist es notwendig, den Besteuerungsgrundlagen mehr ITauswertbare Kennzahlen zuzuweisen. Da es sich bei den Steuererklärungsvordrucken zum größten Teil um bundeseinheitliche Vordrucke handelt, werden derzeit in den zuständigen Bund-Länder-Arbeitsgruppen entsprechende Vorschläge erarbeitet.

T 183:

Den Steuerverwaltungen der Länder ist bewusst, dass die geltenden GNOFÄ auf Dauer allein nicht ausreichen, um auch künftig die Arbeit in den Finanzämtern in angemessener Qualität zu bewältigen. Sie arbeiten in gemeinsamen Arbeitsgruppen an der Entwicklung von IT-gesteuerten Risikomanagementsystemen, mit deren Hilfe dann „risikoarme" Fälle ausgefiltert und automatisiert abschließend bearbeitet werden sollen. Letztlich sollen nur noch „risikobehaftete" Fälle personell bearbeitet werden. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit keine konkreten Aussagen über den Einsatzzeitpunkt möglich sind. Unstrittig ist, dass die Auswahlkriterien zur Bestimmung der „risikobehafteten" Fälle bei diesen Verfahren zentrale Bedeutung erlangen, weil alle nicht ausgesteuerten Fälle automatisiert abschließend bearbeitet werden sollen. Defizite bei der Bestimmung oder Umsetzung der Auswahlkriterien, die bei der derzeitigen Verfahrensweise noch aufgefangen werden, führen dann zwangsläufig zu Steuerausfällen.

T 184:

Bis zur vollständigen Umsetzung und flächendeckenden Einführung von IT-gesteuerten Risikomanagementsystemen werden möglicherweise noch Jahre vergehen. Die Senatsverwaltung für Finanzen sollte sich deshalb auf Bund/Länderebene sowohl für eine Verbesserung der derzeit praktizierten Arbeitsweise bei der Steuerfestsetzung einsetzen als auch die Entwicklung von Risikomanagementsystemen aktiv unterstützen. Hierzu sind differenzierte Erkenntnisse über die jeweilige Wirkung einzelner Auswahlkriterien für die Bestimmung von intensiv zu bearbeitenden Steuerfällen unerlässlich. Es bleibt abzuwarten, ob es mit künftigen Risikomanagementsystemen besser gelingt, die Arbeitskraft auf die steuerlich bedeutsamen Fälle zu konzentrieren.

Zu T 183 und T 184:

Die Entwicklung der ersten Stufe eines bundeseinheitlichen, maschinellen Risikomanagementsystem für die Arbeitnehmerbesteuerung ist bereits abgeschlossen. Dieses Risikomanagementsystem ­ das Aussteuerungsverfahren GNOFÄ ­ fußt auf Controllingerkenntnissen der Bundesländer, die bereits über eine verfeinerte Datenauswertungsmöglichkeit verfügen. Die Berliner Steuerverwaltung setzt das Aussteuerungsverfahren GNOFÄ seit Mitte des Jahres 2005 in zunächst zwei Finanzämtern ein. Dieses Aussteuerungsverfahren unterscheidet zwischen risikoarmen und risikobehafteten Fällen. Risikoarme Fälle werden künftig vollmaschinell verarbeitet. Risikobehaftete Fälle werden dem Bearbeiter/der Bearbeiterin zur steuerrechtlichen Prüfung zugeleitet.

Das Aussteuerungsverfahren wird von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe dahingehend fortentwickelt, dass weitere Einkunftsarten einbezogen werden können. Die Auswahlkriterien für das Verfahren werden sowohl anhand eines Erfahrungsaustauschs mit den teilnehmenden Finanzämtern bzw. von Fachgeschäftsprüfungen in Berlin, als auch im Erfahrungsaustausch in der zuständigen Bund-Länder-Arbeitsgruppe überprüft. Die in anderen Bundesländern gewonnenen Erfahrungen fließen in die Fortentwicklung des Verfahrens mit ein.