Investition

21 Für eine Erneuerung (Absatz 3) ist Voraussetzung, dass eine abgenutzte Verkehrsanlage oder Teileinrichtung von Grund auf neu (nochmalig) hergestellt wird und dadurch in einen im Wesentlichen der ursprünglichen Anlage vergleichbaren Zustand versetzt wird (vgl. statt vieler OVG Münster, u. a. Urteil vom 12. Oktober 1978 - II A 319/76 - OVGE 33, 277, und vom 4. Juli 1986 - 2 A 1761/85). Solange durch laufende Unterhaltung und Instandsetzung die Funktionsfähigkeit einer Verkehrsanlage erhalten werden kann, können Beiträge für eine Erneuerung nicht erhoben werden (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 32 Rnr. 14). Bei der Prüfung, ob eine Verkehrsanlage oder eine Teileinrichtung erneuerungsbedürftig ist, steht dem Straßenbaulastträger ein Einschätzungsermessen zu (ständige Rechtsprechung, u. a. OVG Münster, Urteil vom 3. Mai 1974, OVGE 29, 286 = KStZ 1974/234).

Das Ermessen ist an der üblichen Nutzungsdauer zu orientieren (Driehaus, a. a.

O., § 32 Rnr. 20). Insoweit kommen Erfahrungswerte in Betracht, die Anhaltspunkte für die Entscheidung im Einzelfall bieten.

Die Erneuerung einer Verkehrsanlage deutlich vor Ablauf der üblichen Nutzungsdauer als Beseitigung eines „aufgestauten Reparaturbedarfs" ist grundsätzlich nicht beitragsfähig (u. a. OVG Münster, Urteil vom 18. Dezember 1979 - II A 1751/78). Der Straßenbaulastträger ist daher auch aus fiskalischen Gründen verpflichtet, seine Verkehrsanlagen laufend zu unterhalten.

Absatz 4 stellt lediglich klar, dass Maßnahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung keine (beitragsfähigen) Ausbaumaßnahmen sind. Zur laufenden Unterhaltung und Instandsetzung zählen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um eine Straße oder eine einzelne Teileinrichtung in einem ihrer Bestimmung entsprechenden gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten, die also der Erhaltung des bestehenden Zustands dienen (vgl. BayVGH, Urteil vom 28. Juli 1975 - 19 IV 72 - BayVBl. 1976 S. 16 - sowie Driehaus, a. a. O., § 32 Rnr. 2). Diese vergleichsweise unbedeutenden Maßnahmen, wie etwa die Behebung kleinerer Schäden, z. B. das Ausbessern von Schlaglöchern, lösen folglich keine Beitragspflicht aus. Es sollen lediglich Ausbaumaßnahmen größeren Umfangs und größerer Intensität, die die Grenze von Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen überschreiten, durch Beiträge teilweise refinanziert werden.

3. Zu § 3:

Das Bauprogramm ist die Grundlage für jede Ausbaumaßnahme. Es nennt die Verkehrsanlage, die ausgebaut werden soll, den Bereich, die Art und den Umfang der Maßnahme. Es trifft weiter Aussagen über den Anlass der Ausbaumaßnahme (Zustand der Straße, Verkehrsbedeutung, Art der Verkehrsanlage im Sinne der §§ 8 bis 11), dafür notwendigen Grunderwerb, Freilegungsarbeiten, Ziel und Zweck der Ausbaumaßnahme.

Das Bauprogramm ist für jede Ausbaumaßnahme an einer Verkehrsanlage aufzustellen. Werden mehrere Ausbaumaßnahmen an verschiedenen Teileinrichtungen zeitlich und technisch zusammengefasst, so ist das Bauprogramm insgesamt aufzustellen. Wenn z. B. zunächst nur ein Gehweg

(einseitig) hergestellt werden soll, ist durch das Bauprogramm eine Aussage zu treffen, ob auch ein zweiter Gehweg zu dieser Teileinrichtung gehört.

Über die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Herstellung entscheidet der Träger der Straßenbaulast ausschließlich nach § 7 Abs. 2 BerlStrG. Das Straßenausbaubeitragsgesetz und insbesondere das nach § 3 aufzustellende Bauprogramm erteilt selbst keinen Auftrag, eine Ausbaumaßnahme zu planen oder durchzuführen. Das Bauprogramm dient aber der frühzeitigen Klärung sämtlicher finanziellen und baulichen Voraussetzungen für die Verwirklichung einer Ausbaumaßnahme, insbesondere aber auch als Grundlage für die Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 3.

Als für die Straßenbaulast zuständige Stellen kommen z. Z. in Betracht bei den Bezirksämtern

- das Tiefbauamt für Baumaßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben a bis e und g,

- das Naturschutz- und Grünflächenamt für Baumaßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3

Buchstabe f

- und das Bezirksamt Mitte für Baumaßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 g, bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Abteilung Tiefbau- X - für Baumaßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben a bis g, die Berliner Wasserbetriebe, Abteilung Kanäle, für Baumaßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe h.

Die Berliner Wasserbetriebe sind Träger der Straßenbaulast für die Straßenentwässerungseinrichtungen gemäß § 29 e Abs. 3 des Berliner Wassergesetzes in der Fassung vom 3. März 1989 (GVBl. S. 605), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Oktober 2003 (GVBl. S. 498).

Für die Aufstellung des Bauprogramms ist weder ein besonderes Verfahren noch eine bestimmte Form vorgesehen. Es ist ein Geschäft der laufenden Verwaltung.

Das Einvernehmen zwischen den für die Straßenbaulast zuständigen Stellen und der Beitragsbehörde dient der Verfahrensbeschleunigung sowie der Vermeidung von Unstimmigkeiten; es erfordert eine frühzeitige Kontaktaufnahme. Werden bei einer Ausbaumaßnahme für mehrere Teileinrichtungen mehrere Stellen als Baulastträger tätig, wird in der Regel die für die (letzten) Arbeiten an der Straßendecke zuständige Stelle die Federführung für das gesamte Bauprogramm übernehmen.

Den (voraussichtlich) Beitragspflichtigen wird in Absatz 3 ein Informations- und Beteiligungsrecht eingeräumt. Damit sollen ihre Interessen ausdrücklich einbezogen werden. Die in § 1 Abs. 2 genannte Beschränkung der Ausbaumaßnahmen auf das Erforderliche wird auf diese Weise verfahrensmäßig untermauert. Eine entsprechende Beteiligung ist vor Beginn einer Ausbaumaßnahme sowie bei einer wesentlichen Änderung des Bauprogramms durchzuführen. Eine wesentliche Änderung des Bauprogramms ist anzunehmen, wenn der Bereich oder die Art oder der Umfang der Ausbaumaßnahme grundlegend geändert (erweitert oder eingeschränkt) werden sollen.

- 23 Den Trägern der Straßenbaulast wird eine rechtzeitige und umfassende Informationspflicht auferlegt, die zur Folge hat, dass den (voraussichtlich) Beitragspflichtigen die Möglichkeit gewährt wird, sich zu der Ausbaumaßnahme bzw. dem Bauprogramm zu äußern. Die Äußerungen in Anregung oder Kritik sind in die Entscheidung über die Ausbaumaßnahme einzubeziehen. Diese Beteiligung ist ein Angebot an die Betroffenen, verpflichtet diese umgekehrt nicht, sich zu äußern.

Die Beteiligung muss regelmäßig durch schriftliche Information erfolgen. Dabei sollen Art und Umfang der beabsichtigten Straßenausbaumaßnahme dargestellt und die geschätzten Kosten benannt werden. Zudem sollen den in Betracht kommenden Beitragspflichtigen die sich auf dieser Planungsgrundlage zu errechnenden voraussichtlichen Straßenausbaubeiträge mitgeteilt werden.

Die weitere Durchführung des Beteiligungsverfahrens kann im Übrigen jederzeit den örtlichen und praktischen Erfordernissen angepasst und im richtigen Verhältnis zur Straßenausbaumaßnahme auch auf andere Weise durchgeführt werden, wenn dabei die inhaltliche Information aller Beteiligten sichergestellt ist.

So können die Vorschläge und Anregungen beispielsweise in einem gemeinsamen Erörterungstermin oder auch in Einzelgesprächen besprochen und bewertet werden. Ob einzelne Vorschläge berücksichtigt oder nicht angenommen werden, kann dem Einwender auch schriftlich mitgeteilt und begründet werden.

Bei den Straßenausbaumaßnahmen sollen die Planungs- und Gestaltungsspielräume genutzt werden (vgl. Begründung zu § 1 Abs. 2). Die Aufstellung einer Ausbauvariante kann sich z. B. auf die Querschnittsgestaltung der Verkehrsanlage beziehen, wird aber nicht in allen Fällen erforderlich oder sinnvoll sein (z. B. hinsichtlich der Befestigung im Rahmen der Fahrbahnerneuerung). Die Entscheidung muss die Behörde treffen.

Die Befassung der Bezirksverordnetenversammlung erfolgt in Ausfüllung ihrer Aufgaben nach § 12 BezVG, wonach die Bezirksverordnetenversammlung die Grundlinien der Verwaltungspolitik des Bezirks bestimmt und die Führung der Geschäfte des Bezirksamts kontrolliert. Schon vor der Befassung mit dem Bauprogramm wird regelmäßig die Bezirksverordnetenversammlung über beabsichtigte Ausbaumaßnahmen informiert sein, weil sie über die Investitionsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan zu beschließen hat. Bei Ausbaumaßnahmen der Hauptverwaltung soll der zuständige Ausschuss des Abgeordnetenhauses beteiligt werden.

4. Zu § 4: § 4 bestimmt die Kostenfaktoren, die den Aufwand als Grundlage für den Straßenausbaubeitrag bilden. Der Aufwand wird nach tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt. Dies entspricht den Grundsätzen der Klarheit und Wahrheit behördlichen und haushaltsmäßigen Handelns. Die Zusammenhänge zwischen der qualitativen Ausführung einer Ausbaumaßnahme, den dadurch entstehenden Kosten und den Vorteilen aus dem Ausbau sind auf diese Weise ablesbar.

Alle tatsächlich aufgewendeten Kosten für die in § 4 genannten Vorgänge und Ausbaumaßnahmen bilden insgesamt den Aufwand.