Erziehung
Um die pädagogische Qualität der Jugendfreizeitstätten sicherzustellen, spricht sich die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport für die Festlegung von Standards für die personelle und sächliche Mindestausstattung von Jugendfreizeitstätten aus.
Die Definition der Jugendfreizeitstätten als Bildungsorte geht mit erhöhten Anforderungen an die Fachlichkeit der pädagogischen Arbeit einher. Es wird deutlich, dass die Jugendämter der Bezirke und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport bereits in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen haben, um durch Qualitätsentwicklung, Fortbildung und die Erarbeitung neuer Konzeptionen die Fachlichkeit des Arbeitsfeldes zu erhöhen. Diese fachliche Qualitätsoffensive wird verstärkt, um Jugendfreizeitstätten als Eckpfeiler eines sozialräumlich integrierten Bildungskonzeptes auszubauen.
1. Rechtliche und konzeptionelle Grundlagen der Jugendfreizeitstätten
Begriff und Rechtsgrundlage
Der Begriff „Jugendfreizeitstätte" umfasst im Wesentlichen Orte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, d.h. bereit gehaltene Räume und Häuser, an denen eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote zur Verfügung steht. Die konzeptionelle Verknüpfung mit einem „dauerhaften" räumlichen Angebot unterscheidet Jugendfreizeitstättenarbeit von anderen, z. B. mobilen Formen der Jugendarbeit.
Gegenstand des Berichtes sind die mit finanziellen Mitteln des Landes Berlin geförderten Einrichtungen. Hierbei wird zwischen drei unterschiedlichen Arten von öffentlichen und öffentlich geförderten Jugendfreizeitstätten unterschieden, wobei die tarifrechtlich relevante Bezeichnung „Haus der offenen Tür" inhaltlich auf alle drei Arten von Jugendfreizeitstätten zutrifft.
· Jugendfreizeiteinrichtungen richten sich an Mädchen/junge Frauen und Jungen/junge Männer im Alter von 6 bis 26 Jahren. Hauptzielgruppe sind die ca. 10 bis unter 18Jährigen. Das Angebot besteht meist aus einer Kombination von offenem Bereich, Gruppenangeboten, Projekten, Workshops und Veranstaltungen. Die Teilnahme an den Angeboten erfolgt freiwillig.
· Schülerclubs entstanden im Rahmen des Sonderprogramms „Jugend mit Zukunft". In Räumen von Schulen, in der Kooperation von Schulen und freien Trägern wird hauptsächlich für Kinder am Nachmittag und teilweise in den Pausen ein freiwillig zu nutzendes Freizeitangebot gestaltet.
· Pädagogisch betreute Spielplätze, auf denen unter pädagogischer Betreuung selbstständige Gestaltungsmöglichkeiten mit Wasser, Erde, Feuer, Baumaterialien bestehen. Es sind Angebote für die Altersgruppe der 6- bis unter 15jährigen Kinder, bei denen die Freifläche und die darauf befindlichen Spiel- und Aktionsmöglichkeiten das wesentliche Element sind. In der Regel verfügen diese Spielplätze auch über feste Spielhäuser.
Kennzeichnend für diese Einrichtungen sind:
· Die durch Fachpersonal, in der Regel Sozialpädagogen/innen und Erzieher/innen, sichergestellte pädagogische Qualität der Angebote,
· die Verortung in Räumen (Gebäuden oder Geländen), die für Jugendarbeit mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Methoden zur Verfügung stehen,
· die zeitliche Kontinuität regelmäßiger Angebote,
· die finanzielle Förderung durch die für Jugendarbeit zuständigen bezirklichen und überbezirklichen Fachverwaltungen.
Darüber hinaus existieren weitere Orte der Jugendfreizeitarbeit, die diese Standards nicht oder nur teilweise erfüllen, wie Jugendräume oder Einrichtungen, die ohne staatliche Finanzierung betrieben werden (z.B. Jugendtreffs kirchlicher Gemeinden).
Der Begriff „Jugendfreizeitstätte" wird hier wegen Ermangelung einer zutreffenderen Bezeichnung unter Vorbehalten verwandt. Zielgruppen sind nicht nur Jugendliche, sondern auch Kinder im Alter ab 6 Jahren, mitunter auch Familien. Besonders schwierig ist die Verwendung des Begriffes „Freizeit", da hierdurch die eigentliche Bedeutung dieser Einrichtungen als Orte non-formeller Bildung aus dem Blick gerät.
Die assoziative Verbindung des Begriffes „Freizeit" mit Hobby, Erholung, Geselligkeit oder auch Zeitvertreib verführt dazu, eine Beliebigkeit der Ziele und des pädagogischen Handelns zu unterstellen, die weder der Alltagswirklichkeit noch den Zielen der Jugendarbeit in diesen Einrichtungen gerecht wird. Andererseits kann ein Begriffswechsel von „Jugendfreizeitstätte" zu „Jugendbildungsstätte" nicht erfolgen, da hier bereits eine andere fachliche Definition3 gegeben ist.
In § 1 Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetz (SGB VIII Kinder und Jugendhilfe -) wird bestimmt: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit". Die Jugendhilfe soll nach Abs. 3 Nr.1 des § 1 zur Verwirklichung dieses Rechts „junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen".
Darüber hinaus ist in § 9 Nr. 3 SGB VIII geregelt, dass die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern sind.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII, der die Aufgaben der Jugendhilfe definiert, sind Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14) Leistungen der Jugendhilfe. Jugendfreizeitstätten sind Angebote der Jugendarbeit im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB VIII. „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an die Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen."
Berliner Landesjugendplan 2002/2003, S. 14
Jugendbildungsstätten bieten im Internatsbetrieb mit qualifiziertem pädagogischem Personal Seminare, Kurse und Veranstaltungen an und verwirklichen damit den Bildungs- und Erziehungsauftrag der außerschulischen Jugendbildung.
Jugendarbeit wird von freien und öffentlichen Trägern angeboten. Sie umfasst „für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote". (SGB VIII § 11 Abs. 2). Jugendfreizeitstätten als sozialraum- bzw. gemeinwesenorientierte Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit richten sich vorrangig an Kinder und Jugendliche, die nicht Mitglieder in Vereinen und Verbänden sind.
Als Schwerpunkte der Jugendarbeit werden in Abs. 3 des § 11 SGB VIII zunächst genannt: „Außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung". Weitere Schwerpunkte sind Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit sowie arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit. Jugendberatung, Jugendsozialarbeit (§ 13 Abs. 1) oder der erzieherische Kinder- und Jugendschutz (§ 14) sind hinzutretende Arbeitsbereiche, die sich in ihrer Ausprägung aus der jeweiligen Zielgruppe ergeben.
Mit § 15 SGB VIII wird festgelegt, dass das Nähere über Inhalt und Umfang der durch die §§ 11 bis 14 SGB VIII geregelten Aufgaben und Leistungen durch Landesrecht zu regeln ist. Diese Ausfüllung der bundesgesetzlichen Grundlagen erfolgt für Berlin durch das „Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes". Für die Arbeit der Jugendfreizeitstätten sind besonders folgende gesetzliche Bestimmungen von Bedeutung:
- Die Mitwirkung junger Menschen - gegebenenfalls durch gewählte Vertretung an der Ausgestaltung der Angebote in den Einrichtungen soll sichergestellt werden und dabei auf bezirklicher Ebene auch die Mitwirkung an der Jugendhilfeplanung ermöglicht werden (§ 5 Abs. 2 und 3 AG KJHG).
- Die Ziele der Jugendarbeit hat der Gesetzgeber in § 6 Abs. 3 AG KJHG präzisiert. Als „eigenständiger Teil des Berliner Bildungswesens" soll die außerschulische Jugendbildung im Rahmen der Jugendarbeit „dazu beitragen,
1. gesellschaftliche und persönliche Auseinandersetzungen mit friedlichen Mitteln zu führen,
2. das Verhältnis des Menschen zur Natur und seine Stellung in der Natur zu verstehen,
3. Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen, Kulturen, Lebensformen und Glaubensbekenntnissen zu fördern,
4. überkommene Geschlechterrollen in Frage zu stellen und die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern."
- Die Zielgruppen der Jugendarbeit beschreibt Abs. 4 des § 6 AG KJHG.
Hiernach richten sich Angebote der Jugendarbeit „an alle jungen Menschen" und „werden entsprechend der zunehmenden Verselbständigung junger Menschen und an das Lebensalter angepasst bereitgestellt". Sie sollen „so rechtzeitig zur Verfügung stehen, dass Maßnahmen der Jugendsozialarbeit
Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) vom 9. Mai 1995 (GVBl. S.300) in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 27. April 2001 (GVBl. S 134) geändert durch (Vorschaltgesetz) Gesetz vom 19. Mai 2004 (GVBl. S. 217) und durch Artikel I des Gesetzes vom 4. Mai 2005 (GVBl. S. 282)