Die Zusammenarbeit mit Treptow hatte bisher nicht gefruchtet

Abschlussbericht II. Suche nach einem geeigneten Standort Einwände ihrerseits dagegen gab. Große Einwände dagegen gab es seitens des Bezirks Treptow. Der damalige Baustadtrat Schmitz gründete eine Bürgerinitiative gegen diesen Standort mit haltlosen Vorwürfen, Flugblätterverteilen usw. Insbesondere ritt er auf der Lärmbelästigung herum, die den Anwohnern dort den Schlaf rauben würde. Wir konnten über Lärmschutzbestimmungen ­ die musste er ja selbst kennen als Baustadtrat ­ offensichtlich seine Antihaltung nicht aufheben, und es scheiterte dann letztlich, dass es überhaupt zur Entscheidung kam an dieser Stelle.

Die Erinnerungen der Zeugen decken sich mit den Pressekommentaren insbesondere zu dem Verhalten des Baustadtrats von Treptow: Weitgehendes Einvernehmen erzielte die Arbeitsgruppe aus Senats- und Bezirksvertretern hingegen hinsichtlich des dritten näher geprüften Standortes in Treptow: „Schlesischer Busch" Zeuge Dr. Hassemer: [...] Ich sage es ganz offen: Ich hatte einen Standort am Treptower Park, oben an der Weißen Flotte, der stadtplanerisch sehr viel besser war. Nach meinen damaligen Grundsätzen war das die Nr. 1. Dort gab es allerdings ein Bezirksamt, das sagte: „Hier spricht Treptow: Berliner raus!" Die haben „Nein!" gesagt, sie machen das nicht, und dann mussten wir weitersuchen. „Umweltsenator Volker Hassemer und Kultursenator Ulrich Roloff-Momin, die das Gelände am S-Bahnhof Treptower Park favorisieren, warfen dem dortigen Baustadtrat Schmitz „eine rabiate Verweigerungshaltung" vor. ­ Schmitz nämlich hat eine Debatte gegen ein Tempodrom am S-Bahnhof Treptower Park entfacht, die mit Argumenten anfing und sich in Kuriositäten verlor. Zu Recht wies er auf den 38-Jahre-Pachtvertrag mit dem Schifffahrtsunternehmen auf diesem Gelände hin, das mit immerhin acht Millionen Mark abgefunden werden müsste. Dann freilich beginnen schon die absurden Argumente: eine „bedenkliche, ja bedrohliche Oberbenutzung des Parks durch Ausflügler wurde angeführt, die Nähe von vier (!) Dienstwohnungen als sehr problematisch bezeichnet. Außerdem sieht Schmitz die Totenruhe von 5000 Soldaten auf dem Ehrenfriedhof als gestört an. Als hätte es nie laute Feiern im nahen Zenner gegeben. Klingt alles nicht gerade nach Kooperation und erst recht nicht nach Tempowillen." „Die Zusammenarbeit mit Treptow hatte bisher nicht gefruchtet. Das Tempodrom verteidigte seinen Wunsch, sich verkehrsgünstig nahe dem Bahnhof Treptow niederzulassen. Das Bezirksamt präsentierte als Antwort ablehnende Umfragen, die allerdings nicht mal repräsentativ waren."

Die Ansiedlung am ehemaligen Steinlager scheiterte schließlich nicht nur am Widerstand des Bezirks, sondern vor allem auch an den Pachtverträgen der Stern- und Kreisschifffahrt GmbH. . „ob durch die neuen Angebote sich eine noch bessere Alternative für die Realisierung des europaweit einzigartigen Vorhabens im Bereich des Veranstaltungsbaus bestimmen lässt".

Zwar wies Senator Roloff-Momin in seinem Schreiben an den Hauptausschuss vom 31. Oktober 1994 noch auf „neue Angebote" aus anderen Bezirken hin, die kurzfristig mit dem Ziel geprüft würden,

In einem ergänzenden Schreiben vom 15. November 1994140 teilte der Senator dem Hauptausschuss jedoch mit, dass der Bezirksbürgermeister von Treptow Brückner nochmals seinen Wunsch einer

Wortprotokoll, 5. Sitzung des UntA vom 21.6.2004, S. 3.

Wortprotokoll, 5. Sitzung des UntA vom 21.6.2004, S. 55.

Berliner Zeitung vom 13. Oktober, S. 25.

Berliner Zeitung vom 13. Oktober 1994, S. 25.

Schreiben des Kultursenators Roloff-Momin an den Hauptausschuss, 12. Wahlperiode, 122. Sitzung des HA vom 29.3.1995, Rote Nummer 2469A.

B. Standortverlegung Abschlussbericht Ansiedlung des Tempodroms am Schlesischen Busch bekräftigt und um Umsetzung weiterer Schritte gebeten habe, woraufhin die Kultursenatsverwaltung das Tempodrom um Aufnahme entsprechender Verhandlungsgespräche mit dem Bezirk gebeten habe.

Aus Sicht der Tempodrom-Betreiber nachteilig am Standort „Schlesischer Busch" war zum einen, dass ein von ihnen beauftragtes schalltechnisches Gutachten ergeben hatte, dass Open-Air-Veranstaltungen dort aufgrund der benachbarten Wohnbebauung nicht zulässig sein würden.

Zum anderen beanstandeten sie die schlechte Anbindung der Fläche an den öffentlichen Nahverkehr.

2. Kreuzberg

Am 27. Oktober 1994 schrieb er u.a. an Frau Moessinger, die Architektin Kalepky, die Senatsverwaltung für Kultur und die beteiligten Dezernate des Bezirksamtes:

Ein Wermutstropfen im Bezirk war freilich, dass das Grünflächenamt bereits 1,5 Mio. DM in die Bepflanzung investiert hatte.

Dass der gewachsene Park zur Disposition stand, missfiel auch Treptower Bürgern.

Dieses und andere Argumente gegen den Standort Schlesischer Busch machte auch der Kreuzberger Bezirksbürgermeister Strieder geltend, als er der BVV Kreuzberg zum ersten Mal vorschlug, das Tempodrom statt dessen nach Kreuzberg zu holen.

So hätten unter Umständen 200 Jahre alte Eichen gefällt werden müssen und in jedem Fall hätte der Schlesische Busch seine „Scharnierfunktion" zwischen Görlitzer Park und Treptower Park verloren. Parksuchverkehr, eine schwierig zu kontrollierende Schallausbreitung und der Verlust eines traditionellen Außenraums im Kreuzberger Südosten seien zudem Konsequenzen, die sich nachteilig vor allem auf den Bezirk Kreuzberg auswirkten. „Der Schlesische Busch ist für uns akzeptabel. Wenn wir jedoch einen besseren Standort finden, nähmen wir lieber den."

Noch bevor in Treptow der Schlesische Busch propagiert wurde, mithin in den Zeiten der Auseinandersetzungen über den sowohl von den Senatsverwaltungen als auch vom Tempodrom favorisierten, vom Bezirk Treptow jedoch zum Teil heftig abgelehnten Standort „ehemaliges Steinlager" im Treptower Park, brachte der ehemalige Bezirksbürgermeister von Kreuzberg Strieder das Interesse Kreuzbergs am Tempodrom zum Ausdruck. „Bezirksbürgermeister Peter Strieder beobachtete wohl schon seit längerem die vergebliche Standortsuche für das Tempodrom und brachte für seinen Bezirk gleich drei Möglichkeiten ins Gespräch: Gelände am Anhalter Bahnhof, am Gleisdreieck und im Görlitzer Park. Strieders Meinung nach gehört das Tempodrom in die Mitte Berlins. Wir können auf dieses Haus nicht verzichten." „Sehr geehrte Damen und Herren, das Tempodrom muss umziehen und sich in eine neue Umgebung einpassen. Die Auswahl an Standorten, die einerseits keine Störung von Anwohnern erwarten lassen und andererseits ein Überleben des für Berlin wichtigen, einzigartigen Kulturprojektes garantiert, ist begrenzt. Kreuzberg böte, gelänge es, sich auf einen

Vgl. die dem Schreiben beigefügten Schreiben des Bezirks an den Kulturstaatssekretär Dr. Sühlo, sowie des Staatssekretärs an Frau Moessinger, aaO.

Berliner Zeitung vom 12.11.1994, S. 20.

Aufruf der „Ökogruppe" zum Treffen am 21.11.1994: „Das Tempodrom kommt, und 200 Jahre alte Bäume müssen weichen", BA-FK, Umw I, Bl. 60. BVV-Vorlage vom 22.11.1994 zur BA-Vorlage Nr. 222/1994 vom 22.11.1994, UmwA I, S. 79 ff.

Schalltechnische Beurteilung des Standortes „Schlesischer Busch", BeSB GmbH Berlin, UmwA I, Bl. 16 ff.; vgl. auch Berliner Zeitung vom 18.10.1994, S. 21.

Tempodrom-Mitarbeiter Strecker, zitiert nach Berliner Zeitung vom 12.11.1994, S. 20.

Berliner Zeitung, vom 13.10.1994.

Abschlussbericht II. Suche nach einem geeigneten Standort realisierbaren Standort festzulegen, das traditionelle richtige Umfeld. Ein gegenseitiger Imagegewinn wäre absehbar."

Es folgt die Einladung zu einem Vorstellungs- und Beratungsgespräch am 7. November 1994 im Bezirksamt. Aus den Aufzeichnungen des Umweltamtes über dieses Gespräch149 ergibt sich, dass die Tempodrombetreiber zunächst auf einer Fortsetzung des Tempodrombetriebs in bisheriger Gestalt ­ wenn auch in einem festen Gebäude mit „Zeltcharakter" für 3000 Besucher abstellten, im Verlauf des Gesprächs aufgrund der Bedenken ­ insbesondere des Umweltamtes ­ jedoch Bereitschaft signalisierten, auf den Open-Air-Bereich ganz zu verzichten und auch den Gastronomiebereich zu verkleinern.

Als mögliche Standorte waren nunmehr der ehemalige Anhalter-Personen-Bahnhof

a) Yorckdreieck oder Anhalter Bahnhof und der „Yorckzwickel" in der Diskussion, wobei der erste Standort vom Bezirksbürgermeister und dem Tempodrom eindeutig favorisiert worden sei. Problematisch am Yorckzwickel war zudem, dass das Gelände zum Bundeseisenbahnvermögen gehörte, also nicht frei verfügbar war.

In einem weiteren Sitzungstermin der Arbeitsgruppe „Tempodrom" am 17. November 1994 erklärte Bezirksbürgermeister Strieder den Standort Yorckdreieck von vornherein für „indiskutabel" und wandte sich direkt den (im Einzelnen später zu erörternden) Bauflächenvarianten auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Personenbahnhofs zu.

Inwieweit Strieder die rigorose Ablehnung des Yorckdreiecks auf das schalltechnische Gutachten zu den Standorten in Kreuzberg stützte, lässt sich den Aufzeichnungen nicht entnehmen. Das bei der Sitzung als Tischvorlage vorgelegte Gutachten kam zu dem Schluss, bei Annahme einer dem Betrieb im Tiergarten vergleichbaren Nutzung des Tempodroms müsse der Standort Yorckdreieck aus akustischen Gründen verworfen werden.

Einschränkungen bei der Nutzung insbesondere im Open-Air-Bereich und bei der Außen-Gastronomie prognostizierte das Gutachten allerdings auch am Standort Anhalter Bahnhof. Seine Ablehnung des Standortes Yorckdreieck begründete Bezirksbürgermeister Strieder später in seinem Entwurf der BAVorlage zur Kenntnisnahme der BVV vom 22. November 1994.

So sei aus Sicht der Architekten die

Aus den Aufzeichnungen ergibt sich, dass bereits im Verlauf der ersten Besprechung durch den Vertreter des Sport- und Bäderamtes, Herrn Ossenkopp, bezogen auf den ehemaligen Anhalter Personenbahnhof auf die Berücksichtigung eines notwendigen Sportplatzes hingewiesen wurde.

Dieser sollte im nördlichen Bereich am „Portikus" realisiert werden. Die Beteiligten hätten dies indes nicht als ein Ausschlusskriterium für den möglichen Tempodrom-Standort angesehen.

Die Ansichten im Bezirksamt Kreuzberg über die Geeignetheit eines Standortes für das neue Tempodrom gingen auseinander. Ein Vor-Ort-Termin des Umweltamtes am 9. November 1994 habe für dieses ergeben, dass der Anhalter Personenbahnhof grundsätzlich geeignet, das Yorckdreieck aufgrund der dichten Wohnbebauung hingegen ungeeignet sei.

Die Vertreter des Stadtplanungsamtes im bezirksamtsinternen Arbeitskreis „Tempodrom" hielten demgegenüber die „Nutzfläche 3" im Yorckdreieck für die besser geeignete Fläche. Der ehemalige Anhalter Personenbahnhof sei vor dem Hintergrund der für 1997 geplanten Begrünung und Durchwegung des gesamten Areals planungsrechtlich gar nicht verfügbar.11.1994, UmwA I, Bl. 43.

Schalltechnisches Gutachten der BeSB GmBH Berlin vom 17.11.1994, UmwA I, Bl. 45 ff.