Grundstücksüberlassung im Wege der Erbpacht

Ein weiterer Anspruch des Bezirksamts resultierte aus der Nutzungsvereinbarung vom 12. Dezember 2000. Die Pflicht zur Zahlung eines Nutzungsentgeltes in Höhe von 3 266,55 pro Jahr begann mit Betriebsbeginn, also am 1. Dezember 2002.

Das Bezirksamt gab schließlich an, aufgrund der Arbeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung des Posttunnels einen Anspruch in geschätzter Höhe von 96 000 gegen die Stiftung zu haben.

Zeuge Hellmann stellte im Nachgang seiner Befragung durch den Ausschuss ebenfalls klar, dass dem Bezirk trotz der hohen eingetragenen Grundschulden im Fall der Zwangsversteigerung nicht der Verlust des Grundstücks drohe.

Zwar hat Zeuge Hellmann Recht, dass das Grundstück auch im Fall der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts im (bis auf das Erbbaurecht) unbelasteten Eigentum des Bezirks bleibt. Doch werden aufgrund der hohen Belastung des Erbbaurechts mit den Grundschulden und der nachrangigen Absicherung des Erbbauzinses wohl weder die Heimfallregelung noch die erfolgte Forderungsanmeldung den Verlust eines Großteils der Forderungen aus dem Erbbaurechtsvertrag verhindern können.

Nach der Aufstellung des Bezirksamts kam die Stiftung Neues Tempodrom ihren Zahlungsverpflichtungen nur in den neun Monaten von Dezember 2001 bis einschließlich August 2002 nach, indem sie Erbbauzins, Nutzungsentgelt und einen Anteil der vor Spielbetriebsbeginn aufgelaufenen Erbbauzinsschulden zahlte.

Zeuge Hellmann bezifferte die Forderungen des Bezirksamt zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 3. Juni 2004 auf rund 240 000, die sich zusammensetzten aus 160 000 Erbbauzinsen, 31 000 Stundungs- und Entschädigungszinsen, 3 000 Nutzungsentschädigung für Nachbargrundstücke und 45 000 für die Verfüllung des Posttunnels unter dem öffentlichen Straßenland, wofür die Stiftung Neues Tempodrom von der Deutschen Post nach dem dreiseitigen Vertrag entschädigt worden sei.

Im Nachgang seiner Vernehmung teilte er mit, der Bezirk habe darüber hinaus einen ebenfalls angemeldeten Anspruch auf weitere 19 000 Zinsen auf den Erbbauzins.

Diese Zahlen bestätigte im Wesentlichen auch Zeuge Postler, der die Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt der Anmeldung beim Insolvenzverwalter am 29. September 2004 mit insgesamt 261 500 angab. „Es gibt zwei Grundbuchblätter, eins für unser Grundstück (Grund und Boden), dieses wurde nie durch Grundschulden belastet. Das zweite Grundbuchblatt, um welches es hier geht, betrifft das Erbbaurecht (das Recht bauen zu dürfen, einschließlich das Eigentum über das errichtete Gebäude). Nur dieses Erbbaurecht wurde durch Grundschulden belastet. Das Erbbaurecht gehört nicht dem Bezirk, bzw. dem Land Berlin. Der Bezirk hat auch auf Erbbauzinsen nicht verzichtet, sondern sie verzinst gestundet. Diese wurden abgesichert am Erbbaurecht (Gebäude) und zwar durch Eintragung einer Grundschuld und durch das Heimfallrecht."

B. Standortverlegung Abschlussbericht:

c) Kein Schuldenerlass:

Zur Abwendung einer Insolvenz hatte die Stiftung Neues Tempodrom das Sanierungsunternehmen Steinbacher Treuhand GmbH mit der Vorbereitung und Begleitung des Verkaufs des Tempodroms beauftragt.

Im Zuge der Verkaufsverhandlungen setzte sich die Steinbacher Treuhand GmbH wiederholt auch mit dem Bezirksamt in Verbindung. Ziel war dabei, einen möglichst weitgehenden Forderungsverzicht des Bezirksamts und die Festschreibung des ermäßigten Erbbauzinses auch bei vorrangig kommerzieller Nutzung des Tempodroms zu vereinbaren.

Schon in ersten Gesprächen war der Leiter des Grundstücksamtes dem Verzicht auf Forderungen entgegengetreten. „[...] Neben den Vor- und Nachteilen vom Verkauf des Erbbaurechts oder Verkauf Erbbaurecht und Grundstück hatten wir einvernehmlich geklärt, im Rahmen des Verkaufs auch unsere Forderungen aus den ausgebliebenen Zahlungen bzw. die bis auf weiteres zugestandene Stundung der Erbbauzinsen durch Sen Fin zu regeln. [...]"

Im Rahmen konkreter Verkaufsverhandlungen mit einem Investoren erbat die Steinbacher Treuhand GmbH die Zustimmung des Bezirks, 150 000 zur Abgeltung aller Rückstände zu akzeptieren.

Zudem sei die Aufnahme der Erbbauzinserhöhungsklausel für den Fall des Verlustes der Gemeinnützigkeit wirtschaftlich nicht tragbar. Die Konstruktion der fingierten Gemeinnützigkeit sollte offenbar ebenfalls nicht übernommen werden: Beides, also die Festschreibung eines abgesenkten Erbbauzinses und die Pauschalabgeltung der Forderungen des Bezirks durch Zahlung von 150 000 wurden vom Bezirk abgelehnt.

Der Leiter des Grundstücksamtes war sich bewusst, dass eine Insolvenz der Stiftung ebenfalls erhebliche Risiken für die Ansprüche des Bezirks und des Landes barg und kam in einem Vermerk daher zu dem Ergebnis, dass ein möglichst gut ausgehandelter Verkauf für Berlin günstiger sei als ein Insolvenzverfahren. Allerdings sah er die Gefahr, dass vertragliche Zugeständnisse und teilweiser

Auch gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen wurde daraufhin wiederholt die Berücksichtigung der offenen Forderungen des Bezirks bei den Verkaufsverhandlungen angemahnt511 und angekündigt, die Zustimmung zu einem Verkauf des Erbbaurechts davon abhängig zu machen, die „seinerzeit zur Erleichterung der Kreditaufnahme gestrichene" Koppelung des ermäßigten Erbbauzinses an die Gemeinnützigkeit wieder aufzunehmen. „Die Stiftung ist nicht mehr gemeinnützig, wie Ihnen bekannt ist."

Zeuge Postler: [...] Das war im Verkauf und der Zustimmung des Erbbaurechtsvertrages von unserem Bezirksamt ganz klar, dass die 6,5 % gefordert werden. Das habe ich auch ins Bezirksamt eingebracht, und dies haben wir ganz klar der Senatsverwaltung signalisiert. Im selben Zusammenhang war das Begehren durch die Treuhand an uns herangetragen worden, unsere sämtlichen Forderungen, wenn man so will, mit einer Summe von 150 000 abgelten zu lassen. Aber dieses, Herr Vorsitzender, ist von mir ganz klar verneint worden. [...]

Abschlussbericht IV. Grundstücksüberlassung im Wege der Erbpacht Forderungsverzicht kartell- und wettbewerbsrechtlich problematisch sein könnten.

Das Bezirksamt befasste sich wenig später mit der Problematik, beschränkte sich jedoch zunächst darauf, eine genaue Aufstellung der Höhe der offenen Zahlungen, einen Vorschlag der Steinbacher Treuhand GmbH zum weiteren Verfahren und eine Vorlage als Entscheidungsgrundlage zu fordern.

Die Steinbacher Treuhand GmbH unterbreitete daraufhin einen Änderungsvorschlag für den Erbbaurechtsvertrag.

Zeuge Postler, Bezirksstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, erläuterte dem Untersuchungsausschuss, dass die ausbleibenden Erbbauzinszahlungen bisher nicht vom Senator für Finanzen im Rahmen des Bezirkshaushalts berücksichtigt wurden. Der Bezirk hoffe, aus dem Insolvenzverfahren die „verlustig gegangenen Finanzmittel in den Haushalt zurückzubekommen."

Zu einer vertieften Auseinandersetzung des Bezirksamts mit den Modalitäten eines Verkaufs kam es dann nicht mehr. Stattdessen stellte das Bezirksamt die ausstehenden Forderungen gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen dar und bat um Berücksichtigung im weiteren Verfahren.

Eine Entscheidung über den Umgang mit den aufgelaufenen Schulden des Bezirks erübrigte sich, da der Senat dem Verkauf an den Interessenten nicht zustimmte und die Stiftung Insolvenz anmelden musste.